Parlamentskorrespondenz Nr. 137 vom 28.02.2001

MASSENVERFAHREN: VFGH UND VWGH SOLLEN ENTLASTET WERDEN

Verfassungsausschuss holt Stellungnahmen zu Gesetzesvorschlag ein

Wien (PK) - Geht es nach den Vorstellungen aller vier im Nationalrat vertretenen Fraktionen, sollen sowohl der Verfassungsgerichtshof als auch der Verwaltungsgerichtshof schon bald im Zusammenhang mit drohenden Massenverfahren entlastet werden. Ein entsprechender gemeinsamer Gesetzesvorschlag von SPÖ, FPÖ, ÖVP und Grünen wurde heute im Rahmen der Beratungen des Verfassungsausschusses eingebracht. Er soll vor seiner Beschlussfassung aber noch einer Begutachtung unterzogen werden. Grundgedanke der Gesetzesänderung ist es, den Anfall tausender gleichartiger Beschwerden beim VfGH bzw. beim VwGH zu vermeiden, ohne dabei jedoch den Rechtsschutz zu beeinträchtigen.

Mit dem heute von allen vier Parteien gemeinsam eingebrachten Antrag wollen die Abgeordneten aber nicht nur Vorkehrungen in Bezug auf drohende Massenverfahren treffen. Vorgesehen ist auch, die Kompetenzen für Personal- und Sachangelegenheiten vom Bundeskanzler an den jeweiligen VfGH-Präsidenten zu übertragen. Zudem sollen die staatsanwaltschaftlichen Behörden in der Bundesverfassung verankert werden. Auch zu diesen Punkten können Betroffene, Ministerien, Kammern und andere Stellen und Organisationen ihre Meinung abgeben. Die Frist für die Stellungnahmen ist mit drei Wochen ab Erhalt des Schreibens festgesetzt.

Die SPÖ sprach sich im Verfassungsausschuss gegen die Durchführung eines Begutachtungsverfahrens aus und argumentierte, dass die einzelnen Punkte entscheidungsreif seien. Ein weiterer Aufschub wäre nicht notwendig. Dem gegenüber wollen die Koalitionsparteien, wie sie sagten, die Vorschläge noch einmal prüfen lassen.

Sämtliche Anträge, auf denen der Vier-Parteien-Antrag beruht, wurden vertagt. Es handelt sich dabei um zwei Anträge der Regierungsparteien zur Novellierung des Verfassungsgerichtshofgesetzes bzw. zur Novellierung des Verwaltungsgerichtshofgesetzes, einen weiteren VP-FP-Antrag zur Novellierung des Verfassungsgerichtshofgesetzes und einen Antrag der SPÖ zur Verankerung der Staatsanwaltschaft in der Bundesverfassung.

Gleichfalls vertagt wurde ein weiterer SPÖ-Antrag zur Einrichtung eines weisungsfreien Bundesstaatsanwaltes. Demzufolge will die SPÖ das derzeit in die Kompetenz des Justizministers fallende Weisungsrecht gegenüber den Staatsanwälten einem weisungsfreien Bundesstaatsanwalt übertragen. Dieser soll von einer Zweidrittelmehrheit im Nationalrat gewählt werden, und zwar auf Basis eines Vorschlages des Hauptausschusses. Zur Auswahl ist ein öffentliches Hearing verpflichtend vorgeschrieben. Als Amtsdauer sieht der SPÖ-Vorschlag sechs Jahre vor, eine einmalige Wiederwahl wäre zulässig. Sowohl Nationalrat als auch Bundesrat würden ein Auskunftsrecht gegenüber dem Bundesstaatsanwalt haben.

(Schluss)