Parlamentskorrespondenz Nr. 297 vom 25.04.2002

REGIERUNGSVORLAGEN

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DIE DURCHFÜHRUNGSPROTOKOLLE ZUR ALPENKONVENTION

Deutschland, Frankreich, Italien, Liechtenstein, Monaco, Österreich, die Schweiz, Slowenien und die Europäische Gemeinschaft haben am 7. November 1991 ein Übereinkommen zum Schutz der Alpen (Alpenkonvention) unterzeichnet und darin eine ganzheitliche Politik zum Schutz des Alpenraums und für seine nachhaltige Entwicklung vereinbart. Die Interessen aller Alpenstaaten und ihrer alpinen Regionen sollen ausgewogen berücksichtigt, die Ressourcen umsichtig und nachhaltig genutzt werden. Die Alpenkonvention ist ein Rahmenvertrag, der dem Vorsorge-, dem Verursacher- und dem Kooperationsprinzip folgt und vorsieht, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Alpenraum auf der Grundlage von Durchführungsprotokollen zu gestalten. Acht der vorgesehenen zwölf Protokolle hat die Bundesregierung dem Nationalrat kürzlich vorgelegt. Deren Inhalt wird im Folgenden kurz wiedergegeben. Zur Stunde noch ausständig sind Protokolle zu den Themen "Luftreinhaltung", "Bevölkerung und Kultur", "Wasserhaushalt" und "Abfallwirtschaft".

TOURISMUS

Das Durchführungsprotokoll der Alpenkonvention zum Thema "Tourismus" zielt auf einen Interessenausgleich zwischen Umwelt- und Wirtschaftspolitik, aber auch zwischen den Bedürfnissen von Besuchern und Ortsansässigen. Es enthält Grundsätze für Planung und Förderung des Tourismus und Auflagen für die Tourismuswirtschaft. Die Vertragsparteien verpflichteten sich zur Berücksichtigung von Naturschutz und Landschaftspflege und bekannten sich zur nachhaltigen Entwicklung eines umweltverträglichen Tourismus. Dazu gehören das Ausweisen von Ruhezonen, in denen auf touristische Erschließung verzichtet wird, und die Lenkung der Besucherströme in den Schutzgebieten.

Der motorisierte Verkehr in den touristischen Zentren soll eingeschränkt und private sowie öffentliche Initiativen sollen unterstützt werden, die die Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln verbessern. Bau und Betrieb von Schipisten und Aufstiegshilfen sollen landschaftsschonend erfolgen, Geländekorrekturen sind soweit wie möglich zu begrenzen. Bei Beschneiungsanlagen ist auf die jeweiligen hydrologischen, klimatischen und ökologischen Bedingungen zu achten (1090 d.B.).

BERGLANDWIRTSCHAFT

Dieses Protokoll zielt auf die Erhaltung und Förderung einer standortgerechten und umweltverträglichen Berglandwirtschaft. Deren Beitrag zur Aufrechterhaltung der Besiedlung und einer nachhaltigen Bewirtschaftung soll dauerhaft gewährleistet werden, wobei die Erzeugung typischer Qualitätsprodukte, die Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen, der Schutz vor Naturgefahren sowie die Wahrung der Natur- und Kulturlandschaft im Vordergrund stehen.

Im Einzelnen geht es darum, die vielfältigen Aufgaben der Berglandwirtschaft zu optimieren, angemessene Lebensbedingungen in den Berggebieten zu sichern und wirksame Maßnahmen gegen die Abwanderung zu ergreifen. Förderungen sollen die natürlichen Standortnachteile berücksichtigen und Betriebe in Extremlagen besonders unterstützen.

Die traditionellen Kulturlandschaftselemente (Wälder, Waldränder, Hecken, Feldgehölze, Feucht-, Trocken- und Magerwiesen, Almen) sollen ebenso erhalten werden wie die traditionellen Hofanlagen und landwirtschaftlichen Bauelemente. Dazu kommen Maßnahmen zur Erhaltung einer standortgemäßen Viehhaltung und der genetischen Vielfalt von Nutztierrassen und Kulturpflanzen.

Eine naturgemäße Waldbewirtschaftung soll als zusätzliche Einkommensgrundlage der landwirtschaftlichen Betriebe und als Nebenerwerb der in der Landwirtschaft Beschäftigten dienen. Zusammenwirken wollen die Alpenländer auch in der Forschung über spezifische Themen der Berglandwirtschaft sowie bei Bildungs- und Informationsprogrammen.

Österreich ging in seiner Agrarpolitik schon bisher weitgehend mit den Zielen und Inhalten der Alpenkonvention konform. Umsetzungsbedarf sieht die Bundesregierung bei der Förderung der Mindestbewirtschaftung von Betrieben in Extremlagen, bei der Erhaltung der traditionellen Hofanlagen und im Tierzuchtrecht(1091 d.B.).

BEILEGUNG VON STREITIGKEITEN

Das Streitbeilegungsprotokoll der Alpenkonvention enthält u.a. Bestimmungen für das Konsultationsverfahren, die Einrichtung eines Schiedsgerichts, die Informationspflichten, die Erlassung einstweiliger Verfügungen und die Umsetzung allfälliger Schiedssprüche (1092 d.B.).

RAUMPLANUNG UND NACHHALTIGE ENTWICKLUNG

Das Durchführungsprotokoll der Alpenkonvention für Raumplanung und nachhaltige Entwicklung schreibt den nationalen und europäischen Politiken vor, die besonderen Erfordernisse des Alpenraumes anzuerkennen und die Nutzung alpiner Räume mit den ökologischen Zielen zu harmonisieren. Die Besiedlung des Alpenraums soll dauerhaft sichergestellt, die Entwicklung seiner Wirtschaft ausgewogen gefördert, regionale Identitäten und kulturelle Besonderheiten sollen gewahrt werden. Natürliche Erschwernisse des Lebens und Wirtschaftens in den Alpen, Leistungen im allgemeinen Interesse und Einschränkungen der Ressourcennutzungen sollen speziell berücksichtigt werden (1093 d.B.).

BERGWALD

Die Vertragsparteien des Alpenkonventions-Durchführungsübereinkommens haben sich beim Thema "Bergwald" verpflichtet, vor allem natürliche Waldverjüngungsverfahren anzuwenden, einen gut strukturierten, stufigen Bestandsaufbau mit standortgerechten Baumarten anzustreben, autochthones forstliches Vermehrungsgut einzusetzen und durch schonende Nutzung- und Bringungsverfahren Bodenerosion und -verdichtungen zu vermeiden (1094 d.B.).

VERKEHR

Oberstes Ziel des Durchführungsübereinkommens "Verkehr" zur Alpenkonvention ist es, die Belastungen und Risiken im Bereich des inneralpinen und alpenquerenden Verkehrs auf ein Maß zu senken, das für Menschen, Tiere und Pflanzen sowie deren Lebensräume erträglich ist. Insbesondere der Güterverkehr soll verstärkt auf die Schiene verlagert werden. Einwirkungen des Verkehrs auf die Ressourcen des Alpenraums, auf seine Kulturgüter und naturnahen Landschaften sollen gemindert und so weit wie möglich vermieden werden.

Zur allgemeinen verkehrspolitischen Strategie der Alpenkonvention zählen die Verlagerung der Transportleistungen im Personen- und Güterverkehr auf das jeweils umweltverträglichere Verkehrsmittel und die Erschließung von Reduktionspotentialen im Verkehrsaufkommen. Verkehrslenkungseffekte erwarten sich die Unterzeichner der Alpenkonvention durch eine bessere Anrechnung der wahren Kosten der verschiedenen Verkehrsträger. Daher betonen sie das Verursacherprinzip und bekunden die Absicht, ein Berechnungssystem zur Ermittlung der Wegekosten und der externen Kosten zu entwickeln und anzuwenden. Die Alpenländer wollen Abgabensysteme einführen, die auf gerechte Weise die wahren Kosten decken (1095 d.B.).

BODENSCHUTZ

Dieses Durchführungsübereinkommen der Alpenkonvention enthält Leitlinien für eine langfristige Erhaltung des Bodens und konkretisiert die in anderen Protokollen enthaltenen Schutzklauseln. Dem Grundgedanken eines sparsamen Umgangs mit Flächen sollen die Raumordnungsprogramme Rechnung tragen. Bei Großvorhaben des Tourismus und des Verkehrs sollen nationale Raumwirksamkeits- und/oder Umweltverträglichkeitsprüfungen durchgeführt werden. Dabei besteht für Österreich folgender Umsetzungsbedarf: Ausweisung von Schutzgebieten, einheitlicher Schutz alpiner Böden vor Schadstoffen, Forcierung flächensparender und bodenschonender Siedlungs- und Erschließungsformen, Kartierung erosionsgefährderter Alpengebiete, Einrichtung von Dauerbeobachtungsflächen und Einführung eines nationalen Bodeninformationssystems (1096 d.B.).

NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE

Zu den Verpflichtungen der Vertragsparteien der Alpenkonvention zählt auch der Schutz von Natur und Landschaft. Die Funktionsfähigkeit der Ökosysteme und die Landschaftselemente sollen  dauerhaft gesichert werden. Dazu gehören die wildlebenden Tier- und Pflanzenarten und deren natürliche Lebensräume, die Regenerationsfähigkeit und Leistungsfähigkeit der Naturgüter sowie Vielfalt, Eigenart und Schönheit der Natur- und Kulturlandschaft in ihrer Gesamtheit. Aus diesem Protokoll ergeben sich für Österreich folgende Umsetzungsverpflichtungen: Erstellung alpenspezifischer Artenlisten in Flora und Fauna, Schwerpunktsetzung bei der Biotopkartierung und bei der Erarbeitung von Leitplänen für den Rohstoffabbau, Ausarbeitung eines Landschaftsleitbildes, Bestandsaufnahme des Naturschutzes und der Landschaftspflege, Arten- und Lebensraumschutz für jene Tiere und Pflanzen, die von den Vertragsparteien in alpenweiten Listen ausgewiesen werden (1097 d.B.).

ENERGIE

Im Sinne des Umweltschutzes, der Ressourcenschonung und der Klimavorsorge verpflichteten sich die Vertragsstaaten der Alpenkonvention, die Infrastruktur für Erzeugung, Transport und Verwendung von Energie nachhaltig und im Rahmen der für den Alpenraum spezifischen Belastungsgrenzen zu gestalten.

Dabei stehen die Harmonisierung der energiewirtschaftlichen Planung mit der Raumplanung, die Ausrichtung von Erzeugungs-, Transport- und Versorgungssystemen auf einen optimalen Energieeinsatz, die Reduzierung des Energiebedarfs durch Einsatz effizienterer Technologien und der verstärkte Einsatz erneurbarer Energiequellen ganz oben auf der Prioritätenliste (1098 d.B.).

  

DOPPELBESTEUERUNGSABKOMMEN MIT DEM IRAN

Ein Abkommen mit dem Iran zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen beseitigt Doppelbesteuerungen infolge von Überschneidungen der nationalen Einkommen- und Vermögensteuerrechte. Das Abkommen entspricht den Anforderungen an das moderne Wirtschaftsleben und der internationalen Steuervertragspraxis und orientiert sich an den diesbezüglichen Grundsätzen der OECD (1086 d.B.). (Schluss)