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Der Rat der Europäischen Union: ein zentrales Entscheidungsorgan der EU

Anlässlich der Wahlen zum Europäischen Parlament Ende Mai 2014 stellen wir hier eine Auswahl der Institutionen und Organe der Staatengemeinschaft vor, deren Aufgabe es ist politische Strategien zu formulieren und Beschlüsse zu fassen: das Europäische Parlament, der Europäische Rat, der Rat der Europäischen Union und die Europäische Kommission.

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Oberstes Gremium der FachministerInnen

Der Rat der Europäischen Union ist jenes Gremium der EU, in dem die jeweiligen FachministerInnen der 28 Mitgliedstaaten tagen, um verschiedene Rechtsvorschiften der EU zu erlassen und politische Maßnahmen zu diskutieren. Aufgrund seiner Zusammensetzung wird der Rat der Europäischen Union auch informell Ministerrat genannt. Der Rat koordiniert die allgemeine Wirtschaftspolitik, er legt die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik auf Grundlage der Leitlinien des Europäischen Rates fest, er schließt internationale Abkommen und bestimmt gemeinsam mit dem Europäischen Parlament den Haushaltsplan.

Der Rat ein zentrales Entscheidungsorgan der EU

In den meisten Fällen erlässt der Rat auf Vorschlag der EU-Kommission gemeinsam mit dem Europäischen Parlament die Rechtsvorschriften. Bei diesem "Ordentlichen Gesetzgebungsverfahren" handelt es sich um: Verordnungen, die in jedem Mitgliedstaat direkt anzuwenden sind, oder um Richtlinien, deren Vorgaben nach den jeweiligen innerstaatlichen rechtlichen Bestimmungen umgesetzt werden. Rechtlich bindend sind auch Beschlüsse des Rates, diese können auch nur an bestimmte Adressaten, wie einzelne Mitgliedstaaten, Unternehmen oder Einzelpersonen gerichtet sein. Die Beratungen und Entscheidungen von Gesetzgebungsvorschlägen finden übrigens öffentlich statt.

Zusammensetzung des Rates

Der Rat tagt jeweils in Zusammensetzung der zuständigen FachministerInnen der Mitgliedstaaten. Derzeit sind insgesamt folgende zehn verschiedene Formationen festgelegt:

    1. Allgemeine Angelegenheiten
    2. Auswärtige Angelegenheiten
    3. Wirtschaft und Finanzen (einschließlich Haushalt); Kurztitel – ECOFIN
    4. Justiz und Inneres
    5. Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz
    6. Wettbewerbsfähigkeit
    7. Verkehr, Telekommunikation und Energie
    8. Landwirtschaft und Fischerei
    9. Umwelt
    10. Bildung, Jugend, Kultur und Sport

Trio-Präsidentschaft

Der Vertrag von Lissabon regelt die Präsidentschaft des Rates neu: Nach dem Rotationsprinzip übernehmen jeweils drei Mitgliedstaaten für insgesamt eineinhalb Jahre den Teamvorsitz, auch Trio-Präsidentschaft genannt. Jedes Land führt dabei für sechs Monate den Vorsitz des Rates der EU. Bis Juni 2014 hat Griechenland den Vorsitz inne, anschließend folgt Italien. Von Juli bis Dezember 2013 präsidierte Litauen den Ratsvorsitz. Diese drei Länder bilden also derzeit die Teampräsidentschaft und stimmen ihre Prioritäten aufeinander ab. Eine Ausnahme bei dieser Regel gibt es allerdings: Beim Rat für Auswärtige Angelegenheiten leitet die Hohe Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik den Vorsitz. Dieses Amt bekleidet derzeit Catherine Ashton.

Wie stimmt der Rat ab?

Um unter den 28 Mitgliedstaaten ein Procedere der Beschlussfassung zu ermöglichen sind im Vertrag von Lissabon genaue Bestimmungen vorgesehen. Grundsätzlich werden die meisten Rechtsakte der Europäischen Union mit sogenannter "qualifizierter Mehrheit" beschlossen. In manchen Fällen ist auch Einstimmigkeit erforderlich, beispielsweise bei Fragen der Steuerpolitik oder der Gemeinsamen Sicherheits- und Außenpolitik.

Derzeit gilt noch das Abstimmungssystem der sogenannten Stimmengewichtung, was bedeutet, dass jeder Mitgliedstaat über eine bestimmte Stimmenanzahl verfügt, wobei auch hier auf eine Ausgewogenheit zwischen kleinen und großen Staaten geachtet wurde. Von insgesamt 352 Stimmen verfügen kleine Staaten, wie beispielsweise Malta, über drei sowie Deutschland, Frankreich, Italien und Vereinigtes Königreich über das Maximum von je 29 Stimmen. Österreich hat, wie Schweden und Bulgarien zehn Stimmen. Eine qualifizierte Mehrheit bedeutet also, dass mindestens 260 der 352 möglichen Stimmen erreicht sind.

Ab 1. November 2014 wird nach dem System der sogenannten doppelten Mehrheit abgestimmt werden. Das bedeutet, 65 % der Bevölkerung der EU und 55 % der Mitgliedstaaten (15 Mitgliedstaaten) müssen zustimmen.

Rat der Europäischen Union – Europäischer Rat – Europarat

Der Rat der Europäischen Union wird oft mit dem Europäischen Rat verwechselt – jenem EU-Gremium, in dem die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedsländer vertreten sind und dem der Ratspräsident vorsitzt. Davon zu unterschieden ist außerdem der 1949 gegründete Europarat, der kein EU-Organ ist, sondern eine internationale Organisation für den Schutz und die Einhaltung der Menschenrechte. Dem Europarat gehören 47 Staaten an, darunter auch alle 28 EU-Mitgliedstaaten.