Parlamentskorrespondenz Nr. 709 vom 07.10.2003

DIE PENSIONSREFORM UND IHRE AUSWIRKUNGEN AUF DIE FRAUEN

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Wien (PK) - Im Anschluss an die Diskussion über die Vollziehung des Gleichbehandlungsgesetzes standen zwei Entschließungsanträge der Grünen auf der Tagesordnung des Gleichbehandlungsausschusses.

Ein Antrag - er war vor Beschluss der Pensionsreform eingebracht worden - betrifft eine gendergerechte Pensionsreform, da die Grünen eine überproportionale Benachteiligung der Frauen durch die nun bereits beschlossene Pensionsreform befürchten. Abgeordnete Sabine Mandak (G) unterstrich in diesem Zusammenhang, dass es nun umso wichtiger und notwendiger sei, umgehend ein ExpertInnenkomitee einzurichten, das die Maßnahmen zur Reform des Pensionssystems auf Gendergerechtigkeit untersucht und Änderungsvorschläge unterbreitet. (87/A[E])

Im zweiten Antrag wird die Bundesregierung aufgefordert, bis Sommer 2003 dem Parlament eine Regierungsvorlage zuzuleiten, in welcher der ORF verpflichtet wird, einen Frauenförderungsplan vorzulegen. Die Repräsentanz von Frauen in den höchsten Gremien des ORF sei marginal und eine Änderung zeichne sich nicht ab, begründen die Grünen ihre Initiative. Abgeordnete Brigid Weinzinger (G) meinte, dass der ORF als öffentlich rechtliches Unternehmen Vorbildwirkung auf private Betriebe hinsichtlich der Frauenförderung haben sollte und wies auf die klaren Zielsetzungen des Antrags hin. (88/A[E])

Beide Anträge wurden mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ vertagt.

OPPOSITION: PENSIONREFORM UMGEHEND AUF GENDERGERECHTIGKEIT PRÜFEN

REGIERUNG: DEN SOZIALPARTNERN NICHT VORGREIFEN

Abgeordnete Elke Achleitner (F) begründete den ersten Vertagungsantrag damit, dass derzeit eine ExpertInnenkommission der Sozialpartner Vorschläge zur Harmonisierung der Pensionssysteme ausarbeite und diese dabei auch den Auftrag habe, der Gendergerechtigkeit Rechnung zu tragen. Man solle dem Ergebnis dieser Arbeitsgruppe nicht vorgreifen.

Dieser Antrag auf Vertagung rief wie auch der zweite bei der Opposition Empörung hervor. So stellte die Vorsitzende des Ausschusses, Abgeordnete Barbara Prammer (S), fest, dass die ExpertInnengruppe der Sozialpartner zur Harmonisierung der Pensionssysteme selbstverständlich das Prinzip des Gender-Mainstreaming nicht aus dem Auge lassen dürfe, man dürfe aber auch nicht die Bundesregierung aus der Verantwortung entlassen. Der Entschließungsantrag sei daher wichtig und aktuell. Ihre Klubkollegin Gabriele Binder wies auf die aus ihrer Sicht katastrophalen Auswirkungen der Pensionsreform auf die Frauen hin und kritisierte, dass der gegenständliche Entschließungsantrag viel zu spät behandelt werde. Als eine "zynische Herangehensweise" bezeichnete Abgeordnete Gisela Wurm (S) die geplante Vertagung, da die Pensionsreform Frauen zunehmend in die Armut treiben würde. Von einer "Verhöhnung der Frauen" sprach Abgeordnete Bettina Stadlbauer (S), da Maßnahmen und Aussagen der Regierung den Frauen einerseits suggeriere, möglichst lange zu Hause zu bleiben, andererseits man aber den Frauen die Schuld gebe, wenn sie nicht genug Zeiten für eine entsprechende Pension zusammenbringen. Sie reagierte damit auf die Feststellung der Abgeordneten Ridi Steibl (V), wonach die Pension vom Gehalt abhänge und es auch Aufgabe der Sozialpartner gewesen wäre, das Prinzip "gleicher Lohn für gleiche Arbeit" zu realisieren. Stadlbauer bezeichnete es auch als ein Abschieben der Verantwortung, wenn die Regierung die Frage der Gender-Gerechtigkeit im Pensionssystem nun den Sozialpartnern zuspielt.

Abgeordnete Sabine Mandak (G) erinnerte an das Regierungsprogramm, wo das Gender-Mainstreaming einen zentralen Punkt darstellt. Wenn die Regierungsfraktionen nun im nachhinein verweigerten, was im vorhinein hätte passieren müssen, verlören sie ihre Glaubwürdigkeit. Sie nähmen damit ihre eigene Politik nicht ernst, sagte Mandak. Es gehe bei dem vorliegenden Antrag auch nicht um die Harmonisierung der Pensionssysteme, betonte sie, sondern um die ureigenste Aufgabe des Gender-Mainstreaming, nämlich Gesetze unter dem Aspekt zu prüfen, inwieweit Frauen und Männer unterschiedlich von den Maßnahmen betroffen seien. Es sei daher unbedingt erforderlich, die Pensionsreform im nachhinein auf die unterschiedlichen Auswirkungen zu prüfen, um so rasch wie möglich Änderungen vornehmen zu können, ergänzte Abgeordnete Brigid Weinzinger (G). Dass man den Aspekt des Gender-Mainstreaming auch bei der Harmonisierung berücksichtige, sei wohl selbstverständlich.

Die negative Beurteilung der Pensionsreform durch die Opposition wollte Abgeordnete Ridi Steibl (V) nicht unwidersprochen lassen und hielt aus ihrer Sicht fest, dass die gegenwärtige Bundesregierung für die Frauen mehr getan habe als andere europäische Regierungen. Sie nannte dabei insbesondere die Anrechnung der Kindererziehung, die auch pensionsbegründend wirke. Außerdem sei man dabei, die Frauenerwerbsquote zu erhöhen. Einen scharfen Angriff richtete sie an die Sozialpartner, die bei den Kollektivvertragsverhandlungen federführend sind. Abgeordnete Anna Höllerer (V) führte zusätzlich an, dass die Punkte der Pensionsreform auf Frauen und Männer gleichermaßen wirkten.

FRAUENFÖRDERUNG NUN AUCH IM ORF

Der zweite Antrag auf Vertagung wurde von Abgeordneter Gertrude Brinek (V) mit dem Argument eingebracht, dass es im ORF nun eine Gleichbehandlungskommission mit vielfältigen Aufgaben gebe und man abwarten solle, was diese Gruppe erreiche. Sie wurde darin von Abgeordneter Elisabeth Scheucher-Pichler (V) unterstützt, die meinte, dass die Forderungen des Antrages insofern abgesichert seien, als nun auch im ORF Frauenförderungspläne erstellt würden und eine Gleichbehandlungsbeauftragte installiert werde.

RAUCH-KALLAT: IM NÄCHSTEN BUDGET GIBT ES GENDERBUDGETIERUNG

UNETRSCHIEDLICHES PENSIONSALTER WIRD NICHT IN FRAGE GESTELLT

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat stellte zunächst fest, dass sie bei der Budgeterstellung 2003/2004 sofort die Forderung nach einer Gender-Budgetierung deponiert hatte. Dieser Aufforderung habe das Finanzministerium jedoch auf Grund der kurzen Zeit nicht nachkommen können, das nächste Budget werde aber unter diesem Gesichtspunkt erstellt, bekräftigte die Ministerin.

Was die Pensionsreform betreffe, so habe sie während der Verhandlungen begleitend ExpertInnen eingebunden, nach Beschlussfassung habe sie ein Gutachten in Auftrag gegeben, die Reform unter dem Aspekt des Gender-Mainstreaming zu bewerten. Dieses Gutachten werde in den nächsten Wochen vorliegen und sie werde dieses auch zur Verfügung stellen. Auf Grund des Zwischenberichts könne sie jedoch jetzt schon sagen, dass die Maßnahmen im Rahmen der Pensionsreform positive Auswirkungen auf die Frauen haben und es gelungen sei, einen Ausgleich für die Frauen zu schaffen. Sie werde auch im Zuge der Debatte um die Harmonisierung der Pensionssysteme begleitende Expertenrunden beiziehen.

Auf eine Frage der Abgeordneten Gisela Wurm (S) bekräftigte Rauch-Kallat, dass sie hinsichtlich des unterschiedlichen Pensionsalters von Männern und Frauen das geltende Recht nicht in Frage stelle.

Hinsichtlich des ORF wies die Ministerin ebenfalls auf die Installierung der Gleichbehandlungskommission hin und brachte den Abgeordneten Daten zur Kenntnis, die unter Beweis stellten, dass der Frauenanteil in leitenden Positionen gehoben werden konnte. Auch seien freie Dienstverhältnisse in reguläre übergeführt worden, was vor allem Mitarbeiterinnen betreffe. Trotz dieser positiven Entwicklung sei es angebracht, so Rauch-Kallat, weiterhin ein wachsames Auge zu haben und hier intensiv weiter zu arbeiten. Da der ORF eine unabhängige Stiftung sei, sei eine Einflussnahme jedoch nicht in dem Maße wie in verstaatlichten Betrieben möglich. Sie nehme den Antrag aber zum Anlass nachzufragen, ob für die Erstellung der Frauenförderungspläne eine Frist gesetzt worden sei.

Bei der Sitzung wurde Abgeordnete Elisabeth Scheucher-Pichler (V) einstimmig zur ersten Obfrau-Stellvertreterin gewählt. (Schluss)