Parlamentskorrespondenz Nr. 178 vom 02.03.2006

Beharrungsbeschluss beim Umweltrechtsanpassungsgesetz

Umweltthemen im Nationalrat

Wien (PK) – Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen fasste der Nationalrat einen Beharrungsbeschluss beim Umweltrechtsanpassungsgesetz. Der Bundesrat hatte gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrats Einspruch erhoben und diesen Einspruch mit "unzureichenden Vorschlägen" in der Vorlage begründet.  Unter einem wurden auch zwei Anträge der Sozialdemokraten – 637/A(E) und 609/A(E) – debattiert.

Abgeordneter KRAINER (S) warf Minister Pröll vor, dass er in der Feinstaubproblematik den Alleingang gewählt und sich nicht mit den Ländern akkordiert habe. Durch den Einspruch den Bundesrats gebe es heute die Möglichkeit, diese "falsche Politik" zu überdenken und zu korrigieren. Obwohl die Länder bereit wären, Verantwortung zu tragen und auch unpopuläre Maßnahmen setzen wollen, nütze der Minister diese Chance aber wieder nicht, bemängelte Krainer. Der Bund falle den Ländern quasi in den Rücken und schränke die Möglichkeiten der Länder ein, gegen den Feinstaub aktiv zu werden. Auch bei der Ausrüstung der Dieselfahrzeuge mit Partikelfiltern wurde der falsche Weg eingeschlagen, klagte Krainer unter Hinweis auf das SPÖ-Modell.

Angesichts der vorliegenden Fakten sei es einigermaßen erstaunlich, wenn die Opposition von einem Versagen in der Umweltpolitik spricht, erklärte Abgeordneter KOPF (V). So sei es etwa gelungen, die Feinstaubemissionen seit 1990 auf demselben Stand zu halten. Außerdem konnte man die Grundbelastung mit Feinstaub ganz signifikant senken, zeigte Kopf auf. Was die – regional sehr unterschiedlich auftretenden – Spitzenbelastungen angeht, so waren es die Länder selbst, die darauf Wert gelegt haben, ihre Zuständigkeit in dieser Frage zu behalten.

Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG-PIESCZEK (G) konnte keinen Fortschritt in der Bekämpfung der Feinstaubbelastung erkennen. Auch mit dem vorliegenden Gesetz, bei dem sich die Grünen sehr kooperativ eingebracht haben, werde wieder der falsche Weg beschritten, da mit der "Brechstange gegen die Bundesländer" vorgegangen wird. Aufgrund der derzeitigen Wetterlage stelle sich die Situation zudem so dar, dass heuer bereits mit Ende Jänner das gesamte Kontingent an möglicher Feinstaubbelastung nach EU-Recht ausgeschöpft war.

Abgeordnete DI ACHLEITNER (F) hielt die Panikmache der Grünen für nicht angebracht, zumal konkrete Maßnahmen nun einmal eine gewisse Zeit brauchen, bis sie greifen. Unverständlich sei ihr auch, warum gerade die Grünen das vorliegende Gesetz so lange verzögert haben, weil damit zahlreiche wichtige Maßnahmen verhindert werden.

Laut Bundesminister DI PRÖLL (V) enthält das Umweltrechts-Anpassungsgesetz nicht nur Maßnahmen im Kampf gegen den Feinstaub, sondern auch gegen den Umgebungslärm und für die bessere Information der Konsumenten über den Treibstoffverbrauch von Pkw. Der Opposition warf der Ressortleiter parteipolitische Blockade  von Maßnahmen zugunsten der Umwelt vor. Die österreichische Umweltpolitik könne sich sehen lassen, die Feinstaubbelastung sei seit 1990 nicht gestiegen, obwohl das Verkehrsaufkommen in diesem Zeitraum enorm zugenommen habe. Die Quecksilberemissionen konnten um 50 %, die Bleiemissionen um 94 % und die SO2-Emissionen um 60 % reduziert werden, berichtete Pröll. Die Lösung des Feinstaubproblems erfordere Maßnahmen in belasteten Gebieten und eine sorgfältige Vorgangsweise bei Projektgenehmigungen. Auf EU-Ebene werden neue Abgaswerte unter dem  Titel Euro 5 vorbereitet, wobei der Umweltminister nicht ohne Stolz darauf aufmerksam machte, dass Österreich mit der Förderung von Dieselpartikelfiltern binnen Jahresfrist eine Erhöhung des Anteils umweltfreundlicher Diesel-Pkw bei den Neuanschaffung von 9 auf 35 % erreicht habe.

Abgeordnete BAYR (S) warf den Regierungsparteien vor, in der Umweltpolitik neuerdings nach dem Motto vorzugehen "Stillstand ist Fortschritt". Statt die Verantwortung der Bundesländer beim Schutz vor Feinstaub einzumahnen, werden deren Handlungsmöglichkeiten eingeschränkt, klagte die Rednerin und forderte die Einbeziehung von Geländefahrzeugen, Baumaschinen und die Bevorzugung des öffentlichen Verkehrs für eine künftige IGL-Novelle.

Abgeordneter SIEBER (V) listete die Erfolge der österreichischen Emissionsschutzpolitik im Bereich Luft detailliert auf und nannte es einen großen Erfolg, die Feinstaubbelastung in der Zeit eines 40-prozentigen Wirtschaftswachstums nicht steigen zu lassen. Sieber würdigte auch das Engagement der Regierung für die energetische Nutzung von Biomasse und die Anhebung der Biotreibstoffbeimischung von derzeit 3 % auf 5,75 % im Jahr 2008. Es werde gelingen, das österreichische Kyoto-Ziel zu erreichen und die umweltpolitische Vorreiterrolle Österreichs zu bestätigen, zeigte sich Sieber überzeugt.

Abgeordnete REST-HINTERSEER (G) wiederholte ihre Kritik an der massiven Beschneidung von Länderkompetenzen bei der Luftreinhaltung bei gleichzeitiger Mitentscheidungskompetenz eines Verkehrsministers, der am Gaspedal stehe und mit Umweltschutz nichts am Hut habe. Zudem wies die Abgeordnete auf verfassungsrechtliche Bedenken und EU-Rechtswidrigkeiten im Umweltrechtsanpassungsgesetz hin.

Der Vorwurf der Abgeordneten Rest-Hinterseer an Abgeordneten Wittauer, giftige Bahnschwellen müssten überall aus der Umwelt entfernt werden außer auf seinem Grundstück, veranlassten Abgeordneten WITTAUER (F)von einer "Lüge" zu sprechen und darauf hinzuweisen, dass die angesprochene Gesetzesänderung nichts mit seiner Person, sondern mit Problemen von "Häuslbauern" und Landwirten zu tun haben, die Bahnschwellen in der Vergangenheit als Baumaterial verwendet haben.

Den Vorwurf der Opposition, durch die IGL-Novelle würden die Befugnisse der Länder beschnitten, wies Wittauer zurück, machte auf Beispiele zweckmäßiger Maßnahmen in den Ländern aufmerksam und bekräftigte seinen Vorschlag, Verkehrsleitsysteme einzusetzen, wie sie im neue IG-Luft ausdrücklich vorgesehen seien.

In einer Debatte zur Geschäftsbehandlung verlangten die Abgeordneten GROSS (G) und KRAINER (S) einen Ordnungsruf wegen der Ausdrucksweise des Abgeordneten Wittauer (F). Präsident DI PRINZHORN sagte eine Überprüfung des stenographischen Protokolls zu.

Abgeordneter STEIER (S) wandte sich gegen die Einschränkung der ohnedies wenig schlagkräftigen Missbrauchsaufsicht in der Abfallwirtschaft und warnte vor einer drohenden Verfehlung der Kyoto-Ziele. Insbesondere bei Nox-Emissionen drohe Österreich seine Emissionsreduktionsziele zu verfehlen.

Abgeordnete MACHNE (V) zeigte sich hingegen überzeugt davon, dass Österreich Dank seiner engagierten Umweltschutzpolitik einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung des Kyoto-Ziels und beim Kampf gegen den Treibhauseffekt leisten werde. Jüngstes Beispiel dafür sei die rasche Zunahme umweltfreundlicher Dieselfahrzeuge mit Partikelfilter durch die diesbezügliche Förderungspolitik der Bundesregierung.

Abgeordnete SCHARER (S) hielt es für ungeschickt, den Handlungsspielraum der Bundesländer bei Maßnahmen gegen die Feinstaubbelastung einzuschränken, wo doch klar sein müsse, dass den Maßnahmen auf regionaler Ebene eine zentrale Bedeutung zukomme.

Abgeordneter GAHR (V) wandte sich gegen die Panikmache der Oppositionsparteien, unterstrich die Erweiterung der Möglichkeiten der Länder beim Kampf gegen den Feinstaub und brach eine Lanze für den forcierten Einsatz der Biomasse in der Energieproduktion, um die Kyoto-Ziele zu erreichen.

Abgeordneter OBERHAIDINGER (S) drängte auf die Förderung der Energieeffizienz, nicht zuletzt auch bei der Raumbeheizung, um den zuletzt steigenden Energiebedarf einzubremsen. Es gehe um die Realisierung der Klimaschutz-Ziele.

Abgeordneter HORNEK (V) betonte die Bedeutung des Einsatzes erneuerbarer Energieträger in der Energieversorgung und beim Umweltschutz und wies auf die führende Rolle Österreichs bei der Nutzung der Wasserkraft sowie der Biomasse hin. Hornek begrüßte, dass die österreichische Präsidentschaft das Thema Biomasse auf die Tagesordnung der Europäischen Union gesetzt habe.

Abgeordnete PFEFFER (S) befasste sich eingehend mit den Gefahren des Treibhauseffektes sowie des Klimawandels und drängte auf entschlossene Maßnahmen, wobei sie auf die Erfolge der Stadtgemeinde Güssing beim Ersatz fossiler Energieträger durch erneuerbare Energien aufmerksam machte. Der Umweltminister stehe bei der Erreichung der Kyoto-Ziele vor großen Herausforderungen.

Abgeordneter DOPPLER (V) setzte bei der Luftreinhaltung auf gemeinsame Maßnahmen von Bund und Ländern und sah Österreich Dank des Einsatzes von Umweltminister Pröll auf einem guten Weg zur Erreichung der Kyoto-Ziele. Rot und Grün sorgten lediglich für dicke Luft und Belastungen der Bevölkerung.

Abgeordneter HEINZL (S) wies darauf hin, dass 21 % der Feinstaubbelastung aus der Landwirtschaft und nur 14 % vom Lkw-Verkehr stammten. Die Novelle zum Immissionsschutzgesetz-Luft sei abzulehnen, weil es den Handlungsspielraum der Landeshauptleute beim Kampf gegen den Feinstaub einschränke.

Abgeordneter ELLMAUER (V) erinnerte daran, dass die Maßnahmen der Wiener Umweltlandesrätin gegen den Feinstaub bewiesen haben, dass die nationale Gesetzgebung für die Länder Handlungsmöglichkeiten eröffne. Dass die Maßnahmen zurückgenommen wurden, habe nicht am IG- Luft gelegen, sagte Abgeordneter Ellmauer.

Abgeordneter SCHOPF (S) forderte nachdrücklich einen nationalen Notfallsplan zur Erreichung der Kyoto-Ziele, weil die bisherige Entwicklung bei den Luftschadstoffemissionen befürchten lasse, dass Österreich sein Kyoto-Ziel verfehle. Dies würde hohe Kosten für den Steuerzahler nach sich ziehen, weil Strafen von Seiten des EuGH drohen. Ein wichtiger Punkt beim Kampf gegen Verkehrsemissionen sei die Attraktivierung des öffentlichen Verkehrs.

Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG (G) sprach zum Abfallwirtschaftsgesetz und ortete in der geplanten Novelle eine deutliche Verschlechterung gegenüber dem Ist-Zustand. Zudem stelle sich die Frage, ob mit dieser Vorlage nicht nur einem Abgeordneten eine Gefälligkeit gemacht werden solle, dem die neue Regelung ein besonderes Anliegen sei. Es stelle sich die Frage, weshalb man eine solche Novelle betreibe, wenn man persönlich von ihr betroffen sei.

Abgeordneter Wittauer erhielt von Präsident Prinzhorn für seine Zwischenrufe einen Ordnungsruf.

Abgeordneter WITTAUER (F) erläuterte seinen Standpunkt in dieser Angelegenheit und legte die Entwicklung der Causa aus seiner Sicht dar.

Zum Umweltrechtsanpassungsgesetz wurde ein Beharrungsbeschluss gefasst, die beiden Berichte des Ausschusses fanden eine Mehrheit.

(Schluss Umweltrechtsanpassungsgesetz/Forts. NR)