Parlamentskorrespondenz Nr. 792 vom 19.10.2005

Die Post soll für die Liberalisierung fit gemacht werden

Opposition sieht Vorbereitung auf Privatisierung

Wien (PK) - Unter einem wurden dann drei weitere Punkte der Tagesordnung - die Postgesetznovelle 2005 sowie die Anträge 476/A(E) und 486/A(E) - debattiert. Thema waren dabei auch die Petitionen 43, 44, 47, 48, 49, 50 und 52, die sich gegen die Schließung einzelner Postämter wandten.

Abgeordneter EDER (S) meinte, auf den ersten Blick sehe der vorliegende Gesetzentwurf "harmlos" aus. Zum einen gehe es um die Einrichtung eines Regulators, zum anderen werde klar gestellt, dass Briefsendungen bis 50 g bis zum Jahr 2009 ausschließlich durch die Post befördert werden dürften.

Eder befürchtet allerdings, dass die Absicht der Regierung, die Post zu privatisieren, der eigentliche Anlass für die Postgesetznovelle ist. Die SPÖ sage nicht, die Post dürfe in alle Ewigkeit nicht privatisiert werden, skizzierte er, zum jetzigen Zeitpunkt halte er es aber nicht für sinnvoll, die Post an die Börse zu bringen. Eder prophezeit, dass der durch eine Privatisierung entstehende Kostendruck zu weiteren Postämterschließungen führen wird.

Abgeordneter MIEDL (V) hielt in Richtung seines Vorredners fest, mit Panikmache sei weder der Post noch dem Bürger geholfen. Seiner Ansicht nach liegt eine "maßvolle und verantwortungsvolle" Gesetzesänderung vor. Es gehe darum, die hohe Qualität der Postdienstleistungen weiter zu gewährleisten und die Post auf einen möglicherweise liberalisierten Markt vorzubereiten. Die Novelle regle u.a. Rechte und Pflichten möglicher Postanbieter sowie die rechtliche Absicherung eines unabhängigen Regulators. Zudem werden laut Miedl Vorkehrungen gegen die ersatzlose Schließung von Postämtern getroffen.

Abgeordnete Dr. MOSER (G) räumte ein, das vorliegende Gesetz enthalte aus Sicht des Konsumentenschutzes auch einige positive Punkte. So könnten alternative Anbieter künftig etwa nicht mehr völlig straf- und sanktionslos "ein zertrümmertes Paket" abliefern.

Moser glaubt jedoch wie die SPÖ, dass der wahre Grund für die vorliegende Gesetzesnovelle die beabsichtigte Privatisierung der Post ist. Zudem vermisst sie eine staatliche Garantie für einen bestimmten Versorgungsgrad der Bevölkerung mit Postdienstleistungen. Moser kündigte ein differenziertes Abstimmungsverhalten der Grünen an, letztendlich würde ihre Fraktion das Gesetz aber ablehnen.

Abgeordneter WITTAUER (F) bekräftigte, das vorliegende Gesetz sichere die Versorgung der Bevölkerung mit Postdienstleistungen, gebe dem Unternehmen Post aber auch Sicherheit für die Zukunft. Befürchtungen, es gehe bei der Gesetzesnovelle um die Privatisierung der Post, wies er zurück. Die Regierung bekenne sich dazu, dass mehr als 50 % der Post in staatlichen Händen bleiben sollten, bekräftigte Wittauer. Zu den bisherigen Postämter-Schließungen hielt er fest, überall dort, wo Postämter geschlossen worden seien, hätten andere Lösungen, zum Beispiel Postpartner, gefunden werden können.

Vizekanzler GORBACH rief die Opposition auf, Liberalisierung nicht mit Privatisierung zu verwechseln. Beim vorliegenden Gesetzentwurf gehe es darum, gute Rahmenbedingungen für einen liberalisierten Postmarkt ab 2009 zu schaffen und Postdienstleistungen auch im ländlichen Gebiet abzusichern. Der Post spendete Gorbach großes Lob, diese sei "sehr gut unterwegs".

Das Gesetz sei keine Voraussetzung für eine Privatisierung der Post, sagte Gorbach, er stehe aber zur Absicht, bis zu 49 % der Post zu privatisieren. Die Regierung sei angetreten, dort zu privatisieren, wo gewährleistet sei, dass die Bevölkerung nicht negativ berührt werde.

Abgeordneter Mag. MOSER (S) warnte dem gegenüber, die vorliegende Gesetznovelle sei die Grundlage für den "Ausverkauf" der Österreichischen Post. Die Post solle "auf die Schlachtbank" geführt werden. Die Post werde, so Moser, nicht mehr allen etwas bringen, sondern nur noch "Spekulanten, Investmentbankern und der ÖVP-Klientel". Moser zufolge wurden seit dem Jahr 2000 1.050 bzw. 45 % der bestehenden Postämter geschlossen, durch eine Privatisierung drohten weitere 400 Schließungen.

Abgeordneter GAHR (V) führte aus, es sei notwendig, die Post fit für die Zukunft zu machen. Nur eine "gut aufgestellte" Post könne sich künftigen Herausforderungen stellen, bekräftigte er. Auch Post-Generaldirektor Wais sehe, so Gahr, im vorliegenden Gesetz sinnvolle Neuerungen.

Abgeordnete REST-HINTERSEER (G) gab zu bedenken, dass bereits 114 Postämter ersatzlos gestrichen worden seien. Sie fürchtet eine dramatische Verschlechterung bei der künftigen Versorgung der Bevölkerung mit Postdienstleistungen. Der Regierung warf Rest-Hinterseer "Scheinaktivitäten" und "fromme Ankündigungen" vor.

Abgeordnete DI ACHLEITNER (F) hielt ihrer Vorrednerin entgegen, das vorliegende Gesetz bringe eine ganz besondere Chance für den ländlichen Raum. Postpartner, Postservice und Postmobil würden von der ländlichen  Bevölkerung positiv aufgenommen und durch die Übernahme von Postdienstleistungen sei die Kundenfrequenz manches Nahversorgers gestiegen. Das sei eine "Win-win-Situation" für alle Beteiligten.

Abgeordneter HEINZL (S) befürchtete eine weitere Ausdünnung des ländlichen Raumes als Folge dieses Gesetzes und warf der ÖVP vor, nichts gegen die Schließung von Postämtern unternommen zu haben.

Abgeordneter ESSL (V) zeigte sich hingegen zuversichtlich, dass es mit diesem Gesetz gelingen werde, eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Postdienstleistungen auch in Zukunft unter verschärften Wettbewerbsbedingungen sicher zu stellen. Wichtig war für den Redner dabei vor allem, dass nun vor allfälligen Schließungen von Postämtern das Einvernehmen mit der Gemeinde hergestellt und ein Alternativbetreiber gefunden werden muss.

Abgeordneter MARIZZI (S) verwies auf Medienberichte über einen bevorstehenden Verkauf der Post und bemerkte, das Unternehmen werde nun "verscherbelt", um Budgetlöcher zu stopfen.

Abgeordneter WATTAUL (F) warf ein, nur wenn die Post im internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig ist, werden sie und ihre Mitarbeiter eine Zukunft haben. Es gehe nicht um das Postamt, sondern um die Sicherung der Versorgung, meinte er zur Kritik der SPÖ. Den Bürgern sei es schließlich egal, wer die Post bringt.

Abgeordnete FLECKL (S) fürchtete um die Versorgung der Menschen im ländlichen Raum mit Postdienstleistungen und erinnerte an Umfragen, in denen sich 80 % der Bevölkerung gegen die Liberalisierung der Post aussprachen.

Staatssekretär Mag. KUKACKA wertete das Gesetz als wichtigen Schritt zur Vorbereitung der Liberalisierung der Post und vermutete ideologische Motive hinter der Ablehnung durch die SPÖ. Er erinnerte daran, dass die Öffnung des Postmarktes auf EU-Ebene vor allem auch von sozialdemokratisch regierten Ländern getragen werde. Zu den Postamtschließungen meinte Kukacka, der Großteil der betroffenen Standorte habe Verluste zwischen 36.000 und 42.000 € jährlich geschrieben. Es sei wirtschaftlich nicht zu verantworten, diese Postämter weiter aufrecht zu erhalten.

Abgeordneter DOPPLER (V) sah keinerlei Gefahr für die Versorgung der Bevölkerung mit Postdienstleistungen und bemerkte im Übrigen, die Zukunft des ländlichen Raumes hänge nicht allein von den Postämtern ab.

Staatssekretär Mag. MAINONI unterstrich, mit diesem Gesetz werde der Post auf ihrem Weg in die Zukunft das richtige Instrument in die Hand gegeben. Wichtig war es für Mainoni, dass nach den neuen Bestimmungen willkürliche Schließungen von Postämtern nicht mehr möglich sein werden.

Abgeordneter Ing. KAIPEL (S) warnte, diese Novelle werde den Schaden für die Post noch vergrößern. Er sah die Grundversorgung und die Arbeitsplätze im ländlichen Raum gefährdet und meinte, hinter der Liberalisierungspolitik der Regierung stünden ideologische Gründe.

Abgeordneter KAINZ (V) warf der SPÖ wirtschaftspolitische Unfähigkeit vor und stellte überdies fest, im Unterschied zur Opposition gestalte die Regierung die Zukunft und raunze nicht der Vergangenheit nach.

Bei der Abstimmung wurde die Postgesetz-Novelle in der Fassung des Abänderungsantrages in dritter Lesung mit den Stimmen der Regierungsparteien angenommen. Die Negativberichte des Verkehrsausschusses über die Anträge der Opposition wurden mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

(Schluss Post/Forts. NR)