18.49

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Regierung! Der neue Innenminister ist leider nicht anwesend, ich wollte ihm nämlich auch etwas zukommen lassen, aber vielleicht kommt er noch. Ich wollte in meiner Rede auch ein wenig in den Kontext setzen, worüber sich informierte Bürgerinnen und Bürger und auch wir NEOS empören, weil er nun das Amt des Innenministers innehat, was uns Sorge bereitet.

Seit ÖVP-Innenminister Ernst Strasser ist Postenschacher ein altbekanntes Problem im österreichischen Innenministerium, und ÖVP-Minister Strasser ist schließlich über seine anderweitige Korruption auch gestolpert.

Auch nach Strasser wurde unter den dann folgenden ÖVP-Innenministerinnen und -Innen­­ministern dieses heikle Ressort als Spielweise für Parteipolitik missbraucht. Damit der neue Innenminister auch nicht einmal vermeintlich davon Unkenntnis hat, werde ich ihm später – da er jetzt nicht hier ist – unseren Fraktionsbericht zum BVT-Unter­suchungs­ausschuss (den Bericht in die Höhe haltend) zukommen lassen, der sich im zweiten Kapitel dem schwarzen Netzwerk im Innenministerium widmet, beginnend bei Strasser, bei dem er Pressesprecher war.

Diese schwarzen Netzwerke gibt es noch immer, sie gehen tief ins BMI hinein und gingen auch tief ins BVT hinein, das wahrlich eine Blackbox war. Jetzt wurde Herr Karner Innen­minister in der Riege der laut ÖVP besten Köpfe.

Was ist sein Werdegang? – 1996 bis 2000: Pressereferent der ÖVP Niederösterreich; 2000 bis 2003: Pressesprecher von Innenminister Strasser; 2003 bis 2015: Landes­geschäftsführer der ÖVP Niederösterreich.

Was ist der politische Werdegang? – Seit 1995 für die ÖVP Etwaiges: Gemeinderat, Landtagsabgeordneter, Bürgermeister, Niederösterreichischer Landtagspräsident. (Abg. Haubner: Sehr engagiert also! – Weiterer Zwischenruf bei der ÖVP.)

Das ist ein Problem – so viel ÖVP. Müsste nicht gerade die ÖVP sich hier schlecht fühlen und es absurd finden, weil man ja gerade – wir haben noch Sebastian Kurz im Ohr – nach Ibiza fand, Innenminister Kickl könne nicht Innenminister bleiben, weil er sonst gegen seinen Parteikollegen Strache die Ermittlungen im Fokus hätte? Und jetzt wird gegen die ÖVP und ihre Ex-Politiker ermittelt und plötzlich ist es in Ordnung, dass ein im Werdegang sehr ÖVP-lastiger Mensch Innenminister ist. (Ruf bei der ÖVP: Das ist unerhört!)

Ich freue mich, dass Sie hier sind, und darf Ihnen etwas geben, Herr Innenminister. (Die Rednerin legt den zuvor erwähnten Fraktionsbericht zum BVT-Untersuchungsausschuss vor Bundesminister Karner auf die Regierungsbank. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Es fällt schwer, Ihnen, Herr Minister, als Person einen großen Vertrauensvorschuss zu geben, auch aufgrund Ihrer bisherigen Aussagen. (Ruf bei der ÖVP: Tiefstes Niveau!)

Inwiefern? – In Ihrer Antrittsrede im BMI und zuvor hier wiesen Sie mehrmals auf das exzellent aufgestellte Haus hin und dankten Ihrem Vorgänger Karl Nehammer dafür, dass er die schwierige Situation mit Bravour gemeistert hätte. Vielleicht werden Sie aber bei näherem Hinsehen bald entdecken, dass es nicht an vielen Orten so war. Sie werden dann hoffentlich richtig im Sinne der Sicherheit in Österreich reagieren, und daran wer­den wir Sie messen.

Was gilt es anders zu machen? – Respekt gegenüber dem Parlament, nachhaltige Lö­sungen erarbeiten und für diese arbeiten und Postenschacher beenden.

Zum Respekt gegenüber dem Parlament: Wir NEOS erwarten uns in Zukunft Antworten auf parlamentarische Anfragen, und zwar auch aussagekräftige. In den Ausschüssen erwarten wir uns ebenso Antworten auf unsere Fragen.

Zweitens: nachhaltige Lösungen. Es muss die Symbolpolitik aufhören und für nach­hal­tige Lösungen gearbeitet werden, auch wenn das der schwierigere Weg ist. Das bedeu­tet in der Migrationspolitik: nicht meist nur eindimensional von illegaler Migration reden und in teuren Shows um unser Steuergeld Zelte in ein EU-Land liefern, wo sie dann laut Lagerleitung vom Winde verweht werden, sondern sich für gesetzeskonformes Verhal­ten der EU-Mitgliedsländer einsetzen; nicht das Zurückweisen von Menschen an der Grenze ohne individuelle Prüfung des Schutzbedarfes einfach so passieren lassen, nicht zu solch rechtswidrigem Verhalten durch unsere Polizei keine klaren Worte finden, ob­wohl es zu Unmenschlichkeit und Chaos führt, sondern sich für ein effizientes europä­isches Asylsystem am Boden der Rechtsstaatlichkeit einsetzen. Nur das bringt Sicher­heit und Ordnung und lässt uns und die EU auch das Gesicht wahren.

Was heißt echtes Management, echtes Handeln in Österreich im Bereich Asyl? – Es besteht hier bei der Grundversorgung von Asylwerberinnen und Asylwerbern keine Migrationskrise, sondern eine Managementkrise, die Sie als neuer Innenminister, Herr Karner, beenden können. Unter Ihrem Vorgänger wurde nämlich verabsäumt, die Grund­versorgung so aufzustellen, dass sie funktioniert. Wahlen wie in Oberösterreich, Wün­sche von Bundesländern und sonstige unsachliche Argumente führten dazu, dass die Grundversorgung viel zu lange dauert, viel zu teuer ist und chaotisch abläuft.

Mehr als Symbolpolitik haben sich auch die Polizistinnen und Polizisten verdient – darauf hat Sie Kollege Einwallner schon angesprochen –, weil es da weiterhin das Problem von viel zu vielen Überstunden und von Personalengpässen gibt. Da sollte man im Sinne der Arbeitsqualität der BeamtInnen, die gerade heute einen so wichtigen Dienst für uns tun, anpacken.

Andererseits haben es echte Opfer von Polizeigewalt wiederum verdient, endlich eine objektiv ermittelnde Beschwerdeeinheit existierend zu wissen, an die sie sich wenden können – das wäre auch in aufgeheizten Zeiten sehr wichtig.

Letzter Punkt: Der Postenschacher muss beendet werden. Das BVT – das ist im Moment der heikelste Punkt und der Verfassungsschutz –, in dem an viel zu vielen Stellen nicht die besten, sondern die loyalsten Personen saßen, hat letztendlich den 2. November 2020 und die Terrorattentate nicht verhindern können. Das nachfolgende Amt, Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst, besteht formell seit 1. Dezember 2021. Karl Nehammer meinte als Innenminister, die DSN sei handlungsfähig.

Diesbezüglich tun sich aber Fragen auf: Wurden die Leitungsfunktionen rechtzeitig be­setzt, um handlungsfähig zu sein? Geschah das immer mit den Bestqualifizierten, die auch wirklich alle Ausschreibungskriterien erfüllen? (Ruf bei der ÖVP: Natürlich!) Inwiefern ist die operative Ebene schon tätig? Hat man bei der ÖVP also wirklich zumindest für diesen heiklen Bereich des Verfassungsschutzes gelernt, dass man da die Postenschacherei außen vor lässt, weil ja schließlich auch die Partnerdienste genau hinsehen und davon das zukünftige Vertrauen in diese Institution abhängt? Sind Sie sicher, dass Sie zu Recht Ihren Vorgänger für die gut gelungene Neuaufstellung der DSN loben?

Machen Sie sich bitte kundig! Es liegt nun in Ihrer Verantwortung, wie die operativen Stellen besetzt werden. (Zwischenruf des Abg. Gerstl.) Wir – und sicher die ganze Opposition – erwarten uns, dass die parlamentarische Kontrolle funktioniert. Zur DSN und deren Stellenbesetzung können Sie uns gleich morgen im Geheimdienstausschuss Rede und Antwort stehen und ebenso zur Kontrollkommission, deren Bestellung noch offen ist und in die auch kein ÖVP-Vertreter Eingang finden muss, der Innenminister kommt ja schließlich schon aus der ÖVP. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Gerstl.)

Es liegt nun in Ihrer Verantwortung, sich das Vertrauen des Parlaments und der Bevöl­kerung zu erarbeiten. Dies wird Ihnen gelingen, wenn Sie nur im Sinne der Sicherheit in Österreich arbeiten. Das würde bedeuten, vieles anders zu machen als Ihr Vorgänger. Diesen neuen Weg zu unterstützen, dafür stehen wir jederzeit zur Verfügung. (Beifall bei den NEOS.)

18.56

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Petra Vorderwinkler. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.