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Demokratiewerkstatt: Zeitzeugin Katja Sturm-Schnabl im Gespräch mit Schülerinnen und Schülern

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Die Demokratiewerkstatt ist eine Bildungs­einrichtung des österreichischen Parlaments. Sie soll Kindern und Jugendlichen im Alter von 8 bis 15 Jahren das Thema Demokratie näherbringen. Derzeit finden in der Demokratie­werkstatt Veranstaltungen zum Thema "Volksgruppen in Österreich" statt. Im Rahmen dieser Veranstaltungs-Reihe sprach die Kärntner Slowenin Katja Sturm-Schnabl über ihre Erlebnisse in der Nazi-Zeit.

Volksgruppen in Österreich

In Österreich gibt es 6 anerkannte Volksgruppen. Ihre Mitglieder sind Menschen, die in Österreich leben und die österreichische Staats­bürgerschaft haben. Ihre Mutter­sprache ist aber nicht Deutsch. Sie gelten als Minderheit und bekommen besondere Rechte, mit denen ihre Kultur geschützt werden soll. Zu den anerkannten Volksgruppen gehört auch die slowenische Volksgruppe.

Die Demokratiewerkstatt hat nun eine Reihe von Veranstaltungen gestartet. In den nächsten Monaten werden Angehörige verschiedener Volksgruppen in die Demokratie­werkstatt eingeladen. Als Zeitzeuginnen und Zeitzeugen sollen sie Jugendlichen die Geschichte ihrer Volksgruppen näherbringen.

Zeitzeugin Katja Sturm-Schnabl zu Gast in der Demokratiewerkstatt

Die Veranstaltungs-Reihe der Demokratie­werkstatt startete mit der Kärntner Slowenin Katja Sturm-Schnabl. Sie sprach mit Schülerinnen und Schülern aus Wien über ihre Vergangenheit während der Nazi-Zeit.

Katja Sturm-Schnabl ist Sprach­wissenschaftlerin und Literatur­historikerin. Sie wurde 1936 geboren. Im Jahr 1942 wurde sie mit ihrer Familie von den National­sozialisten in ein Arbeitslager verschleppt und blieb dort für mehr als 3 Jahre in Haft.

Katja Sturm-Schnabl berichtete: Man brachte mich mit 6 Jahren in das Arbeitslager. Dieses Erlebnis brach wie ein Unwetter über mich herein. Es war ein dramatischer Moment, als ich begriff: Ich gehöre einer Minderheit an, und mein Vater kann mich nicht mehr beschützen.

1945 wurde Katja Sturm-Schnabl aus dem Lager befreit. Zuerst war sie in großer Jubelstimmung. Bei der Rückkehr nach Kärnten hat sie noch große Erwartungen gehabt. Dann bekam sie aber zu spüren, dass die SlowenInnen nicht nach Kärnten gehören. Es gab keine Gleich­berechtigung zwischen slowenisch sprechenden und deutschsprachigen Österreicherinnen und Österreichern.

Aktuelle Situation der Kärntner SlowenInnen

Katja Sturm-Schnabl sprach mit den Jugendlichen auch über ihre Einschätzung zur aktuellen Situation der slowenischen Volksgruppe. Sie erwähnte dabei auch den Kärntner Ortstafelstreit.

Hintergrund

Vor allem in Kärnten leben viele Angehörige der slowenischen Volksgruppe. Ihnen wurden im Staatsvertrag von 1955 2‑sprachige Ortstafeln zugesichert. Deutschsprachige Kärntnerinnen und Kärntner und auch Kärntner Politikerinnen und Politiker haben aber immer wieder verhindert, dass die Tafeln tatsächlich aufgestellt werden.

In Kärnten gab es einen jahrelangen Streit zu diesem Thema. Seit 2011 gibt es nun eine Lösung: In 164 Kärntner Orten muss es 2‑sprachige Ortsschilder geben.

Katja Sturm-Schnabl ist der Meinung, dass diese Lösung von der Bevölkerung vorwiegend angenommen wird. Sie ist der Meinung: Auch Sloweniens Beitritt zur EU hat dazu beigetragen, dass man die slowenische Volksgruppe in Kärnten positiver betrachtet.

Weitere Informationen, die nicht in einfacher Sprache sind: 

Parlamentskorrespondenz Nr. 361/2022