Parlamentskorrespondenz Nr. 91 vom 31.01.2008

Erste Lesungen runden die Tagesordnung des Nationalrates ab

Keine Mehrheit für Visa-Untersuchungsausschuss

Wien (PK) - Am Schluss der Sitzung wurden Anträge in eine Erste Lesung genommen.

Erste Lesung: G-Antrag betreffend Änderung des Bundespflegegesetzes

Abgeordnete HAIDLMAYR (G) erläuterte, eine Änderung des Bundespflegegeldgesetzes sei notwendig, weil Kleinkinder mit Behinderungen im Vergleich zu erwachsenen Behinderten schlechter eingestuft würden. Die Betreuung, die ein Kleinkind ohnehin braucht, werde in Abzug gebracht, kritisierte sie.

Abgeordnete Mag. KNOLL (S) machte geltend, dass im Pflegegeldbereich insgesamt eine ganze Liste notwendiger Verbesserungen bestehe. Als Beispiele nannte sie die Valorisierung des Pflegegeldes, Erholungsmöglichkeiten für pflegende Angehörige und eben die von den Grünen geforderte bessere Einstufung behinderter Kinder. Knoll zeigte sich zuversichtlich, dass unter Sozialminister Buchinger Versäumnisse der Vergangenheit wettgemacht würden.

Abgeordneter Dr. RASINGER (V) plädierte dafür, die Pflegegeldeinstufung behinderter Kleinkinder im Ausschuss zu überdenken.

Abgeordneter HOFER (F) sprach die Hoffnung auf Unterstützung des Antrags aus, denn derzeit sei die Pflegegeldeinstufung von Kleinkindern ungerecht. Hofer lehnte es ab, den normalen Betreuungsaufwand für ein Kleingeld vom Pflegegeld eines behinderten Kindes abzuziehen. 

Abgeordneter BUCHER (B) sprach sich für eine Überarbeitung des Pflegegeldgesetzes aus und stand dem Antrag zugunsten behinderter Kinder positiv gegenüber.

Abgeordnete RIENER (V) bekundete die Absicht ihrer Fraktion, die Gesetzlage zu verändern und zugleich auch die von Bundesland zu Bundesland unterschiedlichen Verordnungen zu vereinheitlichen.

Abgeordnete DURCHSCHLAG (V) wies auf das positive Beispiel Oberösterreich hin und hielt es für dringend angebracht, den Mehraufwand für behinderte Kinder im Interesse der Familien neu zu berechnen.

Der Antrag wurde dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zugewiesen.

Erste Lesung: F-Antrag auf Änderung des Behinderteneinstellungsgesetzes

Abgeordneter HOFER (F) klagte, die öffentliche Hand komme ihrer Verpflichtung nicht nach, pro 25 Arbeitnehmern einen Behinderten einzustellen. Der Redner schlug vor, eine progressive Ausgleichstaxe einzuführen, um kleine Betriebe zu entlasten, zugleich aber den Anreiz zu erhöhen, Behinderte einzustellen.   

Abgeordneter MUCHITSCH (S) erinnerte an die Initiativen des Sozialministers für behinderte Menschen, sei es zur Ausbildung behinderter Menschen, sei es zur Verbesserung des barrierefreien Zugangs zu Arbeitsplätzen. Der Antrag der Freiheitlichen sei zu begrüßen, werfe aber auch Fragen auf. Muchitsch plädierte daher für die Ausarbeitung eines Gesamtpakets im Sozialausschuss. 

Abgeordnete MIKESCH (V) trat nachdrücklich für eine bessere Integration behinderter Menschen in Arbeitswelt und Gesellschaft ein. Der Kündigungsschutz für Behinderte wirke vielfach als Hemmnis bei der Einstellung von Behinderten, Behinderte sähen sich oftmals veranlasst, ihre Behinderung zu verschweigen.

Abgeordnete HAIDLMAYR (G) hielt das Modell des Abgeordneten Hofer für diskussionswürdig. Würden Bund, Länder und Gemeinden ihre Einstellungsverpflichtung erfüllen, würde dies die Arbeitslosigkeit behinderter Menschen mit einem Schlag halbieren.

Abgeordneter BUCHER (B) fragte, ob eine direkte Unterstützung der Behinderten nicht besser wäre als ein Bonus-Malus-System bei der Einstellung, bekundete aber, den Ausschussberatung über den Antrag neutral entgegenzusehen.

Der Antrag wurde dem Sozialausschuss zugewiesen.

Erste Lesung: G-Antrag auf Änderung des Einkommensteuergesetzes

        

Abgeordneter ÖLLINGER (G) trat für eine Valorisierung des Einkommensteuer-Freibetrages zur Unterstützung von Opfern des Nationalsozialismus ein. Es handle sich um eine symbolische Geste, bei der angesichts des hohen Alters der Menschen die Zeit dränge.

Abgeordneter KAIPEL (S) begrüßte die Initiative der Grünen. Auch für ihn war klar, dass der Faktor Zeit wegen des Alters der Betroffenen eine wichtige Rolle spiele.

Der Antrag wurde an den Finanzausschuss zugewiesen.

Erste Lesung: G-Antrag hinsichtlich Änderung des Konsumentenschutzgesetzes

Zuweisung an den Justizausschuss.

Erste Lesung: S-Antrag betreffend Änderung des Futtermittelgesetzes

Abgeordneter Mag. MAIER (S) plädierte für eine Regelung, durch die die Position des Landwirtschaftsministers bei der Umsetzung des Futtermittelgesetzes gestärkt werde, indem er Informationen über Verwaltungsstrafverfahren erhält. Die Landeshauptleute sollen das Rechte auf Amtsbeschwerde erhalten. Dem Antragsteller ging es darum, bestehende und bewährte Regelungen beim Lebensmittel- und Verbraucherschutz auch im Bereich der Futtermittel einzuführen.

Abgeordneter ESSL (V) hielt den Antrag für plausibel und sprach den Wunsch aus, im Zusammenhang mit der Diskussion über diesen Antrag auch die Marktordnung zu diskutieren.

Abgeordneter Dr. PIRKLHUBER (G) sprach von einem sinnvollen Antrag und wiederholte sein Eintreten für ein einheitliches landwirtschaftliches Betriebsmittelrecht.

Auch Abgeordneter SCHALLE (B) hielt den Antrag für berechtigt, weil es im Futtermittelgesetz keine ausreichenden Informationsverpflichtungen gebe. Landeshauptmann und Bundesminister blieben daher uninformiert über Verwaltungsstrafverfahren. Dieses Informationsdefizit müsse behoben werden.

Die Zuweisung erfolgte an den Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft.

Erste Lesung: F-Antrag hinsichtlich Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes

Abgeordneter Dr. ASPÖCK (F) trat für mehr Transparenz bei der Ernennung der österreichischen Mitglieder am Europäischen Rechnungshof und für ein Vorschlagsrecht der Opposition im Hauptausschuss ein. Aspöck mahnte mehr Verfassungskultur ein und wies die Verweigerung von Auskünften unter Bezugnahme auf den Datenschutz im Zusammenhang mit Ernennungen zurück.

Abgeordnete Mag. GROSSMANN (S) zeigte sich bereit, über den Antrag zu diskutieren, auch wenn Abgeordneter Aspöck in seiner Begründung "Kraut und Rüben durcheinandergebracht" habe. Unter Maßgabe vertraulicher Ausschussberatungen sei für sie auch die Offenlegung von Bewerbungsunterlagen denkbar. 

Abgeordnete Dr. KARL (V) hielt den Antrag für in sich widersprüchlich und für nicht vollziehbar. Österreich liege bei den parlamentarischen Oppositionsrechten im europäischen Spitzenfeld. - Diesen Ausführungen widersprach Abgeordneter ASPÖCK (F) in einer zweiten Wortmeldung.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) sah die begrüßenswerte Intention des Antrags darin, den Hauptausschuss dazu zu befähigen, Vorschläge für die Entsendung des österreichischen Vertreters im Europäischen Rechnungshof zu machen. Die Berufung auf den Datenschutz, mit der dem Hauptausschuss Informationen über die Entsendung vorenthalten wurden, wies auch Kogler zurück. Auch will Kogler darüber nachzudenken, wie man zu Rechnungshofpräsidenten kommen könne, die nicht nur von den Regierungsparteien bestellt werden können.

Der Antrag wurde dem Verfassungsausschuss zugewiesen.

Kurze Debatte zum Thema Visa-Handel

Eingangs der Debatte über den F-Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses beantragte Abgeordneter Dr. GRAF (F) die Anwesenheit des Bundeskanzlers und der Außenministerin; dieser Antrag blieb bei der Abstimmung in der Minderheit.

Abgeordnete ROSENKRANZ (F) sprach von einem ernsten Thema, das Aufmerksamkeit verdiene, nachdem der Prozess zum Thema Visa-Handel, in dem sieben Botschaftsmitglieder wegen Schlepperei und Amtsmissbrauch angeklagt seien, mit der Selbstbeschuldigung eines Angeklagten einen Wendepunkt verzeichne. Die Rednerin machte auf bekannt gewordene Malversationen aufmerksam sowie darauf, dass der Staatsanwalt dem Außenamt mangelnde Kontrolle vorwerfe. Dazu komme die Verurteilung des Generalkonsuls in Lagos. Es handle sich nicht um Einzelfälle, sondern um ein Netzwerk, das bis in die Politik reiche und daher die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses unerlässlich mache, sagte Abgeordnete Rosenkranz.  

Abgeordneter Mag. SCHIEDER (S) sprach sich für schärfstes Vorgehen gegen die Machenschaften im Bereich des Visa-Handels aus. Regierungsstellen hätten zunächst nicht reagiert und es verabsäumt, jene Konsularbediensteten zu schützen, die ihre oft schwere Arbeit ehrlich und fleißig im Dienste Österreichs erledigen. Die Arbeit der Vertretungsbehörden müsse frei von jedem Vorwurf krimineller Machenschaften sein. Daher gelte es, die richtigen Konsequenzen aus dem Skandal zu ziehen und die interne Kontrolle zu stärken. Kritisch durchleuchtet und evaluiert werden sollte laut Schieder auch das Honorarkonsulwesen. Jeder Vorwurf müsse aufgeklärt werden. Schieder sprach sich für eine detaillierte Diskussion des in Aussicht gestellten Ressortberichts aus.

Abgeordneter GROSSRUCK (V) erinnerte an die bisherige Usance, wonach während laufender Gerichtsverfahren keine Untersuchungsausschüsse eingerichtet werden. Er könne der Kollegin Rosenkranz versichern, dass Außenministerin Plassnik sehr interessiert daran ist, dass alles restlos aufgeklärt wird, unterstrich Großruck. Es handle sich im vorliegenden Fall um einige wenige schwarze Schafe, die in Erwerbsabsicht illegal Visa ausgestellt haben; dies werde aber nun entsprechend gerichtlich verfolgt.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) vermutete Hinweise darauf, dass in dem einen oder anderen Konsulat auch Mitarbeiter am Visa-Skandal beteiligt waren, die der SPÖ zugeschrieben waren. Es sei auch reichlich naiv zu glauben, hielt Öllinger Abgeordnetem Schieder entgegen, dass Außenministerin Plassnik einen offenen und "scharfen Bericht über die Causa" abliefern wird. Die Position des Außenministeriums in diesem Fall war von Anfang bis zum heutigen Tag klar, nämlich "es gibt keine kriminellen Verfehlungen"; und wenn es welche gegeben hat, dann waren es Einzelfälle.

Abgeordneter STRACHE (F) vermisste die Regierungsmitglieder, die wahrscheinlich schon in der Loge von Baumeister Lugner am Opernball sitzen. Er wäre heute auch gern am Opernball, aber die Materie sei zu wichtig, um nicht im Parlament zu sein. Es gehe nämlich um 40.000, wenn nicht sogar 60.000 Visa-Betrugsfälle, von dem das von der ÖVP geführte Außenministerium offenbar gewusst hat und nicht tätig geworden ist. Da nächste Woche ein Urteil in dieser Causa zu erwarten ist, sind die juristischen Ermittlungen beendet, unterstrich Strache. Nun müsse die politische Verantwortung überprüft werden.

Es sei eine Tatsache, dass der Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Visa-Affäre inhaltlich etwas für sich habe, räumte Abgeordneter Mag. DARMANN (B) ein. Es solle aber zunächst das Urteil abgewartet werden, da es nicht sinnvoll sei, Ladungspersonen einzuladen, die sich dann alle der Aussage entschlagen müssen.

Der F-Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses fand keine Mehrheit.

Der G-Antrag, dem Familienausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 422/A(E) betreffend die Abgabe der Pille danach an Schulen eine Frist bis 10. März 2008 zu setzen, blieb in der Minderheit.

Nach Beendigung der 47. Sitzung fand noch eine weitere (48.) Sitzung des Nationalrates statt, die geschäftsordnungsmäßigen Zuweisungen und Mitteilungen diente. (Schluss)