Bundesstatistikgesetz und Forschungsorganisationsgesetz, Änderung (47/SN-135/ME)

Stellungnahme zu Ministerialentwurf

Stellungnahme zu dem Ministerialentwurf betreffend Bundesgesetz, mit dem das Bundesstatistikgesetz 2000 und das Forschungsorganisationsgesetz geändert werden

Bei den Stellungnahmen handelt es sich nicht um die Meinung der Parlaments­direktion, sondern um jene der einbringenden Person bzw. Institution. Mehr Informationen finden Sie in den Nutzungsbedingungen.

Inhalt

Die Medizinische Universität Graz begrüßt die Einrichtung des Austria Micro Data Centers sowie die damit einhergehenden, vorgeschlagenen Novellierungen des Bundesstatistikgesetzes 2000 und des Forschungsorganisationsgesetzes (FOG) ausdrücklich. Damit werden Forscher*innen zukünftig Zugang zu den Registern der Statistik Austria (und in der Folge zu weiteren relevanten Datenbeständen) auf praktikablem, sicherem und datenschutzkonformem Wege erhalten können. Das Austrian Micro Data Center wurde im aktuellen Regierungsprogramm angekündigt und ist ein essentielles, seit vielen Jahren von der wissenschaftlichen Community mit Nachdruck gefordertes Instrument, um öffentlich erhobene Daten für Wissenschaft und Forschung nutzbar zu machen; dies mit dem Ziel der Verbesserung des Allgemeinwohles, der Schaffung von Evidenzgrundlagen für Entscheidungen und zur Bewältigung der großen globalen Herausforderungen. Es wird auch einen wichtigen – und überfälligen – Beitrag zur Erhaltung der Wettbewerbs- und Anschlussfähigkeit des Wissenschaftsstandortes Österreich leisten.

Aus Sicht der Medizinischen Universität Graz sollte wie in den Erläuterungen beschrieben in weiterer Folge das Austrian Micro Data Center auch als Trusted Environment für den datenschutzkonformen Zugang zu weiteren Datenbeständen Verwendung finden. Insbesondere die sichere und datenschutzkonforme Verknüpfungsmöglichkeit von Daten verschiedener Bestände für konkrete Fragestellungen ist von unschätzbarem Wert für die Generierung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse. Gerade im Bereich der Gesundheitsdaten stellt dies aus unserer Sicht ein hervorragendes Instrument dar, um die lange geforderte Verknüpfung und Nutzung von Gesundheitsdaten diverser Stakeholder wie Versicherungen, Gesundheitsbehörden, Krankenanstalten und sonstige Register effizient zu nützen, um evidenzbasiert und für Österreich bzw. Regionen maßgeschneiderte Handlungsfelder im Gesundheits- und Pflegebereich zugänglich zu machen. Abgesehen von aktuellen Pandemiesituationen sind insbesondere die Vorsorgemedizin/Prävention, die Versorgungsforschung, Vorhersage von Krankheitstrajektorien oder Health Technology Assessment und daraus abgeleitet die nachhaltige Finanzierbarkeit von Gesundheit und Pflege wichtige Anwendungsfelder. Somit kann das Austria Micro Data Center auch bereits als wertvolle technische Basis für die Umsetzung des geplanten European Health Data Space verstanden werden.

Die Medizinische Universität Graz begrüßt die Möglichkeit des sicheren Fernzugriffs auf die Datenbestände, die klaren Regelungen zu Angebotslegung, Fristen und Kostenstruktur sowie die unentgeltliche Zurverfügungstellung von Standardsoftwareprogrammen zur Datenanalyse. Ebenfalls sehr positiv wird die Möglichkeit der Verknüpfung mit Daten anderer Quellen, auch jene welche die wissenschaftliche Einrichtung selbst zur Verfügung stellt, gesehen. Die Zulässigkeit der Durchführung von Forschungsvorhaben im Auftrag Dritter erachten wir als ausgesprochen wichtig.

Die Aufbewahrungsfrist sollte im Sinne der Nachvollziehbarkeit und Transparenzvorgaben der guten wissenschaftlichen Praxis bzw. von Verlagen und Fördergebern standardmäßig mit mehr als 5 Jahren veranschlagt werden (mindestens 7, idealerweise 10 Jahre), wobei die darüberhinausgehende entgeltliche Verlängerungsmöglichkeit jedenfalls bestehen bleiben sollte. Die Möglichkeit des entgeltlichen Data-Hostings für Aufgaben im hoheitlichen Bereich wird ebenfalls befürwortet.

Die Medizinische Universität begrüßt die vorgeschlagenen Änderungen im FOG – insbesondere die Anpassung der Protokollierungspflichten (§ 2 d Abs. 1 Z 1 FOG). Diese waren im bisherigen FOG aus unserer Sicht überschießend und nicht praktikabel. Die Erläuterungen sehen allerdings vor, dass Forscher*innen jeden Zugriff auf Forschungsdaten – zumindest beim Ein- und Ausschalten ihres Computers - dokumentieren müssten, selbst wenn sichergestellt werden kann, dass nur eine einzige Person Zugriff auf die Daten hat. Wir schlagen eine Ergänzung vor, wonach diese Verpflichtung bei pseudonymisierten Daten entfällt, wenn durch andere Maßnahmen (insbesondere Zugriffs- und Zugangskontrollen) sichergestellt ist, dass kein unberechtigter Zugriff auf die Daten erfolgen kann. Auch ersuchen wir um gesetzliche Definition, wie lange Zugriffsprotokolle aufzubewahren sind.

Die Novellierung des FOG bietet über die aktuelle Thematik des Austria Micro Data Center hinausgehend die Gelegenheit § 2f FOG dahingehend nachzubessern, dass ausdrücklich klargestellt wird, dass hiervon auch Biobanken umfasst sind und dass das Sammeln von Proben zu Forschungszwecken explizit zulässig ist. In Abs. 4 leg cit sind biologische Probensammlungen zwar erwähnt, es unterbleibt aber der Hinweis, dass Biobanken allgemein unter den Begriff „Repositories“ subsumiert werden können. Diesbezüglich wäre eine „Legaldefinition“ des Begriffs „Repositories“ in § 2b hilfreich. Aktuell ist dort nur der Begriff Forschungsmaterial definiert, der neben Proben auch andere Materialien umfasst (§ 2b Z 6). In § 2 f Abs. 4 findet sich eine Spezialregelung für biologische Probensammlungen. Dies beschränkt sich aber auf „biologische Proben- und Datensammlungen aus Gründen des öffentlichen Interesses im Bereich der öffentlichen Gesundheit, wie dem Schutz vor schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren oder zur Gewährleistung hoher Qualitäts- und Sicherheitsstandards bei der Gesundheitsversorgung und bei Arzneimitteln und Medizinprodukten“. Forschungszwecke finden keine explizite Erwähnung. Im darauffolgenden Halbsatz wird zwar auf Art 9 Abs. 2 h, i und j DSGVO verwiesen, wir ersuchen aber um explizite Klarstellung, dass biologische Proben- und Datensammlungen (bzw. Biobanken) im Sinne von Abs. 4 leg cit auch für Forschungszwecke betrieben werden dürfen.

Im § 2f Abs. 3 FOG ist zudem der Umgang mit „Rohdaten“ iZm Repositorien geregelt. Fördergeber, die Europäische Kommission, Verlage und die wissenschaftliche Community fordern zunehmend die Veröffentlichung solcher Rohdaten im Sinne von Open Science/FAIR Data - spätestens nach Abschluss und Publikation von Projekten. Daher wäre es wünschenswert, den Umgang mit solchen Rohdaten insgesamt im FOG zu regeln.

Caroline Schober, e.h.
Vizerektorin für Forschung und Internationales der Medizinischen Universität Graz