Parlamentskorrespondenz Nr. 354 vom 22.04.2008

Gesundheitsausschuss: Apotheken, Epidemien und Medizinprodukte

Einstimmige Annahme von drei Gesundheitsvorlagen

Wien (PK) – In der heutigen Sitzung des Gesundheitsausschusses standen zunächst die EU-rechtlichen Anpassungen im Apotheken- und Apothekenkammergesetz 2001 auf der Tagesordnung. Novelliert wurden auch das Epidemiegesetz, in dem die rechtliche Grundlage für die Einrichtung eines elektronischen Meldesystems für übertragbare Krankheiten geschaffen wurde, sowie das Medizinproduktegesetz und das Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH, die vor allem eine Verbesserung der Patientenrechte brachten. Alle drei Vorlagen wurden einstimmig angenommen. Außerdem befassten sich die Mandatare noch mit insgesamt neun Oppositionsanträgen und eine Bürgerinitiative.

EU-rechtliche Anpassungen im Apothekengesetz

Die Änderungen im Apotheken- und Apothekenkammergesetz 2001 dienen in erster Linie der Umsetzung einer EU-Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen, erklärte eingangs Bundesministerin Andrea Kdolsky. Weiters bringen die Novellen eine Neuformulierung der allgemeinen Berufsberechtigung für Apotheker sowie die Normierung der unabhängigen Verwaltungssenate der Länder als Berufungsinstanz für Entscheidungen betreffend die Aufnahme und Beendigung des Apothekerberufs. Im konkreten soll ein einheitlicheres, transparenteres und flexibleres System der Anerkennung von beruflichen Qualifikationen geschaffen werden, indem die Vorschriften der bisherigen Anerkennungsregelungen im Lichte der Erfahrungen verbessert und vereinheitlicht werden, führte die Ministerin weiter aus. Die Novellierung des Apotheken­gesetzes wird auch zum Anlass genommen, um die Berufsantrittsvoraussetzungen für Apotheker in Österreich zu modifizieren und als allgemeine Berufsberechtigung klarer auszugestalten. Zudem wird die Rechtsgrundlage für die Ausstellung des Apothekerausweises geschaffen. Im Apothekerkammergesetz wird weiters die erforderliche Ausdehnung des Wahlrechts unabhängig von der Staatsangehörigkeit vorgesehen, was bei der letzten Wahl bereits gelebte Praxis war, so Kdolsky.

Neben der Regierungsvorlage wurde auch eine Ausschussfeststellung einstimmig angenommen, in der festgelegt wird, dass im Rahmen der Verhandlungen über eine Gesundheitsreform die Versorgung der Bevölkerung mit Medikamenten vor allem im ländlichen Bereich mitbedacht und zufriedenstellend gelöst wird.

Da derzeit die Gespräche über eine Gesundheitsreform laufen, wo viele Strukturen neu geklärt werden, halte sie es für wichtig, dass im Rahmen einer Ausschussfeststellung die umfassende Versorgung der Bevölkerung mit Medikamenten in den Mittelpunkt gestellt wird, meinte Abgeordnete Sabine Oberhauser (S).

Auch die Vertreter der Oppositionsparteien begrüßten die Neuerungen in den Gesetzen. Was die Ausschussfeststellung angeht, so war sie für den Abgeordneten Kurt Grünewald (G) neutral genug, während sie für die Abgeordneten Dagmar Belakowitsch-Jenewein (F) und Ursula Haubner (B) zu oberflächlich formuliert wurde. Abgeordnete Theresia Haidlmayr (G) wies auf Unterversorgung von gehörlosen Menschen hin und verlangte, dass zumindest ein Angestellter pro Apotheke die Gebärdensprache beherrscht.

Elektronisches Meldesystem für übertragbare Krankheiten

Um die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten in Österreich zu optimieren, soll - entsprechend internationaler Vorbilder - ein behördeninternes Register anzeigepflichtiger übertragbarer Krankheiten geschaffen werden, informierte Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky. Dazu soll im Epidemiegesetz eine datenschutzkonforme Rechtsgrundlage geschaffen werden. Die Datenbank wird durch das Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend betrieben, wobei mit Kosten in der Höhe von 350.000 € gerechnet wird. Außerdem soll die Koordinierungsfunktion der Landeshauptmänner bei bezirksübergreifenden Ausbrüchen explizit gesetzlich geregelt werden.

Die Vertreter der Oppositionsparteien begrüßten grundsätzlich die Vorlage und stellten noch einige Detailfragen. Die Abgeordneten Kurt Grünewald (G) und Ursula Haubner (B) wollten etwa wissen, in welcher Frist und von wem die personenbezogenen Daten gelöscht werden.

Bundesministerin Andrea Kdolsky unterstrich nochmals, dass es bei dem Gesetz vor allem um eine bessere Vernetzung der Daten gehe und keine Datenfriedhöfe geschaffen werden sollen. Zuständig für die Löschung der Daten sei die Bezirksverwaltungsbehörde, die dies sofort und unverzüglich durchzuführen hat, wenn die Daten nicht mehr gebraucht werden. Auf die Frage der Abgeordneten Beate Schasching (S), die sich über die vermehrte Zunahme von TBC-Erkrankungen im Gastronomiebereich besorgt gezeigt hat, stellte Kdolsky fest, dass sich das Bazillenausscheidergesetz als ineffizient herausgestellt habe und deshalb aufgehoben wurde. Sie glaube jedoch, dass man sich gemeinsam überlegen müsse, welche Möglichkeiten es gibt, um konstante Überprüfungen, und zwar nicht nur in der Gastronomie, sondern auch in den Schulen, zu gewährleisten. Der G-Abgeordneten Theresia Haidlmayr teilte sie mit, dass mittlerweile 80 % der Apotheken barrierefrei gestaltet sind. Was den aktuellen Masernfall angehe, so hätten erfolgreiche Impfprogramme offenbar zu einer gewissen Sorglosigkeit geführt, der gegengesteuert werden müsse. Sie habe bereits eine Reihe von Aktivitäten geplant und befürworte auch eine Enquete zu diesem Thema, um vor allem mit Impfgegnern in einen offenen und kritischen Dialog treten zu können.

Mehr Rechte für Patienten bei Medizinproduktefehlern

In den letzten Jahren wurden insbesondere seitens der Patientenanwaltschaften, zuletzt aber auch durch die Volksanwaltschaft, Sachverhalte aufgezeigt, nach denen PatientInnen im Verlauf von Behandlungen durch vermeintlich fehlerhafte Medizinprodukte geschädigt wurden, Spitalsträger aber ein Verhalten setzten, das dem Patienten die Verfolgung seiner Ansprüche gegenüber dem Hersteller de facto unmöglich gemacht hat. Durch die vorliegende Novelle wird nun dem im Regierungsübereinkommen enthaltenen Ziel, bei Medizinproduktefehlern die Beweisposition zugunsten von Patienten zu regeln, entsprochen, erläuterte Bundesministerin Andrea Kdolsky. Im Sinne der Transparenz und der Rechtssicherheit sei es weiters erforderlich, Rechtsgrundlagen für die Führung eines Herzschrittmacher-, ICD- (implantierbare Defibrillatoren) und eines Looprecorderregisters (Langzeit-EKG) sowie für die Führung weiterer Implantatregister durch die GÖG (Gesundheit Österreich GmbH) zu schaffen.

Die Änderungen im Gesetz wurden von den Vertretern aller Parteien begrüßt, weil damit vor allem die Rechte der Patienten im Falle von Medizinproduktefehlern gestärkt werden.

Bundesministerin Andrea Kdolsky unterstrich die Bedeutung von Qualitätsregistern im Sinne einer Ergebnisqualität, weil es damit zu einer vergleichenden Darstellung erzielter Behandlungserfolge komme. Sie sehe darin auch einen wichtigen Baustein im Rahmen eines gesamtösterreichischen Qualitätssystems; ein Informationsportal für Patienten sei geplant. Was den Beirat betrifft, so komme es zu einer Aufstockung, weil zusätzliche neue Fachbereiche, die aus Vertretern der Apothekerkammer, der Fachärzte, des Seniorenrats etc. bestehen, aufgenommen werden. Ingesamt werden ca. 7.000 bis 10.000 Implantate pro Jahr erwartet.

Freiheitliche Initiative zur Senkung der Medikamentenkosten

Der F-Abgeordnete Alois Gradauer setzte sich in einem Entschließungsantrag seiner Fraktion für die Senkung der Medikamentenkosten ein. Insbesondere forderte er die Reduktion des Mehrwertsteuersatzes von 20 % auf 10 % sowie die Senkung des Selbstbehalts bei Generika. Es sei nicht einzusehen, warum Kaviar, der als Lebensmittel gehandelt wird, nur mit einem 10%igen Steuersatz belastet ist, während bei oft lebensnotwendigen Medikamenten 20 % Mehrwertsteuer eingehoben wird. Diese Maßnahmen würden nicht nur die Patienten entlasten und die Gesundheitsausgaben eindämmen, sondern auch zur Sanierung der Krankenkassen beitragen.

Bundesministerin Andrea Kdolsky informierte darüber, dass derzeit intensive Gespräche über ein Arzneimittelpaket geführt werden und dass nun in Form eines Sozialpartnerpapiers eine Diskussionsgrundlage vorgelegt wurde. Generell gab sie zu bedenken, dass die Gesamtkosten für Medikamente in Österreich weit unter dem EU-Durchschnitt liegen. Außerdem dürfe man nicht vergessen, dass 87 % der Mehrwertsteuereinnahmen aus Medikamenten dem Hauptverband rückerstattet werden. Ein Problem sei auch, dass die ÖsterreicherInnen überdurchschnittlich viele Medikamente kaufen, weshalb erzieherische Maßnahmen sowie die Einrichtung eines Arzneimittelsicherheitsgurts überlegt werden sollen. In diesem Zusammenhang wies sie darauf hin, dass man in Amerika davon ausgehe, dass aufgrund der negativen Wechselwirkungen von medikamentösen Therapiemaßnahmen jährlich ein Schaden in der Höhe von fast 200 Mill. Dollar entsteht.

Auch Abgeordneter Erwin Spindelberger (S) verwies auf die laufenden Verhandlungen über eine Gesundheitsreform und brachte sodann einen Vertagungsantrag ein.

In der Folge entspann sich eine grundsätzliche Diskussion über die Vertagung von Oppositionsanträgen, wobei Abgeordneter Martin Graf (F) die Meinung vertrat, dass diese Vorgangsweise – trotz anderslautender Versprechen von Seiten der SPÖ – mittlerweile in allen Ausschüssen üblich sei und dazu führe, dass 50 % der Zeit über die Vertagung oder Nicht-Vertagung von Anträgen geredet werde. Auch Abgeordnete Theresia Haidlmayr (G) gab zu bedenken, dass es sich um keinen Arbeitsausschuss mehr handle, wenn 75 % der auf der Tagesordnung stehenden Punkte vertagt werden sollen. Auch Abgeordnete Ursula Haubner (B) sprach sich gegen eine Vertagung aus und erinnerte daran, dass die FPÖ-Initiative auf einen BZÖ-Antrag zurückgehe und einer langjährigen Forderung ihrer Partei entspreche.

FPÖ wünscht Umstellung auf E-Card mit Foto und Ausweispflicht

In einem FPÖ-Entschließungsantrag wird die Bundesregierung aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die eine sofortige Umstellung von verlorengegangenen und gestohlenen E-Cards auf E-Cards mit Foto ermöglicht und eine Ausweispflicht im Zusammenhang mit noch nicht umgestellten E-Cards vorsieht. Laut Ärztekammer mehren sich nämlich die Fälle, in denen mehrere Patienten dieselbe Karte verwenden. Dieses Problem wird durch die Deckelung der Rezeptgebühren verschärft, weil aufgrund der fehlenden Kontrolle durch die Ärzteschaft, in Ermangelung eines Fotos auf der E-Card, vermehrt mit Missbrauch zu rechnen ist, in dem Sinne, dass falsche Rezeptgebührenbefreiungen angezeigt werden.

Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (V) wies darauf hin, dass jetzt schon die Ärzte verpflichtet sind, sollte ein Patient unbekannt sein, dessen Identität zu überprüfen. Außerdem habe man sich bei der Einführung der E-Card verpflichtet, diese weiterzuentwickeln.

Von einer guten Entscheidung sprach B-Abgeordnete Ursula Haubner, allerdings habe man in den letzten Jahren feststellen müssen, dass die E-Card nicht ganz fälschungssicher ist und missbräuchlich verwendet wird. Die Weiterentwicklung der E-Card wurde von Haubner begrüßt.

Abgeordneter Kurt Grünewald (G) wies darauf hin, dass von den ausgegebenen 8 Millionen E-Cards 30.000 Karten verloren oder gestohlen wurden; das entspreche 4 Promille und sei beileibe kein hoher Prozentsatz und somit eine vernachlässigbare Größenordnung.

Abgeordneter Karl Donabauer (V) meinte, man könne von einer ORF-Berichterstattung keine gesundheitspolitischen Maßnahmen ableiten, und wies darauf hin, dass die Regierungsparteien an der Evaluierung der E-Card arbeiten.

Bundesministerin Andrea Kdolsky sprach im Zusammenhang mit dem Anstieg der Arztbesuche davon, dass Fachärzte verstärkt besucht werden, dass es eine Auslagerung von intramuralen Leistungen in den extramuralen Bereich gab und dass aufgrund der kleineren Packungsgrößen der Medikamente chronisch Kranke zwecks Verschreibung der Medikamente öfter zum Arzt gehen müssen.

Mit Mehrheit wurde ein Vertagungsbeschluss gefasst.

Gleichfalls vertagt wurde die Behandlung des F-Antrags 574/A(E) betreffend Impfaktion und Aufnahme der Hepatitis A-Impfung in das Kinderimpfprogramm und der Bürgerinitiative "Ohne Verbot geht's auch - Gegen ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie" (8/BI).

Unter einem verhandelt wurden 6 Grüne Anträge. Auf Antrag des Antragstellers Wolfgang Pirkhuber (G) wurde einstimmig die Vertagung folgender Anträge beschlossen, um sich in der nächsten Ausschusssitzung damit ausführlicher auseinandersetzen zu können:

Antrag 340/A(E) betreffend Einführung eines möglichst niedrigen Grenzwertes für trans-Fettsäuren in Lebensmitteln, die in vielen Lebensmitteln wie Backwaren, Fast-Food-Produkten, Snacks, Keksen, frittierten Speisen und fetten Brotaufstrichen enthalten sind;

Antrag 361/A(E) bezüglich Ausweitung der Kennzeichnungspflicht auf verarbeitete Eier (z.B. Nudeln, Kuchen, Kekse, Backmischungen);

Antrag 250/A(E) zur Risiko- und Sicherheitsforschung in der Agro-Gentechnik und Schaffung einer Gastprofessur für interdisziplinäre Risiko- und Sicherheitsforschung an der Universität für Bodenkultur (Institut für den Ökologischen Landbau);

Antrag 75/A(E) betreffend besseren Schutz der KonsumentInnen vor Gentechnik-Lebensmitteln; die Kontrollen von relevanten Warengruppen (z.B. Mais, Soja, Reis) sollen verstärkt werden, um sicherzustellen, dass keine nicht zugelassenen gentechnisch veränderten Organismen (GVO) oder falsch gekennzeichnete Produkte in den Lebensmittelhandel gelangen.

Im Zusammenhang mit dem Antrag 166/A(E) bezüglich Importverbot für Gentechnikmais "MON863", der als Lebens- und Futtermittel in die EU und damit auch nach Österreich eingeführt werden darf, wurde einstimmig ein Abänderungsantrag beschlossen. Demnach wird die Gesundheitsministerin ersucht, unter Zugrundelegung des Vorsorgeprinzips und der Ergebnisse der in Auftrag gegebenen Studien sowie auf Basis des Gentechnikgesetzes bei Vorliegen entsprechender Studienergebnisse ein Importverbot für MON 863 und für die gentechnisch veränderten Rapssorten Ms8, Rf3 und Ms8xRf3 zu erlassen.

Damit ist der Antrag 346/A(E) (Importverbot für die gentechnisch veränderten Rapssorten Ms8, Rf3 und Ms8xRf3) miterledigt. (Schluss)