Parlamentskorrespondenz Nr. 867 vom 10.11.2005

Pröll informiert über Schwerpunkte während der EU-Präsidentschaft

Weitere Themen: Zuckermarktordnung, WTO-Gipfel, Gestüt Piber

Wien (PK) - Zwei Monate vor dem Beginn der österreichischen EU-Präsidentschaft im ersten Halbjahr 2006 präsentierte Bundesminister Josef Pröll heute im Ausschuss die Schwerpunkte, die im Bereich Landwirtschaft gesetzt werden sollen. Weiters standen der Grüne Bericht 2005 sowie der Bericht über die Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft 2006 auf der Tagesordnung der Sitzung, wobei beide enderledigt wurden. Die Ausschussmitglieder befassten sich zudem mit zwei Anträgen der Grünen, in denen sie ihre Positionen bezüglich des österreichischen Programms für die ländliche Entwicklung sowie bezüglich der WTO-Verhandlungen im Bereich des Agrarhandels darlegten. Als letzter Punkt stand die Änderung des "Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten" auf der Agenda des Ausschusses.

Vor Eingang in die Tagesordnung ersuchte Abgeordneter Heinz Gradwohl (S), noch über einen weiteren Punkt zu beraten, und zwar über den S-Entschließungsantrag betreffend die "Erhaltung und Weiterentwicklung der Lippizzanerzucht in Piber". Diesem Wunsch wurde zwar von der Ausschussmehrheit nicht entsprochen, Minister Pröll gab jedoch zu diesem Thema eine Stellungnahme ab. Er sei sehr verwundert über die derzeitige Diskussion in der Steiermark, erklärte Pröll, da bei der Ausgliederung der Hofreitschule der Standort Piber klar abgesichert wurde. Außerdem wurde in kaum einem anderen Bereich so viel in die Zukunft investiert wie in Piber. In Wetzdorf in Niederösterreich gibt es auch ein neues Sommerquartier für die Pferde. Es sei daher völlig kontraproduktiv, wenn der Standort in der eigenen Region hinterfragt werde. Diese öffentliche Debatte schade nur der hohen Schule der Reitkunst, bedauerte der Ressortchef.

Die Arbeitsschwerpunkte während der österreichischen EU-Präsidentschaft

In einem kurzen Einleitungsstatement informierte Bundesminister Josef Pröll die Ausschussmitglieder darüber, welche wichtigen Aufgaben auf Österreich im nächsten Halbjahr zukommen werden und welche konkreten Akzente im Bereich der Landwirtschaft gesetzt werden. Ein endgültiges Programm könne er natürlich noch nicht präsentieren, da davon abhänge, ob etwa das Zuckermarktordnungspaket noch unter britischer Präsidentschaft geschnürt werden könne. Entscheidend werde es auch sein, was bei den WTO-Verhandlungen im Dezember in Hongkong herauskomme. Man müsse abwarten, ob überhaupt

Beschlüsse gefasst werden bzw. entsprechend reagieren, wenn Ergebnisse zustande kommen.

Was nun die eigenen Initiativen angeht, so gehe es aus österreichischer Sicht zunächst primär darum, die GAP-Reform sowie die entsprechenden finanziellen Rahmenbedingungen abzusichern. Aktiv einsetzen wolle man sich für den Bio-Aktionsplan (ein Biotag soll europaweit implementiert werden) sowie in Abstimmung mit dem finnischen Amtskollegen - Finnland übernimmt im zweiten Halbjahr 2006 das "EU-Zepter" von Österreich - für eine nachhaltige Forststrategie, die im nächsten Jahr gestartet werden soll. Ein weiteres Kernthema wird die Gentechnik sein, führte der Landwirtschaftsminister weiter aus. Vom 4. bis 6. April 2006 werde erstmals gemeinsam mit der EU-Kommission eine Gentechnikkonferenz in Wien stattfinden, an der Politiker, Experten und hochrangige Beamte teilnehmen. Zwei Bereiche, bei denen Österreich sehr viel Know-how wird einbringen können, sind der Hochwasseraktionsplan sowie der Biomasse-Aktionsplan. Er hoffe daher, dass die Kommission die entsprechenden Pläne bald vorlegen wird. Pröll wies schließlich noch darauf hin, dass vom 28. bis 30. Mai 2006 ein informeller Ministerrat in Krems abgehalten wird, der unter dem Motto "Bildung, Beratung, Forschung und Stärkung der Humanressourcen im ländlichen Raum" steht. Im Sinne einer besseren Bürgerbeteiligung soll es an einem Tag auch die Möglichkeit geben, dass sich etwa auch Jungbauern aktiv einbringen können.

Abgeordneter Heinz Gradwohl (S) erkundigte sich danach, ob beim informellen Ministerrat auch Vertreter der Parlamentsparteien teilnehmen können. Weitere Fragen betrafen den Import von Biodiesel, den Hochwasseraktionsplan sowie die EU-Finanzvorschau. Positiv beurteilte der S-Mandatar, dass die Frage des Einsatzes der Gentechnik in der Landwirtschaft schwerpunktmäßig behandelt werden soll. Abgeordneter Kurt Gaßner (S) kam auf den Hochwasseraktionsplan zu sprechen. Es mag schon sein, dass Österreich bei der Datensammlung und der Erarbeitung von Konzepten in diesem Bereich eine Vorreiterrolle innehabe, bei der Umsetzung, d.h. vor allem bei der Kooperation der einzelnen Behörden untereinander, "hapere es jedoch gewaltig".

Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) setzte sich dafür ein, dass die Konsumenten über die Auswirkungen des globalen Handels besser aufgeklärt werden. Es könne nicht sein, dass Produkte, die zum Beispiel von Tochterfirmen von europäischen Konzernen in China unter "Sozialdumpingbedingungen" hergestellt werden, in die EU importiert werden. Andererseits müssen auch die Agrarexportsubventionen überdacht werden, da sie ebenfalls zu einem Preisdumping auf dem Weltmarkt führen. Kritisch beurteilte Pirklhuber, dass Österreich in der Frage der Nettozahlungen keine konsistente Haltung einnimmt. Was die Gentechnikkonferenz anlangt, so hoffe er, dass auch NGO, Umweltorganisationen und unabhängige Experten dazu eingeladen werden. Ein wichtiges Anliegen war ihm auch die Durchführung eines interparlamentarischen Meetings; dies würde zu einer Intensivierung der Kontakte zwischen den Agrarpolitikern in Europa beitragen.

V-Abgeordneter Hermann Schultes kam ebenso wie sein Fraktionskollege Georg Keuschnigg auf die WTO-Verhandlungen zu sprechen. Egal welche Lösung nun bei der Zuckermarktordnung gefunden wird, es müssen jedenfalls ein Interventionspreis, Quoten sowie die Kompensation der Verluste gewährleistet werden, forderte Schultes. Die weiteren Fragen der Abgeordneten betrafen folgende Themenbereiche: der letzte Stand bei den Verhandlungen um die Zuckermarktordnung (Abgeordneter Rainer Wimmer, S), die Berücksichtigung von sozialen Standards bei den WTO-Verhandlungen (Abgeordnete Kurt Gaßner und Heidrun Walter), die Absicherung der finanziellen Mittel für den ländlichen Raum (Abgeordneter Gerhard Reheis, S) sowie der Import von Biodiesel (Abgeordneter Klaus Wittauer, F).

Bundesminister Josef Pröll ging auf die aufgeworfenen Fragen ein und stellte im Zusammenhang mit der Durchführung des informellen Rates fest, dass hier erstmals ein ganz neuer Weg beschritten werde. Es soll auf jeden Fall eine Plattform eingerichtet werden, die es ermöglichen soll, dass auch Vertreter der Parlamentsparteien, der Kammern etc. in die Diskussion eingebunden werden. Es sei noch nicht ganz klar, in welcher Form diese Einbindung der Öffentlichkeit erfolgen soll, "Sie können jedoch sicher sein, dass ich auf Sie zukommen werde", versprach Pröll dem Abgeordneten Gradwohl. Klar sei jedoch, dass auch wie im Falle der Gentechnikkonferenz, die Initiative von der EU-Kommission ausgehen müsse, da sie auch zu dieser Veranstaltung einlädt. Er könne daher nicht versprechen, dass es zu bestimmten Schlussfolgerungen kommen wird.

Was den Finanzrahmen betrifft, so gebe es einige Signale, dass die Engländer doch noch einen neuen Anlauf nehmen, um die Finanzvorschau über die Bühne zu bringen. An den Parametern, die für das Programm für die ländliche Entwicklung festgesetzt wurden, könne aber nichts mehr geändert werden; es müsse nun nur noch die Endsumme eingesetzt werden. Hinsichtlich der Zuckermarktordnung stellte Pröll klar, dass Österreich mit dem EU-Vorschlag nicht zufrieden ist. Konkret, so der Minister, sei die geplante Senkung der Preise um 42 % zu hoch und gleichzeitig die Kompensation mit 60 Prozent zu niedrig. Ferner gelte es zu verhindern, dass bei der geplanten Entkoppelung die Fläche als Bemessungsgrundlage herangezogen werde; Basis dafür müsse die Quote sein. Er kämpfe auch für die Errichtung eines Restrukturierungsfonds, der jenen Industriebetrieben zur Verfügung stehen soll, die aus der Zuckerproduktion aussteigen.

Bezüglich der WTO-Verhandlungen habe sein Ressort in Abstimmung mit dem Wirtschaftsminister eine klare Position bezogen. Änderungen sind nur dann möglich, wenn auf beiden Seiten Zugeständnisse gemacht werden, d.h. es müsse eine "Parallelität der Maßnahmen" geben. Die Vertreter Europas hätten sich auch immer für die Berücksichtigung von non-trade concerns stark gemacht, allerdings gebe es von Seiten der anderen Ländern in dieser Frage gar keine Bewegung.

Einen sehr erfolgreichen Weg beschreite man beim Biodiesel, war der Landwirtschaftsminister überzeugt. Die Beimischung von Biotreibstoffen zu konventionellen Kraftstoffen sei eine der effizientesten Möglichkeiten zur Reduktion der Treibhausgasemissionen. Er habe immer gesagt, dass bezüglich der Beimischung zum Dieselkraftstoff nur eine stufenweise Lösung möglich sei. Man habe den angestrebten Wert aber schon überschritten, zeigte Pröll auf, derzeit liege der Biodieselanteil bereits bei 3 %. Positiv zu erwähnen sei, dass die Rapsanbauflächen im nächsten Jahr um 15 % zunehmen. Die OMV habe ihm mitgeteilt, dass bereits nächstes Jahr 100 % des erforderlichen Biodiesels durch die heimische Produktion abgedeckt werden kann. Bis zu diesem Zeitpunkt werden daher gewisse Mengen an Biodiesel aus anderen Ländern importiert.(Fortsetzung)