Parlamentskorrespondenz Nr. 74 vom 30.01.2008

BZÖ in Aktueller Stunde für Steuersenkung und Teuerungsausgleich

Kritik der Opposition an niedriger Pensionserhöhung

Wien (PK) - Nationalratspräsidentin Mag. PRAMMER eröffnete die 46. Sitzung des Nationalrates mit einer Aktuellen Stunde, deren Thema auf Verlangen des BZÖ "Statt sozialer Kälte Menschen entlasten: Steuersenkung und Teuerungsausgleich jetzt" lautete.

Abgeordneter WESTENTHALER (B) kritisierte Bundeskanzler Gusenbauer und dessen – aus Sicht des BZÖ - Politik der sozialen Kälte und gebrochenen Versprechen. Konkret ging Westenthaler auf die "größte Pensionslüge der 2. Republik" ein und zitierte aus Gusenbauers Brief vom letzten November, mit dem er den Pensionisten eine kräftige Erhöhung der Pensionen in Aussicht gestellt habe. Tatsächlich erhielten 800.000 Pensionsbezieher unter dem Ausgleichszulagenrichtsatz lediglich eine Erhöhung von brutto 1,7 %, was netto einer Erhöhung von 0,2 % bis 0,3 % oder 2 € bis 3 € pro Monat bedeute. Andere Pensionen würden netto um maximal 0,67 % erhöht, nach Abzug der Krankenkassenbeiträge entstünden für viele Pensionisten Pensionsverluste von bis zu 4 %, rechnete Westenthaler vor. Die Sozialdemokratie habe abgedankt, konstatierte der Abgeordnete, forderte eine Abgeltung der Teuerungswelle für die Menschen, die sich vielfach ihr Leben nicht mehr leisten könnten und verwies dabei auf das Beispiel Kärntens, wo ein Teuerungsausgleich bereits ausbezahlt werde. Dies sei auch notwendig, um die Kaufkraft zu stärken, die Konjunktur zu stützen und die Stimmung in der Wirtschaft zu verbessern.

Eingangs seiner Rede hatte der BZÖ-Klubobmann scharf formulierte Vorwürfe an Nationalratspräsidentin Prammer gerichtet, weil sie die Fernsehübertragung der heutigen Sitzung auf eine Stunde beschränkt habe. Westenthaler sprach von "Medienzensur" und sagte, das BZÖ lasse sich nicht erpressen.

Präsidentin PRAMMER wies die Angriffe des BZÖ-Klubobmanns entschieden zurück und erinnerte daran, dass die Genehmigung von Fernsehübertragungen seit je an eine Redevereinbarung der Fraktionen gebunden sei. Sie bleibe bei dieser Regelung. Für die Verwendung des Begriffs "Erpressung" erhielt Abgeordneter Westenthaler einen Ordnungsruf.

Bundeskanzler Dr. GUSENBAUER hielt es für berechtigt, über die Auswirkungen der Teuerung auf die Menschen im Hohen Haus zu diskutieren. Die Inflationsrate sei zu Beginn des Jahres 2007 noch unter 2 % gelegen, habe dann zugenommen und sei im Dezember auf 3,6 % gestiegen. Als Ursachen seien gestiegene Energie- und Lebensmittelpreise in der Euro-Zone zu nennen. Er halte es aber auch für sinnvoll, zu überprüfen, inwieweit "Trittbrettfahrer" für diese Preiserhöhungen mitverantwortlich seien, die nun dazu führten, dass viele Menschen meinten, keine wirkliche Pensions- und Lohnerhöhung zu bekommen. Die gesetzliche Pensionsanpassung habe auf Grund der niedrigen Inflationsrate im Frühjahr 1,7 % ergeben, daher habe die Bundesregierung über zusätzliche Mittel in der Höhe von 637 Mill. € verhandelt und für eine wirklich substantielle Summe zugunsten der Pensionisten gesorgt. Dabei erinnerte der Bundeskanzler an die Kritik, die Bundesregierung sei zu großzügig gegenüber den Pensionisten. Da die Teuerung bei den Pensionen im Nachhinein abgegolten werde, werde die nächste Pensionserhöhung beträchtlich sein, kündigte der Bundeskanzler an.

Die Vorwürfe Westenthalers entsprächen ebenso wenig der Realität wie jüngste Pensionsberechnungen in den Medien angestellt wurden, sagte Gusenbauer und wies darauf hin, dass Pensionserhöhungen Ungerechtigkeiten im Steuersystem - eine zu früh einsetzende Progression - nicht ausgleichen könnten. Die letzte Pensionserhöhung sei sozial ausgewogen, bekräftigte der Kanzler, stellte eine stärkere Erhöhung der Pensionen für 2009 in Aussicht und sprach sich dafür aus, bei der Steuerreform kleine und mittlere Einkommen zu entlasten.

Abgeordnete HEINISCH-HOSEK (S) erinnerte Abgeordneten Westenthaler an die Verantwortung seiner Fraktion für die Politik sozialer Belastungen während der Zeit der letzen Regierung und unterstrich das Eintreten der neuen Bundesregierung für die Bedürfnisse der verschiedenen sozialen Gruppen, von den AlleinerzieherInnen über Mehrkindfamilien bis zu den Asylwerbern. Was dabei bisher erreicht wurde, könne sich sehen lassen, sagte die Abgeordnete und verwies darauf, dass die neue Bundesregierung jeden dritten Tag eine soziale Maßnahme zu Gunsten einer bedürftigen Gruppe in Kraft gesetzt habe. Heinisch-Hosek verwies insbesondere auf den 1.000 Euro-Mindestlohn, von dem hauptsächlich Frauen profitieren, und betonte, dass Mindestpensionisten am meisten Unterstützung brauchten. Sie erwarte in den restlichen drei Jahren der Legislaturperiode weitere Verbesserungen für die Menschen in Österreich, sagte Heinisch-Hosek.

Abgeordneter Dr. MITTERLEHNER (V) lokalisierte BZÖ-Klubobmann Westenthaler an der Spitze der Skandalisierungspyramide und wandte sich gegen jede Abrechnung zwischen den Großparteien, da "uns das nicht weiterbringt". Die Bundesregierung sei bei der Pensionsanpassung über den gesetzlichen Automatismus hinausgegangen, erinnerte Mitterlehner und machte darauf aufmerksam, dass ein Land mit einer Sozialquote von 30 % und einer Verschuldungsquote von 60 % sich die Frage stellen müsse, was es sich leisten könne. Denn für die Schulden von heute müssten morgen die jungen Menschen aufkommen. Über das Jahr gerechnet lag die Inflationsrate 2007 bei 2,2 %, womit Österreich zu den preisstabilsten Ländern in Europa zählte, sagte Mitterlehner und riet, die Kirche im Dorf zu lassen. Er plädierte für maßvolle Lohnabschlüsse, eine Steuerreform zur Unterstützung der Familien und sah bei der Bewahrung der Wettbewerbsfähigkeit Europas die EZB gefordert.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) erläuterte einmal mehr die Vorschläge seiner Fraktion für ein Pensionssystem, in dem jeder die gleiche Mindestpension erhält und zusätzlich eine Pension nach Maßgabe seiner jeweiligen Sozialversicherungsbeiträge. Wichtig sei den Grünen auch, dass niemand, egal ob Arbeitnehmer, Bauer oder Beamter unterschiedlich hohe Staatszuschüsse zur Pension erhalte. Als ungerecht an der letzten Pensionserhöhung bezeichnete Öllinger die Tatsache, dass Pensionen unter dem Ausgleichszulagenrichtsatz weniger Erhöhung erhielten als andere. Daher sei diese Pensionserhöhung verfassungswidrig, sagte Öllinger und drängte auf eine Verfassungsklage.

Abgeordneter STRACHE (F) sprach dem BZÖ jede Glaubwürdigkeit in der Sozialpolitik ab, weil es für die Belastungspolitik der letzten Bundesregierung mitverantwortlich sei. Enttäuscht zeigte sich Strache von der SPÖ, die zwar soziale Wärme versprochen habe, aber den Kurs der sozialen Kälte fortsetze. 400.000 pflegebedürftige Menschen, die von Familienmitgliedern betreut werden, bleiben weiterhin ohne Grundversorgung und mussten in den letzten Jahren überdies einen 20-prozentigen Wertverlust beim Pflegegeld hinnehmen. Die Massenweinwanderung gehe weiter, kritisierte Strache, und klagte über die hohe Zahl an armutsgefährdeten Personen. Die Frage, warum die Menschen vom Wirtschaftswachstum nicht profitieren können, beantwortete Strache mit der Forderung nach mehr Verteilungsgerechtigkeit.

Abgeordneter SCHEIBNER (B) warf der FPÖ vor, einem Husch-Pfusch-Verfahren bei der Ratifizierung des EU-Vertrages zuzustimmen. Noch nie habe es bei einer so gravierenden Entscheidung wie jener über den EU-Verfassungsvertrag eine so undemokratische Vorgangsweise gegeben, klagte Scheibner. Die alte Regierung habe Mindestpensionen um bis zu 5 % erhöht, erinnerte Scheibner die neue Bundesregierung. Die SPÖ habe viel versprochen und alles gebrochen. Bei der Steuerreform sollen junge Menschen die Möglichkeit bekommen, Reserven für ihr Alter anzulegen und außerdem gehe es darum, die Kaufkraft zu stärken und die Wirtschaft zu beleben.

Abgeordneter KRAINER (S) nahm den Vorwurf der "sozialen Kälte" gelassen entgegen, weil er durch einen Vergleich mit der Politik der alten Regierung leicht entkräftet werden könne. Deren Pensionserhöhungen seien durchwegs unter der Inflationsrate gelegen, die derzeit erhöhte Inflationsrate werde bei der nächsten Pensionserhöhung abgegolten. Die alte Bundesregierung habe Schülerbeihilfen und Stipendien über Jahre unverändert gelassen, die neue Bundesregierung habe zudem dafür gesorgt, dass 5.000 Studenten keine Studiengebühren mehr zahlen. Die Steuerreform werde sozial gerecht und sicher konzipiert werden müssen, das heißt, sie soll kleine und mittlere Einkommen entlasten, Ungerechtigkeiten wie steuerfreie Aktien-Optionen beseitigen und so konzipiert sein, dass der Staat danach noch im Stande sei, seine Verantwortung, etwa für das Bildungssystem, wahrzunehmen.

Abgeordneter WÖGINGER (V) fasste aus seiner Sicht die bisherige Debatte mit der Feststellung zusammen, "der Standort bestimmt den Standpunkt". Seiner Meinung nach ist weder zur Zeit der ÖVP-BZÖ-Regierung noch während dieser Koalition eine Politik der "sozialen Kälte" festzustellen. Er erinnerte an die bisher von der Regierung gesetzten sozialen Maßnahmen, räumte aber ein, dass man bei den Pensionserhöhungen in Zukunft die Systematik genauer unter die Lupe nehmen müsste, um Ungerechtigkeiten zu vermeiden. Bei der Steuerentlastung könne die Devise nur lauten, zuerst das Geld erwirtschaften und dann ausgeben. In jedem anderen Fall ginge das Ganze zu Lasten der jüngeren Generation. Er zeigte sich überzeugt, dass die Steuerreform zum richtigen Zeitpunkt kommen werde und vor allem den Mehrkindfamilien etwas bringen werde.

Abgeordnete Mag. SCHATZ (G) nahm in ihrer Wortmeldung insbesondere die SPÖ unter Beschuss. Vor allem wollte sie das Argument der SPÖ nicht akzeptieren, dass die ÖVP alles verhindere. Schließlich habe die SPÖ die Verantwortung in der Koalition, sagte Schatz. Sich auf die ÖVP auszureden, sei nicht glaubwürdig, denn dazu sei die SPÖ viel zu mächtig. Dass die SPÖ einen Mindestlohn von 820 €, womit er unter der Armutsgrenze liegt, als Erfolg verkauft, sei nicht akzeptabel. Mit der Regelung der 24-Stunden-Pflege habe man ein Chaos geschaffen und Leibeigenschaft zu einem legalen Dienstverhältnis gemacht. Anhand dieser und anderer Beispiele vertrat Schatz die Auffassung, dass die SPÖ den Kurswechsel nicht wirklich wolle, nicht mehr links sei, sondern zu einer Partei der Mitte geworden sei. 

Abgeordnete ROSENKRANZ (F) warf den Regierungsparteien vor, sich immer mehr von der Realität der BürgerInnen zu entfernen. Besonders schlimm sei das auch im Fall einer Oppositionspartei wie dem BZÖ, meinte Rosenkranz, denn das BZÖ habe ursprünglich dem EU-Verfassungsvertrag zugestimmt. Sie, Rosenkranz, sei die Einzige gewesen, die damals bei der Abstimmung sitzen geblieben sei. Wie groß die Kluft zwischen der politischen Klasse und der Bevölkerung ist, könne man auch im Bereich der Sicherheit beobachten und hinsichtlich der Wahrnehmung, wie es den Leuten geht. Diese Wahrnehmung sei nämlich völlig anders als die Realität. So hätten jene mit einem Einkommen im unteren Fünftel einen Kaufkraftverlust von 17 % hinzunehmen, Spitzenverdiener könnten sich aber über einen Zuwachs von 5 % freuen. Der Anteil der Einkommen aus Vermögen sei massiv gestiegen, die Wirtschaftsentwicklung habe sich völlig von der Wohlstandsentwicklung abgekoppelt, kritisierte Rosenkranz. Der Euro sei ein "Teuro", die Kosten für Wohnen, Wasser, Energie und Lebensmittel seien massiv gestiegen, die Pensionserhöhungen reichten bei weitem nicht aus, die Teuerung auszugleichen. Die EU sei der Motor der Globalisierung, keineswegs aber ein Schutz vor der Globalisierung. Abschließend kündigte sie an, die FPÖ werde einen Antrag zur Familienbesteuerung einbringen, dem die ÖVP jederzeit zustimmen könne. 

Abgeordnete HAUBNER (B) konterte Abgeordneter Schatz mit dem Hinweis, dass die grüne Stiftungsrätin im ORF für eine Gebührenerhöhung gestimmt hat. In Richtung Abgeordneter Rosenkranz meinte sie, die FPÖ sei mitverantwortlich, dass der Ratifizierungsprozess zum EU-Reformvertrag nun durchgepeitscht werde. Grundsätzlich stellte sie fest, dass es der Wirtschaft gut gehe, die Unternehmen hohe Gewinne erzielen könnten, die Menschen jedoch immer weniger davon hätten. Auch sie sprach vom Euro als einem "Teuro". Die sozialpolitischen Antworten der Regierung auf diese Situation vermisse sie aber. Die Regierung bleibe in der Analyse stecken, während das BZÖ mit seinem "Pakt für ein soziales Österreich" Lösungen anbiete. So trete das BZÖ beispielsweise für einen Teuerungsausgleich von 200 € für Haushaltseinkommen unter 3.000 € im Monat ein, weiters für eine Steuerentlastung und die Absetzbarkeit von Betreuungskosten. Die Steuerreform müsse jetzt kommen, da die Steuereinnahmen nur so sprudeln, sagte Haubner und forderte darüber hinaus gerechte Pensionen statt einer "Mogelpackung".

(Schluss Aktuelle Stunde/Forts. NR)