Parlamentskorrespondenz Nr. 968 vom 01.12.2005

Verfassungsausschuss billigt neues Bundesvergabegesetz

Dienstrechts-Novelle bringt Neuerungen für Lehrer und Beamte

Wien (PK) - Das Bundesvergabegesetz wird neu erlassen. Der Verfassungsausschuss des Nationalrats billigte heute einstimmig einen entsprechenden Gesetzentwurf der Regierung. Damit werden neue Verfahrenstypen wie das dynamische Beschaffungssystem und der wettbewerbliche Dialog eingeführt und bestimmte Vergabeverfahren wie Rahmenvereinbarungen, die bisher nur im so genannten Unterschwellenbereich zulässig waren, auf den Oberschwellenbereich ausgedehnt. Durch die Nutzung dieser neuen Verfahrensmöglichkeiten erwartet sich die Regierung, wie sie in den Erläuterungen zum Gesetzentwurf schreibt, positive Impulse für Klein- und Mittelbetriebe sowie eine Senkung der Transaktionskosten sowohl bei Auftraggebern als auch bei Unternehmern.

Bei der Abstimmung mitberücksichtigt wurde ein Vier-Parteien-Abänderungsantrag. Er betrifft unter anderem die Frage der getrennten Vergabe von Planung und Ausführung, nicht prioritäre Dienstleistungsaufträge und die Berücksichtigung von ÖNORMen bei der Leistungsbeschreibung und den Vertragsbestimmungen. Zudem fassten die Abgeordneten einstimmig eine gemeinsam erarbeitete Entschließung, die unter anderem auf eine möglichst rasche Erarbeitung ökologischer Leitlinien für Beschaffungen im Bundesbereich und Erleichterungen für kleine und mittlere Unternehmen bei der geforderten Nachweiserbringung abzielt. Zu einigen Punkten wie Auftragsvergaben an Schwestergesellschaften, die Begrenzung von Zahlungsfristen und zu einer Stellungnahme der Landesbaudirektionen wurden Ausschussfeststellungen getroffen.

In der Diskussion zeigten sich Vertreter aller vier Fraktionen mit dem Verhandlungsergebnis zufrieden. So betonte Abgeordnete Ulrike Baumgartner-Gabitzer (V), es sei trotz unterschiedlichster Interessen gelungen, einen "vernünftigen" Kompromiss zu finden. Ihrer Ansicht nach ist das neue Bundesvergabegesetz viel anwenderfreundlicher als das bestehende. Abgeordneter Maximilian Hofmann (F) verwies insbesondere auf den Abänderungsantrag.

Positive Stellungnahmen kamen auch von der Opposition. Ausschussvorsitzendem Peter Wittmann (S) zufolge hat man eine Balance zwischen den Interessen der Auftraggeber und jenen der Auftragnehmer gefunden. Zuletzt hätten noch Verbesserungen im Sinne der Architekten, der Bauwirtschaft und der Bauökologie erzielt werden können. Ähnlich argumentierte auch Abgeordnete Eva Glawischnig-Piescek (G).

Wie schon das bisherige Bundesvergabegesetz gilt auch das neue Gesetz für alle Auftragsvergaben der öffentlichen Hand, also für Bund, Länder und Gemeinden. Ebenso sind staatsnahe Einrichtungen umfasst. Für Aufträge unter einem gewissen Schwellenwert (Unterschwellenbereich) werden allerdings vereinfachte Regelungen verankert. Darüber hinaus gibt es für bestimmte Sektoren - etwa den Energiesektor, die Wasserversorgung, den öffentlichen Verkehr und die Postdienste - Sonderbestimmungen.

Zum Unterschwellenbereich gehören grundsätzlich alle Auftragsvergaben, deren geschätzter Auftragswert (ohne Umsatzsteuer) unter 236.000 €, bei öffentlichen Bauaufträgen und Baukonzessionsverträgen unter 5,923 Mill. € liegt. Für Liefer- und Dienstleistungsaufträge zentraler öffentlicher Auftraggeber - dazu gehören insbesondere die Ministerien und die Bundesbeschaffungsgesellschaft - gilt allerdings bereits ein Schwellenwert von 154.000 €. Gewisse Verfahrenstypen wie nicht offene Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung, geladene Wettbewerbe und Direktvergaben sind ausschließlich im Unterschwellenbereich möglich.

Die Zuständigkeiten des Bundesvergabeamtes, das als verfassungsrechtlich abgesicherte Sonderkontrollbehörde Vergabeverfahren im Bundesbereich prüft, werden dem Gesetzentwurf zufolge im Wesentlichen ebenso beibehalten wie der dezentrale Rechtsschutz. Damit werden die Länder auch weiterhin eigene Kontrollinstanzen haben. Aufgelöst wird die als Mediationsstelle eingerichtete Bundes-Vergabekontrollkommission.

Für eine Beschlussfassung des neuen Bundes-Vergabegesetzes ist sowohl im Nationalrat als auch im Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Zudem bedarf die Kundmachung des Gesetzes im Bundesgesetzblatt der Zustimmung der Länder.

Dienstrechts-Novelle: Oppositionhat datenschutzrechtliche Bedenken

Mit V-F-Mehrheit stimmte der Verfassungsausschuss der 2. Dienstrechts-Novelle 2005 zu. Diese enthält unter anderem eine Anpassung der dienst- und besoldungsrechtlichen Bestimmungen für Lehrerinnen und Lehrer an neue schulrechtliche Regelungen. So schafft der Gesetzentwurf etwa die Voraussetzungen dafür, dass künftig ein Schuldirektor zwei Pflichtschulen leiten kann. Zudem wird bei den dienst- und besoldungsrechtlichen Bestimmungen verstärkt auf die Möglichkeit Bedacht genommen, Unterricht in Blöcken abzuhalten bzw. generell flexibler zu gestalten. Weitere Änderungen sind durch die Umwandlung der Pädagogischen Akademien und Institute in Pädagogische Hochschulen bedingt.

Für den Bundesdienst bringt die Dienstrechts-Novelle eine Reihe von Detailänderungen. So sollen Bedienstete künftig auch stundenweise Pflegefreistellung in Anspruch nehmen können, gleichzeitig wird die unter dem Titel "Sterbebegleitung" angebotene Betreuungsmöglichkeit schwerstkranker Kinder auf insgesamt neun Monate verlängert. Ein mitberücksichtigter V-F-Abänderungsantrag betrifft ausschließlich eine Detailbestimmung für Militärpersonen auf Zeit.

Die Diskussion im Ausschuss konzentrierte sich auf jene Bestimmung der Dienstrechts-Novelle, wonach Dienstausweise künftig so beschaffen sein müssen, dass sie auch mit der Funktion einer Bürgerkarte ausgestattet werden können. Abgeordneter Johann Maier (S) befürchtet, dass einzelne Ressorts elektronische Ausweise für Beamte missbräuchlich verwenden. Man wolle den gläsernen Beamten, vermutet er und verwies in diesem Zusammenhang auf seiner Meinung nach bedenkliche Vorkommnisse im Finanzministerium. Überdies sei nicht geklärt, wie erfasste Daten verwendet werden dürfen.

Abgeordneter Fritz Neugebauer (V) verwies auf die in der Novelle enthaltenen dienstrechtlichen Verbesserungen für Bundesbedienstete und machte geltend, dass die Novelle einvernehmlich zwischen der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und der Regierung ausverhandelt worden sei. Die Gefahr von Datenmissbrauch durch die Einführung eines elektronischen Dienstausweises sieht Neugebauer, wie er bekräftigte, nicht. Seiner Ansicht nach bedarf es bei der Aufzeichnung und Speicherung von Daten ohnehin der Zustimmung der Personalvertretung, zudem verhandle die Gewerkschaft mit der Regierung gerade über eine Rahmenvereinbarung über die Verwendung elektronischer Daten.

Abgeordnete Terezija Stoisits (G) schloss sich den datenschutzrechtlichen Bedenken von Abgeordnetem Maier an. Sie sieht in der Dienstrechts-Novelle zwar, wie sie sagte, einige Verbesserungen für öffentlich Bedienstete, einige Bestimmungen würden von ihrer Fraktion jedoch abgelehnt. Unter anderem wandte sie sich gegen jene dienst- und besoldungsrechtlichen Bestimmungen, die sich aufgrund der Einführung Pädagogischer Hochschulen als notwendig erweisen, da die Grünen, so Stoisits, das Konzept der Pädagogischen Hochschulen generell für verfehlt hielten.

Seitens der Freiheitlichen äußerten sich Abgeordneter Markus Fauland und Klubobmann Herbert Scheibner zustimmend zum Gesetzentwurf. Scheibner drängte allerdings auf die rasche Ausarbeitung eines Bundesmitarbeitergesetzes, wie dies im Regierungsprogramm vereinbart sei. Er gehe davon aus, dass ein solches Gesetz im Frühjahr vom Verfassungsausschuss beschlossen werden könne, sagte er. Im Hinblick auf das VfGH-Urteil zu den Ruhensbestimmungen im öffentlichen Dienst merkte Scheibner an, man solle sich überlegen, ob man Beamte, die so aktiv seien, dass sie im Ruhestand einer anderen Beschäftigung nachgehen, wieder aktivieren und bei Personalengpässen heranziehen könne. Abgeordneter Fauland mahnte einen Sozialplan im Zusammenhang mit der Bundesheerreform ein.

Abgeordneter Otto Pendl (S) urgierte einen raschen Abschluss der Gehaltsverhandlungen für Beamte. Hinsichtlich des VfGH-Urteils wandte er sich dagegen, "Äpfel und Birnen zu vergleichen".

Staatssekretär Franz Morak meinte in Richtung Abgeordnetem Maier, man solle nicht alles dämonisieren, was mit Digitalisierung zu tun habe. Im Übrigen bestehe kein Zwang, Dienstausweise als Bürgerkarte einzusetzen, es werde lediglich die Möglichkeit dafür geschaffen. Zur Wortmeldung von Abgeordnetem Scheibner sagte Morak, er werde dessen Anregung in die Verhandlungen mit den Gewerkschaften einfließen lassen.

Abgeordneter Johann Maier (S) replizierte, er wolle nichts dämonisieren, sehe aber große Gefahren. Mit vorhandenen Möglichkeiten würden auch die Begehrlichkeiten steigen, konstatierte er.

Änderung desInformationssicherheitsgesetzes

Geändert werden soll auch das Informationssicherheitsgesetz. Konkret geht es bei dem vom Verfassungsausschuss mit VP-SP-F-Mehrheit angenommenen Gesetzentwurf um eine generelle Ermächtigung der Regierung bzw. einzelner Ressorts, bilaterale bzw. multilaterale Abkommen abzuschließen, die den gegenseitigen Schutz von als vertraulich klassifizierten Informationen (Verschlusssachen), vor allem im Bereich der Hochtechnologie, zum Inhalt haben. Solche Abkommen sind - neben einer Sicherheitsunbedenklichkeitsbescheinigung - oftmals Voraussetzung dafür, dass ein österreichisches Unternehmen, das sich um einen Auftrag im Hochtechnologie- bzw. Sicherheitsbereich bewirbt, entsprechende Bewerbungsunterlagen erhält. Gleichzeitig werden in Anlehnung an bisher gemachte Erfahrungen einzelne Bestimmungen des Informationssicherheitsgesetzes ergänzt, um mehr Rechtssicherheit zu schaffen.

Abgeordnete Terezija Stoisits (G) begründete die ablehnende Haltung ihrer Fraktion damit, dass die Grünen aus Datenschutzgründen bereits seinerzeit das Informationssicherheitsgesetz abgelehnt hätten.

Staatssekretär Franz Morak hielt fest, die Gesetzesänderung sei eine Voraussetzung dafür, dass österreichische Unternehmen weiter Aufträge im Bereich der Hochtechnologie erhielten. Für ihn ist diese im Sinne des Wirtschaftsstandortes und des Arbeitsstandortes Österreich unverzichtbar.  (Forts. Verfassungsausschuss)