Parlamentskorrespondenz Nr. 559 vom 10.07.2002

PLENUM VERABSCHIEDET ÖKOSTROMGESETZ UND GASWIRTSCHAFTSGESETZ-NOVELLE

Von vollliberalisiertem Gasmarkt profitieren auch Haushalte

Wien (PK) - Auch die nächsten Punkte befassen sich mit Vorlagen, die im Umweltausschuss behandelt wurden: Rotterdamer Übereinkommen über das Verfahren der vorherigen Zustimmung nach Inkenntnissetzung für bestimmte gefährliche Chemikalien sowie Pestizide im internationalen Handel, Protokoll zu dem Übereinkommen von 1979 über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung betreffend persistente organische Schadstoffe sowie Stockholmer Übereinkommen über persistente organische Schadstoffe und Protokoll von Cartagana über die biologische Sicherheit zum Übereinkommen über die biologische Vielfalt.

Abgeordnete Mag. SIMA (S) sprach angesichts der vorliegenden Abkommen von umweltpolitischen Meilensteinen und begrüßte insbesondere die Möglichkeit von Entwicklungsländern, die Einfuhr schädlicher Pflanzenschutzmittel und Industriechemikalien abzulehnen. Hinsichtlich der Ausfuhr gentechnisch veränderter Organismen bedauerte die Abgeordnete, dass man sich nicht auf Haftungsregelungen habe einigen können.

Auch Abgeordneter DI HOFMANN (F) begrüßte die Ratifizierung der vorliegenden Abkommen und bekannte sich zu internationalen Vereinbarungen im Umweltschutz. Der Schutz der Dritten Welt und der Schwellenländer sei für ihn ein wichtiges Anliegen, wobei er anmerkte, dass Österreich keinen der verbotenen Stoffe produziere und daher von den Übereinkommen wenig betroffen sei. Hofmann bekannte sich auch zu den Vorschriften für die umweltgerechte Entsorgung von Substanzen wie DDT und zum Informationsaustausch für Alternativen zu gefährlichen und schädlichen Chemikalien.

Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG (G) kündigte die Zustimmung der Grünen zu den vorliegenden Abkommen an und griff das POP-Abkommen heraus, wobei sie vom Umweltminister die Umsetzung der Bestimmungen zum Schutz vor Dioxin einmahnte und ihn erinnerte, dass Verordnungen für den Schutz der Luft und des Wassers vor Dioxin-Emissionen noch ausständig seien. Die Rednerin forderte auch einen besseren Schutz vor gentechnisch veränderten Organismen und bekannte sich zur Möglichkeit, gentechnikfreie Regionen einzurichten. Glawischnig wünschte sich, dass sich Österreich in der internationalen Auseinandersetzung um die Nutzung der Gentechnik in der Landwirtschaft auf die richtige Seite stelle und auf die Einrichtung einer gentechnikfreien Zone Österreich hinarbeite.

Abgeordnete PFEFFER (S) bezeichnete das POP-Übereinkommen als einen Durchbruch im internationalen Umweltschutz und trat dafür ein, den Schutz vor gefährlichen und schädlichen Chemikalien zu einer Priorität zu machen, weil diese Substanzen für Krebs, Nervenschädigungen und genetische Erkrankungen verantwortlich gemacht werden.

Abgeordneter Ing. WEINMEIER (F) bekannte sich zum Protokoll für biologische Sicherheit im Bereich der Gentechnik und sprach von einem sinnvollen Abkommen, das es erlauben werde, nachzuvollziehen, wohin gentechnisch veränderte Organismen verbracht werden.

Alle vier Staatsverträge wurden einstimmig genehmigt.

Unter einem verhandelt wurden hierauf: die Gaswirtschaftsgesetz-Novelle 2002 und zwei S-Anträge betreffend die Förderung erneuerbarer Energie im liberalisierten Markt und hinsichtlich der Erstellung eines neuen Energieberichts, das Ökostromgesetz sowie Änderungen des ElWOG und des Energieförderungsgesetzes, ein V-F- Antrag zur Änderung der Gewerbeordnung und ein Protokoll zur Ergänzung des Abkommens mit der ungarischen Regierung über die Beschäftigung in Grenzzonen.

Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG (G) kündigte die Zustimmung der Grünen zur Änderung des Gaswirtschaftsgesetzes an. Der erste Entwurf zum Gaswirtschaftsgesetz sei nicht gelungen gewesen, meinte sie, vor allem das Fehlen eines unabhängigen Regulators "war den Grünen ein Dorn im Auge". Diese Mängel würden nun im Wesentlichen korrigiert. Was nach wie vor fehle, sei die Ökologisierung dieses Bereichs, sagte die Abgeordnete.

Kritik übte Glawischnig hingegen am Ökostromgesetz. Sie findet es bedauerlich, dass die Möglichkeit zur Schaffung bundesweit einheitlicher Förderrahmenbedingungen nicht dafür genutzt worden sei, einen "sehr mutigen Schritt" in Richtung Ökologisierung der Energieversorgung zu machen. Im besonderen bemängelte die Abgeordnete, dass die Mindestziele bei Ökostrom zu Obergrenzen werden, dass ein sehr planwirtschaftliches System vorgesehen sei, dass die Tarife nur zehn Jahre gelten und dass für "die Zukunftstechnologie Photovoltaik" eine Deckelung bestehe.

Abgeordneter OBERHAIDINGER (S) erklärte, die Verhandlungen über das Gaswirtschaftsgesetz und das Ökostromgesetz seien nicht immer leicht gewesen, die SPÖ habe aber einige ihr wichtige Punkte durchsetzen können. So sei es seiner Fraktion wichtig gewesen, dass auch Kleinverbraucher von Preissenkungen profitieren, was seiner Meinung nach nun durch die Missbrauchsaufsicht garantiert ist. Darüber hinaus hält es Oberhaidinger für notwendig, dass bei allen Maßnahmen das Kyoto-Ziel im Vordergrund steht.

Abgeordneter DI HOFMANN (F) hielt fest, bisher hätten nur wenige Unternehmer von der Liberalisierung des Gasmarktes profitieren können, weil diese auf Großabnehmer beschränkt gewesen sei. Durch die nunmehr vorgesehene Totalliberalisierung sollten nun auch kleine Gasabnehmer in den Genuss von Preissenkungen kommen. Positiv bewertete er zudem den vorgesehen Gas-Regulator. Zum Ökostromgesetz merkte Hofmann an, die bundesweite Vereinheitlichung der Förderbedingungen für erneuerbare Energieträger sei sinnvoll.

Abgeordneter KOPF (V) erklärte, in den letzten Jahren habe die Regierung einige große Liberalisierungsprojekte umgesetzt und dadurch den Konsumenten erhebliche Preisvorteile bescheren können. Es sei aber klar gewesen, betonte er, dass man im Bereich des Gasmarktes neue Spielregeln und eine Korrektur festgelegter Spielregeln brauche. Dieser Zielsetzung werde man mit dem neuen Gaswirtschaftsgesetz gerecht. So begrüßte der Abgeordnete etwa die Einrichtung eines Regulators, der das Funktionieren des Marktes überwachen solle.

Zufrieden zeigte sich Kopf auch mit dem Ökostromgesetz. Damit komme es nicht nur zu österreichweit einheitlichen Regelungen für Ökostrom, vielmehr werde auch die angestrebte Kosteneffizienz erreicht. Der Abgeordnete betonte, Stromkunden würden zwar Mehrkosten für Ökostrom in Kauf nehmen, allerdings nur bis zu einer gewissen Grenze.

Wirtschaftsminister Dr. BARTENSTEIN wies darauf hin, dass der Gasmarkt in Österreich ein Volumen von 1,6 Mrd. € umfasse und es 1,2 Millionen Kunden gebe. Daher würden von der vorgesehenen Vollliberalisierung des Gasmarktes nicht nur wesentliche Teile der Wirtschaft, sondern auch viele Haushalte profitieren. Immerhin rechne man mit Kostenersparnissen von 160 Mill. €.

Besonders erfreut zeigte sich Bartenstein über den Konsens zum Thema Ökostrom. Man habe viele Nächte durchverhandeln müssen, um hier eine Einigung zu erzielen, schilderte er. Schließlich sei es darum gegangen, in einer klassischen Länderkompetenz eine bundeseinheitliche Regelung zu finden. Letztendlich hätten Bund und Länder aber "an einem Strang gezogen". Zur Kritik von Abgeordneter Glawischnig am Ökostromgesetz merkte der Minister an, Ökostrom dem freien Markt zu überlassen, würde nicht funktionieren.

Abgeordneter MARIZZI (S) hielt fest, die Totalliberalisierung des Gasmarktes sei eine Konsensmaterie. Um diesen Konsens zu erzielen, sei "einige hundert Stunden" verhandelt worden. Sowohl Industrie als auch Konsumenten würden nun von der vereinbarten Lösung profitieren. Besonders begrüßt wurden von Marizzi u.a. die Missbrauchsaufsicht und die Tariftransparenz.

Abgeordneter DOLINSCHEK (F) erklärte, er sei mit dem Ökostromgesetz sehr zufrieden. Es sei gelungen, unterschiedliche Interessen unter einen Hut zu bringen. Als positiv erachtet es Dolinschek etwa, dass nicht an den ökologischen Zielen des ElWOG gerüttelt wurde und der Förderanteil für Kleinwasserkraftwerke angehoben wird.

Abgeordneter Dr. MITTERLEHNER (V) meinte hingegen, das Ökostromgesetz habe positive und negative Seiten. Positiv ist für ihn die "bundesweite Optimierung" der Förderungen, die ökologische Zielsetzung und die langfristige Rechtssicherheit für die Betroffenen. Kritisch sieht er dem gegenüber, dass Landesförderungen zum Teil fortgeschrieben werden und dass es keine Deckelung im Bereich des Ökostromes gibt.

Zum Antrag der Koalitionsparteien auf Änderung der Gewerbeordnung brachte Mitterlehner einen Abänderungsantrag ein, der, wie er erklärte, unter anderem eine "faire Lösung" für den Bereich der Versicherungsvermittler bringe. Da für diesen Bereich eine EU-Richtlinie in Aussicht gestellt sei, wolle man jetzt nicht in die Praxis eingreifen, skizzierte er und vorerst den Status quo beibehalten.

Abgeordneter EDER (S) brachte ebenfalls einen Abänderungsantrag zur Gewerbeordnung ein. Nach Auffassung der SPÖ sollte der Landeshauptmann gegen Bescheide der Unabhängigen Verwaltungssenate Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit an den Verwaltungsgerichtshof erheben können. Gegen ein Straferkenntnis steht dieses Recht dem Landeshauptmann nur dann zu, wenn der Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates das Straferkenntnis der Bezirksverwaltungsbehörde aufgehoben hat. Was die Liberalisierung des Gas- und des Strommarktes betrifft, mahnte Eder, man müsse aufpassen, dass sich im Bereich des Energiemarktes nicht Oligopole bilden und die Kunden durch die Marktliberalisierung zwar vorübergehend von Preissenkungen profitierten, dann aber von einigen wenigen Anbietern abhängig würden.

Abgeordneter Mag. FIRLINGER (F) führte aus, man habe sich entschieden, in der Frage der Versicherungsvermittler zurück an den Start zu gehen und die Regelungen nochmals zu überdenken. Sobald die neue EU-Richtlinie vorliege, solle im Herbst aber mit aller Kraft eine Lösung gefunden werden. Wichtig sei, dass das Thema nicht auf die lange Bank geschoben werde, sagte Firlinger, da es im Bereich der Versicherungsvermittlung Regelungsbedarf gebe.

Abgeordneter SCHWARZENBERGER (V) unterstrich, mit dem Ökostromgesetz komme es zu einer praktikableren Regelung des Bereichs Ökostrom. Im ElWOG sei festgeschrieben, dass bis zum Jahr 2008 4 % des Stroms aus Biomasse, 9 % des Stroms aus Kleinwasserkraftwerken und insgesamt 78 % des Stroms aus erneuerbaren Energieträgern stammen sollen, skizzierte er, bisher sei allerdings vorgesehen gewesen, dass jedes Land für sich diese Prozentsätze erbringen solle, was schwierig gewesen wäre. Nunmehr sei bundesweit eine einheitliche Regelung vorgesehen. Generell betonte Schwarzenberger, Österreich sei EU-weit Vorreiter bei Ökostrom.

Abgeordneter Dr. BAUER (S) meinte, er sei froh, dass die Neustrukturierung der Energiewirtschaft "gemeinsam getragen wird". Immerhin würden gewaltige Schritte in Richtung Liberalisierung gesetzt. Oberste Prämisse muss für Bauer sein, dass die Liberalisierung allen zu Gute kommt, nicht nur Großkunden. Darauf müssten der Regulator und der Wirtschaftsminister achten.

Abgeordnete Mag. PECHER (V) konstatierte, diese Regierung habe sich immer stark und konsequent für die Liberalisierung des Strommarktes und des Gasmarktes eingesetzt. Die gesetzten Maßnahmen würden nicht nur dem Wirtschaftsstandort Österreich dienen, sondern auch den Konsumenten zu Gute kommen. Positiv bewertete sie außerdem, dass es als Folge des Ökostromgesetzes zu einer Senkung der in Wien eingehobenen KWK-Abgabe kommen wird.

Abgeordneter Ing. GARTLEHNER (S) qualifizierte die Novellierung des Gaswirtschaftsgesetzes als wichtiges Gesetz für die österreichische Volkswirtschaft. Der Änderung der Gewerbeordnung wird die SPÖ seiner Auskunft nach hingegen nicht zustimmen. Generell kritisierte der Abgeordnete die Arbeitsmarktpolitik der Regierung.

Im Rahmen einer zweiten Wortmeldung brachte Abgeordneter KOPF (V) einen V-F-S-Abänderungsantrag zum Ökostromgesetz ein, mit dem u.a. die Bestimmungen über die Abnahmepflicht für Ökoenergie geändert werden. Ein weiterer von Kopf eingebrachter Abänderungsantrag zum Gaswirtschaftsgesetz bezieht sich auf die Einbeziehung der Pyhrnleitung in die Anlage 2 des Gesetzes. Schließlich legte er einen gemeinsamen Entschließungsantrag von ÖVP, FPÖ und SPÖ zum Ökostromgesetz vor, demzufolge der Wirtschaftsminister mit den Regelzonenführern in Gespräche eintreten solle, um zu klären, inwieweit die Grazer Strombörse von den Regelzonenführern als geeignete Einrichtung zur Erfüllung der ihnen vom Gesetz übertragenen Aufgaben herangezogen werden kann.

Abgeordneter Mag. FIRLINGER (F) nahm eine Berichtigung des von Abgeordnetem Mitterlehner eingebrachten Abänderungsantrag zur Gewerbeordnung vor.

Die Novellierung des Gaswirtschaftsgesetzes wurde unter Berücksichtigung des V-F-S-Abänderungsantrages einstimmig und damit mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen. Die beiden dem Ausschussbericht über das Gaswirtschaftsgesetz beigedruckten Entschließungen betreffend die Förderung von weiteren Investitionen für den Ausbau von Gas- und Stromnetzen bzw. betreffend Erstellung eines neuen Energieberichts erzielten ebenfalls Einstimmigkeit.

Mehrheitlich genehmigte der Nationalrat das Ökostromgesetz, wobei der V-F-S-Abänderungsantrag bei der Abstimmung mitberücksichtigt wurde. Der Entschließungsantrag betreffend Betrauung der EXAA mit der Verwertung von Ökoenergie und die dem Ausschussbericht zum Ökostromgesetz beigedruckte Entschließung wurden einstimmig beschlossen.

Mit Stimmenmehrheit wurde von den Abgeordneten die Änderung der Gewerbeordnung unter Berücksichtigung des V-F-Abänderungsantrages gebilligt. Der Abänderungsantrag der SPÖ blieb in der Minderheit.

Einstimmig genehmigten die Abgeordneten schließlich das Protokoll zur Ergänzung des Abkommens zwischen Österreich und Ungarn über die Beschäftigung in Grenzzonen. (Fortsetzung)