Parlamentskorrespondenz Nr. 695 vom 13.10.2004

REICHEN DIE GESETZLICHEN REGELUNGEN GEGEN INSIDERHANDEL?

Änderung des Börsegesetzes und des Wertpapieraufsichtsgesetzes

Wien (PK) - Vor Eintritt in die Tagesordnung gab Nationalratspräsident Dr. KHOL bekannt, dass der von den SozialdemokratInnen eingebrachte Antrag 455/A[E] betreffend Gewährung eines bundeseinheitlichen Heizkostenzuschusses um 15 Uhr dringlich behandelt wird.

Bevor der Finanzminister seine Budgetrede hielt, beantragte Abgeordneter ÖLLINGER (G) in einer Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung, das Pensionsharmonisierungsgesetz in einer Ersten Lesung zu diskutieren. Er begründete dies mit der Kritik, dass der Ministerrat nur wenige Tage nach Ende der Begutachtungsfrist die betreffende Regierungsvorlage beschlossen hat, obwohl die eingegangenen Stellungnahmen überwiegend ablehnende Reaktionen enthielten.

Klubobmann Mag. MOLTERER (V) lehnte den Antrag ab und argumentierte, dass es in der Präsidiale eine 3-Parteien-Einigung über die Behandlung der Vorlage gegeben habe. Wie Molterer bemerkte, sei sowohl ein öffentliches Hearing als auch eine ausführliche parlamentarische Debatte sichergestellt.

Abgeordneter Dr. CAP (S) bezeichnete die vorliegende Pensionsharmonisierung als ungerecht und unsozial und sah keinen Grund, den grünen Antrag auf Erste Lesung nicht zu unterstützen.

Klubobmann SCHEIBNER (F) schloss sich Abgeordnetem Molterer an und wies ebenfalls auf den Konsens von ÖVP, SPÖ und FPÖ in der Präsidiale über die parlamentarische Vorgangsweise hin. Er wolle von diesem gemeinsamen Vorschlag nicht abgehen.

Bei der Abstimmung wurde der Antrag der Grünen, das Pensionsharmonisierungsgesetz in einer Ersten Lesung zu behandeln, mit den Stimmen der beiden Regierungsfraktionen mehrheitlich abgelehnt.

Präsident Dr. KHOL teilte mit, dass sämtliche Unterlagen zum Budget gestern um 14 Uhr im Parlament eingelangt sind und zwischen 15 und 16 Uhr an die Oppositionsparteien und um 17 Uhr an die Regierungsparteien verteilt wurden. Seit Mitternacht sind alle Unterlagen im Internet zugänglich, betonte der Präsident.

MASSNAHMEN GEGEN DEN INSIDERHANDEL

Im Anschluss an die Budgetrede des Finanzministers wandte sich der Nationalrat anderen Themen zu. Unter einem standen die Änderung des Übereinkommens zur Errichtung der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (durch die die Mongolei in der Kreis der Empfängerländer aufgenommen wird) und Maßnahmen gegen Insiderhandel zur Debatte.

Abgeordneter Dr. MATZNETTER (S) sprach das Problem des Insiderhandels an und beklagte, Österreichs Börse habe keinen guten Ruf. Es wäre Aufgabe der Regierung gewesen, dafür zu sorgen, dass aus der zahnlosen Finanzmarktaufsicht eine Behörde gemacht wird, die wirklich etwas unternehmen kann. Doch dies sei nicht geschehen, kritisierte Matznetter. Statt zu einer Verschärfung der Bestimmungen sei es vielmehr zu einer Einschränkung der Möglichkeiten der Verfolgung der Täter gekommen. Matznetter verlange insbesondere weitere Maßnahmen im Strafrecht zur Bekämpfung der Börsenkriminalität und meinte, die SPÖ könne diesem Gesetz nicht zustimmen.

Abgeordneter Mag. IKRATH (V) widersprach seinem Vorredner und betonte, nicht nur der Tatbestand der Insiderinformation sei erweitert und präzisiert worden, gleichzeitig sei auch die Finanzmarktaufsicht durch die Ermöglichung der Teilnahme an der strafrechtlichen Verfolgung gestärkt worden. Dazu komme noch, dass durch das neue Gesetz der Strafrahmen auf fünf Jahre ausgedehnt wird und eine alternative Geldstrafe nunmehr ausgeschlossen ist. Durch diese Maßnahmen werde ein reibungsloses Funktionieren des Kapitalmarktes sichergestellt und das Vertrauen der Anleger gefestigt, zeigte sich Ikrath überzeugt.

Abgeordneter EDER (S) sah in dem Gesetz zwar einen Schritt in die richtige Richtung, kritisierte die Bestimmungen aber als nicht entsprechend scharf genug, um Insiderhandel hintanzuhalten. Nach Eders Meinung wären Nachbesserungen notwendig.

Abgeordneter BUCHER (F) erwartete sich hingegen durch die Ausdehnung des Strafrahmens auf fünf Jahre einen wesentlichen Impuls zur Entschärfung des Problems des Insiderhandels. Bei Strafen für Vermögensdelikte sei immer auch eine angemessene Verhältnismäßigkeit zu den Strafen für Delikte gegen Leib und Leben zu beachten, gab er überdies zu bedenken.

Staatssekretär FINZ sah im Börsengesetz ebenfalls ein besseres und wirksameres Mittel zur Bekämpfung von Insiderhandel und Marktmanipulation. Er unterstrich insbesondere die Anhebung des Strafrahmens auf fünf Jahre und meinte zusammenfassend, dieses Gesetz werde das Vertrauen in den Kapitalmarkt stärken.

Präsident Dr. KHOL gab bekannt, dass die SPÖ die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses hinsichtlich der Gebarung des Gesundheitsministeriums und des Sozialministeriums bei der Planung, Vorbereitung und Durchführung des Projektes Chipkarte beantragt hat.

Abgeordneter Mag. HOSCHER (S) räumte ein, die Stoßrichtung der Novelle des Börsengesetzes sei zu begrüßen und bringe eine gewisse Verbesserung des Anlegerschutzes. Defizite ortete der Redner allerdings beim Strafrahmen. Hier sei man von den schärferen Vorschlägen des Finanzministeriums abgewichen, auch sei die ursprünglich geforderte persönliche Haftung für unrichtige Informationen gefallen, kritisierte er.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) erkannte in dem Gesetz "unterm Strich" eine Verbesserung des Status quo. Positiv waren für ihn dabei vor allem die Erhöhung des Strafrahmens und der Wegfall der alternativen Geldstrafe.

Abgeordneter Dr. BAUER (S) wies darauf hin, dass der Nachweis von Börsen-Insiderhandel in Österreich äußerst schwierig sei. Die vorliegende Gesetzesänderung stellt für ihn zwar eine Verbesserung der Situation dar, die vorgesehenen Maßnahmen sind seiner Meinung nach aber nicht ausreichend. Bauer zufolge könnte etwa mit einer Ausweitung der Prospekthaftung oder strengeren Publizitätsregelungen ein verbesserter Anlegerschutz erreicht werden. Der Finanzmarktaufsicht warf der Abgeordnete Versäumnisse im Zusammenhang mit starken Kursschwankungen von Telekom-Austria-Aktien vor.

Abgeordneter Dr. FASSLABEND (V) betonte, Österreich habe zweifelsohne eine ungeheuer positive Entwicklung im Börsebereich zu verzeichnen. Der ATX sei seit dem Jahr 2000 um fast 100 % gestiegen. Für Fasslabend ist das kein Zufall. Die Entwicklung sei grundsätzlich das Ergebnis unternehmerischer Tätigkeit, betonte er, aber auch die Regierungspolitik und die von ihr eingeleitete Kapitalmarktoffensive hätten ihren Beitrag dazu geleistet. Kein Verständnis zeigte Fasslabend für die Ablehnung der vorliegenden Gesetzesnovelle durch die SPÖ.

Abgeordnete HAGENHOFER (S) befasste sich mit der Satzungsänderung der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung und äußerte grundsätzliche Zustimmung. Ihrer Meinung nach sollten die Rahmenbedingungen, unter denen Gelder vergeben würden, aber überdacht werden. Es könne nicht sein, dass Gelder "irgendwo in der Schattenwirtschaft verschwinden", erklärte sie.

Abgeordneter Mag. LANGREITER (V) vertrat die Ansicht, dass zum Schutz des österreichischen Kapitalmarktes und der Anleger etwas getan werden müsse. Die vorliegende Gesetzesnovelle sieht er als ersten wichtigen Schritt. Er kann sich, wie er sagte, eventuell aber auch vorstellen, die Bestimmungen über die Prospekthaftung und die Publizität zu verschärfen. Erfreut zeigte sich Langreiter über die Zustimmung der Grünen zur vorliegenden Gesetzesnovelle.

Abgeordnete Mag. TRUNK (S) meinte in Replik auf ihren Vorredner, "Halbherzigkeiten sind der Feind des Wirksamen". Ihrer Auffassung nach hat die Koalition die Chance vertan, real wirksame und tatsächlich abschreckende Sanktionen und Strafen im Börsegesetz festzuschreiben. Stellungnahmen im Begutachtungsverfahren und die Meinung vieler Experten seien nicht berücksichtigt worden. Insiderhandel dürfe keineswegs mit Augenzwinkern und als Kavaliersdelikt gesehen werden, forderte Trunk.

Abgeordnete TAMANDL (V) gab zu bedenken, dass Fairness und Vertrauen in den Kapitalmarkt Voraussetzungen für Investitionen seien. In diesem Sinn sei auch eine moderne Finanzmarktaufsicht zum Schutz der Anleger und Verbraucher notwendig. Ihrer Ansicht nach trägt der vorliegende Entwurf dazu bei, die Attraktivität des österreichischen Kapitalmarkts zu erhöhen. Den von der SPÖ geforderten Strafrahmen für Verstöße gegen das Börsegesetz hält Tamandl für unverhältnismäßig gegenüber bestehenden Strafrahmen für Delikte gegen Leib und Leben.

Die Änderung des Übereinkommens zur Errichtung der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung wurde vom Nationalrat einstimmig genehmigt. Der Änderung des Börse- und Wertpapieraufsichtgesetzes stimmten die Abgeordneten mit VP-FP-G-Mehrheit zu. (Fortsetzung)