Parlamentskorrespondenz Nr. 914 vom 03.12.2004

SOZIALAUSSCHUSS STIMMT NEUEM PRODUKTSICHERHEITSGESETZ ZU

Keine Einigung auf bundeseinheitlichen Heizkostenzuschuss

Wien (PK) - In Österreich gilt künftig ein neues Produktsicherheitsgesetz. Der Sozialausschuss des Nationalrats stimmte heute einhellig einem von der Regierung vorgelegten Gesetzentwurf zu. Ziel des Gesetzes ist ein hohes Schutzniveau für das Leben und die Gesundheit von Verbrauchern und Verbraucherinnen durch sichere Produkte.

Am Grundprinzip des bisher geltenden Produktsicherheitsgesetzes wird durch die neue Regelung nichts geändert. Auch in Hinkunft haben jene, die Produkte in Verkehr bringen, insbesondere Hersteller und Importeure, dafür Sorge zu tragen, dass die Produkte sicher und ungefährlich sind. Neu ist allerdings die Ausweitung des Produktbegriffs auf Produkte, die im Rahmen einer Dienstleistung zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus werden Anlaufstellen für Produktsicherheitsbeschwerden eingerichtet, verstärkte Informationspflichten - sowohl gegenüber der Öffentlichkeit als auch der Behörden untereinander - festgelegt, Regelungen in Bezug auf die gegenseitige Anerkennung ausländischer Prüfzeugnisse getroffen und praxisnähere Vollzugsbestimmungen verankert.

Deutlich ausgeweitet wird der Strafrahmen. Überdies ist künftig bereits das Inverkehrbringen eines offensichtlich gefährlichen Produkts von Strafe bedroht, auch wenn keine konkreten Vorschriften verletzt werden. Von der vorgesehenen Vergrößerung des bislang rein sozialpartnerschaftlich besetzten Produktsicherheitsbeirats auf ExpertInnen verschiedenster Organisationen, z.B. des Vereins für Konsumenteninformation und des Instituts Sicher Leben, erhofft man sich, rasch auf Unfall-Trends reagieren und rechtzeitig präventive Maßnahmen setzen zu können.

Ein in der heutigen Sitzung eingebrachter und bei der Abstimmung mitberücksichtigter Abänderungsantrag sieht lediglich Detailänderungen in zwei Punkten - betreffend vorläufige Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und betreffend Probenziehungen - vor. Die Regierungsvorlage wurde von den Vertretern aller vier Parlamentsparteien ausdrücklich gelobt.

In Kraft treten soll das Produktsicherheitsgesetz 2004 mit dem Datum der Kundmachung. Österreich ist hier, wie die Erläuterungen zeigen, ohnehin säumig, da es die neue Produktsicherheits-Richtlinie der EU, auf die das neue Gesetz Bezug nimmt, bis 15. Jänner 2004 umsetzen hätte müssen.

KEINE EINIGUNG ÜBER BUNDESEINHEITLICHEN HEIZKOSTENZUSCHUSS

Vom Sozialausschuss mit VP-FP-Mehrheit vertagt wurden zwei Entschließungsanträge der SPÖ zu den Themen Frauenpensionen (438/A[E]) und bundeseinheitlicher Heizkostenzuschuss (460/A[E]).

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek argumentierte, dass der Antrag 438/A(E), der sich auf die Pensionsreform 2003 bezieht, nach wie vor aktuell sei und nicht nur die Pensionsreform 2003, sondern auch die Pensionsharmonisierung zu Lasten von Frauen gehe. Sie forderte ein Pensionsmodell, das Altersarmut von Frauen ausschließt, und appellierte an die Koalitionsparteien, in entsprechende Verhandlungen einzutreten.

Unterstützt wurde der Antrag der SPÖ zum Thema Frauenpensionen von Abgeordnetem Karl Öllinger (G). Er wies darauf hin, dass die Pensionsreform 2003 pro Kind immerhin noch die Streichung der schlechtesten drei Einkommensjahre aus dem Durchrechnungszeitraum vorgesehen habe, aufgrund des Pensionsharmonisierungsgesetzes würden nun aber wieder alle Jahre bei der Pensionsberechnung berücksichtigt.

Die Abgeordneten der Koalitionsparteien wiesen dem gegenüber auf zahlreiche Verbesserungen für Frauen im Pensionsharmonisierungsgesetz hin. So machte Abgeordnete Elisabeth Scheucher-Pichler (V) geltend, dass die bessere Anrechnung von Kindererziehungszeiten den Frauen eine Mrd. € bringe. Zudem profitieren Frauen ihr zufolge davon, dass künftig nur noch sieben Erwerbsjahre für eine Eigenpension erforderlich seien. Ihr Fraktionskollege Walter Tancsits gab zu bedenken, dass man die Auswirkungen der Pensionsreform nicht bis in alle Details abschätzen könne und brachte den Vertagungsantrag ein.

Ähnlich wie die Abgeordneten Scheucher-Pichler und Sigisbert Dolinschek (F) argumentierten auch Sozialminister Herbert Haupt und Frauenministerin Maria Rauch-Kallat. Rauch-Kallat machte darauf aufmerksam, dass nach Berechnungen von Experten Kindererziehungszeiten künftig drei Mal so hoch bewertet werden wie bisher.

Die Vertagung des Antrags der SPÖ betreffend Gewährung eines bundeseinheitlichen Heizkostenzuschusses wurde von ÖVP und FPÖ damit begründet, dass Heizkostenzuschüsse Angelegenheit der Länder seien und auch bleiben sollten. Der von der SPÖ vorgeschlagene bundeseinheitliche Heizkostenzuschuss würde überdies für manche Betroffene niedrigere Zahlungen zur Folge haben, argumentierten die Abgeordneten Walter Tancsits (V) und Sigisbert Dolinschek (F).

Anliegen der SPÖ ist die unbürokratische Auszahlung eines monatlichen Heizkostenzuschusses von 40 €. Anspruchsberechtigt sollen Personen mit einem Haushaltseinkommen von unter 875 € netto bzw. bei im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten bis zum Familienausgleichszulagenrichtsatz von 1.015 € im Monat sein. Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig wertete die Umsetzung des SPÖ-Antrags als "absolute Notwendigkeit" und wies darauf hin, dass 310.000 Menschen in Österreich von Armut betroffen seien. Die Argumentation, wonach Heizkostenzuschüsse Ländersache seien, qualifizierte sie als "Ausrede" und hielt fest, wenn man wirklich wollte, wären bundeseinheitliche Heizkostenzuschüsse kein Problem.

Dieser Auffassung schloss sich auch Abgeordneter Karl Öllinger (G) an. Seiner Meinung nach geht es nicht an, dass der Bund einerseits durch Gesetzesänderungen wie die Pensionsreform Altersarmut verursache, und gleichzeitig den Ländern die Bekämpfung von Altersarmut übertrage.

Hinsichtlich eines im Entschließungsantrag erwähnten Datums brachte Abgeordnete Königsberger-Ludwig einen Abänderungsantrag ein.

Sozialminister Herbert Haupt zeigte sich zuversichtlich, dass die Heizölpreise demnächst sinken werden. Die "Spekulationsfront" dürfte eingebrochen sein, meinte er.

WEITERE VERTAGUNGEN

Zum wiederholten Mal vertagt wurden eine Bürgerinitiative und eine Petition zum Thema Pensionsreform. Abgeordneter Sigisbert Dolinschek wies darauf hin, dass nahezu alle Punkte der von mehreren FPÖ-Abgeordneten unterstützten Petition, etwa die Beseitigung von Pensionsprivillegien mancher Berufsgruppen und die Anerkennung von Schwerarbeit, im Prinzip durch das Pensionsharmonisierungsgesetz abgehakt seien.

SPÖ und Grüne lehnten die neuerliche Vertagung ab. Ausschussvorsitzende Heidrun Silhavy (S) wertete die Vorgangsweise als bezeichnend dafür, wie mit wichtigen Anliegen von Bürgerinnen und Bürgern umgegangen werde.

Schließlich wurde mit VP-FP-Mehrheit ein Entschließungsantrag der Grünen betreffend Betriebspensionen von ehemaligen MitarbeiterInnen der Firma Böhler vertagt. Manche MitarbeiterInnen und PensionistInnen der Firma Böhler haben in der zweiten Hälfte der 80er Jahre gegen eine Abschlagszahlung auf einen großen Teil ihrer in der Betriebsvereinbarung vorgesehenen Betriebspension verzichtet, bald danach hat das Unternehmen aber erhebliche Gewinne erzielt. Die Grünen fordern nun eine Lösung zur Befriedigung der Ansprüche der PensionistInnen ein.

Sozialminister Herbert Haupt erklärte, er sei der falsche Adressat für das Anliegen. (Schluss)


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