Parlamentskorrespondenz Nr. 869 vom 15.11.2007

Vorlagen: Bildung

Neues Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des österreichischen Schulwesens

Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur plant, ein neues Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des österreichischen Schulwesens (BIFIE) einzurichten. Laut Regierungsvorlage (Bundesgesetz über die Einrichtung eines Bundesinstituts für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des österreichischen Schulwesens) gehören unter anderem Untersuchungen im Bereich der angewandten Bildungsforschung und Qualitätsentwicklung zum Aufgabenbereich des Instituts. Weiters soll es dem Monitoring des Schulsystems, der Bereitstellung von Informationen für bildungspolitische Entscheidungen sowie der Begleitung und Implementierung bildungspolitischer Maßnahmen und deren Evaluation dienen. Vorgeschrieben wird eine regelmäßige nationale Berichterstattung. (306 d.B.)

Das Institut kann auch Auftragsforschung und Aufgaben im Auftrag Dritter durchführen. Es wird seinen Sitz in Salzburg haben und erhält zunächst eine Basiszuwendung von 5 Mill. € sowie Startkosten in der Höhe von 1,345 Mill. €. Nach dem Jahr 2008 ist eine Basiszuwendung von 6,5 Mill. € jährlich im Gesetz festgeschrieben. Bis zum 30. Juni 2008 ist seitens des Direktoriums ein Unternehmenskonzept zu erstellen. Das Institut unterliegt der Aufsicht der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur und der Kontrolle des Rechnungshofs.

Wie die Erläuterungen dazu ausführen, will man auf wissenschaftlicher Basis die Qualität des österreichischen Schulsystems stützen und weiter verbessern und die Wettbewerbsfähigkeit der Absolventinnen und Absolventen auf europäischem und globalem Niveau langfristig sichern. Die Bildungspolitik sei daher gefordert, "regelmäßig nationale Bestandsaufnahmen, Analysen und Vergleiche durchzuführen sowie effektive und effiziente Reformen, Innovationen und Entwicklungen umzusetzen". Organisatorisch sei dieser Bereich "verbesserungswürdig", das gegenwärtige BIFIE, das im Jahr 2006 aus dem vormaligen Zentrum für Schulentwicklung in Graz und Klagenfurt sowie aus einer Arbeitsgruppe zur Standardentwicklung in Salzburg hervorgegangen ist, sei weder von der Größe noch von der Zusammensetzung des Personals als notwendige wissenschaftliche Leitstelle und Kompetenzzentrum für die Herausforderung geeignet.

Die Bewältigung der bildungswissenschaftlichen Zukunftsaufgaben soll daher durch die Einrichtung eines "ausreichend großen, wissenschaftlich kompetenten, mit klaren Aufgaben- und Verantwortungsbereichen sowie mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestatteten Bundesinstituts" gesichert werden. Es wird für den gesamten Schulbereich zuständig sein, inklusive der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Lehrerinnen und Lehrern, von Kindergartenpädagoginnen und –pädagogen, von Horterzieherinnen und –erziehern sowie der Schulverwaltung und Schulaufsicht.

Als Organe des BIFIE sollen das Direktorium, der Aufsichtsrat und der Wissenschaftliche Beirat fungieren. Dem Direktorium, das aus zwei für fünf Jahre von der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur bestellten Personen besteht, obliegt die Leitung und Vertretung des Instituts nach außen. Der Aufsichtsrat setzt sich aus neun Personen zusammen, davon werden fünf Mitglieder vom zuständigen Regierungsmitglied bestellt, ein Mitglied vom Finanzminister, eines vom Bundesminister für Wissenschaft und Forschung, ein weiteres ist von der betrieblichen ArbeitnehmerInnenvertretung und eines von der zuständigen Bundesvertretung der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst zu entsenden.

Der Wissenschaftliche Beirat, bestellt auf fünf Jahre, soll sieben Mitglieder zählen, die von der zuständigen Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur, teilweise in Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wissenschaft und Forschung, berufen werden. Davon sollen aber zumindest zwei Personen dem Bildungs- und Forschungsbereich außerhalb Österreichs und andere dem Bereich der universitären, hochschulischen und außeruniversitären Forschung angehören.

Die in der gegenständlichen Regierungsvorlage vorgenommenen Änderungen des Bundes-Schulaufsichtsgesetzes und des Schulorganisationsgesetzes stellen lediglich legistische Anpassungen dar, die sich aus der Gründung des Instituts ergeben.

Modellversuch "Neue Mittelschule" erhält gesetzliche Basis

Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur hat nun eine Novelle zum Schulorganisationsgesetz vorgelegt, durch die die rechtliche Basis für die geplanten Modellversuche "Neue Mittelschule" geschaffen wird. Die Versuche verfolgen das Ziel, die weitere Schulwahl von der 4. Klasse Volksschule auf einen späteren Zeitpunkt zu verlegen und damit auch die Entscheidung über die weitere Bildungslaufbahn nach hinten zu verschieben. Die Modellversuche beabsichtigen laut Erläuterungen, dem Grundprinzip der Individualisierung zu folgen. (307 d.B.)

Die Modellpläne werden laut Gesetzesvorschlag durch die Unterrichtsministerin auf der Grundlage eines Antrags des jeweiligen Landesschulrats erlassen. Sie sind vom jeweiligen Landesschulrat zu betreuen und zu kontrollieren und begleitend zu evaluieren. Dazu kann das neu eingerichtete Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des österreichischen Schulwesens (BIFIE) herangezogen werden. Der Beginn der Modellversuche an allgemein bildenden Schulen (AHS und Hauptschulen) ist ab dem Schuljahr 2008/2009 möglich. Die Versuche werden auf 10 % der Klassen an öffentlichen Schulen im Bundesgebiet begrenzt.

Die Modellversuche beziehen sich auf die Sekundarstufe I. Sie sind mit einer Laufzeit von vier Jahren zu versehen und haben sich, so die Gesetzesvorlage, auf klar definierte Schulstandorte zu beziehen. Innerhalb eines politischen Bezirks haben bestehende AHS in erforderlicher Anzahl und Klassen weiter zu bestehen. Es dürfen nur jene Schulen einbezogen werden, an denen zwei Drittel der LehererInnen und Erziehungsberechtigten der SchülerInnen der Sekundarstufe I dem Modellversuch grundsätzlich zustimmen.

Vorgesehen ist eine innere und temporär äußere Differenzierung nach Schulstufen oder schulstufenübergreifend, die zur individuellen Förderung beitragen soll. Mindestens zwei Mal pro Unterrichtsjahr hat eine differenzierte Leistungsbeschreibung zu erfolgen und im Rahmen des Frühwarnsystems ist im gegebenen Fall der Besuch eines Förderunterrichts oder einer sonstigen Fördermaßnahme vorzusehen.

Grüne: Schaffung von Kompetenzzentren für inklusive Pädagogik

Die bestehenden Sonderpädagogischen Zentren (SPZ) sollen zu eigenständigen "Kompetenzzentren für inklusive Pädagogik" werden. Das sieht ein Entschließungsantrag der Grünen vor. Sie argumentieren, die bisherige Anbindung der SPZ an die Allgemeinen Sonderschulen stelle in vielfacher Hinsicht ein Hindernis für die Integration dar, denn wer dort für integrativen Unterricht in den Regelschulen eintrat, gefährdete die eigene Existenz. SPZ sollen den mobilen Einsatz von Fachkräften für schulische Integration sicherstellen und die Qualität absichern. So gesehen, seien Kompetenzzentren für inklusive Pädagogik auch dann nicht überflüssig, wenn einmal alle Kinder eines Bundeslands inklusiv unterrichtet werden, meinen die Grünen. (452/A[E])

Berufsbildende Mittlere Schulen: Schulnachricht im letzten Schuljahr bleibt

Durch die geplante Änderung des Schulunterrichtsgesetzes wird festgelegt, dass die Berufsbildenden Mittleren Schulen (BMS) nunmehr explizit von § 19 Abs. 2a ausgenommen werden, wonach in der letzten Schulstufe keine Schulnachrichten mehr auszustellen sind. Diese erfolgen jeweils im Februar eines jeden Schuljahres. Für die AHS, die BHS sowie für die höheren Anstalten der LehrerInnen- und ErzieherInnenbildung gelten die Bestimmungen weiterhin. Der Gesetzgeber wollte damit jenen SchülerInnen, die kurz vor Beendigung ihrer Schullaufbahn stehen, den Leistungsdruck nehmen. Überdies würde kurz danach ohnehin das Maturazeugnis ausgehändigt, so die Argumentation. Bei den BMS wird aber die Ausstellung einer Schulnachricht als durchaus sinnvoll angesehen. Ein diesbezüglicher Antrag wurde von SPÖ und ÖVP eingebracht. (464/A) (Schluss)


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