Parlamentskorrespondenz Nr. 582 vom 11.07.2003

NATIONALRAT BEENDET ERSTE TAGUNG DER XXII. GESETZGEBUNGSPERIODE

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Wien (PK) - Mit dem heutigen Tag beendet der Nationalrat seine erste Tagung der XXII. Gesetzgebungsperiode. Geprägt war die Tagung von der Diskussion über die Pensionsreform und die Beschaffung neuer Abfangjäger. Bundeskanzler Wolfgang Schüssel präsentierte im März den Abgeordneten das Regierungsprogramm des Kabinetts Schüssel II. Beschlossen wurden vom Nationalrat auch zwei Budgets sowie zahlreiche budgetbegleitende Maßnahmen, außerdem setzten die Abgeordneten mit der Zustimmung zu einem entsprechenden Bundesverfassungsgesetz den ersten Schritt zur Ratifizierung der EU-Erweiterung durch Österreich. An der Spitze des Nationalrates löste - als Folge des Ergebnisses der Nationalratswahl vom November 2002 - Andreas Khol zu Beginn der Gesetzgebungsperiode Heinz Fischer als Nationalratspräsident ab.

Insgesamt fanden in der ersten Tagung der XXII. Gesetzgebungsperiode 29 Sitzungen des Nationalrates mit einer Gesamtdauer von 215 Sunden und 17 Minuten statt. Dabei beschlossen die Abgeordneten 63 Gesetze und genehmigten 20 Staatsverträge sowie 3 Vereinbarungen mit den Bundesländern. 3 Berichte des Rechnungshofes wurden behandelt und zur Kenntnis genommen. Rund 57 Prozent der Gesetzesbeschlüsse erfolgten einstimmig.

Weiters hielten die Abgeordneten 6 Aktuelle Stunden und eine Fragestunde mit 10 Fragen und 30 Zusatzfragen ab. 19 Anträge und die Budgets 2003 und 2004 wurden in Erste Lesung genommen. Neben der Regierungserklärung durch Bundeskanzler Schüssel und der Budgetrede von Finanzminister Karl-Heinz Grasser gaben Regierungsmitglieder fünf weitere Erklärungen zu aktuellen Themen ab: drei Mal ging es dabei um die Pensionsreform (Bundeskanzler Schüssel, Sozialminister Herbert Haupt) zwei Mal um die Wirtschaftslage in Österreich (Bundeskanzler Schüssel, Infrastrukturminister Gorbach). In 18 Entschließungen erhielt die Regierung Arbeitsaufträge vom Nationalrat. Die Nationalratssitzung zur Beratung des - 90 Gesetzesmaterien umfassenden - Budgetbegleitgesetzes dauerte fast 24 Stunden und wurde auf zwei Tage aufgeteilt.

Auch die parlamentarischen Minderheitsrechte wurden im vergangenen Parlamentsjahr wieder vielfach in Anspruch genommen, anders als in den Jahren zuvor jedoch - mit Ausnahme der letzten Plenarwoche - fast ausschließlich von der Opposition. So verhandelte der Nationalrat insgesamt 7 Dringliche Anfragen (4 S, 3 G) und 5 Dringliche Anträge (3 V-F, 1 S, 1 G) und hielt 12 Kurze Debatten (1 V-F, 3 S, 7 G, 1 S-G) zu schriftlichen Anfragebeantwortungen der Regierung, Fristsetzungsanträgen und Anträgen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ab. Von den beiden Sondersitzungen des Nationalrates in dieser Tagung fand je eine auf Antrag der Grünen (wegen der Zulassung der Listenbezeichnung GRÜNÖ bei den niederösterreichischen Landtagswahlen) und der SPÖ (zum Thema Abfangjäger) statt.

Alle sechs Versuche der Opposition, zur Aufklärung der Vorgänge rund um die Beschaffung der Eurofighter einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, scheiterten jedoch. Gleiches gilt für die insgesamt fünf in dieser Tagung eingebrachten Misstrauensanträge gegen einzelne Regierungsmitglieder. Je einer der Misstrauensanträge betraf Bundeskanzler Schüssel und Verteidigungsminister Platter, zweimal wollten SPÖ bzw. Grüne die Amtsenthebung von Finanzminister Karl-Heinz Grasser erzwingen.

84 AUSSCHUSSSITZUNGEN, 1 ENQUETE-KOMMISSION

Zu den Plenarsitzungen kommen 84 Ausschusssitzungen und 21 Sitzungen von Unterausschüssen. Besonders viel zu tun hatte im abgelaufenen Parlamentsjahr der Budgetausschuss, der allein zur Beratung des Budgetbegleitgesetzes acht Mal zusammentrat. Rund 50 Stunden wurde über die einzelnen Materien des Gesetzeskonvoluts verhandelt, wobei Abgeordneter Karl Öllinger mit einer 6,5-stündigen Rede zur Pensionsreform besondere Ausdauer bewies.

Von den Ausschüssen wurden 19 Berichte der Bundesregierung durch Kenntnisnahme "enderledigt" und kamen nicht mehr ins Plenum.

Der Hauptausschuss hielt in der abgelaufenen Tagung 10 Sitzungen ab. Zu den traditionellen Verhandlungspunkten zählten dabei Grundstücksverkäufe, die Ausfuhrförderung, die Festlegung der Zuwandererquote, der Nationalfonds, die Bundesheer-Beschwerdekommission, die Zivildienstplätze, die Publizistikförderung und nicht zuletzt die Entsendung bzw. die Verlängerung der Entsendung von Soldaten, Exekutivbeamten und anderen Sicherheitsexperten in das Ausland, vor allem zu Friedensmissionen der Vereinten Nationen.

Als EU-Ausschuss bereitete der Hauptausschuss jeweils in öffentlichen Sitzungen die Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs in Kopenhagen und Thessaloniki vor. Die wichtigsten europäischen Themen im Hauptausschuss waren der EU-Konvent für eine zukünftige Verfassung Europas und sein diesbezügliches Schlussdokument, die Erweiterung der Union, die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik, die "Lissabon-Strategie" für Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung, die Transitfrage und die Atompolitik.

Der Ständige Unterausschuss des Hauptausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union hielt vier Sitzungen ab und lehnte in seiner Sitzung am 5. Juni 2003 mit einer einstimmig angenommenen Stellungnahme gentechnisch veränderte Pflanzen ab; die Ausschussmitglieder sprachen sich für die Aufrechterhaltung des dazu bestehenden Zulassungs-Moratoriums der EU aus.

Um Expertenmeinungen zur geplanten Kompetenzverschiebung in Angelegenheiten des Tierschutzes von den Ländern zum Bund einzuholen, wurde vom Nationalrat eine Enquete-Kommission eingesetzt, die ein ganztägiges Hearing im Sitzungssaal des Nationalrates abhielt.

Die Präsidialkonferenz trat in der Tagung 2002/2003 zu 23 Sitzungen zusammen.

Mit insgesamt 11 Petitionen und 8 Bürgerinitiativen wandten sich die Bürger direkt an das Hohe Haus.

ZAHL DER SCHRIFTLICHEN ANFRAGEN STARK ZURÜCKGEGANGEN

Stark zurückgegangen ist die Zahl der schriftlichen Anfragen von Abgeordneten an Regierungsmitglieder, den Nationalratspräsidenten und den Rechnungshofpräsidenten. Lag ihre Zahl in den vergangenen Tagungen meist weit über der 1000-er Grenze, wurden heuer bis zum Ende der letzten Nationalratssitzung insgesamt "nur" 717 schriftliche Anfragen eingebracht. An der Spitze der Anfragesteller liegt die SPÖ mit 448 Anfragen, gefolgt von den Grünen mit 252. ÖVP-Abgeordnete stellten insgesamt 15 Anfragen, die FPÖ beschränkte sich auf zwei. Am häufigsten nutzte wie schon in den vergangenen Jahren SPÖ-Abgeordneter Johann Maier mit insgesamt 134 Anfragen dieses Kontrollrecht des Nationalrates, gefolgt von den Grün-Abgeordneten Gabriela Moser (58) und Theresia Haidlmayr (54).

Besonderes Interesse zeigten die Mandatare dabei für das Sozialministerium (92 Anfragen), das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (82) und das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (81). Lediglich 25 Mal wurden hingegen Verteidigungsminister Platter bzw. sein Amtsvorgänger Herbert Scheibner um Auskunft über Angelegenheiten aus ihrem Verantwortungsbereich gebeten. An Nationalratspräsident Andreas Khol richteten die Abgeordneten 5 schriftliche Anfragen, an den Rechnungshofpräsidenten 1.

Darüber hinaus war das Hohe Haus auch im abgelaufenen Parlamentsjahr wieder Ort zahlreicher Veranstaltungen und internationaler Kontakte. (Fortsetzung)