Parlamentskorrespondenz Nr. 651 vom 20.09.2007

Justizausschuss: Gläubigerschutz wird ausgebaut

Staatliche Anerkennung für Schuldenberatungsstellen

Wien (PK) – Der Gläubigerschutz wird ausgebaut. Die entsprechenden Bestimmungen finden sich im Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetz, das heute den Justizausschuss unter Berücksichtigung eines Abänderungsantrags einstimmig passierte. (171 d.B.)

In weiterer Folge beschlossen die Mitglieder des Justizausschusses ebenfalls einstimmig, dass es für Schuldenberatungsstellen unter bestimmten Voraussetzungen eine staatliche Anerkennung geben soll. Man erwartet sich damit eine leichtere Orientierung für die Betroffenen. (172 d.B.)

Am Beginn der Sitzung wurde Heribert Donnerbauer (V) zum neuen Obmann gewählt. Neue Obmannstellvertreter sind Albert Steinhauser (G) und Peter Michael Ikrath (V). Alle Wahlen erfolgten einstimmig. 

Neue Regelungen für Verschmelzung von Kapitalgesellschaften

Mit dem Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetz 2007 bzw. dem EU-Verschmelzungsgesetz (171 d.B.) wird eine einschlägige EU-Richtlinie über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften - Aktiengesellschaften und GmbH – umgesetzt. Die Neuregelung geht über die Vorgaben der Richtlinie insofern hinaus, als auch von Ermächtigungen zum Schutz von Gläubigern und Minderheitsgesellschaftern Gebrauch gemacht wird, heißt es dazu im Vorblatt. Wesentliches Element der Vorlage ist der Ausbau des Gläubigerschutzes.

Die Vorlage wurde unter Berücksichtigung eines S-V-Abänderungsantrags, den die Abgeordnete Karin Hakl (V) eingebracht hatte, einstimmig angenommen. Neben terminologischen Änderungen werden damit die §§ 220 und 224a Aktiengesetz aus dem Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetz 2007 wieder herausgenommen. In der Begründung des Abänderungsantrags heißt es dazu, obwohl insbesondere durch 224a Aktiengesetz mehr Rechtssicherheit und praktische Erleichterungen geschaffen worden wären, zeigen grundsätzliche Bedenken, dass noch zusätzlicher Diskussionsbedarf zur optimalen Ausgestaltung eines vorbeugenden Gläubigerschutzes bei Umgründungen und nicht nur bei Verschmelzungen besteht.

Nach Wortmeldungen und detaillierten Fragen der Abgeordneten Gernot Darmann (B), Beatrix Karl und Peter Michael Ikrath (beide V) führte Bundesministerin Maria Berger aus, die Umsetzung der EU-Richtlinie habe sich schwierig gestaltet, weil es in Österreich kein einheitliches Gesellschaftsrechtsgesetz gibt. Die Motive für die Richtlinie basierten auf dem Ziel, die Gläubiger und Minderheitsbeteiligte bei Verschmelzungen besser zu schützen. Man habe daher zum Beispiel auch die Möglichkeit des Austrittsrechts vorgesehen.

Neue Kennzeichnung für "staatlich anerkannte Schuldenberatung"

Die vorliegende Schuldenberatungs-Novelle (172 d.B.) wurde ebenfalls von allen Fraktionen begrüßt und passierte den Ausschuss einstimmig.

Derzeit sind in ganz Österreich zehn "bevorrechtete Schuldnerberatungsstellen" tätig. Durch die Novelle werden daraus zehn Stellen einer "staatlich anerkannten Schuldenberatung". Von dieser Änderung erwartet sich das Justizressort eine leichtere Orientierung der Betroffenen. Voraussetzung für die staatliche Anerkennung sind fehlende Gewinnerzielungsabsicht, Verlässlichkeit (konkret: finanzielle Absicherung und Ausrichtung auf Dauer), die Beschäftigung von durchschnittlich mindestens drei MitarbeiterInnen im Geschäftsjahr und zweijährige erfolgreiche Betätigung auf dem Gebiet der Schuldnerberatung. Die Zuständigkeit bei der Bevorrechtung soll vom Justizministerium auf den Präsidenten bzw. die Präsidentin des jeweiligen Oberlandesgerichts übergehen. Die anerkannten Schuldenberatungsstellen sind berechtigt, SchuldnerInnen in Schuldenregulierungsverfahren zu vertreten.

Abgeordnete Barbara Riener (V) unterstrich die Notwendigkeit einer ausreichenden finanziellen Unterstützung der Schuldenberatungsstellen und hob insbesondere die durch die Gesetzesänderung angestrebte Qualitätssicherung hervor. Dem schloss sich Abgeordnete Elisabeth Grossmann (S) an. Vor allem das Gütesiegel sei ein wichtiges Qualitätsmerkmal, bemerkte sie. Grossmann vertrat auch die Auffassung, dass mit der Novelle mehr Bürgernähe erreicht werde. Durch die Verlagerung der Zuständigkeit für die so genannte "Bevorrechtung" der Schuldenberatungsstellen vom Justizministerium zu den PräsidentInnen der Oberlandesgerichte komme es auch zu einer Optimierung der Zusammenarbeit von Gerichten und Beratungsstellen. Abgeordneter Gernot Darmann (B) hatte nämlich die Verlagerung der Zuständigkeit hinterfragt.

Bundesministerin Maria Berger wies in Hinblick auf die finanzielle Unterstützung der Schuldenberatungsstellen auf die Zuständigkeit der Länder hin. Diese würden aber auch durch das Arbeitsmarktservice gefördert, sagte sie und fügte hinzu, dass das Justizministerium jedoch den Dachverband finanziell unter die Arme greife. Die Verlagerung der Zuständigkeit für die Bevorrechtung auf die Oberlandesgerichte liege nicht nur im Interesse einer Dezentralisierung, sondern auch im Interesse einer besseren sachlichen Beurteilung. Die Oberlandesgerichte würden die Situation vor Ort genauer kennen als das Ministerium.

Grundsätzlich, so die Ministerin, erarbeite derzeit eine Arbeitsgruppe weitere Vorschläge, wie man das Problem der steigenden Verschuldung besser in den Griff bekommen könne. In diesem Zusammenhang werde unter anderem das Privatkonkursrecht und der Konsumentenschutz diskutiert. (Fortsetzung Justizausschuss)