Parlamentskorrespondenz Nr. 251 vom 11.05.2000

79 FRAGEN AN SOZIALMINISTERIN DR. SICKL

SP befürchtet massive Verschlechterungen für kranke Menschen

Wien (PK) - Die Beratungen über den Bundeshaushalt 2000 wurden heute Nachmittag im Nationalrat unterbrochen, um eine Dringliche Anfrage zu debattieren. Mit 79 Einzelfragen will die sozialdemokratische Fraktion von Sozialministerin Dr. Sickl Auskunft über befürchtete "massive Verschlechterungen für kranke Menschen durch das FPÖVP-Belastungspaket im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung".

Bevor Abgeordnete Bures die Dringliche Anfrage begründen konnte, kam es zu einer kurzen Geschäftsordnungsdebatte über die in der Anfrage gestellten 79 Fragen und 44 Subfragen.

Abgeordneter Dr. KHOL (V) merkte unter Hinweis auf die Geschäftsordnung an, dass der Staatssekretär grundsätzlich nicht mehr als 10 Sekunden für die Beantwortung zur Verfügung habe. Er wolle dieses Thema nur problematisieren und schlug vor, darüber in der nächsten Präsidialkonferenz zu beraten.

Der vorsitzführende Präsident Dr. FISCHER antwortete, dass er selbstverständlich bereit sei, über diese Frage zu diskutieren, er habe aber bereits im Vorfeld dem Staatssekretär signalisiert, dass er ihn auch nach 20 Minuten nicht unterbrechen werde.

Abgeordneter Dr. KOSTELKA (S) warf ein, die Wortmeldung Khols beweise, dass die Fragen offensichtlich unangenehm seien, und Klubobmann Ing. WESTENTHALER (F) konterte, die SPÖ sei nicht an einer ordentlichen Beantwortung interessiert, sondern betreibe Fundamentalopposition.

Im Hinblick auf die große Anzahl der gestellten Fragen bemerkte die Begründerin der Dringlichen Anfrage, Abgeordnete BURES (S), dass die derzeitige Politik eben so viele Fragen offen lasse. Das österreichische Gesundheitssystem stelle durch die solidarische, umlagefinanzierte Pflichtversicherung den chancengleichen Zugang für alle Menschen, unabhängig von Alter, Geschlecht und finanzieller Leistungsfähigkeit sicher. Damit sei eine Zweiklassengesellschaft verhindert worden, die nun drohe. Das Leitmotiv der FPÖ-ÖVP-Regierung sei: "Wer krank ist, muss zahlen."

Die Abgeordnete ging dann kritisch auf einige angekündigte Maßnahmen ein und nannte dabei den Selbstbehalt in Spitalsambulanzen bis zu 1.000 S pro Jahr und Person, die Erhöhung des Selbstbehaltes im Spital um rund 43 %, die Erhöhung der Rezeptgebühr um über 22 %, generelle Selbstbehalte für alle neuen medizinischen Leistungen wie z.B. für die Psychotherapie in der Höhe von 20 %, die Kürzung des Krankengeldes für Schwerstkranke, die Streichung der Zuschüsse für Heilbehelfe und Hilfsmittel sowie die Streichung der Maßnahmen für Gesundheitsfestigung und Krankheitsverhütung.

Die Erhöhung des Verpflegungskostenbeitrages und die Überweisung von 10 S davon in eine verschuldensunabhängige Patientenversicherung sei ein unzulässiger Griff in die Kassa der PatientInnen selbst. Die Krankenanstalten, Ärzte und Pharmaindustrie würden aus der Verantwortung auf dem Rücken der kranken Menschen entlassen. Bures befürchtete, dass Heilbehelfe so teuer werden, dass sich mittlere und niedrige Einkommensschichten diese bald nicht mehr leisten könnten. "Ist das die soziale Gerechtigkeit, von der die FPÖ gesprochen hat", fragte Bures die freiheitlichen Abgeordneten. Die Regierung plane mit diesem Paket die größte Belastungswelle dieser Koalition, schloss die Rednerin.

Staatssekretär Dr. WANECK stellte eingangs fest, dass die Bundesregierung keineswegs massive Verschlechterungen für kranke Menschen im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung vorsehe. Die Regierungsparteien hätten sich vielmehr zum Ziel gesetzt, die Qualität des österreichischen Gesundheitssystems zu erhalten und zu verbessern, indem seine Finanzierung unter bestmöglicher Berücksichtigung der sozialen Ausgewogenheit gesichert wird. Die Ausgangslage für dieses Unterfangen, so der Staatssekretär, könne jedoch nicht als sehr positiv bezeichnet werden, da die frühere Ressortleiterin bis zum Schluss keine Informationen über die wahre Finanzlage weitergegeben habe.

Als Eckpfeiler der Sanierung nannte Waneck Einsparungen im Verwaltungsbereich der Sozialversicherungsträger in der Höhe von 1,5 Mrd. S pro Jahr sowie Einsparungen im Bereich der Heilmittel und der Arzneimittelkosten in der Höhe von 2,5 Mrd. S. Diesem Maßnahmenpaket seien jedoch folgende Grundsätze vorangestellt: keine Einschränkung medizinischer Leistungen, keine Anhebung der Krankenversicherungsbeiträge, kein Selbstbehalt bei niedergelassenen Ärzten.

In konkreter Beantwortung der Fragen betonte der Staatssekretär, dass keine Kürzung des Krankengeldanspruches, sondern eine österreichweite Angleichung dieses Anspruches zwischen den verschiedenen Krankenkassen beabsichtigt sei. Zahlungen über die 52. Woche hinaus entsprächen in berechtigten Fällen der humanitären Grundhaltung.

Weiters kündigte er an, dass von der Entrichtung der Ambulanzgebühren jene Patientengruppen befreit sein werden, die auch derzeit keine Rezeptgebühr bezahlen. Bei den Spitalsambulanzen ergebe sich deshalb zwingend eine Kostendämpfung, da mehr als 5 Millionen Fälle pro Jahr einen enormen Sach- und Personalaufwand verursachen. Für die geplante teilweise Auslagerung von PatientInnen aus Spitalsambulanzen seien begleitende Maßnahmen erforderlich, die mit betreffenden Institutionen der Sozialversicherung und Ärztekammer akkordiert würden. Eine Schließungsempfehlung für Spitalsambulanzen werde es nicht geben, bekräftigte Waneck.

Zum verschuldensunabhängigen Patientenentschädigungs-Fonds merkte Waneck an, dass im niedergelassenen Bereich eine diesbezügliche Versicherungsregelung für die PatientInnen über Haftpflichtversicherung und Schiedsstellen in jedem Bundesland bereits jetzt bestehe, weshalb nun lediglich eine Angleichung für den Spitalsbereich erfolge.

Die Erhöhung der Rezeptgebühr sei, so der Staatssekretär, im Rahmen der Gesamtmaßnahmen zu sehen, die in erster Linie eine Veränderung der Verschreibepraxis bewirken sollen. Durch die vermehrte Möglichkeit zur Selbstmedikation erwarte er keine Mehrbelastungen für die PatientInnen, da auch rezeptfreie Arzneimittel bei entsprechender Indikation durch die Krankenkassen ersetzt werden können. Es werde aber erforderlich sein, ein etwaiges Missbrauchspotenzial bei bestimmten Arzneimitteln durch konkrete Maßnahmen nach dem Rezeptpflichtgesetz hintan zu halten. Der Staatssekretär stellte auch eine neue Verordnung über Höchstaufschläge im Arzneimittelgroßhandel in Aussicht, womit eine Absenkung um durchschnittlich 1,4 % erzielt werden soll. Bei den Industriepreisen würden die Verhandlungen des Hauptverbandes seitens seines Ressorts voll unterstützt. Bei den Apothekerspannen sei bereits eine rückwirkende Vereinbarung zwischen dem Hauptverband und der Apothekerkammer zustande gekommen. Ein besonderer Sanktionsmechanismus im Arzneimittelbereich gegenüber Vertragsärzten sei von seiner Seite nicht vorgesehen. Um eine optimale Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln weiterhin sicherzustellen und die Gefahr möglicher Rationierungen hintan zu halten, werde bei den Arzneimitteln von jeglicher Deckelung Abstand genommen.

Bei den Heilbehelfen und Hilfsmitteln liege es an den Sozialversicherungsträgern, sich um eine entsprechende soziale Treffsicherheit zu bemühen.

Waneck bedauerte, dass es bisher zu keinem Vertragsabschluss mit den Psychotherapeuten gekommen ist und versicherte, dass von Seiten der Bundesregierung keine generelle Absicht bestehe, auf neue Leistungen der Sozialversicherung einen Selbstbehalt einzuführen.

Abschließend ging der Staatssekretär auf die Einsparungen im Verwaltungsbereich ein und meinte, dass Kontrolle im Sinne begleitender Maßnahmen als Steuerungsinstrumentarium und nicht als Strafmaßnahme verstanden werde. Er habe nicht die Absicht, die Basis demokratischer Selbstverwaltung auszuschalten, da er die Organisation der Sozialversicherung für eine moderne, an den Bedürfnissen der Menschen orientierte Staatsverwaltung halte.

Abgeordnete Dr. PITTERMANN (S) kritisierte, dass vor allem bei der Frage der Ambulanzgebühren vieles unbeantwortet geblieben sei. Ambulanzen würden häufig von Kindern aufgesucht, die eine Spezialbehandlung wie Krebstherapie oder Psychotherapie brauchen, was von niedergelassenen Ärzten nicht geleistet werden könne. Wie wollen Sie den Eltern erklären, dass sie für eine lebensnotwendige Behandlung ihrer Kinder nun zahlen müssen, fragte die Abgeordnete. Ähnliche Sorgen bereiten ihr Patienten mit Organtransplantationen.

Die Diskussion um hohe Ambulanzkosten sei deshalb nicht seriös, da das Spitalspersonal ja auch im stationären Bereich arbeite, und sie von keinerlei Personalabbau wüsste. Hier werde es also keine Einsparungen geben. Auch die zusätzliche Zahl an niedergelassenen Ärzten verursache höhere Kosten. Ob so manche Behandlung wie z.B. Bluttransfusionen bei den niedergelassenen Ärzten billiger sei, bleibe genauso dahingestellt wie die Frage nach der entsprechenden Qualität.

Sie appellierte an den Staatssekretär, auf die private Haftpflichtversicherung einzuwirken, Zahlungen dort zu leisten, wo PatientInnen geschädigt sind. Ein neuer Topf solle nur für jene Schäden geschaffen werden, wo man den oder die Schuldigen nicht feststellen könne.

Abgeordneter Dr. PUMBERGER (F) hielt Abgeordneter Bures entgegen, dass sie keinen einzigen Gegenvorschlag eingebracht, sondern lediglich fundamentale Oppositionspolitik betrieben habe. "Sie machen alten und kranken Menschen Angst", warf er ihr vor. Eine Oppositionspolitik auf dem Rücken der Kranken sei abzulehnen, noch dazu, wo die Sozialdemokratie das Dilemma der Krankenkassen verursacht habe. Diese Regierung beweise, dass man es besser machen könne, da weder eine Einschränkung medizinischer Leistungen noch eine Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge erfolgen werde. Durch die Umleitung der PatientInnen zu den niedergelassenen Ärzten, die nur ca. 30 % der Kosten der Ambulanzen verursachen, komme es auch zu einer Strukturreform, so der Redner. Abschließend sprach sich der Abgeordnete gegen Misswirtschaft, Verschwendung und Parteipolitik in den Krankenversicherungen aus.

Den Sozialdemokraten gehe es nicht um die Sache, sondern um das politische Spektakel, warf Abgeordneter DONABAUER (V) der SPÖ vor. Er wehrte sich auch gegen den Vorwurf, dass die neue Regierung eine Zwei-Klassen-Medizin einführen wolle. Was den Selbstbehalt, den es bereits jetzt quer durch alle Systeme gebe, betrifft, so müsse dieser als Regulierungsinstrument - versehen mit einer sozialen Schutzklausel - verstanden werden.

Abgeordneter Dr. GRÜNEWALD (G) war der Auffassung, dass den Ärzten und den Patienten der "schwarze Peter" von der Regierung zugeschoben werde. Die jetzigen Sanierungsmaßnahmen gehen ausschließlich auf Kosten der Betroffenen, bemängelte Grünewald, und führte als Beispiele den Selbstbehalt, den Teilkrankenstand, die erhöhten Verpflegungskostenbeiträge sowie die Rezept- und die Krankenscheingebühr an. Niemand lehne vernünftiges Sparen ab, es wäre jedoch sinnvoller gewesen, etwa kurzfristige Investitionen im niedergelassenen ambulanten Sektor zu tätigen.

In einer tatsächlichen Berichtigung stellte Dr. PUMBERGER (F) fest, es sei nicht richtig, dass die Sanierungsmaßnahmen für die Krankenkassen und das Gesundheitswesen ausschließlich auf Kosten der Patienten gehen. Zwei Drittel würden sich durch Einsparungen im Verwaltungsbereich und im Pharmasektor ergeben.

Auch Abgeordneter Dr. STUMMVOLL (V) stellte eine Aussage des Abgeordneten Grünewald richtig und betonte, dass die Gesundheitspolitik der Regierung keineswegs den Weg zu einer Zwei-Klassen-Medizin öffne.

Alles, was der neuen Regierung eingefallen ist, sei es, die kranken Menschen zu belasten, argumentierte Abgeordnete Mag. PRAMMER (S). Ihrer Auffassung nach sollte besonderes Augenmerk auf die Ambulanzen gelegt werden, da es nicht möglich sei, dass in jedem kleinen Ort alle erforderlichen Fachärzte zur Verfügung stehen können. Zudem sei es blanker Zynismus, wenn jenen Menschen, denen der Tod schon ins Gesicht geschrieben steht, das Krankengeld unbefristet gezahlt werden soll.

Abgeordnete Dr. POVYSIL (F) bezeichnete die dringliche Anfrage der Sozialdemokraten als zynisch, da die SPÖ jahrelang ungerührt zugesehen habe, wie das Gesundheitssystem immer weiter in die roten Zahlen geschlittert sei. Povysil war überzeugt davon, dass das Gesundheitssystem strukturelle Veränderungen brauche, insbesondere im niedergelassenen Bereich. Derzeit seien nämlich die Spitalsärzte in den Ambulanzen völlig überfordert, zeigte die Rednerin auf. Grundsätzlich müsse ein gleicher Zugang zu allen medizinischen Leistungen nach jeweils definierten Qualitätsstandards und ohne Rationierungen gewährleistet werden.

Abgeordnete Dr. RASINGER (V): Die Opposition müsse zur Kenntnis nehmen, dass man im Gesundheitswesen vor einem massiven Problem stehe, denn heuer würden 7,5 Mrd. S und im nächsten Jahr sogar 9 Mrd. S fehlen. Und wenn die Medikamentenpreise pro Jahr um 3 Mrd. S steigen, dann müsse man endlich dieser Entwicklung gegensteuern. Gesundheitspolitik sollte nicht vom Wegschauen und von Pseudo-Lösungen bestimmt sein, betonte Rasinger, sondern es sollte schrittweise ein für alle optimales System entwickelt und nicht - wie es die Opposition tut - Ängste geschürt werden.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) fragte sich, ob die Besserverdienenden in Österreich einen adäquaten Beitrag zum sozialen Krankenversicherungssystem leisten. Er hielt es für gerecht, dem Vorschlag von Waneck näherzutreten, die Höchstbeitragsgrundlage anzuheben. Kritisch betrachtete er die Einführung des Selbstbehaltes, der keinen Regulierungseffekt habe, sondern nur aus Finanzierungsgründen in Erwägung gezogen wurde.

Die heutige Dringliche Anfrage sollte keine Ängste schüren, sondern - wenn möglich - Ängste zerstreuen, erklärte Abgeordnete REITSAMER (S). In Richtung der Abgeordneten Povysil wies die Rednerin darauf hin, dass in den Jahren 1997 und 1998 die Krankenversicherungen schwarze Zahlen geschrieben haben. Den Versicherten werde eine Reihe an Belastungen aufgebürdet, während man im Bereich der Beitragsrückstände von Unternehmen, die fast 9,9 Mrd. S ausmachen, untätig bleibe. Würde man hier entsprechend vorgehen, dann könnte man sich dieses "Paket an Grauslichkeiten" ersparen.

Abgeordnete Mag. HARTINGER (F) klagte, die SPÖ habe mit ihrer Sozial- und Gesundheitspolitik der letzten 30 Jahre Österreich krank gemacht. Ihr zufolge gibt es wochenlange Wartezeiten bei Fachärzten, bei wichtigen Untersuchungen und bei lebensnotwendigen Operationen. Als wichtige Vorhaben der Regierung nannte Hartinger eine Beseitigung des "parteipolitischen Filzes" in den Sozialversicherungen und die Festschreibung klarer Patientenrechte. Darüber hinaus übte sie Kritik an der Vorgangsweise der steirischen Gebietskrankenkasse im Zusammenhang mit den Kassenverträgen.

Abgeordneter Dr. LEINER (V) sagte, auf den polemischen Slogan der SPÖ, "wer krank ist, muss zahlen", könne er nur antworten, "die Gesundheit muss uns auch etwas wert sein". Man müsse beim Patienten und bei den Ärzten mehr Kostenbewusstsein erreichen. Die SPÖ habe den Menschen "vorgegaukelt", dass der Staat für alle Kosten im Gesundheitsbereich aufkomme, meinte Leiner, der Staat sei aber der Steuerzahler. Seiner Auffassung nach droht durch die Gesundheitspolitik der neuen Regierung auch keine Zwei-Klassen-Medizin, diese habe es vielmehr bereits bisher gegeben und müsse nun beseitigt werden. So sei derzeit etwa die ländliche Bevölkerung bei den Fachärzten krass benachteiligt.

Abgeordnete HAIDLMAYR (G) schloss aus der Anfragebeantwortung Wanecks, dass der Staatssekretär den Boden zur Realität und den Zugang zu den Menschen schon längst verloren habe. So hält sie die angekündigten Einsparungen bei Heilbehelfen und Hilfsmitteln für blanken Zynismus. Ob jemand Heilbehelfe oder Hilfsmittel brauche, ist für sie eine Frage von Krankheit und Behinderung oder Gesundheit und Nichtbehinderung und nicht eine soziale Frage. Ablehnend äußerte sich Haidlmayr auch zur geplanten Ambulanzgebühr. In einem Entschließungsantrag forderte sie die Sozialministerin auf, eine Novelle zum Ärztegesetz vorzubereiten, welche einen barrierefreien Zugang zu Arztpraxen beinhaltet. 

Abgeordneter GAUGG (F) hielt fest, die SPÖ habe "finanziell desaströse" Krankenkassen hinterlassen. Seiner Meinung nach hat das ganze System versagt, schließlich gebe es wochenlange Wartezeiten bei den Ärzten. Zum geplanten Selbstbehalt bei Arztbesuchen merkte Gaugg an, Beamte und Eisenbahner, welche zu den unteren Einkommensbeziehern zählten, müssten schon seit langem solche Selbstbehalte bezahlen. Der SPÖ warf er unqualifiziertes Polemisieren vor.

Abgeordneter RIEPL (S) verteidigte die Vorgangsweise der steirischen Gebietskrankenkasse und erklärte, wer Verträge abschließe, habe auch das Recht, diese wieder zu kündigen. Die Kritik Hartingers zeige nur, dass die Freiheitlichen die Ärzteinteressen in den Vordergrund stellten und nicht auf Seiten der Patienten stünden. Klar sei, so Riepl, dass Kranke in Zukunft stärker zur Kasse gebeten werden, während Unternehmen durch Beitragssenkungen entlastet würden.

Bei der Abstimmung blieb der Entschließungsantrag der Grünen betreffend Schaffung von barrierenfreiem Zugang zu Arztpraxen in der Minderheit. 

KURZE DEBATTE ZU AUSBAUPLÄNEN IM BUNDESSTRASSENNETZ 452/AB zu 416/J

Abgeordnete Dr. LICHTENBERGER (G) skizzierte, Verkehrsminister Schmid führe in seiner Anfragebeantwortung zwar eine enorme Liste von Straßenbauvorhaben an, es fehle aber eine Prioritätenreihung. Offensichtlich handle es sich hier lediglich um einen Wunschkatalog der Länder, sagte sie. Der "ambitionierte Versuch" von Ex-Wirtschaftsminister Farnleitner, Ordnung in die Wünsche der Länder zu bringen, würde nicht weiter fortgesetzt.

Lichtenberger forderte die Streichung einer Reihe von Straßenbauvorhaben. So sollte man sich ihr zufolge beispielsweise von der Nordautobahn, deren Bau man dem niederösterreichischen Landeshauptmann Pröll im Gegenzug zum Bau des Semmering-Eisenbahn-Tunnels versprochen habe und die ihrer Ansicht nach viel internationalen Verkehr nach Österreich bringen würde, wieder verabschieden. Allgemein urgierte Lichtenberger mehr Kostenwahrheit im Straßenverkehr und eine Vernetzung der Verkehrsträger Bahn und Straße.

Verkehrsminister Dipl.-Ing. SCHMID wies die Behauptung seiner Vorrednerin zurück, dass er bei der Bahn "streichen will". Er habe nie von einer Reduktion der Investitionen der Bahn gesprochen, bekräftigte er, vielmehr wolle er sich für eine verbesserte Schieneninfrastruktur einsetzen. Die Einstellung von Nebenbahnen liegt laut Schmid nicht in seiner Verantwortung, sondern in jener von ÖBB-Chef Draxler.

Abgeordneter EDER (S) wies darauf hin, dass laut Bundesvoranschlag heuer um rund eine Milliarde Schilling weniger für Bundesstraßen zur Verfügung stehen werde als im Vorjahr. Drei Viertel dieser Summe gingen zu Lasten von neuen Straßenbauprojekten, ein Viertel betreffe die Instandhaltung des bestehenden Straßennetzes. Das bedeutet laut Eder eine Vernichtung von 1.400 Jahresarbeitsplätzen. Die Regierung schade damit der Bauwirtschaft und spare "an der Zukunft des Landes".

Abgeordneter Mag. FIRLINGER (F) machte geltend, dass die Budgetpolitik der SPÖ dazu geführt habe, dass "wir abgeräumt sind, wie ein Weihnachtsbaum am 30. Dezember". Deshalb müsse in allen Ministerien gespart werden, auch im Verkehrsministerium. "Es ist nicht lustig", erklärte Firlinger, das Straßenbauprogramm um eine Milliarde Schilling zurückzunehmen. Die SPÖ forderte er auf, zu einer konstruktiven Oppositionspolitik zurückzukehren.

Abgeordneter Mag. KUKACKA (V) begrüßte die Überwindung der verkehrspolitischen Kompetenzzersplitterung, die es nun ermögliche, klare Prioritäten beim Ausbau der Infrastruktur zu schaffen. Als konkretes Beispiel nannte der Redner Korridorlösungen, insbesondere nach dem Norden und dem Osten, die jetzt in Angriff genommen werden. Würde Abgeordnete Lichtenberger die Zahlen für den Schienenausbau kennen, würde sie bereits Chancengleichheit für den Straßenbau fordern, sagte Kukacka pointiert und riet der Kollegin von den Grünen, sich über den letzten Stand der verkehrspolitischen Realität zu informieren.

Abgeordnete Dr. MOSER (G) forderte Minister Schmid auf, die Grundwerte seiner Verkehrsphilosophie darzustellen und sich zu einer menschenfreundlichen und wirksamen Verkehrspolitik zu bekennen. Das wichtigste Steuerungsinstrument für eine solche Verkehrspolitik sei der Preis, daher plädieren die Grünen für Kostenwahrheit und verlangen, dass jene, die die Straßen benützen, den wahren Preis dafür bezahlen müssen; konkret bedeutet dies die Einführung einer kilometerabhängigen Benützungsabgabe. Eine von den Interessen der Landeshauptleute diktierte Verkehrspolitik sei für sie jedenfalls abzulehnen, betonte Moser. (Schluss)