Parlamentskorrespondenz Nr. 438 vom 16.06.2003

HAUPTAUSSCHUSS BEFASST SICH MIT VERKAUF DES BUNDESVERLAGS

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Wien (PK) - Nach der eingehenden Diskussion über den kommenden EU-Gipfel in Thessaloniki widmeten sich die Mitglieder des Hauptausschusses anderen Themen wie der Veräußerung der Bundesanteile am Österreichischen Bundesverlag, der Publizistikförderung, der Ausfuhrfinanzierungsförderung und Entsendungen zu internationalen Einsätzen.

Seitens der SPÖ und der Grünen wurde dabei großer Unmut über den Verkauf der Österreichischen Bundesverlags GmbH an den Klett-Verlag geäußert. So wertete SPÖ-Kultursprecherin Christine Muttonen den Verkauf als "ein Paradebeispiel für das Verschleudern österreichischen Familiensilbers" und äußerte überdies die Befürchtung, dass die österreichischen Literaturverlage in ihrem Bestand gefährdet seien, eine Gefahr, die Grün-Abgeordnete Ulrike Lunacek auch für den Schulbuchbereich sieht.

Dem widersprach Finanz-Staatssekretär Alfred Finz. Er hielt darüber hinaus fest, dass er es nicht als Kernaufgabe des Staates ansehe, einen Schulbuchverlag zu betreiben. Der erzielte Kaufpreis entspricht ihm zufolge den vorherigen Schätzungen.

Dem Bericht des Finanzministers an den Hauptausschuss über den Verkauf ist zu entnehmen, dass die Klett-Gruppe zugesichert habe, den bestehenden Schulbuch- und Kulturauftrag bis Ende 2007 zu erfüllen. Außerdem wird der Verlag auch nach Ablauf dieser Periode bestrebt sein, spezifisch österreichischen Interessen im Hinblick auf den Schulbuch- und Kulturauftrag möglichst zu entsprechen, sofern dem, wie es in der Vorlage heißt, "nicht zwingende wirtschaftliche Gründe entgegenstehen".

Insbesondere sicherten die Käufer zu, die Verlage Residenz, Deuticke und Christian Brandstätter bis Ende 2007 so weiterzuführen, dass eine Mindestanzahl österreichischer Titel publiziert wird und die bereits erschienen österreichischen Titel gepflegt und erhalten werden. Weiters soll ein geeigneter Zugang zum deutschen Sprachraum sichergestellt und der Standort Österreich unter Beibehaltung einer verlagsspezifischen Mindestinfrastruktur beibehalten werden, die österreichischen Autorenrechte sollen bei den österreichischen Publikumsverlagen verbleiben.

Abgeordnete Christine Muttonen (S) hielt dazu heute fest, dass ursprünglich ein Verkaufserlös von 50 Mill. € für den Bundesverlag veranschlagt gewesen sei, der Verkauf letztendlich aber nur 24 Mill. € eingebracht habe. Zudem wies sie darauf hin, dass es mittlerweile bereits Gespräche über den Weiterverkauf der Verlage Residenz, Deuticke und Christian Brandstätter gebe. Muttonen sieht durch den Verkauf die österreichischen Literaturverlage in Gefahr und wollte von Staatssekretär Finz wissen, was nach 2007 passiere. Den Kaufvertrag selbst beurteilte sie als "höchst eigenwillige Konstruktion", da der Klett-Verlag den Großteil der Kaufsumme erst 2006 bezahlen müsse. Auch ihr Fraktionskollege Christian Faul stellte die dem Klett-Verlag gewährten Zahlungskonditionen in Frage und meinte, einen solchen Vertrag habe er überhaupt noch nie gesehen.

Abgeordnete Ulrike Lunacek schloss sich der Wortmeldung Muttonens vollinhaltlich an und bekräftigte, auch die Grünen würden dem Verkauf keine Zustimmung erteilen. Für sie sind nicht nur die Literaturverlage gefährdet, vielmehr ist ihrer Meinung nach auch die Erfüllung des Schulbuchauftrags der Republik in Frage gestellt, da die Fortführung der Verlagstätigkeit in diesem Bereich davon abhänge, ob es wirtschaftlich sinnvoll sei oder nicht.

Abgeordnete Karin Hakl (V) sieht hingegen, wie sie sagte, im Weiterverkauf der Literaturverlage eine große Chance für die österreichischen Autorinnen und Autoren. Schließlich hätten die in Diskussion stehenden Käufer entsprechende Schwerpunkte im Angebot.

Staatssekretär Alfred Finz machte geltend, dass der Verkaufserlös für den ÖBV durch bestehende Vorkaufsrechte gemindert worden sei, unterstrich aber gleichzeitig, dass der Verkaufspreis dem entspreche, was vorher als Wert des ÖBV geschätzt wurde. Im Übrigen sei letztendlich nur ein Angebot offen geblieben, skizzierte er, die Republik habe nicht auswählen können.

Im Gegensatz zu Muttonen und Lunacek sieht auch Finz keine Gefahr für den bestehenden Schulbuch- und Kulturauftrag des ÖBV nach dem Jahr 2007. Die Kaufsumme ist ihm zufolge durch einen Treuhand-Vertrag abgesichert, auch neue Käufer müssten die vertraglichen Verpflichtungen erfüllen.

Der Bericht des Finanzministers über den Verkauf der Bundesanteile an der Österreichischen Bundesverlag GmbH wurde vom Hauptausschuss mit VP-FP-Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Die Zustimmung von ÖVP, FPÖ und Grünen gab es zum Bericht des Finanzministers über die unentgeltliche Übertragung der Geschäftsanteile des Bundes von 51% der Innovationsagenturgesellschaft mbH an die Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft. - Abgeordneter Caspar Einem (S) begründete die ablehnende Haltung seiner Fraktion damit, dass die SPÖ die Sorge habe, dass aus Anlass der Übertragung der Bundesanteile auch die Mittel für die Innovationsagenturgesellschaft vermindert werden könnten, was Staatssekretär Alfred Finz jedoch in Abrede stellte. Es gehe nur um eine neue Organisation, versicherte er.

STADTGEMEINDE BAD VÖSLAU KAUFT "VÖSLAUER WALD" VON DEN BUNDESFORSTEN

Einstimmig genehmigten die Mitglieder des Hauptausschusses den Verkauf des Revierteils "Vöslauer Wald" an die Stadtgemeine Bad Vöslau. Abgeordneter Christian Faul (S) hielt dazu fest, die SPÖ sei grundsätzlich gegen den Verkauf von staatlichen Wäldern, da der Käufer in diesem Fall aber eine Gemeinde sei und der Wald damit in öffentlichem Besitz bleibe, stimme die SPÖ zu.

PUBLIZISTIKFÖRDERUNG IM JAHR 2002

Ebenfalls einstimmig wurde von den Abgeordneten der Bericht der Bundesregierung über die Publizistikförderung im Jahr 2002 zur Kenntnis genommen.

Aus dem Bericht geht hervor, dass im Jahr 2002 118 Zeitschriften gefördert und 13 Ansuchen abgelehnt wurden. Die Bundesregierung ist dabei zunächst in einem Fall (Zeitschrift "AKIN") nicht der Empfehlung des gemäß Publizistikförderungsgesetzes eingerichteten Beirats nachgekommen, der die 131 Ansuchen geprüft und in 119 Fällen eine Förderung empfohlen hatte. Insgesamt wurden für die Publizistikförderung 2002 rund 400.000 € aufgewendet.

Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) erklärte, die Grünen würden dem Bericht diesmal ihre Zustimmung geben, weil die Bundesregierung die vom Beirat empfohlene Förderung der Zeitschrift AKIN nach einer Mahnklage gegen die Republik letztendlich doch ausgezahlt habe. Sie wandte sich jedoch strikt dagegen, ideologische Kriterien bei der Vergabe von Förderungen anzuwenden, und forderte die Bundesregierung auf, zukünftig nach sachlichen Kriterien vorzugehen und nicht "ideologische Motive" in die Publizistikförderung hineinzubringen.

Abgeordneter Werner Amon (V) machte in Richtung Abgeordneter Lunacek geltend, die Mahnklage sei seitens der Republik nicht aus inhaltlichen Gründen verloren worden, sondern weil man die Ablehnung der Förderung nicht ausreichend begründet habe und die Richter darin eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes gesehen hätten. Amon zufolge ist aber klar, dass es keinen Rechtsanspruch auf Förderungen geben könne.

BUNDESHEER-ANGEHÖRIGE WERDEN NACH COTE D'IVORE UND KONGO ENTSENDET

Weiters stimmte der Hauptausschuss heute einstimmig der Entsendung eines Bundesheer-Angehörigen zur Mission der Vereinten Nationen in Cote d'Ivore (MINUCI) und der Teilnahme von drei Bundesheer-Angehörigen an der EU-Militäroperation ARTEMIS in der Demokratischen Republik Kongo zu.

Konkret soll ein Offizier des Bundesheeres als Military Liaison Officer (MLO) zur Mission der Vereinten Nationen in Cote d'Ivoire (MINUCI) entsendet werden. Grundlage für diese Mission bildet die Resolution 1479 vom 13. Mai 2003 des UN-Sicherheitsrates.

Der Auftrag von MINUCI ist die Unterstützung der Implementierung des Linas-Marcoussis-Abkommens vom Beginn dieses Jahres, das eine zweijährige Übergangsphase in Cote d'Ivoire vorsieht, während der die Regierung und die Opposition die politische Führung gemeinsam ausüben sollen. Die Mission richtet eine militärische Verbindungsgruppe ein und unterstützt die dortige Verwaltung in den Bereichen Politik, Recht, Zivilgesellschaft, Polizei, Wahlen, Medien- und Öffentlichkeitsarbeit sowie humanitäre Angelegenheiten. Insbesondere gilt die Durchführung demokratischer Wahlen als ausschlaggebend für den Erfolg.       

Zudem wird sich Österreich an derEU-Militäroperation ARTEMIS in der Demokratischen Republik Kongo mit drei Angehörigen des Bundesheeres bis vorerst 1. September 2003 beteiligen. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat aufgrund anhaltender Kämpfe und der dramatischen humanitären Situation im Kongo die Entsendung einer interimistischen multinationalen Noteinsatztruppe bis zum oben genannten Datum autorisiert.

Die Truppe soll in enger Kooperation mit der mehrfach verlängerten UN-Mission MONUC in der Hauptstadt der Provinz Ituri, Bunia, einen Beitrag zur Stabilisierung der Sicherheitsbedingungen und zur Verbesserung der humanitären Lage leisten, den Schutz des Flughafens sowie der Binnenvertriebenen in den Lagern gewährleisten und, falls erforderlich, zur Sicherheit der Zivilbevölkerung, des Personals der Vereinten Nationen und der humanitären Helfer in der Stadt beitragen. Die EU hat auf das Ersuchen des UN-Generalsekretärs reagiert und eine gemeinsame Aktion beschlossen.

Das Hauptquartier der nach bisher vorliegender Planung bis zu 1.400 Personen umfassenden Operation wird in Paris eingerichtet sein. Die österreichischen Bundesheerangehörigen können zur Wahrnehmung ihrer Aufgabe auch in Paris (Hauptquartier der Operation ARTEMIS), bzw. Brüssel (Sitz des EU-Militärstabes) tätig werden.

Abgeordneter Peter Schieder (S) signalisierte die Zustimmung der SPÖ zu beiden Anträgen, kritisierte jedoch die "unscharfe" Formulierung des Entsendebeschlusses hinsichtlich der MINUCI-Mission. Innenminister Ernst Strasser hielt dazu fest, Ursache für die ungenauen Zeitangaben sei die rasche Beschlussfassung durch die UNO, eine genaue Festlegung der Termine sei zugunsten der Schnelligkeit des Beschlusses hintangestellt worden. Auf Anfrage von Abgeordneter Ulrike Lunacek (G) teilte Strasser mit, dass zwei der drei für die ARTEMIS-Operation vorgesehenen Bundesheer-Angehörigen im Kongo eingesetzt werden sollen und einer in Paris.

HAUPTAUSSCHUSS NIMMT BERICHTE ÜBER AUSFUHRFÖRDERUNGEN ZUR KENNTNIS

Auf der Tagesordnung des Hauptausschusses standen auch die Berichte des Finanzministers über die im 4.Quartal 2002 und 1. Quartal 2003 übernommenen Haftungen, Haftungsinanspruchnahmen und Rückflüsse aus Haftungsinanspruchnahmen, die mit VP-SP-FP-Mehrheit zur Kenntnis genommen wurden.

Die Grünen lehnten die Berichte - wie ähnliche Berichte zuvor - ab, weil, wie Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) festhielt, zu wenig Transparenz hinsichtlich der Haftungsübernahmen gegeben sei und der Nationalrat besser informiert gehörte. So ist ihr zufolge für die Abgeordneten nicht ersichtlich, ob Garantien auch für Projekte übernommen würden, die gravierende negative Auswirkungen auf die Umwelt, die soziale Situation bzw. auf die Menschenrechte hätten, wie dies in der Vergangenheit des öfteren der Fall gewesen sei.

Staatssekretär Alfred Finz machte zum wiederholten Mal geltend, dass er aus Gründen des Datenschutzes keine firmen- und personenbezogenen Daten bekannt geben dürfe. Die Projekte betreffen ihm zufolge vor allem infrastrukturelle Maßnahmen, beispielsweise geht es um den Bau eines Stahlwerkes, Komponenten für Papiermaschinen, die Ausrüstung von Wasserkraftwerken und die Errichtung eines Büro- oder Geschäftsgebäudes.

Gemäß Finanzministerium wurden zwischen dem 1. Oktober und 31. Dezember 2002 zwölf Garantien übernommen, die im Einzelfall den Betrag von 7 Mill. € überstiegen haben. Als Abnehmerländer werden im Bericht angeführt: Belgien (1), China (1), Deutschland (1), Indien (1), Iran (3), BR Jugoslawien (1), Rumänien (1), Russland (1), Saudi Arabien (1) und Türkei (1).

Zwischen dem 1. Jänner und 31. März 2003 wurden elf Garantien übernommen. Abnehmerländer laut Bericht sind: Bulgarien (1), China (6), Iran (2), Russland (1) und Slowenien (1).

Gegliedert nach Regionen beziffern sich die Haftungsstände über 36,4 Mill. € per 31. Dezember 2002 wie folgt (Beträge auf Mill. € gerundet): Afrika – 2.123; Asien – 5.382; Amerika-gesamt: 834 und Europa – 9.520, davon ehemaliger Ostblock – 7.777. Der Haftungsrahmen von 35.000 Mill. € wurde zum Quartalsultimo mit 30.030 Mill. € ausgenützt, davon entfielen 7.255 Mill. € auf Umschuldungskredite. Neuzusagen gab es in der Höhe von 603 Mill. €.

Per 31. März 2003 werden als Haftungsstände angegeben: Afrika – 2.294; Asien – 5.327; Amerika-gesamt: 817 und Europa – 9.187, davon ehemaliger Ostblock – 7.479. Der Haftungsrahmen wurde zum Quartalsultimo mit 29.768 Mill. € ausgenützt, davon entfielen 7.287 Mill. € auf Umschuldungskredite. Neuzusagen gab es in der Höhe von 1.058 Mill. €.

HALBJAHRESBERICHT DES ÖSTERREICHISCHEN VERSÖHNUNGSFONDS

Schließlich wurde von den Abgeordneten der nachgereichte Halbjahresbericht des Kuratoriums des Österreichischen Versöhnungsfonds über das 1. Halbjahr 2002 einstimmig zur Kenntnis genommen.Der Bericht über das 2. Halbjahr 2002 mit aktuellerem Zahlenmaterial stand bereits am 18. März 2003 auf der Tagesordnung des Hauptausschusses. (Schluss)