16.48

Abgeordnete Petra Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich glaube, wir beru­higen uns wieder ein bisschen! Liebe Kollegin Carmen Jeitler-Cincelli, wir sind auch sehr daran interessiert, dass Frauen Vollzeit arbeiten können. Dafür braucht es aber ausrei­chende Kinderbetreuung, und wir werden weiterhin am Rechtsanspruch für Kinderbe­treuung dranbleiben. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Künsberg Sarre.)

Nun zum Thema: Nach unzähligen Hilferufen aus der Bevölkerung hat die Regierung nun endlich reagiert und das sogenannte Antiteuerungspaket in Aussicht gestellt, das wir heute schon ausführlich diskutieren. Ich habe gut zugehört, und ich muss Ihnen, liebe Menschen, liebe Familien in Österreich, sagen: Es ist leider eine Mogelpackung. Ich er­kläre das auch gleich. Angekündigt wurde eine Einmalzahlung der Familienbeihilfe und eine jährliche Valorisierung, das heißt, eine jährliche Anpassung, eine Erhöhung der Fa­milienbeihilfe. Beschlossen wird davon heute hier im Hohen Haus nur die Einmalzah­lung, nur die 180 Euro im August. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Valorisierung der Familienbeihilfe steht nicht auf der Tagesordnung, die wird erst im Zuge des Budgets im Herbst, im Oktober beschlossen. Sie ist also aufgeschoben.

Die angekündigte Erhöhung des Kindermehrbetrags wird auch erst mit der Arbeitneh­merveranlagung 2023 ausbezahlt. Das bringt den Familien jetzt in der akuten Notlage, in der sie sind, gar nichts, kein Geld auf ihr Konto.

Die Erhöhung des Familienbonus bringt vor allem den Familien etwas, die ein hohes Einkommen haben, die können den voll ausschöpfen.(Abg. Schnabel: Das stimmt auch nicht!) Das sind aber die Familien, die die Teuerung noch am besten verkraften können. Die, die am wenigsten haben, kriegen am wenigsten, sind aber mit der Teuerung am meisten belastet. (Beifall bei der SPÖ.)

Heute wird also nur eine Einmalzahlung von 180 Euro beschlossen, alle anderen Maß­nahmen folgen erst später, im nächsten Jahr oder im Herbst. Dabei sagt selbst der Fis­kalrat, dass die einkommensschwächsten Haushalte aufgrund der aktuellen Inflation 660 Euro an Mehrkosten haben. 660 Euro Mehrkosten sind für Familien, die vor dieser Teuerung und vor diesen Krisen, die wir zu bewältigen haben, schon am Limit waren und schon nicht mehr gewusst haben, ob sie den Strom bezahlen und ausreichend Le­bensmittel kaufen können, teilweise nicht mehr zu stemmen.

Die Inflation beträgt beim Miniwarenkorb – da sind die Dinge drinnen, die wir täglich brauchen, das sind Nahrungsmittel, das ist Treibstoff – 15,4 Prozent. Man hat 15,4 Pro­zent an Mehrkosten beim täglichen Einkauf. Die Reaktionen sehen wir schon: Die langen Schlangen an den Tafeln und bei den Sozialmärkten zeigen, wie akut die Situation ist. Ich kann Ihnen nur raten, liebe Regierungsmitglieder und Regierungsfraktionen: Schau­en Sie sich das einfach einmal an! Gehen Sie hin und schauen Sie sich das an! Machen Sie sich ein Bild! Ich bin regelmäßig dort, und ich kann Ihnen sagen, ich treffe dort nicht nur die Ärmsten unserer Gesellschaft. Ich treffe dort die Alleinerzieherin, ich treffe dort die Pensionistin, und ich treffe dort vor allem Familien mit mehreren Kindern. Das wird sich noch steigern. Es ist also einfach wichtig, diesen Menschen unverzüglich und nach­haltig zu helfen. (Beifall bei der SPÖ. – Vizekanzler Kogler: Ja, eh!)

Werte Bundesregierung! Herr Bundeskanzler in Abwesenheit! Einmalzahlungen sind einfach nicht geeignet, die Inflation an der Wurzel zu bekämpfen, um einen permanenten und zumindest teilweisen Ausgleich zu schaffen. Eine Senkung oder befristete Abschaf­fung der Mehrwertsteuer auf die Lebensmittel des täglichen Bedarfs – also Milch oder Butter, Produkte, die wir täglich brauchen – für die Dauer der Krise hätte einen nachhalti­gen Effekt, den die Menschen bei jedem einzelnen Einkauf spüren würden. (Vizekanzler Kogler: Ja, wenn das zu 100 Prozent weitergegeben würde!)

Bundeskanzler Nehammer hat es selbst gesagt, ich zitiere ihn hier kurz: „Es gibt keine Denkverbote. [...] Der Frage Mehrwertsteuersenkung auf Lebensmittel widmen wir uns jetzt. Da muss man zum Beispiel diskutieren, welche Lebensmittel sollen davon erfasst sein.“ – Das sind die Worte des Bundeskanzlers. Leider werden diese von den Regie­rungsparteien nicht gehört und schon gar nicht umgesetzt.

Daher bringe ich heute im Namen meiner Fraktion folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Nur Mut zur Umsetzung der Idee des Bundeskanzlers – setzten wir die Mehrwertsteuer auf Lebens­mittel für die Zeit der Krise aus“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Idee des Bundeskanzlers umzusetzen und ein Paket für die befristete Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel des täg­lichen Bedarfs – inklusive scharfer Preiskontrollen – dem Nationalrat umgehend zuzu­leiten.“

*****

Werte Regierungsparteien, wenn Sie die Worte Ihres Bundeskanzlers ernst nehmen, können Sie die Chance nutzen und unserem Antrag heute zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

16.53

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Jörg Leichtfried, Petra Wimmer Genossinnen und Genossen

Betreffend: Nur Mut zur Umsetzung der Idee des Bundeskanzlers – setzten wir die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel für die Zeit der Krise aus.

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Budgetausschusses über den An­trag 2662/A der Abgeordneten August Wöginger, Sigrid Maurer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Kommunalsteuergesetz 1993, das Allgemei­ne Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bau­ern-Sozialversicherungsgesetz, das Nationale Emissionszertifikatehandelsgesetz 2022, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das COVID-19-Gesetz-Armut, das Pen­sionsgesetz 1965 und das Bundesbahn-Pensionsgesetz geändert werden sowie das Bundesgesetz über einen Ausgleich inflationsbedingt hoher Lebenshaltungs- und Wohn­kosten (Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetz- LWA-G) und das Bun­desgesetz über den Teuerungsausgleich für Bezieherinnen und Bezieher von Förderun­gen nach dem Studienförderungsgesetz erlassen werden (Teuerungs-Entlastungspa­ket) (1563 d. B.)

Bundeskanzler Karl Nehammer hat nach Verkündigung des Regierungspaketes unter anderem auf die Frage, ob das alles ausreichend ist, folgendes gesagt:

„Es gibt keine Denkverbote, sondern nur die Frage, was ist wirksam und was heben wir für einen späteren Zeitpunkt auf, wenn es nicht mehr anders geht. Der Frage Mehr­wertsteuersenkung auf Lebensmittel widmen wir uns jetzt. Da muss man zum Beispiel diskutieren, welche Lebensmittel sollen davon erfasst sein.“

Der Bundeskanzler hat im Zuge dieser Interviews auch viele andere, sehr ehrliche Dinge gesagt, die aber gleichzeitig das eigene Paket entlarven. Besonders bemerkenswert war dabei der Satz: „Geld zurück, das die Teuerung genommen hat“. Tatsächlich sind diese Einmalzahlungen maximal dazu geeignet, einen Teil des Geldes an die Menschen zurückzugeben, dass ihnen die Teuerung schon längst weggenommen hat – etwa durch horrende Nachzahlungen bei Strom- und Gasrechnungen.

Einmalzahlungen sind weder geeignet, die Inflation an den Wurzeln zu bekämpfen, noch um einen permanenten – zumindest teilweisen – Ausgleich dafür zu schaffen.

Eine Senkung bzw. befristete Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel des täglichen Bedarfs – also etwa bei Milch und Butter – für die Dauer der Krise hätte einen nachhaltigen Effekt, den die Menschen bei jedem Einkauf spüren würden.

Die EU-Kommission hat die Mehrwertsteuerrichtlinie angepasst, um es den Ländern zu ermöglichen, für bestimmte Produktgruppen – und dazu zählen eben auch Lebensmittel des täglichen Bedarfs – die Mehrwertsteuer auf 0 zu setzen. Die Regierung müsste die­sen Vorschlag nur noch in nationales Recht gießen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Idee des Bundeskanzlers umzusetzen und ein Paket für die befristete Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel des tägli­chen Bedarfs – inklusive scharfer Preiskontrollen – dem Nationalrat umgehend zuzu­leiten“.

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Frau Dr.in Elisabeth Götze. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.