Parlamentskorrespondenz Nr. 550 vom 08.07.2003

VERWERTUNG DER BUNDESWOHNBAUGESELLSCHAFTEN UMSTRITTEN

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Wien (PK) - Harte Auseinandersetzungen zwischen den Regierungsfraktionen und der Opposition kennzeichneten dann die Debatte über die Verwertung der Bundeswohnbaugesellschaften. Abgeordnete BURES (S) rief in Erinnerung, dass ÖVP und FPÖ vor zweieinhalb Jahren ein Privatisierungsgesetz im Bereich des Wohnbaus beschlossen haben, dem zufolge 61.800 Wohnungen aus der Gemeinnützigkeit entlassen werden sollten. Jetzt würde das Ausführungsgesetz dazu vorliegen, wobei ihr zufolge genauere Festlegungen nach wie vor fehlten. Bures zufolge werden dadurch die Mieter erheblich verunsichert.

Die Abgeordnete wies außerdem darauf hin, dass kaum Bundeswohnungen an die Mieter selbst verkauft worden seien. Sie glaubt, dass dies auch nicht die Intention des Privatisierungsgesetzes gewesen sei. Als "politischen Skandal" wertete Bures die hohen Beratungskosten im Zusammenhang mit dem Verkauf der Bundeswohnbaugesellschaften. "Das wird das Parlament noch lange beschäftigen."

Abgeordnete Dr. FEKTER (V) warf der Opposition vor, Ängste zu schüren, die Mieter zu verunsichern und bewusst die Unwahrheit zu verbreiten. Ein Eigentümerwechsel habe keinen Einfluss auf die Mietverträge, versicherte sie. Neue Eigentümer könnten weder bestehendes Recht ändern noch in Mietverträge eingreifen.

Was die Beraterverträge betrifft, ist laut Fekter die "Skandalisierung" durch die SPÖ nicht gerechtfertigt. Die ÖVP wolle die Bundeswohnungen nicht "verscherbeln", sondern im Sinne der Steuerzahler bestmöglich verwerten, bekräftigte sie. Die mit der Beratung beauftragte Firma habe fast zwei Jahre lang mit 80 Personen wichtige Vorarbeiten geleistet. Für Fekter ist die Kritik der SPÖ daher nur "heiße Luft".

Abgeordnete Dr. MOSER (G) bezichtigte Grasser des "schludrigen Umgangs" mit Staatseigentum und meinte, der Finanzminister veräußere die Bundeswohnungen weit unter ihrem Wert. Nach Einschätzung der Rednerin verzichtet die Regierung durch dieses, wie sie sagte, schlechte Geschäft jährlich auf 25 Mill. Euro an Erträgen. Moser bezeichnete den Verkauf aber auch als wohnungspolitisch falschen Weg, da das Wohnungskapital für den sozialen Wohnbau besser genützt werden könnte. Heftige Kritik durch die Grün-Sprecherin erntete ferner der Berater-Vertrag Grassers. Hier würden 10 Mill. Euro zum Fenster hinausgeschmissen, sagte Moser.

Abgeordneter BUCHER (F) unterstützte hingegen die Verwertung der Wohnungen, von der er sich einen maximalen Ertrag für den Staat erwartet. Den Freiheitlichen gehe es darum, von der Objektförderung hin zu einer Subjektförderung im Interesse der Betroffenen zu kommen, unterstrich er. Den Beratungsaufwand verteidigte Bucher darüber hinaus als auch vom Volumen her international völlig üblich.

Abgeordneter EDER (S) vermisste jegliche soziale Dimension bei den Regierungsparteien und warf ÖVP und FPÖ vor, beim Verkauf der Wohnungen bloß ideologische Ziele auf dem Rücken der Mieter zu verfolgen. Der Redner befürchtet, dass es letztlich doch zu Mieterhöhungen kommen werde, da mit einer Umwandlung der Wohnungsgesellschaften in Ertragsgesellschaften zu rechnen sei. Eder sprach in diesem Zusammenhang von Plänen der Bundesregierung, das WGG entsprechend zu ändern.

Abgeordneter GROSSRUCK (V) wies die Behauptungen der Opposition als "Unsinn" zurück und versicherte mit Nachdruck, die Bundesregierung würde in keiner Weise Mieterhöhungen planen. Der Staat sei weder Bauträger noch Hausverwalter noch Wohnungsmakler, sondern habe die Aufgabe, Rahmenbedingungen zu erstellen, damit Wohnen leistbar werde, betonte Großruck.

In einem Entschließungsantrag forderte der Redner die Bundesregierung auf, die ÖIAG mit der Prüfung der Privatisierung der VOEST zu beauftragen. Ziel müsse dabei die Erhaltung einer österreichischen Kernaktionärsstruktur sein.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) setzte sich zunächst kritisch mit der Beraterfirma auseinander und ortete überdies Unvereinbarkeiten und Interessenkonflikte bei der Privatisierungspolitik Grassers. Im Aufsichtsrat der ÖIAG würden die Freunde des Finanzministers sitzen, von Entpolitisierung könne da keine Rede sein, meinte er.

Kogler holte in seiner Wortmeldung überdies zu einem Rundumschlag gegen die Politik Grassers aus und verlangte die Offenlegung sämtlicher Spenden an den Verein "New Economy". Bezüglich der Eurofighter warf er dem Finanzminister vor, das Parlament belogen zu haben, wofür ihm Präsident Prinzhorn einen Ordnungsruf erteilte. Kogler schloss seine Rede mit der Forderung nach dem Rücktritt Grassers und der Einbringung eines Misstrauensantrages der Grünen und der SPÖ gegen den Minister.

Finanzminister Mag. GRASSER betonte, bei der Veräußerung der Wohnungen sei im gesamten Verfahren penibel darauf geachtet worden, die Grundsätze des Vergaberechts einzuhalten. Objektivität und Transparenz seien in möglichst hohem Ausmaß gewährleistet worden. Es handle sich um eine mustergültige Vergabe, bei der vorbildlich und korrekt vorgegangen worden sei.

Den Misstrauensantrag wiederum qualifizierte Grasser als "entlarvend" für die Haltung der Oppositionsparteien. Der SPÖ würde es bloß um Neuwahlen und um ein Ende von Schwarz-Blau gehen. Einer Opposition, die die Sachpolitik aufgegeben habe und bloß noch polemisiere und kriminalisiere, stehe eine Regierung gegenüber, die arbeite und mit Pensions- und Steuerreform eine Erfolgsbilanz legen könne, unterstrich Grasser. Der Finanzminister warf zudem der Opposition die bewusste Diskriminierung seiner Person sowie eine "schmutzige Politkampagne" vor und betonte, er habe dem Parlament in jeder Phase die Wahrheit gesagt.

Noch vor Behandlung des Dringlichen Antrags verwahrte sich S-Klubobmann Dr. CAP dagegen, dass die Arbeit der Opposition, die auch darin bestehe, Fragen zu stellen, vom Finanzminister als "Schmutzkampagne" bezeichnet werde.

Finanzminister Grasser wies - nach Erledigung des Dringlichen Antrags sowie der Kurzdebatte - bei der Fortsetzung der Verhandlung über die Veräußerung der Bundeswohnbaugesellschaften darauf hin, dass Experten hinzugezogen worden waren, um ein bestmögliches Resultat erzielen zu können, was auch gelungen sei. Die Kosten für diese Experten seien gut angelegt gewesen, habe doch das Verhandlungsergebnis diese Kosten mehr als übertroffen. Der Minister ging sodann auf die einzelnen Anbote ein und bewertete diese. Man habe also richtig gehandelt, so Grasser, der auch die Qualität des betrauten Unternehmens unterstrich. Man sei korrekt mit dem Geld des Steuerzahlers umgegangen, betonte das Regierungsmitglied. Diese Bundesregierung habe aus grundsätzlichen Erwägungen heraus eine wichtige Aktion gestartet, mit der die Regierung "voll im Trend" liege. Die Österreicherinnen und Österreicher wollten Eigentum, und dem trage man Rechnung.

In weiterer Folge meldete sich Finanzminister Mag. GRASSER ein zweites Mal zu Wort, um auf eine tatsächliche Berichtigung von Abgeordnetem PUSWALD (S) zu reagieren. Grasser beharrte auf seiner Interpretation eines SPÖ-Antrags aus dem Jahr 1997 betreffend die Veräußerung gemeinnütziger Eisenbahner-Wohnbaugesellschaften, die Puswald zuvor berichtigt hatte.

Abgeordneter NEUDECK (F) übte massive Kritik an der SPÖ und warf ihr vor, Parteifreunde in gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften untergebracht zu haben, die dann dafür gesorgt hätten, dass SPÖ-Mitglieder Wohnungen dieser Gesellschaften zugewiesen bekommen. Darüber hinaus versicherte er, dass die in Aussicht genommene Veräußerung der Bundeswohnbaugesellschaften weder Auswirkungen auf die Mietverhältnisse noch auf das für die Mieter anwendbare Recht haben werde. Neudeck ist überzeugt, dass der Verkauf der Bundeswohnbaugesellschaften zu keiner Schlechterstellung der Mieter führen wird.

Abgeordneter EDER (S) stellte in einer tatsächlichen Berichtigung in Richtung Finanzminister Grasser klar, Ziel des SPÖ-Antrags aus dem Jahr 1997 sei gewesen, drei gemeinnützige Wohnbaugesellschaften zugunsten der Mieter in eine neue Wohngenossenschaft einzubringen. 

Abgeordneter ÖLLINGER (G) forderte den Finanzminister zum Rücktritt auf und bekräftigte, die Grünen ließen es sich nicht gefallen, dass Grasser über die Opposition richte und diese als "Kriminalisierer" bezeichne. Für ihn ist es ein Recht der Opposition, Kritik an einem Minister zu üben, "wenn er sich das verdient hat". Nach Auffassung Öllingers ist Grasser "ein schlechter Verwalter des öffentlichen Eigentums".

Der Abgeordnete brachte außerdem erneut das Sponsoring für Grassers Homepage zur Sprache und stellte die Frage, warum der Minister nicht offen lege, woher genau die Gelder für seine Homepage kommen. Gleichzeitig erinnerte er an eine Aussage Grassers vor dem Nationalrat, dass es sich bei der Homepage um eine rein private und persönliche Homepage handle. Grasser solle auch nicht falsche Fragen stellen, um dann Antworten zu Sachverhalten zu geben, nach denen die Opposition gar nicht gefragt habe, verlangte Öllinger.

Finanzminister Mag. GRASSER zog den Vorwurf der Schiebung gegenüber der Opposition zurück. Dies wurde vom Vorsitz führenden Nationalratspräsidenten Dr. FISCHER akzeptiert, er verzichtete auf die Erteilung eines Ordnungsrufes.

Abgeordneter Mag. HOSCHER (S) kam auf den SPÖ-Antrag aus dem Jahr 1997 betreffend die Veräußerung von Eisenbahner-Wohnbaugesellschaften zu sprechen und erläuterte nochmals die damalige Intention der SPÖ. Er unterstrich, dass man die damaligen Pläne nicht mit dem jetzigen Verkauf der Bundeswohnbaugesellschaften vergleichen könne. An die Koalition richtete Hoscher den Appell, wenigstens die Eisenbahner-Wohnbaugesellschaften aus dem Gesetz herausnehmen, wenn sie dieses heute schon beschließen wolle. Ein entsprechendes Amtshaftungsverfahren ist für ihn sonst vorprogrammiert.

Abgeordneter AUER (V) nahm zum Misstrauensantrag der Grünen und der SPÖ gegen Finanzminister Grasser Stellung und prophezeite, "dieser Antrag wird ein Flop sein". Bei der Begründung des Misstrauensantrags durch Abgeordneten Kogler sei "nichts Neues" dabei gewesen, konstatierte er. Nach Ansicht von Auer kann man der erfolgreichen Arbeit des Finanzministers sachlich und fachlich nichts entgegensetzen. "Wir stehen eindeutig zu Bundesminister Grasser."

Abgeordneter KECK (S) wertete die Rolle von Finanzminister Grasser bei dessen Homepage-Finanzierung, beim Verkauf von ÖIAG-Betrieben und beim Eurofighter-Kauf als "merkwürdig". Zum Voest-Verkauf brachte er namens der SPÖ einen Entschließungsantrag ein, dem zufolge die Regierung auf die vollständige Privatisierung der Voest Alpine AG verzichten und ihre Rolle als Kernaktionär aktiv nutzen solle. Keck wies darauf hin, dass ein gleichlautender Antrag von allen vier Parteien im oberösterreichischen Landtag unterstützt wurde.

Abgeordneter Dr. CAP (S) bezeichnete den Finanzminister als "Verschwender" und als unsozial. Wie Öllinger forderte auch er vom Finanzminister Aufklärung über die Finanzierung seiner Homepage ein. "Was verschweigt er uns?" wollte Cap wissen. Interesse zeigte der Abgeordnete etwa dafür, welche Gelder der Verein, der Grassers Homepage eingerichtet hat, zusätzlich zu den Geldern der Industriellenvereinigung erhalten hat und was damit geschehen ist.

Was den gemeinsamen Misstrauensantrag der Grünen und der SPÖ gegen den Finanzminister betrifft, wies Cap darauf hin, dass eine geheime Abstimmung darüber beantragt wurde. "Heben Sie den Klubzwang auf", appellierte er an ÖVP und FPÖ, "geben Sie die Abstimmung frei!".

Abgeordneter Dr. PILZ (G) hielt fest, das Problem der Voest seien nicht deren Produkte, deren Ertragslage oder deren Bilanz, sondern das Problem heiße "Karl-Heinz Grasser und seine Freunde". Das gleiche gelte für die Bundesimmobilien. Kritik übte Pilz daran, dass die Koalition dem Finanzminister, "um jeden Preis" die Stange halte. Er gab zu bedenken, dass gegen den Finanzminister immerhin die Strafbehörde und Finanzstrafbehörden ermitteln würden. Es gehe u.a. um Steuerhinterziehung, Amtsmissbrauch, verbotene Geschenkannahme und verbotene Einflussnahme auf Vergabeverfahren. Ausdrücklich von Grasser wollte Pilz wissen, "welche Gelder haben Sie persönlich von Unternehmen kassiert?".

Abgeordnete Dr. PARTIK-PABLE (F) wies in einer tatsächlichen Berichtigung die Aussage von Abgeordnetem Pilz zurück, dass der Finanzminister als "Verdächtiger" auf der Regierungsbank sitze. Wenn die Staatsanwaltschaft gegen jemanden ermittle, sei dieser noch lange kein Verdächtiger, erklärte sie.

Das Bundsgesetz betreffend Verwertung der Bundeswohnbaugesellschaften wurde bei der Abstimmung mehrheitlich angenommen. Ebenfalls mehrheitliche Zustimmung erhielt der VP-FP-Entschließungsantrag betreffend Weiterführung der erfolgreichen Privatisierungsmaßnahmen durch die österreichische Bundesregierung.

Von der Mehrheit der Abgeordneten hingegen abgelehnt wurde der gemeinsame Misstrauensantrag der Grünen und der SPÖ gegen Finanzminister Grasser. Gescheitert war zuvor auch ein Antrag der Opposition, über diesen Misstrauensantrag eine geheime Abstimmung durchzuführen.

Schließlich lehnte der Nationalrat mehrheitlich den Entschließungsantrag der SPÖ betreffend Absicherung des Industriestandortes Österreich durch den Verbleib der ÖIAG als Kernaktionär ab. (Schluss Bundeswohnbaugesellschaften/Forts. NR)