18.26

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Ich darf all jenen von Ihnen, die neue Ämter übernommen haben, alles Gute für ihre Aufgaben wünschen, vor allem viel Erfolg in der Bekämpfung der Pandemie. Die österreichische Bevölkerung braucht das sehr dringend, dass Sie in der Bekämpfung der Gesundheitskrise und auch in der Bewältigung der Folgen dieser Krise erfolgreich sind. In diesem Sinne alles Gute!

Herr Bundeskanzler, Sie haben mindestens zwei Krisen zu bewältigen! Die Gesund­heitskrise haben Sie angesprochen, ein bisschen vermisst habe ich, dass Sie die Vertrauenskrise angesprochen hätten, die Sie auch zu bewältigen haben, denn warum sind diese wiederholten Umbildungen notwendig geworden? – Weil Ihr Vorvorgänger sich mit schweren Korruptionsvorwürfen konfrontiert gesehen hat, er und seine Umge­bung, und sich deshalb aus allen politischen Funktionen zurückgezogen hat. Er hat auf diese Vorwürfe mit Attacken auf die Justiz reagiert, er hat insgesamt in den Jahren seiner Amtsführung einen fragwürdigen Umgang mit dem Rechtsstaat an den Tag gelegt. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Auch das hat einen großen Vertrauensverlust nach sich gezogen, und der Umgang damit, die Bekämpfung dieses Vertrauensverlustes ist eine Mammutaufgabe, die nicht zuletzt vorrangig vor Ihnen liegt, Herr Bundeskanzler!

Wie der Zufall so spielt, ist heute, am 9. Dezember, der Weltantikorruptionstag und so gesehen auch ein würdiger Tag, um beim nächsten Tagesordnungspunkt den Unter­suchungsausschuss zur Aufarbeitung der Volkspartei-Korruption einzusetzen.

Es ist heute auch, wie der Zufall so spielt, der letzte Tag der Eintragungsfrist für das Antikorruptionsvolksbegehren, ein Volksbegehren, das sich die Stärkung des Rechts­staats, die Stärkung der Justiz vorgenommen hat und dazu sehr viele sehr wich­tige Vorschläge macht, die unserer Meinung nach auch entsprechend aufzugreifen, zu dis­kutieren und zu bewerten sind sowie in hohem Ausmaß auch umsetzungswürdig sind.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „aktive Korruptionsbekämpfung und mehr Transparenz durch ein Recht auf Information für die Bürger*innen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden aufgefordert,

dem Nationalrat innerhalb eines Monats einen Gesetzesentwurf für ein Antikorruptions­paket zuzuleiten, welcher sich an den Forderungen des Rechtsstaats & Anti-Korruptions­volksbegehrens orientiert,

dem Nationalrat ebenfalls innerhalb eines Monats Gesetzesentwürfe für ein Informa­tionsfreiheitsgesetz sowie eine B-VG-Novelle, mit der die überkommene Amtsverschwie­genheit durch ein Recht auf Information ersetzt wird, vorzulegen,

die Finanzprokuratur zu beauftragen, die Republik im Zusammenhang mit Scheinrech­nungen für vorgetäuschte Leistungen schadlos zu halten, sowie

die Justiz in ihrer Arbeit nicht weiter zu behindern, insbesondere Pressekonferenzen seitens Regierungsvertreter mit Angriffen auf die Justiz zu unterlassen.“

*****

Herr Bundeskanzler, ich hoffe, dass Sie tatsächlich gewillt sind, einen neuen Stil, eine neue Zeitrechnung einzuleiten. Diese Punkte wären ein wichtiger Schritt in diese Rich­tung.

Ich habe noch einen Appell an den neuen Wissenschaftsminister: Die Schulen sind zu Recht immer im Mittelpunkt der Diskussion. Mein Appell an Sie wäre, auf die Studenten nicht zu vergessen. Es wäre auch wichtig, wenn dann Veranstaltungen mit zugewie­senen Sitzplätzen zugelassen werden, dass das auch für die Universitäten gilt, sodass man wieder dazu übergehen kann, an den Universitäten in überwiegendem Ausmaß Präsenzveranstaltungen zu haben. Ihr Vorgänger hat dazu geneigt, alles in rosaroter Farbe darzustellen, es sei eh in Ordnung. Die Studierenden sind zu über 80 Prozent geimpft. Ich denke, dass wir da auch wichtige Schritte tun müssen. Die Studierenden sitzen jetzt den vierten Monat überwiegend zu Hause vor dem Computer, die Folgen kennen wir aus persönlichen Gesprächen, aus Studien. Herr Bundesminister, vergessen Sie auf die Studierenden nicht! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

18.31

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag.a Andrea Kuntzl

Genossinnen und Genossen

betreffend aktive Korruptionsbekämpfung und mehr Transparenz durch ein Recht auf Information für die Bürger*innen

eingebracht im Zuge der Debatte: Erklärung des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Abs. 2 GOG-NR anlässlich des Amtsantritts des neuen Bundeskanzlers, des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten, des Bundes­ministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung, des Bundesministers für Finanzen, des Bundesministers für Inneres und der Staatssekretärin für Jugend

Die Ereignisse und Enthüllungen der vergangenen Wochen, die Ergebnisse des Ibiza-Untersuchungsausschusses und die öffentlich bekannten Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft lassen nur einen Schluss zu: Unter Sebastian Kurz hielt ein System Einzug in die Institutionen unserer Republik, das parteipolitische Interessen über jene unserer Republik und ihrer Einwohner*innen stellt und das den moralischen Anforderun­gen an hohe Regierungsämter nicht einmal annähernd entspricht.

Mittlerweile wird mit Karl Nehammer der zweite Bundeskanzler seit dem Rücktritt von Sebastian Kurz als Bundeskanzler am 9. Oktober 2021 dem Nationalrat vorgestellt, und das mitten in einer starken 4. Welle der Corona-Pandemie in Österreich mit übervollen Spitälern und Intensivstationen und hohen Sterbezahlen. Dazu kommt verstärkend, dass die ÖVP in ihrem chaotischen Zustand ausgelöst durch Flügelkämpfe zwischen türkiser und schwarzer Fraktion die Hälfte ihrer Minister austauschte und damit die Regierung und deren Ansehen weiter schwächte und schädigte. An zentralen Stellen wie dem Finanzministerium, dem Bildungsministerium und dem Innenministerium sitzen in der Führung eines Ressorts unerfahrene Personen, die in der Krise aber umgehend eine Reihe von Maßnahmen setzen müssen, um die negativen Auswirkungen der Pandemie auf die Bürger*innen abzufedern.

Die Bundesregierung ist durch die ÖVP-Skandale in ihrer Handlungsfähigkeit stark beeinträchtigt, große Vorhaben für die Weiterentwicklung der Republik Österreich wie die Abschaffung der Amtsverschwiegenheit und deren Ersatz durch ein Recht auf Infor­mation wurden auf die lange Bank geschoben. Die Interessen und Rechte der Bürge­rinnen und Bürger werden durch dieses Zaudern massiv beeinträchtigt, die notwendige Transparenz nicht hergestellt.

Der 9. Dezember wurde als Welt-Anti-Korruptions-Tag festgelegt und am heutigen Tag endet auch die Unterstützungsphase des „Rechtsstaats & Anti-Korruptionsvolks­begeh­rens“, welches wertvolle und dringend umzusetzende Forderungen beinhaltet, um kor­rupte Handlungen insbesondere im Bereich der Politik bereits im Vorfeld zu verhindern und in diesem Sinne präventiv Schaden von der Republik Österreich abzuhalten. Gleich­zeitig will das Volksbegehren die Justiz und damit den Rechtsstaat stärken.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden aufgefordert,

dem Nationalrat innerhalb eines Monats einen Gesetzesentwurf für ein Antikorruptions­paket zuzuleiten, welcher sich an den Forderungen des Rechtsstaats & Anti-Korrup­tionsvolksbegehrens orientiert,

dem Nationalrat ebenfalls innerhalb eines Monats Gesetzesentwürfe für ein Informa­tionsfreiheitsgesetz sowie eine B-VG-Novelle, mit der die überkommene Amtsver­schwie­genheit durch ein Recht auf Information ersetzt wird, vorzulegen,

die Finanzprokuratur zu beauftragen, die Republik im Zusammenhang mit Scheinrech­nungen für vorgetäuschte Leistungen schadlos zu halten, sowie

die Justiz in ihrer Arbeit nicht weiter zu behindern, insbesondere Pressekonferenzen sei­tens Regierungsvertreter mit Angriffen auf die Justiz zu unterlassen.“

*****

Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Frau Staatssekretärin Claudia Plakolm. – Bitte schön, Frau Staats­sekretärin.