Wie wird der Wirtschaftsstandort Österreich krisensicher?
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Thema
Der Krieg in der Ukraine und die Pandemie führen uns die Schattenseiten der Globalisierung vor Augen. Die Abhängigkeit von russischen Rohstoffen und die Auslagerung von wichtigen Produktionszweigen machen das österreichische Wirtschaftssystem krisenanfällig. Welche Schlüsselindustrien müssen gestärkt oder neu aufgebaut werden? Was muss geschehen, damit der Standort Österreich krisensicherer und unabhängiger wird und wettbewerbsfähig bleibt?
Teilnehmer:innen der Diskussion
Abgeordnete:
- Maria Theresia Niss (ÖVP)
- Christoph Matznetter (SPÖ)
- Walter Rauch (FPÖ)
- Elisabeth Götze (Grüne)
- Karin Doppelbauer (NEOS)
Eingeladene Fachleute:
- Iris Frey (ATTAC)
- Michael Löwy (Industriellenvereinigung)
Diskussion
Österreich ist im europäischen Vergleich nur mehr Mittelmaß, andere Volkswirtschaften wie Schweden, Dänemark oder Finnland liegen hinsichtlich Innovationskraft, Wachstumsraten und Wettbewerbsfähigkeit deutlich vorn. Dies resultiert laut Karin Doppelbauer, Finanzsprecherin der NEOS, aus einer Vielzahl von Faktoren. Mit der beginnenden Transformation zu Zukunftsindustrien müssten insbesondere die großen Blöcke Entbürokratisierung, Lohnnebenkosten und Bildung endlich aufgearbeitet werden, Innovation und Wettbewerb fehlten in Österreich.
Walter Rauch, Umweltsprecher der FPÖ, machte unter anderem die "verfehlte" Corona- und Sanktionspolitik für die wirtschaftlichen Defizite verantwortlich. In Österreich mangle es an "Leadership", an Planbarkeit und Sicherheit für die Unternehmer:innen. Wirtschaft sei Emotion und diese sei im Moment nicht vorhanden.
Österreich sei jahrzehntelang auf der Überholspur gewesen und habe eine Erfolgsstory hinter sich, analysierte SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter, insbesondere aufgrund der Exportorientiertheit des Landes. Daraus resultierten "intensive Verflechtungen", die berücksichtigt werde müssten, doch das Niveau der Krisenbewältigung durch die derzeitige Bundesregierung sei "unterirdisch".
Das Problem, hielt Elisabeth Götze, Wirtschaftssprecherin der Grünen, fest, sei die hohe Abhängigkeit Österreichs von russischem Öl und Gas. Sehr lange habe man davon profitiert und auf Diversifizierung verzichtet, wodurch es zu einer einseitigen Abhängigkeit kam. Die notwendige Transformation sei aufwendig und teuer. Viel Geld werde in den Ausbau der erneuerbaren Energien gesteckt, diese seien eine Chance für den Standort und die Industrie. Der aktuelle Zusammenfall vieler Krisen sei einzigartig, erklärte Maria Theresia Niss, Forschungssprecherin der ÖVP. Die Industrie sei bisher sehr gut durch die Krise gekommen. Aktuell gebe es viele Notwendigkeiten, die zu beachten seien, vor allem betreffend die Themen Energie, Fachkräfte und Besteuerung.
Iris Frey von der globalisierungskritischen Nichtregierungsorganisation Attac führte aus, dass die aktuellen Krisen nicht nur die Schattenseiten der Globalisierung, sondern systemische Fehler im kapitalistischen Wirtschaftssystem aufzeigten. Der ständige Ruf nach mehr Standortwettbewerb sei Teil des Problems, denn dies sei ein "Race to the Bottom" und führe dazu, dass Standards gesenkt würden. Notwendig sei ein grundlegender Umbau der Wirtschaft orientiert an den Bedürfnissen der Menschen, mit Rücksichtnahme auf Umwelt und Klima.
56% des BIPs und somit jeder zweite Euro hingen am Export und an der Globalisierung, erläuterte Michael Löwy von der Industriellenvereinigung. Globalisierung bedeute Interaktion zwischen Völkern, Tourismus, der Austausch von Waren, von Kultur, das Handeln mit Dienstleistungen und Investitionen. Die Globalisierung sei, so Löwy, unumkehrbar und die Zukunft.
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