Das ändert aber nichts an unserer völkerrechtlichen Verpflichtung, neutral zu sein. Sie haben heute selbst das Völkerrecht strapaziert, Herr Bundeskanzler. Es ist vollkommen richtig, aber wenn Sie solchen Wert auf völkerrechtliche Korrektheit legen, dann sagen Sie doch bitte auch dazu, dass auch die Teilnahme an Sanktionen eine Völkerrechtsverletzung ist! Auch das ist völkerrechtlich nicht in Ordnung. Dann sagen Sie dazu, dass die Überflüge von Militärmaschinen im Zusammenhang mit militärischen Operationen der Nato oder dass irgendwelche Transporte zu Truppenaufmärschen der Nato auch völkerrechtlich nicht in Ordnung sind! Dann haben wir die ganze Wahrheit beieinander, dann ist es auch seriös, dass man über das Völkerrecht diskutiert. (Beifall bei der FPÖ.) Sie haben das vermieden.
Man muss die Dinge zu Ende denken: Wenn wir dieser völkerrechtlichen Verpflichtung unsererseits nicht nachkommen, dann werden andere Staaten ihrerseits den Weg einschlagen, unsere Neutralität auch nicht mehr anzuerkennen. Das wird das Ergebnis sein. Vielleicht nehmen Sie das leichtfertig in Kauf, ich möchte die Neutralität Österreichs nicht aufs Spiel setzen, sondern ich möchte sie auch für die kommenden Generationen erhalten, weil ich sie für ein gutes Instrument halte und weil sie sich in der Vergangenheit bewährt hat. (Beifall bei der FPÖ.)
Meine Damen und Herren, ich sage es noch einmal: Das, was Sie in gewisser Weise als Solidarität – ich habe in der Vergangenheit auch das Wort Haltung gehört – jetzt neu ins Zentrum Ihrer politischen Überlegungen gestellt haben, das kann kein Ersatz für die österreichische Neutralität sein. Das kann es nicht sein! Es ist viel, viel mehr. Das ist ein unsolidarischer Akt mit unserer Verfassung, es ist ein unsolidarischer Akt mit unseren Sicherheitsinteressen, und es ist ein unsolidarischer Akt mit unseren Wirtschaftsinteressen.
Nun weiß ich schon – Kollege Kogler hat es anklingen lassen –: In Zeiten wie diesen darf man keine Rücksicht darauf nehmen. – Ja, aber Herr Vizekanzler, Sie wissen schon, dass neben geostrategischen auch wirtschaftliche Überlegungen, und zwar der großen Beteiligten in diesem Konflikt, eine ganz zentrale Rolle in diesen Auseinandersetzungen spielen! Also wird es wohl auch für uns eine Berechtigung haben, uns um die wirtschaftlichen Folgen für Österreich entsprechende Sorgen zu machen. Mich beruhigt es nicht, wenn Sie jetzt, Ende Februar, sagen: Österreicher, bitte macht euch keine Sorgen, bis April ist die Gasversorgung gesichert! – Das ist nicht allzu lange, würde ich sagen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist das, was ich Ihnen vorwerfe. Man muss die Dinge zu Ende denken. Ich habe das Gefühl, dass das, was Sie hier mitmachen, im großen Verbund, im Herdentrieb, etwas ist, das Österreich nur schaden kann, aber nicht wirklich nutzt.
Sie haben davon gesprochen, dass wir doch aus der Geschichte lernen sollen. Ja lernen wir aus der Geschichte! Seit 2014 gibt es Sanktionen gegen Russland im Zusammenhang mit der Ukraine. Was haben diese Sanktionen gebracht? – Die Ukraine ist nach wie vor dort, wo sie 2014 hingekommen ist, aber wir haben einen enormen Schaden erlitten. Und wenn Sie es mir nicht glauben, dann glauben Sie es vielleicht der Wirtschaftskammer. Die hat das ausgerechnet: Allein bis zum Jahr 2017 waren es 1 Milliarde Euro in Österreich, 30 Milliarden Euro hat das die Europäische Union gekostet, und das war nur bis zum Jahr 2017. Geändert in unserem Sinne hat das überhaupt nichts. Ja was lernen Sie da jetzt aus der Geschichte?
In Wahrheit ist es doch so gewesen, dass dieses Abrücken des Westens von Russland – durch Sanktionen – die Russen näher an China gebracht hat. Und wenn man etwas aus der Geschichte lernen sollte, dann, glaube ich, dass es notwendig sein sollte, die Kooperation mit Russland zu suchen. Jetzt, in dieser Phase wird es zwar nicht möglich sein, aber es wäre mir die liebere Variante, eine gedeihliche Zusammenarbeit Europas und
HomeGesamtes ProtokollVorherige SeiteNächste Seite