Parlamentskorrespondenz Nr. 702 vom 02.10.2003

BUNDESRECHNUNGSABSCHLUSS 2002 - NULLDEFIZIT IM VORJAHR VERFEHLT

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Wien (PK) - Rechnungshofpräsident Franz Fiedler hat dem Nationalrat kürzlich den Bundesrechnungsabschluss 2002 (III-44 d.B.) vorgelegt. Dem zweibändigen Werk ist zu entnehmen, dass Bund, Länder und Gemeinden nach einem Überschuss von 0,3 % im Jahr 2001 im Vorjahr gemeinsam ein Defizit von 0,2 % des BIP erzielten. Der EU-Referenzwert von 3 % konnte somit weit unterboten werden, das angepeilte Nulldefizit wurde aber verfehlt. Als Ursachen dafür nennt der Bericht die anhaltende Konjunkturschwäche, den Rückgang der Investitionstätigkeit, die Folgekosten der Hochwasserkatastrophe und das gesunkene Abgabenaufkommen. Dass das Defizit dennoch klein blieb, ist auf Überschüsse von Ländern und Gemeinden, auf höhere Umsatzsteuerzahlungen als erwartet und auf die günstige Gebarung des Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds zurückzuführen.

Der Rechnungshof begrüßt die Bemühungen um ein Nulldefizit und die Zunahme des Anteils der Ausgabeneinsparungen an der Konsolidierung. Eine nachhaltige Sanierung erfordere aber weitere Maßnahmen, hält Präsident Fiedler fest.

ECKDATEN DES BUNDESHAUSHALTS

Bei Ausgaben von 61,818 Mrd. € und Einnahmen von 59,428 Mrd. € betrug das Defizit im Allgemeinen Bundeshaushalt 2,39 Mrd. €. Der Vergleich mit dem Jahr 2001 zeigt bei den Ausgaben eine Steigerung um 2,3 %, bei den Einnahmen um 0,7 % und beim Defizit um 68,9 %. Das Defizit hat einen Anteil von 1,1 % am BIP (216,598 Mrd. €) und ist somit auch relativ höher als im Jahr 2001 (0,7 % des BIP). Zu beachten ist aber, dass das nominelle Wirtschaftswachstum im Jahr 2002 mit 2,2 % nur etwas mehr als halb so hoch ausfiel als bei Erstellung des Bundesvoranschlages im Frühjahr 2001 angenommen werden konnte. Außerdem macht der Rechnungshof auf Rücklagenzuführungen aufmerksam, ohne die das präliminierte Defizit um 100 Mill. € unterschritten worden wäre.

Saldenverschlechterungen zeigen auch tiefergehende Darstellungen des Bundesrechnungsabschlusses an: Der "BIP-relevante Saldo", der aus der Bereinigung der Einnahmen- und Ausgabenrechnung um die von Jahr zu Jahr schwankenden "Durchlaufer" sowie um die langfristig saldenneutralen Grundstückstransaktionen resultiert, zeigt für 2002 ein Minus von 1,73 Mrd. € an; 2001 hatte der Bund noch einen BIP-relevanten Überschuss von 0,237 Mrd. € erzielt.

Erstmals seit 1995 wies im Vorjahr auch die Kurve des "Primärsaldos" nach unten, er sank von 5,693 Mrd. € auf 4,709 Mrd. €. Diese Vergleichsgröße zur längerfristigen Beurteilung der Haushaltsentwicklung wird durch Bereinigung der Ausgaben um den Zinsaufwand für die Staatsschuld errechnet.

Seinen Beitrag zum innerösterreichischen Stabilitätspakt hat der Bund im Jahr 2002 laut Rechnungshof erfüllt: Das Bundes-Defizit lag mit 0,37 % unter dem vorgesehenen Maximalwert von 0,75 % des BIP.

DETAILS DER AUSGABEN- ...

Wichtige Größen zur Beurteilung der Budgetentwicklung stellen die Quoten der Ausgaben und Einnahmen des Bundes zum BIP dar. Im Vorjahr nahm die Ausgabenquote gegenüber 2001 von 28,2 % auf 27,7 % ab und auch die Einnahmenquote ging zurück, und zwar von 27,5 % auf 26,6 %.

In absoluten Zahlen stiegen die bereinigten Ausgaben des Bundes im Jahresabstand um 0,713 Mrd. € oder 1,2 % auf 59,944 Mrd. €. An der Spitze stehen die Transfers, für die 22,849 Mrd. € oder 38,1 % aller Ausgaben aufgewendet wurden: 2,75 Mrd. € für Pensionen der Bundesbediensteten, 0,758 Mrd. € für Landeslehrer, 1,746 Mrd. € für ÖBB-Beamte, 0,972 Mrd. € für Postbeamte und 8,757 Mrd. € für den Bundesbeitrag zur Pensionsversicherung einschließlich Pflegegeld sowie 2,826 Mrd. € für die Familienbeihilfen.

Auf die Erstellung öffentlicher Leistungen entfielen 16,099 Mrd. € oder 26,9 % (2001: 27,5 %). Für Investitionen und den Kauf von Liegenschaften wendete der Bund 0,419 Mrd. € oder 0,7 % der bereinigten Ausgaben auf (2001: 0,9 %).

Die Finanzierung der Finanzschuld erforderte mit 20,997 Mrd. € einen Anteil von 35 % der Bundesausgaben (2001: 35,3 %).

... UND DER EINNAHMENRECHNUNG

Die bereinigten Einnahmen des Bundes betrugen 2002 57,554 Mrd. €, wobei der Löwenanteil der Einnahmen aus dem Steueraufkommen resultierte. Die Steuern erbrachten Gesamteinnahmen von brutto 54,951 Mrd. € (minus 2,2 % gegenüber 2001) bzw. nach Abzug der Überweisungen 36,666 Mrd. € (-3,3 %). Bemerkenswert ist, dass 90 % der Einnahmen aus zehn der über 100 in Österreich bestehenden Steuerarten stammen.

Gegenüber 2001 stieg das Lohnsteueraufkommen von 15,672 Mrd. € auf 16,219 Mrd. €, jenes der veranlagten Einkommensteuer fiel hingegen von 3,987 Mrd. € auf 3,126 Mrd. €. Die Einnahmen aus der Körperschaftsteuer sanken auf 4,559 Mrd. € (2001: 6,235 Mrd. €), während jene aus der Kapitalertragsteuer I und II auf 2,123 Mrd. € stiegen (2001: 2,048 Mrd. €). Das extreme Absinken der Einkommen- und Körperschaftsteuer wird auf vorgezogene Steuerentrichtungen im Jahr 2001 zurückgeführt.

Die Einnahmen aus der Umsatzsteuer betrugen 17,639 Mrd. € (2001: 17,354 Mrd. €), die Mineralölsteuer brachte 3,109 Mrd. € (2001: 2,88 Mrd. €) und die Tabaksteuer 1,297 Mrd. € (2001: 1,234 Mrd. €).         

BUDGETPOLITIK UND VOLKSWIRTSCHAFT

Als Ziel der Budgetpolitik gilt laut Bundeshaushaltsgesetz das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht, das mit den Parametern Beschäftigung, Geldwertstabilität, Wachstum und Außenwirtschaft beschrieben wird. Ein diesbezüglicher Vergleich der Jahre 2001 und 2002 zeigt beim BIP-Wachstum (2001: 0,7 %, 2002: 1 %), bei der Inflationsrate (2001: 2,7 %, 2002: 1,8 %) und beim Saldo der Leistungsbilanz (2001: -3,94 Mrd. € oder - 1,9 % im Verhältnis zum BIP, 2002: +1,57 Mrd. € oder +0,7 % des BIP) positive Entwicklungen. - Verschlechtert hat sich hingegen die Beschäftigung: Die Zahl der unselbständig Beschäftigten nahm 2002 um 0,5 % ab, nachdem sie im Jahr 2001 noch um 0,4 % zugenommen hatte. Die Arbeitslosigkeit stieg von 6,1 % auf 6,9 % (gemäß EUROSTAT-Berechnung von 3,6 % auf 4,3 %).

Im internationalen Vergleich lag Österreich 2002 mit einem BIP von 216,598 Mrd. € und einem realen Wachstum von 1 % vor Deutschland (+0,2 %), Japan (+0,3 %) und dem EU-Durchschnitt von 0,9 %. Die Zunahme bei der Produktion von Dienstleistungen und Gütern lag aber unter dem OECD-Wert von 1,8 % sowie jenem der USA mit 2,4 %.

RÜCKGANG DER FISKALISCHEN GESAMTBELASTUNG

Die Abgaben für österreichische Gebietskörperschaften inklusive der Beiträge Österreichs zur Europäischen Union und die abgabenähnlichen öffentlichen Einnahmen wie Kammerumlagen, Beiträge an Träger der Sozialversicherung und Fonds belasteten die Bevölkerung im Jahr 2002 insgesamt mit 44,6 % des BIP. Im Jahr 2001 lag die steuerliche Gesamtbelastung noch bei 45,6 %. Ohne EU-Beiträge machte der Anteil der Abgaben und abgabenähnlichen Einnahmen am BIP im Vorjahr 44,1 % aus (2001: 44,8 %).

Auch nach der für zwischenstaatliche Vergleiche besser geeigneten OECD-Steuerliste ging die fiskalische Gesamtbelastung von 2001 auf 2002 von 45,3 % auf 44,1 % zurück. (Schluss)