Parlamentskorrespondenz Nr. 670 vom 06.10.2004

GLEICHGESCHLECHTLICHE PARTNERSCHAFTEN: JUSTIZAUSSCHUSS WARTET AB

Oppositionsanträge über Zivilpakt und Gleichstellung werden vertagt

Wien (PK) - Zu keiner Entscheidung kam der Justizausschuss heute in der Frage der gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften. Die Grünen konnten sich mit ihrem Vorschlag auf Schaffung eines so genannten Zivilpaktes für gleich  und verschiedengeschlechtliche Paare ebenso wenig durchsetzen wie die Sozialdemokraten mit ihrem Antrag auf rechtliche Gleichstellung gleichgeschlechtlicher mit verschiedengeschlechtlichen Lebensgemeinschaften. Beide Initiativen wurden mit den Stimmen der Regierungsparteien vertagt.

Abgeordnete Gertrude Brinek (V) trat für eine Politik der kleinen Schritte ein und stellte klar, dass die ÖVP für eine Gleichstellung von homo- und heterosexuellen Partnerschaften sei. Es gehe nun aber darum, innerhalb der Regierung zu einer einheitlichen Linie zu kommen und die Vorstellungen der Koalition dann in einem eigenen Antrag zu formulieren.

Abgeordnete Karin Hakl (V) befürwortete ebenfalls die Gleichstellung, zeigte sich aber skeptisch gegenüber dem von den Grünen vorgeschlagenen Zivilpakt. Diese "Zwischenstufe" zwischen Ehe und Lebensgemeinschaft würde den gesellschaftlichen Interessen widersprechen und könnte sich zudem auch nachteilig für Frauen auswirken, argumentierte sie.

Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) betonte mit Nachdruck, der von ihr propagierte Zivilpakt sei keine "Ehe light", sondern ein neues Rechtsinstitut sowohl für gleich- als auch für verschiedengeschlechtliche Paare. Bestimmte Pflichten des Eherechtes, zum Beispiel den gemeinsamen Wohnsitz, wollte Lunacek dabei nicht übernehmen, das Recht auf Adoption hingegen müsste aber, wie sie unterstrich, enthalten sein. 

Abgeordnete Elisabeth Grossmann (S) gab zu bedenken, die Angleichung der gleichgeschlechtlichen an die heterosexuellen Lebensgemeinschaften reiche nicht aus, zumal ja schon die heterosexuellen Lebensgemeinschaften derzeit nur wenig zufriedenstellend abgesichert seien.

Abgeordneter Johannes Jarolim (S) appellierte an die Regierungsparteien, der gesellschaftlichen Entwicklung Rechnung zu tragen und die Frage der Gleichstellung nicht länger auf die lange Bank zu schieben.

Abgeordneter Christian Puswald (S) verwies ebenfalls auf den Handlungsbedarf, konnte sich aber mit der Einrichtung eines Zivilpaktes nicht anfreunden. Gleichen Rechten müssten immer auch gleiche Pflichten gegenüberstehen, mahnte er.

ERSATZ VON VERTEIDIGERKOSTEN BEI FREISPRUCH: SP-ANTRAG VERTAGT

Vertagt wurde schließlich auch ein Antrag der SPÖ betreffend eine Gesamtreform des Ersatzes von Verteidigerkosten in Strafverfahren im Fall eines Freispruchs des Angeklagten. Abgeordneter Johann Maier forderte darin als ersten Schritt eine Anpassung der seit 1994 geltenden Pauschalsätze an die Geldwertentwicklung.

Abgeordnete Maria Theresia Fekter (V) kündigte Änderungen der Pauschalsätze im Rahmen der kommenden Budgetbegleitgesetze an.

ZIVILVERFAHRENS-NOVELLE EINSTIMMIG ANGENOMMEN

Mit der einstimmig angenommenen Zivilverfahrens-Novelle 2004 werden nunmehr die die Justiz betreffenden Normen an die Vorgaben des DSG 2000 angepasst, das den Anspruch auf Geheimhaltung personenbezogener Daten sowie Auskunfts-, Richtigstellungs- und Löschungsrechte regelt. Außerdem wird eine einschlägige EU-Richtlinie betreffend Verbesserung des Zugangs zum Recht bei grenzüberschreitenden Streitsachen umgesetzt. Zudem wird im Zusammenhang mit Musterprozessen eine Ausweitung über pekuniäre Ansprüche hinaus - auf abtretbare Ansprüche jedweder Art - festgeschrieben. Schließlich wird in diesem Bereich der jüngsten technischen Entwicklung - z.B. Einsatz von Videotechnik - Rechnung getragen.

In einem Vier-Parteien-Entschließungsantrag wurde an die Justizministerin das Anliegen herangetragen, gesetzliche Möglichkeiten zur ökonomischen und sachgerechten Bewältigung von Masseverfahren zu prüfen.

Ebenfalls Einstimmigkeit herrschte über eine Vereinbarung, mit der die Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern über zivilrechtliche Bestimmungen betreffend den Verkehr mit Baugrundstücken an die geltende Exekutionsordnung angepasst werden. Diese Anpassung wurde durch die Novelle 2000 der Exekutionsordnung nötig.

LIEGENSCHAFTSTEILUNG: AUSSCHUSS GIBT AUFTRAG AN DIE JUSTIZMINISTERIN

Ein vom Abgeordneten Johann Maier (S) präsentierter Antrag zielte darauf ab, den Verwaltungs- und Kostenaufwand im Zusammenhang mit Grundbucheintragungen von Straßengrundeinlösungen und Straßengrund-Abtretungen für den Bau, die Verbreiterung und die Übernahme von Straßen zu reduzieren. Dabei geht es der SPÖ um die Wiedereinführung der Befreiungsbestimmungen im Grunderwerbssteuergesetz bei Grundabtretungen für öffentliche Zwecke (z.B. Straßenerrichtung, Straßenverbreiterung) und um einen Entfall der Wertgrenzen in den Paragraphen 17 und 18 des Liegenschaftsteilungsgesetzes, wenn die Grundeigentümer ausdrücklich der Grundabgabe zustimmen.

Die Initiative Maiers fand bei der Abstimmung zwar keine Mehrheit, die Abgeordneten einigten sich aber einstimmig auf einen Entschließungsantrag, in dem die Justizministerin aufgefordert wird, diesen Fragenkomplex noch näher zu prüfen und dann Vorschläge des Ressorts einzubringen. (Schluss)