Parlamentskorrespondenz Nr. 480 vom 28.10.1999

DREIBÄNDIGER HOCHSCHULBERICHT 1999 LIEGT VOR

Frauenpolitisches Engagement im Bildungsbereich durch BM Einem

Wien (PK) - "Ich verstehe diesen Bericht als Leistungs- und Rechenschaftsbericht zu den relevanten hochschulpolitischen Massnahmenfeldern in meiner Ministerschaft, die sich mit dem Berichtszeitraum deckt. Mit drei Veröffentlichungen habe ich innerhalb des letzten Jahres überdies eine programmatisch-strategische Positionierung in den Bereichen Bildungspolitik sowie Wissenschafts- und Forschungspolitik vorgenommen und dadurch einen gesellschaftlichen bzw. öffentlichen Diskurs in Gang gebracht, der es ermöglicht, politische Entscheidungen glaubwürdiger, klarer und auf breiterer Basis demokratisch herbeizuführen." Mit diesen Worten umreisst Wissenschaftsminister Dr. Caspar EINEM den nun vorliegenden Hochschulbericht 1999, der dieser Tage dem Hohen Haus zugeleitet wurde (III-204 d.B.)bzw (III-15 d.B.). Es ist dies der elfte Bericht seit Bestehen der gesetzlichen Verpflichtung, den Nationalrat über die Entwicklung auf dem Hochschulsektor zu informieren. Seit 1969 erschienen alle drei Jahre entsprechende Kompendien, wobei das aktuelle mit drei Bänden das bei weitem umfangreichste ist.

DIE AKTUELLE LAGE

Die Universitäts- und Hochschulpolitik, aber auch die Verwaltung sind gegenwärtig mit einer Vielzahl an Anforderungen konfrontiert, deren Ursachen in den sich ändernden sozialen und ökonomischen Rahmenbedingungen zu suchen sind. Geprägt ist der Berichtszeitraum auch von den Erfordernissen an die tertiären Bildungsinstitutionen sowie die daraus generierten Leistungsangebote. Im vorliegenden Bericht werden daher bereits eingeleitete Lösungen dargestellt respektive Lösungsansätze angedacht. Sohin wird Rechenschaft darüber abgelegt, wie die aktuellen Anliegen und Ziele der Hochschulpolitik umgesetzt werden konnten, und die Autoren des Berichts stellen dabei fest, dass in den wesentlichen Bereichen, etwa in der Universitätsorganisations- und der Studienreform, im Auf- und Ausbau des Fachhochschulsektors sowie in der Optimierung der Förderungs- und Finanzierungsstrukturen der wissenschaftlichen Forschung, im Berichtszeitraum substantielle Fortschritte erzielt werden konnten.

Die entsprechenden Resultate werden in der Folge konkret aufgeschlüsselt. Im 1. Band werden die Realisierung und Implementierung des Universitätsstudiengesetzes, die Weiterführung der Organisationsreform, die Akkreditierung privater Universitäten und das Programm "Kplus" zur Förderung der Errichtung von Kompetenzzentren beschrieben, während der 2. Band grosso modo anhand von umfassend aufbereitetem und mit Kommentaren versehenem Datenmaterial eine statistische Bestandsaufnahme der österreichischen Universitäten und Fachhochschulen hinsichtlich der Finanzierung, der Lehr- und Forschungseinrichtungen, des Personals, der Studierenden und AbsolventInnen und dgl. bietet. Ein dritter Band befasst sich speziell mit der "Entwicklung der Bildung und Berufsausübung von Frauen in Österreich", womit, wie Minister Einem in seinem Vorwort betont, einer Entschliessung des Nationalrates vom April 1998 entsprochen wurde. Einem wörtlich: "Ich sehe in den darin enthaltenen Analysen mein frauenpolitisches Engagement im Bildungsbereich bestätigt."

REFORM DER UNIVERSITÄTSORGANISATION

Das UOG 1993, so hält der Bericht fest, sei mittlerweile an zehn der zwölf österreichischen Universitäten voll anwendbar, die beiden übrigen würden im Verlauf des Jahres 1999 folgen. Durchschnittlich habe die Implementierung des UOG an den Universitäten ohne Fakultätsgliederung im Schnitt 18 Monate, bei solchen mit Fakultäten durchschnittlich drei Jahre betragen. Mittlerweile liessen sich im übrigen durchaus ambitionierte Konzepte zur Qualitätssicherung hinsichtlich der Durchführung von Evaluierungsmassnahmen in Lehre und Forschung erkennen, hätten doch alle nach dem UOG 1993 geführten Universitäten mit Lehrveranstaltungsbewertungen durch die Studierenden begonnen. Parallel dazu wurde im Berichtszeitraum mit einigen Universitäten die Diskussion über ein Modell universitärer Vollrechtsfähigkeit initiiert.

Veränderungen gab es auch im Bereich des Dienstrechts des Hochschulpersonals. So ist nun ein einheitliches Gehaltsschema für UniversitätsprofessorInnen in Geltung, wobei die verschiedenen DozentInnen als neue Verwendungs- resp. Entlohnungsgruppe eingeführt wurden. Ebenfalls neu ist die Schaffung zeitlich befristeter Vertragsprofessuren.

DER FACHHOCHSCHULSEKTOR

Der Ausbau des Fachhochschulsektors schreitet zügig voran. Im Studienjahr 1998/99 gab es knapp 50 Fachhochschulstudiengänge für rund 8.000 Studenten von 19 Erhaltern. Waren die ersten diesbezüglichen Lehrgänge fast ausschliesslich im technischen oder im wirtschaftlichen Bereich angesiedelt, so sind nun auch Angebote im Medien- und Telekommunikationssektor sowie interdisziplinäre Studiengänge zu konstatieren. Für die besondere Zielgruppe der berufstätigen Studierenden standen im Studienjahr 1998/99 15 Studiengänge zur Verfügung. Bemerkenswert hoch ist die AbsolventInnenrate.

In den Berichtszeitraum fallen weiters Ansätze der Konsolidierung, aber auch der Definition der Rahmenbedingungen für die künftige Entwicklung des Sektors. Konkret wurden 1998/99 elf Studiengänge evaluiert, wobei es durchwegs zu einer positiven Einschätzung kam. Bei den Förderungskriterien wird auf die Konsolidierung der bestehenden Fachhochschulstandorte abgezielt. Auch werden besondere Zielgruppen, etwa Frauen oder Studierende mit nichtraditionellen Bildungsverläufen, besonders berücksichtigt. Die "Entwicklungs- und Finanzierungsplanung II" für die Studienjahre 2000 bis 2005 legt schliesslich die quantitative Weiterentwicklung des Sektors fest.

LEHRE UND FORSCHUNG

Mit dem UniStG 1997 wurde eine tiegreifende Reform des Studienrechtssystems initiiert. Die damit einhergehende Deregulierung und Dezentralisierung evozieren eine deutlicher zielorientierte Gestaltung von Lehre und Studium sowie ein stärker nachfrage- und arbeitsmarktorientiertes Studienangebot. Bemerkenswert dabei ist, dass das UniStG den Studienkommissionen nur mehr die Rahmenbedingungen für den Studienablauf vorgibt, wodurch sich deren Entscheidungsspielraum massgeblich erhöht hat.

Ein weiteres markantes Thema im Berichtszeitraum war die weitere Gestaltung des Studiensystems. War man Anfang der 90er Jahre noch von einem zweistufigen System ausgegangen, so legten die internationalen Entwicklungen der letzten Zeit die Erweiterung auf ein dreistufiges System nahe. Die Einführung einer dritten Abschlussmöglichkeit (Bakkalaureat) sollte aber nicht sofort und zwanghaft für alle Studienrichtungen erfolgen, sondern behutsam und nach Massgabe der Rahmenbedingungen umgesetzt werden. Evaluiert wurden weiters die Entwicklungen im Bereich der Fernstudien. Der Beitritt Österreichs zur EU brachte auch für die Forschung neue Rahmenbedingungen und Chancen. Zur optimalen Nutzung dieser Möglichkeiten wurde auf nationaler Ebene mit einer strategischen Reorientierung begonnen. Ausfluss der diesbezüglichen Diskussion soll ein "Grünbuch zur österreichischen Forschungspolitik" sein, so der Bericht. In diesem Zusammenhang wird auch auf das Programm "Kplus" verwiesen, mittels welchem auf die Errichtung von Kompetenzzentren abgezielt wird. Bis Ende 1999 sollten zehn solcher Zentren errichtet sein, heisst es in dem Bericht.

FINANZIERUNG

Österreichs Ausgaben für den Hochschulbildungsbereich lägen mit ca. 1,2 Prozent des BIP in etwa im Durchschnitt der OECD-Länder, halten die Autoren des Berichts fest. Der Anteil der Hochschulausgaben am Bundeshaushalt steige seit Jahrzehnten kontinuierlich an und habe 1998 die 4-Prozent-Marke erstmals überschritten. Insgesamt weist der Rechnungsabschluss 1998 31,4 Mrd. S an Hochschulausgaben aus, wovon 26,7 Mrd. S in des beim Wissenschaftsministerium ressortierenden Budgetkapitel 14 fallen. An den Ausgaben für Universitäten fiel im Berichtszeitraum auf, dass die Personalkosten rückläufig sind, eine Tendenz, die sich auch 1999 fortzusetzen scheint. Steigend waren die Einnahmen der Universitäten im Rahmen der Teilrechtsfähigkeit, und auch die Drittmittelfinanzierung nimmt weiter zu, wobei in diesem Sektor die Universität für Bodenkultur führend ist. Bezogen auf die Fakultätsebene erzielen auch die medizinischen sowie die elektrotechnischen Fakultäten hier hervorragende Ergebnisse. Generell zeigte sich, dass sich die Universitäten intensiver als früher mit Budgetfragen auseinandersetzen und auch entsprechende Verantwortung übernehmen.

ZUR LAGE VON FRAUEN AN HOCHSCHULEN

Einen eigenen Abschnitt in Form eines 3. Teilbandes nimmt die Frage "Frauen an Hochschulen" ein. Seit rund zehn Jahren gibt es diesbezüglich im Wissenschaftsressort einen sehr hohen gesetzlichen Standard zum Abbau der Unterrepräsentanz von Frauen, wobei vor allem der Frauenförderungsplan im Wirkungsbereich des Wissenschaftsministeriums zu nennen ist, dessen vorrangiges Ziel die Besetzung von hochqualifizierten wissenschaftlichen Planstellen mit Frauen ist. Wirksamkeit zeigen die Rechtsinstrumente nach den bisherigen Erfahrungen insbesondere in der Bewusstseinsbildung im Vorfeld sowie in Verbindung mit gezielten Massnahmen zur Frauenförderung. Während frauenfördernde Programme, etwa das Charlotte Bühler-Habilitationsstipendium, schon seit mehreren Jahren erfolgreich laufen, wurde 1998 mit den Hertha Firnberg-Nachwuchsstellen eine eigene Form zur Förderung des weiblichen wissenschaftlichen Nachwuchses kreiert. Ein eigener Forschungsschwerpunkt hinsichtlich Gleichbehandlung und Antidiskriminierung verfolgt die Zielsetzung, wissenschaftliche Analysen und handlungsorientierte Forschungsleistungen zu bündeln. Im "Weissbuch zur Förderung von Frauen in der Wissenschaft", welches im Mai 1999 erschien, sind zahlreiche Einzelmassnahmen mit kurz-, mittel- und langfristiger Perspektive zusammengefasst, die auf eine nachhaltige Verbesserung der Situation von Frauen im Wissenschaftsbetrieb abzielen.

INTERNATIONALE KOOPERATION

In den letzten Jahren war eine zunehmende internationale Verflechtung des Hochschulwesens zu konstatieren. Zur Ausweitung der internationalen Beziehungen der Universitäten und Fachhochschulen, aber auch zur Intensivierung der Mobilität wurden organisatorische Verbesserungen durchgeführt. So kam es zur Einführung des European Course Credit Transfer System (ECTS), welches erworbene Qualifikationen an den verschiedenen Universitäten vergleichbar und damit anrechenbar macht, und zu einem Übereinkommen über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich in der europäischen Region. Weiters wurden die Bildungsprogramme Socrates und Leonardo - wo die österreichische Teilnahme ausgesprochen gut war - fortgeführt. Das Austauschprogramm CEEPUS, ein Netzwerk mittel- und osteuropäischer Länder, wurde bis 2004 verlängert. Im Forschungsbereich wurde 1998 das 5. Rahmenprogramm inhaltlich festgelegt, das allen Forschungseinrichtungen gleichermassen zur Teilnahme offensteht. Eine Erweiterung erfuhr die europäische Kooperation mit Drittstaaten, wurde doch die bestehende Zusammenarbeit mit Kanada und den USA auf Lateinamerika, Indien und die VR China ausgedehnt. Andererseits ist der Anteil der Studierenden aus Entwicklungsländern an Österreichs Universitäten in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen, wobei, wie der Bericht unterstreicht, der "Zusammenhang mit der Einführung des Aufenthaltsgesetzes evident ist".

HOCHSCHULABSOLVENTINNEN UND AKADEMIKERBESCHÄFTIGUNG

Bei den Universitätsabschlüssen ist festzuhalten, dass vor allem der Frauenanteil an den Absolvierenden weiter steigt. Ihr Anteil von nunmehr knapp 48 Prozent bei den Erstabschlüssen (Magisterium) kommt dem Frauenanteil an den Studierenden von 49 Prozent bereits sehr nahe. Die höchsten Frauenanteile weisen dabei nach wie vor die philologischen und die geisteswissenschaftlichen Studien sowie die Pharmazie auf. Bei den Zweitabschlüssen (Doktorat) ist der Frauenanteil zwar ebenfalls steigend, doch liegt er hier mit 34 Prozent noch deutlich unter jenem bei den Diplomen.

Nach wie vor beträgt die durchschnittliche Studiendauer sieben Jahre, wobei allerdings festgehalten werden muss, dass teilweise die gesetzliche Mindeststudienzeit ausgeweitet wurde. Die Anzahl jener Studierenden, die ihr Studium in dieser Mindestzeit absolvieren, sinkt weiter auf nunmehr unter 5 Prozent. In nur elf Studienrichtungen gab es einen Anteil von mehr als 10 Prozent, die den gesetztlich gesteckten Rahmen einhalten konnten. Trotz der starken Ausweitung des tertiären Sektors hat Österreich im OECD-Schnitt eine unterdurchschnittliche AkademikerInnenquote. Zwar sind die Einstiegs- und Beschäftigungsbedingungen für AkademikerInnen insgesamt ungünstiger geworden, doch rechnen die Autoren des Berichts dessen ungeachtet mit einem weiteren Anstieg der AkademikerInnenbeschäftigung. Gegenwärtig beträgt der Akademisierungsgrad der Erwerbstätigkeit knapp neun Prozent, wobei sich die Beschäftigung von HochschulabsolventInnen primär auf den Dienstleistungssektor konzentriert. Eine hohe Konzentration findet sich in drei Sparten: Hoheitsverwaltung, Gesundheit, Unterrichtswesen. Optimistisch gibt sich der Bericht für die Zukunft: die AkademikerInnenarbeitslosigkeit sei zwar bis 1997 kontinuierlich gestiegen, doch lasse sich seitdem eine rückläufige Tendenz feststellen. Vor allem AkademikerInnen mit Zusatzqualifikationen, etwa im EDV- oder im Sprachbereich, hätten, so heisst es im Bericht, gute Chancen am Arbeitsmarkt. (Schluss)