Parlamentskorrespondenz Nr. 179 vom 02.03.2006

Propaganda versus Information

Grüne fordern in Dringlichem Antrag klare Regeln

Wien (PK) – Am Nachmittag unterbrach der Nationalrat die Debatte über Berichte des Rechnungshofs, um sich einem von den Grünen eingebrachten Dringlichen Antrag zu widmen. Die Antragsteller nehmen "die Jubelpropaganda bzw. Werbe- und Informationsmaßnahmen der Bundesregierung" zum Anlass, von der Regierung "generelle und bindende Regeln für die Öffentlichkeitsarbeit bzw. die Informations- und Werbemaßnahmen der Bundesregierung" zu fordern. Der Antrag fand keine Mehrheit.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) warf der Regierung im Rahmen der Begründung des Dringlichen Antrags vor, "Jubelpropaganda" auf Kosten der Steuerzahler zu betreiben. Ihm zufolge wurden in den Jahren 2000 bis 2004 71,4 Mill. € - rund 1 Mrd. Schilling - für Informations- und Werbemaßnahmen der Regierung ausgegeben. Er sei nicht gegen Informationsarbeit, bekräftigte Öllinger, es gehe aber um das Wie. Die Inserate der Regierung seien in erster Linie "Jubelkampagnen" mit geringem Informationswert.

Konkret ging Öllinger etwa auf ein Inserat von Bundeskanzler Schüssel und Vizekanzler Hubert Gorbach vom Wochenende ein, in dem seiner Ansicht nach der Eindruck erweckt wird, die beiden hätten einen Anteil an den Erfolgen des österreichischen Olympia-Teams. "Das halte ich für etwas vermessen", meinte der Abgeordnete, und für eine sonst nur "in Volksdemokratien" übliche Vorgangsweise. Missbrauch von Steuergeldern ortet er aber auch beim "Pensions-Flyer" des Sozialministeriums und den Neujahrsinseraten der Regierung, die beide außerdem falsche Informationen enthalten würden. Die Inserate für den Dienstleistungsscheck haben Öllinger zufolge mehr gekostet als bisher insgesamt durch den Dienstleistungsscheck eingenommen wurde.

In ihrem Antrag fordern die Grünen generelle und bindende Regeln für die Öffentlichkeitsarbeit bzw. die Informations- und Werbemaßnahmen der Regierung. Unter anderem gehe es ihnen um Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit, das Hintanhalten parteipolitischer Wahlwerbung, die Vermittlung von Sachinformation und eine, wie Öllinger sagte, "saubere und transparente Darstellung der Kosten".

Staatssekretär MORAK machte in Vertretung von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel geltend, in einem modernen Staat seien Information und Kommunikation zwischen öffentlichen Institutionen und der Bevölkerung ein wichtiges Kriterium. Inserate sind für ihn ein substantieller Bestandteil demokratischer Informationspflichten, zu diesen gehörten aber auch Pressekonferenzen, Publikationen und die Internet-Auftritte der einzelnen Ressorts.

Morak zeigte sich überzeugt davon, dass die österreichische Regierung ihrer Informationspflicht "mit Augenmaß" nachkomme, und untermauerte dies damit, dass der Presse- und Informationsdienst der Stadt Wien fast drei Mal so viele Mitarbeiter habe wie der Bundespressedienst. Überdies würden die Forderungen der Grünen in weiten Teilen einem vom früheren Rechnungshofpräsidenten Franz Fiedler erstellten Katalog entsprechen, skizzierte Morak, und diese Kriterien seien bereits jetzt Richtschnur für die Informationstätigkeit der Bundesregierung. Der Rechnungshof habe der Regierung, so Morak, ein "mehr als passables" Zeugnis ausgestellt.

Ein verpflichtender Kriterienkatalog müsste nach Meinung Moraks nicht nur für die Regierung, sondern etwa auch für Länder und Gemeinden oder Einrichtungen wie die Arbeiterkammer gelten. Zur Gestaltung der Regierungsinserate merkte er an, die Informationen müssten in einer Art und Weise aufbereitet sein, dass sie die Bevölkerung ansprechen.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) äußerte massive Zweifel, dass die Regierung bei ihren Inseraten die geforderten Standards einhalte, und erinnerte in diesem Zusammenhang an ein vor kurzem erschienenes Interview mit dem ehemaligen Rechnungshofpräsidenten Franz Fiedler. Fiedler sage, dass zuletzt bei weitem jedes Maß verloren worden sei und die von ihm erstellten Richtlinien nicht eingehalten würden. Wenn die Regierung "in dieser Art und Weise über die Stränge schlägt", müssten alle Abgeordneten, auch jene der ÖVP, protestieren, betonte Kogler.

Kogler zufolge werden von der Regierung im Jahr rund 20 Mill. € "verbraten". Es gehe aber nicht nur um die Summe, meinte er, gerade im Sozialministerium gebe es auch fragwürdige Abrechnungen, die überprüft gehörten. Kogler vermutet das BZÖ als Nutznießer der Kampagnen des Sozialministeriums.

Nationalratspräsident Dr. KHOL erteilte Abgeordnetem Kogler (G) für den Ausdruck "Blödsinn" einen Ordnungsruf. Dieser hatte diesen Ausdruck für falsche Aussagen in Regierungsinseraten gewählt.

Abgeordneter Dr. LOPATKA (V) präsentierte eine Reihe von Inseraten des grünen Landesrates in Oberösterreich Rudi Anschober, die seiner Ansicht nach wenig Informationswert haben, aber alle ein großes  Bild Anschobers enthalten. Er gehe davon aus, dass auch diese Inserate vom Steuerzahler bezahlt werden, sagte er.

Lopatka erachtet eine breite Informationstätigkeit der Regierung für wichtig. Die Regierung habe neben ihrer Arbeit auch Verantwortung für die Stimmung, die im Land herrsche, argumentierte er. Wenn man sich etwa über die Erfolge des österreichischen Olympia-Teams freue, solle man das, so Lopatka, durchaus zum Ausdruck bringen, bei neun Goldmedaillen sei es "goldrichtig", ein "Willkommensinserat" zu schalten. Im Übrigen verwies er auf ähnliche Inserate von SPÖ-Politikern in Kärnten und auf die Ausgaben der Stadt Wien für Öffentlichkeitsarbeit.

Abgeordneter Dr. CAP (S) machte darauf aufmerksam, dass Bundeskanzler Schüssel in seiner Regierungserklärung im Februar 2000 angekündigt habe, bei sich selbst zu sparen und die Ausgaben der Regierung für Öffentlichkeitsarbeit und öffentliche Repräsentation deutlich zu senken. Seiner Meinung nach ist aber "genau das Gegenteil" gemacht worden. Man habe "weit mehr als eine Milliarde Schilling aus den Ministerien hinausgepulvert".

Man könne den österreichischen Sportlern durchaus zur "tollen Erfolgsbilanz" bei der Olympiade gratulieren, räumte Cap ein, die Inserate der Regierung würden aber den vom Rechnungshof aufgestellten Regeln widersprechen. Einen Vergleich zwischen Bundespressedienst und dem Presse- und Informationsdienst der Stadt Wien erachtet er für nicht statthaft und wies in diesem Zusammenhang etwa auf die Presseverantwortlichen der einzelnen Ressorts hin. Überdies habe Wien im Bereich Öffentlichkeitsarbeit 5 Mill. € eingespart.

Abgeordneter SCHEIBNER (F) verteidigte das Recht der Bundesregierung, die Bürger zu informieren, wobei Inserate ein sparsames Mittel darstellten. Denn es sei im Interesse behinderter Menschen, über die Möglichkeiten des neuen Behindertengleichstellungsgesetzes aufgeklärt zu werden, das ihnen helfe, Diskriminierungen zu überwinden. Und es liege im Interesse der Steuerzahler, darüber informiert zu werden, bis zu welchem Zeitpunkt sie zu viel bezahlte Steuern zurückverlangen können. Scheibner präsentierte grün oder rot gehaltene Inserate grüner oder sozialdemokratischer Landesräte, in denen auch diese Politiker sich an die Bürger wenden und sie informieren, wobei sich der Redner kritisch mit dem aus seiner Sicht geringen Informationsgehalt der Mitteilungen auseinander setzte. Die Oppositionsparteien sollten in ihren eigenen Reihen für Ordnung sorgen und ehrlich zugeben, dass es legitim sei, wenn sich eine Regierung mit Informationen an die Bürger wende.

Abgeordnete MANDAK (G) appellierte an die Abgeordneten der Regierungsparteien, ihre Kontrollaufgaben gegenüber der Regierung wahrzunehmen und dafür zu sorgen, dass bei der Informationstätigkeit der Bundesregierung die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit eingehalten werden. Auch sei bei der Regierungspropaganda auf Wunschbilder wie von der fünfköpfigen Familie mit 10.000 € Einkommen zu verzichten. Mandak wies auch auf den Widerspruch hin, der zwischen den realen Bedingungen behinderter Schüler und der Regierungspropaganda etwa über die Karrierechancen behinderter Ärzte bestehe. Die Regierungsparteien sollten dem Antrag der Grünen zustimmen und damit die Verbreitung unrealistischer Wunschbilder verhindern, die der sozialen Realität von Alleinerzieherinnen oder Behinderten widersprechen.

Abgeordnete Dr. BAUMGARTNER-GABITZER (V) machte darauf aufmerksam, dass alle Parteien Informationspolitik betreiben. Der Presse- und Informationsdienst der Stadt Wien habe in den letzten fünf Jahren mit 133 Mill. € doppelt so viel Geld für Informationszwecke ausgegeben wie die Bundesregierung, sagte die Abgeordnete und gab zu bedenken, dass die Bundesregierung viermal mehr Bürger zu informieren habe als der Wiener Bürgermeister. Die Rednerin würdigte die prompte Informationsbereitschaft der Bundesregierung bei Anfragen über seine Informationstätigkeit, worin er sich wohltuend vom Wiener Bürgermeister unterscheide.

Abgeordnete Dr. KRÄUTER (S) wies die Erklärung des Bundeskanzlers in der heutigen Fragestunde über Inserate zu den Erfolgen der österreichischen Olympiateilnehmer als "Chuzpe" zurück. Kräuter erinnerte an das Verlangen des Rechnungshofs, generelle Regelungen für die Öffentlichkeitsarbeit einzuführen. Personenwerbung für Mitglieder der Bundesregierung sei jedenfalls keine Sachinformation, kritisierte Kräuter. Auch sei es verfassungswidrig, Mittel der Ministerien einzusetzen, um eine Nationalratswahl zu beeinflussen. Kräuters Kritik an Regierungsmitgliedern des BZÖ lautete, ihre Ressorts als Selbstbedienungsladen zur Eigenwerbung zu verwenden. Richtlinien für die Informationspolitik der Bundesregierung seien dringend erforderlich, schloss Kräuter.

Abgeordneter DI SCHEUCH (F) warf der Opposition Scheinheiligkeit vor, sie sollte aufhören, Wasser zu predigen und Wein zu trinken, und zugeben, dass Grüne wie rote Funktionäre in Regierungspositionen ihre Informationsetats ebenso nützten wie die Mitglieder der Bundesregierung. Auch hielt es Scheuch für angebracht, sich als Bundesregierung an die Seite der österreichischen Sportler zu stellen, wenn sie, wie zuletzt in Italien, einer Negativkampagne ausgesetzt seien. Diese Bundesregierung stand 2000 hinter der Republik und sie steht im Jahr 2006 hinter den Sportlern des Landes, schloss Scheuch.

Abgeordnete Mag. WEINZINGER (G) sprach von einer armseligen Stellungnahme der Bundesregierung. Abgeordneter Lopatka sollte beachten, dass die Inserate des oberösterreichischen Umweltlandesrates nicht nur Bilder enthalten, sondern auch Sachinformation für die Bevölkerung. In Oberösterreich bestehe ein verbindliches Regulativ für Regierungsinformation, genau das verlangen die Grünen mit ihrem heutigen Antrag auch für die Bundesregierung. Es sei zweckmäßig, die Bevölkerung über Klimaschutzmaßnahmen und Mülltrennungsmaßnahmen zu informieren, bekräftigte die Rednerin und betonte die Differenz derartiger Informationen gegenüber bloßer Sympathiewerbung. Information dürfe nicht zur Ersatzhandlung für unterbliebene politische Arbeit werden, schloss die Rednerin.

Abgeordneter GROSSRUCK (V) knüpfte an den Versuch der Grünen an, Werbemaßnahmen ihres oberösterreichischen Umweltlandesrats inhaltlich zu begründen, und räumte ein, dass es zweckmäßig sei, etwa für Dieselfilter zu werben. Zugleich verlangte Großruck aber Verständnis dafür, dass auch die Bundesregierung die Bürger informiere. Alles andere sei scheinheilig. Auch die SPÖ hätte Anlass zur Zurückhaltung, wenn man die Ausgaben sozialdemokratischer Minister in der Vergangenheit oder von SPÖ-Landespolitikern betrachte.

Abgeordnete BURES (S) beklagte die Niveaulosigkeit der Diskussion und hielt fest, die Bundesregierung gebe in einer Zeit, in der sie von den Menschen immer mehr verlange, immer mehr Geld für die Befriedigung persönlicher Eitelkeiten der Minister aus. Staatssekretär Morak habe seine Ankündigung, Richtlinien für die Informationspolitik der Bundesregierung herauszugeben, nicht eingehalten. Es gehe darum, die Verschwendung von Steuergeld zu vermeiden. Offenbar sei der Staatssekretär von Bundeskanzler Schüssel zurückgepfiffen worden. Das Geld, das die Bundesregierung für Eigenwerbung verschleudere, könnte man den Universitäten zur Verfügung stellen oder für Maßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit verwenden, meinte Bures.

Abgeordneter NEUDECK (F) warf der SPÖ vor, in Wien Energietarife und Kanalgebühren exorbitant zu erhöhen, obwohl etwa die "Wien Energie" Überschüsse erwirtschafte und damit auch eine großzügige Informations- und der Sponsoringtätigkeit finanziere. Neudeck kritisierte auch den Werbevertrag über 73 Mill. €, den Wien  abgeschlossen habe und forderte die SPÖ auf, nicht mit Steinen zu werfen - sie sitze selbst im Glashaus.

Abgeordnete MIKESCH (V) warf den Oppositionsparteien vor, der erfolgreichsten österreichischen Olympiamannschaft aller Zeiten aus parteipolitischen Gründen den Erfolg zu missgönnen. Sie freue sich über die Erfolge der Sportler, sagte Mikesch und meinte, der Wert jeder Medaille übersteige die Kosten für die kritisierten Inserate bei weitem. Es sei wichtig, über Sportschulen und Leistungszentren zu informieren, denn diese seien eine wesentliche Basis für sportliche Erfolge österreichischer Athleten.

Abgeordneter Dr. WITTMANN (S) bezeichnete die Fragestunde des Bundeskanzlers als "peinlich", da der Bundeskanzler in Bezug auf die Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit die Unwahrheit gesagt habe. Es sei nicht richtig, dass die Ausgaben für die Öffentlichkeitsarbeit gesunken seien. Vielmehr hätten sie sich seit dem Jahr 2000 verdoppelt. Seit dem Jahr 2003 hätte allein das Bundeskanzleramt 36 Mill. € ausgegeben, was einer Steigerung um 9 Mill. € in diesem Zeitraum gleichkomme, darüber hinaus lägen zusätzliche Ermächtigungen des Finanzministers für das Bundeskanzleramt vor, im Jahr 2005 weitere 6 Mill. € und im Jahr 2006 nochmals zusätzliche 3 Mill. € auszugeben. Das käme einer Budgeterhöhung seit 2003 um 20 Mill. € gleich. Wittmann mutmaßte, dass dies mit den kommenden Nationalratswahlen zusammenhänge. Das Inserat zu den Olympischen Erfolgen habe nichts mit Information zu tun, sagte Wittmann, und der Bundeskanzler habe sich in diesen Fragen als genauso wenig ehrlich erwiesen wie in anderen Fragen.

Abgeordneter Dr. PILZ (G) stellte Vergleiche der Informationsarbeit des oberösterreichischen Landesrats Anschober, etwa nach dem EuGH-Urteil zu gentechnikfreien Zonen, mit Informationskampagnen der Bundesregierung an und konstatierte, dass letztere kaum etwas mit sachlicher Information zu tun hätten. Die Kassen des BZÖ seien leer, so Pilz, und wenn die Beine kurz würden, würden die Finger lang. Deshalb versuchten die BZÖ-MinisterInnen, über ihr Amt zu Steuergeldern zu kommen.

Abgeordneter Peter Pilz erhielt für seinen Vergleich mit den langen Fingern von der Vorsitz führenden Zweiten Präsidentin des Nationalrates Barbara Prammer einen Ordnungsruf.

Abgeordneter SCHEIBNER (F) warf seinem Vorredner vor, altbekannte Mittel zu verwenden, wie Kriminalisieren und Diskreditieren. Pilz habe die Grenzen des politischen Anstands überschritten, meinte er.

Bei der Abstimmung erhielt der Dringliche Antrag der Grünen nicht die erforderliche Mehrheit und wurde somit abgelehnt.

Kurzdebatte: Fristsetzungsantrag für Ortstafelantrag der Grünen

Für Abgeordnete Mag. STOISITS (G) hat der Fristsetzungsantrag insofern an Aktualität gewonnen, da der Bundeskanzler in der heutigen Fragestunde festgestellt hat, es bedürfe keiner Topographieverordnung und er sei auch nicht für das Problem zuständig.

Der Verfassungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis festgestellt, so Stoisits, dass der Staatsvertrag von Wien direkt und unmittelbar anzuwenden sei, so lange es keine Topographieverordnung gibt. Somit sei der Bezirkshauptmann für die Umsetzung des Erkenntnisses zuständig. Nun habe Landeshauptmann Haider agiert und die einsprachige Ortstafel von Bleiburg versetzt. Er ziehe daraus den falschen rechtlichen Schluss, damit dem Erkenntnis Rechnung getragen zu haben. Die Grünen hätten daher die Anregung des Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes aufgegriffen, der gemeint habe, die Bundesregierung solle beim Verfassungsgerichtshof eine Verordnungsprüfung beantragen. Nachdem nun auch der Bundeskanzler bekräftigt habe, er sehe keine Veranlassung zu handeln, sei die Prüfung der Verordnung durch den VfGH umso aktueller. Dies sei auch deshalb notwendig, um den derzeit rechtspolitisch fragwürdigen Zustand zu beenden und um mit "Haiders Pflanzerei" Schluss zu machen, sagte Stoisits. Österreich sei ein Rechtsstaat, und man müsse wachsam sein, diesen Rechtsstaat auch zu verteidigen.

Abgeordneter Mag. DONNERBAUER (V) sieht in der Frage der Ortstafeln sowohl eine juristische als auch eine menschliche Seite. Juristisch sei festzustellen, dass das Volksgruppengesetz eine prozentuelle Festlegung für das Aufstellen zweisprachiger Ortstafeln vornimmt. Der Verfassungsgerichtshof habe diesen Teil des Volksgruppengesetzes und der Topographieverordnung aufgehoben, sodass der Staatsvertrag von Wien direkt anwendbar ist. Infolgedessen sei die jeweilige Bezirkshauptmannschaft aufgefordert, hinsichtlich der Ortstafeln den Staatsvertrag von Wien zu berücksichtigen. Der Bundeskanzler sei nicht gefordert. Er, Donnerbauer, sehe nicht die von den Grünen geforderte Dringlichkeit, zumal der Verfassungsgerichtshof selbst eine Frist bis 30. Juni 2006 gesetzt habe, den Mangel zu beheben. Die menschliche Seite betreffe das Zusammenleben der Volksgruppen und dabei helfen nicht Klagen, sondern gemeinsame Verhandlungen, schloss Donnerbauer.

Abgeordneter Dr. CAP (S) sah eine eindeutige Zuständigkeit beim Bezirkshauptmann. Er selbst habe zwei Sitzungen der Konsenskonferenz und das ehrliche Bemühen der Politik um eine Lösung miterlebt. Daher sehe er keinen Sinn darin, die Frage der Ortstafeln zu einem hohen Politikum zu machen und das auf dem Rücken Kärntens auszutragen. Leider agiere der Kärntner Landeshauptmann nicht in diesem Sinne, sondern suche ein Feld der politischen Auseinandersetzung, um sein Grundmandat zu sichern. Cap bezeichnete das Verhalten Haiders als unverantwortlich, da er die demokratische Kultur verächtlich und lächerlich mache. Eine neue Topographieverordnung wäre aus der Sicht Caps wünschenswert gewesen, sie sei aber leider nicht gelungen. Nun sei der Bezirkshauptmann am Zug, betonte er abermals, und wenn dieser die Zeitvorgabe des Verfassungsgerichtshofs nicht einhalte, dann liege Amtsmissbrauch vor. Eine Fristsetzung, wie sie die Grünen verlangen, sei ihm daher rechtlich nicht klar.

Abgeordneter DI SCHEUCH (F) konstatierte die Übereinstimmung aller, dass die Frage gelöst werden müsse. Es gebe aber verschiedene Lösungszugänge, sagte er und erinnerte in diesem Zusammenhang auch an die Ereignisse des Jahres 1976. Scheuch bedauerte ebenfalls das Scheitern der Konsenskonferenz auf Grund der Haltung eines Slowenenverbandes und eines Heimatverbandes. Mit der bewussten Geschwindigkeitsüberschreitung in den Ortschaften habe man ein Erkenntnis des VfGH provoziert und damit auch den Konsensweg verlassen, so die Auffassung Scheuchs. Der Konsens sei aber mit der Bevölkerung zu suchen, sagte er. Wenn auch der Verfassungsgerichtshof die Regelung aufgehoben habe, so sei es nicht seine Aufgabe, für die Umsetzung zu sorgen. Das sollte man im Parlament durch ein Verfassungsgesetz machen, und hier sei eine Einigung zwischen 10 und 25 % möglich.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) bedauerte die Aussage Scheuchs, wonach mit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes der Konsens verlassen worden sei. Die 25-%-Grenze stehe nicht zur Verhandlung, denn das Erkenntnis des VfGH sei nicht verhandelbar. Selbstverständlich dürfe man den Verfassungsgerichtshof kritisieren, dennoch seien seine Sprüche umzusetzen. Die momentane Situation sehe aber so aus, dass der Minderheit die vom Staatsvertrag garantierten Rechte vorenthalten würden. Derjenige, der versuche, diese Rechte durchzusetzen, würde kriminalisiert. Kein Thema sei aber leider das Vorgehen des Kärntner Landeshauptmanns. Die ÖVP lehne sich ebenfalls zurück und verabsäume es, den Verfassungsgerichtshof zu stützen, kritisierte Öllinger.

Bei der Abstimmung wurde der Fristsetzungsantrag der Grünen mehrheitlich abgelehnt. (Schluss Dringlicher Antrag/Forts. NR)