Parlamentskorrespondenz Nr. 56 vom 24.01.2008

Klimaschutz: Spritfresser werden teurer, Öko-Autos billiger

Ökologisierungsgesetz passiert Ausschuss, 20. Mill. für Biogasanlagen

Wien (PK) - Der Finanzausschuss sprach sich heute mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP dafür aus, die Normverbrauchsabgabe um ein Bonus-Malus-System zu ergänzen, das Anreize zur Anschaffung abgasarmer Fahrzeuge verstärkt. Das diesbezügliche Ökologisierungsgesetz sieht auch einen reduzierten Mineralölsteuersatz für Heizöl mit niedrigem Schwefelgehalt vor (406 d.B.).

KäuferInnen verbrauchs- und schadstoffarmer Fahrzeuge lukrieren bei der Berechnung der Normverbrauchsabgabe einen Bonus von maximal 200 €, Fahrzeuge mit alternativen Antriebsarten erhalten einen Bonus von bis zu 500 €. Ein Dieselfahrzeug mit einem Verbrauch von 4,1 l/100 km, einer CO2-Emission von 107 g/100 km, einem NOx-Ausstoß von höchstens 80 mg/km und einem Partikelausstoß von maximal 0,005 g/km wird NoVA-frei. Für stark umweltbelastende Kraftfahrzeuge wird ab 1. Juli 2008 ein Malus von 25 € für jeden Gramm CO2 über 180 g/km und ab 1. Jänner 2010 ab 160 g/km eingehoben. Finanzminister Wilhelm Molterer zeigte sich vom ökologischen Lenkungseffekt der NoVA-Novelle überzeugt und bezifferte die zu erwartende Reduzierung des CO2-Ausstoßes mit 11.000 Tonnen. Allfällige Mehreinnahmen infolge des Malus werden ihm kein Körberlgeld fürs Budget bringen, da sie direkt dem Klimaschutzfonds zufließen werden.

Im inhaltlichen Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf (§ 27 GOG) legte Berichterstatter Jakob Auer dem Ausschuss zudem einen Antrag auf Änderung des Ökostrom-Gesetzes zur Aufrechterhaltung der Ökostrom-Erzeugung aus flüssiger Biomasse und Biogas vor, die durch zuletzt hundertprozentige Preissteigerungen unter Druck geraten ist. Dies sei marktwirtschaftlich vertretbar, so Wirtschaftsminister Martin  Bartenstein, weil die Betriebe die Preiserhöhung wegen der fixen Einspeistarife nicht an den Kunden weitergeben könnten. Daher sollen die 270 Biogasanlagen und 45 Stromerzeuger auf Basis flüssiger Biomasse einen Rohstoffzuschlag in der Höhe von 4 Cent pro erzeugter Kilowattstunde erhalten. Für die Bedeckung des Zuschlags sind für 2008 20 Mill. € veranschlagt, die nicht überschritten werden dürfen. Diese Mittel können aus Restmitteln des Ökostromfonds aus dem Jahr 2007 und aus den Fondsmitteln für 2008 aufgebracht werden, erklärte Wirtschaftsminister Bartenstein auf diesbezügliche Fragen der Abgeordneten. Die Zustimmung erfolgte mit S-V-F-B-Mehrheit.

Zudem enthält der V-S-Antrag eine Änderung des Einkommensteuergesetzes zur Entlastung der Pendler: Der Höchstbetrag des Pendlerzuschlags wird von 200 € auf 240 € angehoben. Die Deckelung von 10 % der Werbungskosten steigt auf 15 %. - Die Mehrheit aus SPÖ, ÖVP und BZÖ stimmten zu.   

Während Abgeordnete Ruperta Lichtenecker (G) eingangs der Debatte den inhaltlichen Zusammenhang zwischen dem Ökologisierungsgesetz und der vorgeschlagenen Änderung des Ökostromgesetzes in Abrede stellte, verwies Ausschussobmann Günter Stummvoll mit Unterstützung von Abgeordnetem Kai Jan Krainer (S) auf eine konsensuale Vereinbarung der Fraktionen zur Vorgangsweise im Finanzausschuss.

Abgeordneter Bruno Rossmann (G) bezeichnete eine NoVA-Novelle als längst überfällig, der vorgelegte Entwurf sei aber viel zu lax, lasse nur sehr bescheidene Lenkungseffekte erwarten und stelle einen Kniefall der Koalitionsparteien vor der Autolobby und vor den Liebhabern schneller Autos dar. Einmal mehr erinnerte der Abgeordnete an die Vorschläge der Grünen für eine ökosoziale Steuerreform und hielt der Anhebung der Pendlerpauschale die Notwendigkeit gegenüber, ein Gesamtkonzept zu erarbeiten, denn die Pendlerpauschale wirke als eine Zersiedelungsprämie mit negativen ökologischen Folgen. Zu fördern wäre der öffentliche Nahverkehr.

Abgeordneter Bernhard Themessl (F) wandte sich gegen jede zusätzliche Belastung der Autofahrer und klagte speziell darüber, dass der Malus auch Mittelklassewagen und typische Familienfahrzeuge treffen werde. 

Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) sah den ökologischen Lenkungseffekt der NoVA-Novelle sichergestellt und machte darauf aufmerksam, dass allfällige steuerliche Mehreinnahmen in den Klimaschutzfonds fließen werden. Diese Regelung sollte auch für die Spreizung bei der Mineralölsteuer gelten, lautete Krainers Anregung für die Debatte im Plenum. Die Erhöhung der Pendlerpauschale schaffe einen sozialen Ausgleich für die Auswirkungen des neuen NoVA-Malus, hielt Krainer gegenüber der FPÖ fest.

Abgeordnete Gabriela Moser (G) plädierte dafür, den Verkehrssektor beim Klimaschutz endlich in die Pflicht zu nehmen und verlangte wesentlich strengere CO2-Grenzwerte, auch wenn diese technisch noch nicht erreicht werden könnten, denn "wir brauchen dringend Geld für den Klimaschutz". Kritik äußerte Moser auch am vorgesehenen Bonus für Autos mit Wasserstoffantrieb, obwohl Experten dieser Technologie keine Zukunft geben.

Abgeordnete Petra Bayr (S) hätte sich bei der NoVa-Novelle durchaus auch ambitioniertere Zielsetzungen vorstellen können, sprach aber dennoch von einer guten Konstruktion und unterstrich die Förderung alternativer Antriebssysteme. Auf dem Weg aus der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern werde es in den kommenden Jahren notwendig sein, viele Heizungen umzustellen. Die Abgeordnete plädierte daher für finanzielle Unterstützungen beim Wechsel der Brenner. Euphorische Prognosen über die Einsatzmöglichkeiten agrarischer Brennstoffe teilte die Rednerin nicht, sondern drängte darauf, die ökologischen und sozialen Auswirkungen von Agrosprit-Lösungen mitzubedenken. Agro-Treibstoffe leisteten keinen Beitrag zum Klimaschutz, haben wegen ihrer preistreibenden Wirkung auf Nahrungsmittel aber enorm negative Auswirkungen auf arme Bevölkerungsschichten in der Dritten Welt. "Es ist ethisch bedenklich, Lebensmittel zu verbrennen", sagte Bayr. Ihre Hoffnung gelte der dritten Generation von Biotreibstoffen, die nicht aus Ackerfrüchten, sondern aus pflanzlichen Abfallstoffen hergestellt werden.

Abgeordneter Josef Bucher (B) warnte davor, die Autofahrer noch stärker zur Kasse zu bitten, und erbat Auskunft über die budgetären Auswirkungen sowie über die zu erwartenden Ökobilanz des Ökologisierungsgesetzes. Die Förderung der Ökostrom-Produzenten unterstützte der Abgeordnete, der überdies für eine erhöhte Planungssicherheit und längere Förderungszeiträume eintrat.

Finanzminister Wilhelm Molterer zeigte sich vom ökologischen Lenkungseffekt der NoVA-Novelle überzeugt und betonte, dass es nicht beabsichtigt sei, Mehreinnahmen zu erzielen. Er rechne mit einer Reduzierung des CO2-Ausstoßes um 11.000 Tonnen. Es werde kein Körberlgeld fürs Budget geben, weil allfällige Mehreinnahmen durch den Malus direkt dem Klimaschutzfonds zufließen werden.

Das Ökologisierungsgesetz biete Anreize für technologische Innovationen, sagte Molterer und machte darauf aufmerksam, dass die Senkung des Schwefelgehaltes im Heizöl den Einsatz effizienterer Brenner ermögliche, was auch den CO2-Ausstoß bei der Raumheizung vermindern werde. Bei der Kesselumstellung öffentliches Geld einzusetzen, sei nicht notwendig, weil die Mineralölwirtschaft zugesagt habe, die Kosten zu übernehmen.

Wirtschaftsminister Martin Bartenstein erläuterte die vorgesehene Hilfe für Ökostrom-Produzenten, die durch stark gestiegene Rohstoffpreise in wirtschaftliche Bedrängnis geraten seien. Dies sei marktwirtschaftlich deshalb zu rechtfertigen, weil Ökostrom-Erzeuger wegen fixer Einspeistarife keine Möglichkeit haben, Preiserhöhungen an den Konsumenten weiterzugeben. Bei der großen Ökostromnovelle sei Sorge dafür zu tragen, dass Produzenten durch exorbitante Rohstoffpreiserhöhungen künftig nicht in Schwierigkeiten geraten können. Diese Gesetzesänderung habe aber keinen Einfluss auf den Zeitplan für die "große" Ökostromnovelle, die nach Ansicht des Ministers noch vor dem Sommer beschlossen werden soll.

Die Ökostromreserven Österreichs bezifferte der Energieminister in der Debatte mit je 700 Megawatt bei Wasserkraft und Windkraft. Wichtig sei es auch, die Wärmeauskoppelung voranzutreiben und die Voraussetzungen für die Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz zu schaffen. Auch er hätte schon gerne Agro-Treibstoffe der dritten Generation, sagte Bartenstein, hielt es aber auf jeden Fall für wichtig, Schritt für Schritt zum Einsatz nachwachsender Rohstoffe zu kommen. Die Ethikdiskussion sei zu führen, zugleich aber alles zu tun, um die technische Entwicklung zu fördern. Experten setzten beim Individualverkehr auf nachwachsende Rohstoffe und immer weniger auf die Wasserstofftechnologie, merkte der Minister an.

Auf EU-Ebene sah der Wirtschaftsminister noch Verhandlungsbedarf zum jüngsten Verordnungsentwurf über die Autoindustrie, denn dieser Entwurf begünstige westeuropäische Produzenten gegenüber deutschen Autoherstellern, mit denen Österreich wirtschaftlich eng verbunden sei.

Abgeordneter Lutz Weinzinger (F) verlangte im weiteren Verlauf der mehrstündigen Debatte eine aufkommensneutrale Ökologisierung der Kfz-Besteuerung statt einer Gesetzgebung, die den Autofahrer zur Melkkuh der Nation mache. Da viele Arbeitnehmer gezwungen seien, immer weitere Wege zu ihren Arbeitsstätten in Kauf zu nehmen, sei das Auto zu einem Teil des Berufslebens geworden. Ja zu einem Bonussystem, aber nein zu jedem Malus für die Autofahrer, sagte Weinzinger.

Abgeordneter Hannes Bauer (S) sah in der Änderung des Ökostromgesetzes nicht die Ökostromgesetznovelle, sondern eine Vorziehmaßnahme. Die NoVA-Novelle und die Anhebung der Pendlerpauschale gehen seiner Meinung nach in die richtige Richtung.

Abgeordneter Hermann Schultes (V) erinnerte an die jüngsten Ölpreiserhöhungen, die in Österreich einen Kaufkraftabfluss von 7 Mrd. € nach sich gezogen haben. Es sei daher sinnvoll, Agrarprodukte zu verwerten, die sonst nur exportiert werden könnten. Dies vermindere die Abhängigkeit vom Energieimport und diene dem Klimaschutz. Die Änderung des Ökostromgesetzes sei als eine Entscheidung zugunsten der Eigenversorgung zu begrüßen, sagte der Abgeordnete.

Finanzstaatsekretär Christoph Matznetter machte darauf aufmerksam, dass die von der Wirtschaft zugesagten 500 € bei der Umrüstung von Kesselanlagen insofern problematisch sei, weil es sich um einen nicht technologieneutralen Zuschuss handle, der für die Umstellung auf Gas- oder Pelletsanlagen nicht gelte. Er trete für eine öffentliche technologieneutrale Lösung ein.

Der neue Malus bei der NoVA werde viele Fahrzeuge treffen, räumte Matznetter ein, machte aber darauf aufmerksam, dass schon jetzt siebensitzige Vans auf dem Markt seien, die unter dem CO2-Grenzwert liegen. Die Erhöhung der Pendlerpauschale sei notwendig, um jene Mobilität der Arbeitnehmer zu ermöglichen, die es brauche, um die Arbeitslosigkeit zu reduzieren. Die Kosten für die Erhöhung der Pendlerpauschale bezifferte Matznetter mit 6 Mill. €.

Oppositions-Anträge vertagt

Eine Reihe von Anträgen der Oppositionsparteien wurde im Wesentlichen unter Hinweis auf die kommende Steuerreform mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP vertagt. Es handelte sich dabei zunächst um einen Antrag (531/A(E)) der FPÖ, in dem Abgeordneter Norbert Hofer eine Änderung des Versicherungssteuergesetzes vorschlug und dabei insbesondere für die Berechnung der Kfz-Versicherungssteuer nach dem durchschnittlichen Kraftstoffverbrauch eintrat, um so einen Anreiz für das Umsteigen auf verbrauchsarme Fahrzeuge zu schaffen.

In einem weiteren ebenfalls vertagten F-Antrag (504/A(E)) plädierte Abgeordneter Herbert Kickl für die Umwandlung der Pendlerpauschale und des Verkehrsabsetzbetrags in einen Fixbetrag, um jene 2,250.000 Österreicher zu entlasten, die wegen ihres geringen Einkommens mangels Lohnsteuerpflicht keinen Anspruch auf die Pendlerpauschale haben. Überdies erhoben die Freiheitlichen auch die Forderung (541/A), angesichts stark steigender Verkehrskosten (Treibstoff, Reparaturen, Bahntickets, Vignette) das Einkommensteuergesetzes zu ändern und den Verkehrsabsetzbetrag zu erhöhen. Seitens des BZÖ wiederum schlug Abgeordneter Josef Bucher eine Abgeltung der Mineralölsteuer für Blaulichtorganisationen vor (526/A(E).

Auf die Einführung einer Klima- und Solidaritätsabgabe auf Flugtickets (365/A(E)) drängte Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) - vorerst vergebens, auch ihre Initiative wurde vertagt.

Zwei Anträge der Abgeordneten Bettina Hradecsni (G) hatten schließlich Änderungen des Bankwesengesetzes zum Inhalt. Es waren dies Forderungen auf Erstellung der Kontoauszüge zum Valutatag (496/A(E)) bzw. auf eine Verkürzung der Überweisungsdauer im Zahlungsverkehr (497/A(E)). Grund für die Vertagung war hier die noch ausstehende Umsetzung der EU-Richtlinie über Zahlungsdienste im Binnenverkehr. (Schluss)