Parlamentskorrespondenz Nr. 362 vom 24.04.2008

RH-Ausschuss: Reform der Finanzmarktaufsicht auf gutem Weg

RH-Präsident Moser: Finanzprokuratur ist zweckmäßig und notwendig

Wien (PK) - Im Rechnungshofausschuss diskutierten die Abgeordneten unter der Vorsitzführung von Obmann Werner Kogler mit Rechnungshofpräsident Josef Moser, Finanzstaatssekretär Christoph Matznetter und den beiden Vorständen der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) Kurt Pribil und Helmut Ettl die aktuelle Situation der Banken- und Versicherungsaufsicht in Österreich.

Gegenstand der Verhandlung war ein überaus kritischer Gebarungsbericht des Rechnungshofes über den Zeitraum 2002 bis 2006, der ebenso wie die Ergebnisse des parlamentarischen Banken-Untersuchungsausschusses Anlass für die Reform der Finanzmarktaufsicht gegeben hatte, die der Nationalrat im vergangenen Herbst beschlossen hat. Bei der Beurteilung dieser Reform, die seit 1.1.2008 umgesetzt wird, gingen die Meinungen zwischen den Fraktionen auseinander. Während FPÖ und BZÖ nach wie vor für eine einheitliche Finanzmarktaufsicht eintraten, verteidigte Staatssekretär Matznetter das "Vier Augen-Prinzip" zwischen Finanzmarktaufsicht (FMA) und Nationalbank (OeNB) bei der Finanzmarktaufsicht und sprach von einer sehr erfolgreichen Reform.

Auch VP-Abgeordneter Konrad Steidl sah die FMA-Reform auf gutem Weg und die Hauptaufgabe darin, zu verhindern, dass Banken beim Versuch, "schnelles Geld zu machen", hohe Risiken eingingen. Abgeordneter Werner Kogler hielt die Eigentümerschaft privater Unternehmen bei der Notenbank für anachronistisch.

Rechnungshofpräsident Josef Moser, dessen Bericht (III-70 d.B.) einstimmig zur Kenntnis genommen wurde, beurteilte die Grundsatzentscheidung für eine Allfinanzaufsichtsbehörde positiv und zeigte sich erfreut darüber, dass 16 der 22 Empfehlungen des Rechnungshofes bereits umgesetzt wurden. Die vollständige Umsetzung der Reform werde der Rechnungshof in einem Follow-up-Verfahren überprüfen und dem Nationalrat darüber berichten.

Im Mittelpunkt der Debatte standen Mängel und Doppelgleisigkeiten in der Kooperation zwischen Finanzmarktaufsichtsbehörde und Oesterreichischer Nationalbank, die fehlende Effizienz von Aufsichtsinstrumenten und die bislang zu geringen Ressourcen für Vor–Ort–Prüfungen in den Banken.

Abgeordneter Erwin Hornek (V) bezeichnete die Systemveränderungen bei der Finanzmarktaufsicht als unerlässlich, um das Vertrauen der Sparer und Anleger zurückzugewinnen. 

Abgeordneter Gerhard Reheis (S) ging auf die einzelnen Kritikpunkte des Rechnungshofs ein, wobei er sich auf Vor-Ort-Prüfungen und Follow-up-Prüfungen konzentrierte und nach den Ursachen der 76-prozentigen Kostensteigerungen bei der FMA sowie nach den Ursachen für die hohe Fluktuation beim Personal erkundigte.

Abgeordneter Alois Gradauer (F) sah angesichts des katastrophalen Rechnungshofberichtes über kostspielige Doppelgleisigkeiten zwischen OeNB und FMA Handlungsbedarf.

Abgeordneter Josef Bucher (B) hielt es für unverständlich, dass bei der FMA-Reform keine allumfassende integrierte Finanzmarktaufsicht geschaffen wurde. Bucher drängte auf eine externe Rotation der Bankprüfer und wollte wissen, ob der Zielkonflikt zwischen OeNB und FMA mittlerweile gelöst werden konnte.

FMA-Vorstand Kurt Pribil antwortete, sein Institut habe die Kritik des Rechnungshofes sehr ernst genommen und bemühe sich gemeinsam mit der OeNB, Doppelgleisigkeiten zu vermeiden. FMA und OeNB setzten nun mehr Ressourcen für die Kontrolle der Banken und Wertpapierfirmen ein. Sowohl in der Analyse als auch bei den Vorort-Prüfungen sei durch die Reform ein "Sprung vorwärts" gelungen. Auch Follow-up-Prüfungen seien verstärkt worden und die Berichtspflicht der Prüfer sei nun gesetzlich verankert. Neue Schwerpunkte der FMA seien der Kampf gegen Marktmanipulationen und Insiderhandel und die Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofes. 50 % der Empfehlungen seien bereits umgesetzt, bei 30 % sah Pribil die FMA auf gutem Weg.

Österreich verfüge über eine wirkungsvolle Finanzmarktaufsicht, hielt Pribil mit Hinweis auf eine positive Stellungnahme des internationalen Währungsfonds fest. Aufsicht und Banken hätten sich als überaus schockresistent erwiesen. Das Engagement der Banken in den neuen EU-Mitgliedstaaten entwickle sich zu einer Erfolgsgeschichte. "So soll es bleiben", sagte Kurt Pribil.

Die Kostensteigerungen bei der FMA erklärte Pribil mit dem Nachholbedarf in der Personalentwicklung. Seit 2002 habe die Zahl der Mitarbeiter von 90 auf 230 zugenommen. Gegen die hohe Personalfluktuation setze die FMA ein Attractive-Programm mit Weiterbildungsmaßnahmen und Coaching für Führungskräfte um.

Finanzstaatssekretär Christoph Matznetter bezeichnete die Umsetzung der FMA-Reform als sehr erfolgreich und antwortete Abgeordnetem Josef Bucher, man habe auf eine zentrale Aufsichtsinstitution verzichtet, weil ein System der Checks and Balances zwischen zwei Institutionen und das Vier-Augen-Prinzip bei der Erfüllung von Aufsichtsaufgaben Vorteile biete. Dazu komme der Rechtsschutzaspekt. Die Bankenaufsicht habe enorme Machtmittel und könne von einem Institut verlangen, alles bis zur letzten Aktennotiz vorzulegen. Der Rechtsschutz für die beaufsichtigten Banken und Versicherungen sei durch das Vier-Augen-Prinzip besser gewährleistet als bei einer einzigen Aufsichtsinstitution. Das Problem der Doppelgleisigkeiten zwischen FMA und OeNB wurde ebenso gelöst wie die Mängel bei der Analyse durch Einrichtungen einer zentralen Datenbank, fügte der Staatssekretär hinzu.

Die externe Rotation der Bankprüfer hält der Finanzstaatssekretär grundsätzlich für sinnvoll, wies aber auf die höheren Kosten hin und schlug vor, bei Großbanken jeweils einen der beiden vorgesehenen Prüfer rotieren zu lassen.

Rechnungshofpräsident Josef Moser schickte voraus, die Entscheidung, eine Allfinanzaufsichtsbehörde zu schaffen, habe sich als positiv herausgestellt, ihr Ziel einer Optimierung der organisatorischen Abläufe sei aber nicht erfüllt worden. Der Rechnungshof habe daher 22 Empfehlungen abgegeben, von denen 16 bereits umgesetzt und sechs in Bearbeitung seien. Moser beurteilte dies positiv, sah aber nach wie vor Handlungsbedarf beim Ressourceneinsatz und bei den Follow-up-Prüfungen. Das Zusammenwirken von Nationalrat und Rechnungshof beim Thema Finanzmarktaufsicht habe gut funktioniert, sagte Präsident Moser und kündigte an, die vollständige Umsetzung der Reform in einer Follow-up-Prüfung zu überprüfen und dem Nationalrat darüber zu berichten.

Abgeordneter Manfred Haimbuchner (F) zeigte sich von der Check-and-Balance-Argumentation für eine doppelte Finanzmarktaufsicht nicht überzeugt, wäre sie zutreffend, müsste man auch zwei Rechnungshöfe und zwei Finanzministerien einrichten, sagte er pointiert.

Abgeordneter Erwin Kaipel (S) wollte Patt-Stellungen zwischen FMA und OeNB bei Entscheidungen über Prüfaufträge ausgeschlossen sehen.

Abgeordneter Gerald Hauser (F) hielt zwei Institutionen für die Finanzmarktaufsicht für ebenso wenig plausibel wie zwei Aufsichtsräte in einem Unternehmen. Ein einheitliches Kontrollorgan mit klarer Aufsichtsverantwortung würde Doppelgleisigkeiten vermeiden, unterstrich Hauser und mahnte Qualifikationsprofile für Staatskommissäre und ein Abwerbeverbot für Bankprüfer ein.

Abgeordneter Kurt Gaßner (S) erkundigte sich nach den noch nicht umgesetzten Empfehlungen des Rechnungshofes.

Abgeordneter Werner Kogler (G) erinnerte an die Feststellung des Untersuchungsausschusses, Bankprüfer würden "nicht wegen ihrer hohen Qualifikation" von Banken abgeworben. Dieses ernste Problem habe man bei der Novelle negiert, klagte Kogler und verlangte interne Regelungen und Soft-Skills der FMA, um der Personalabwerbung entgegen zu wirken. Für anachronistisch hielt Kogler die Eigentümerschaft privater Unternehmen bei der Notenbank. Dies führe dazu, dass Banken von einer Institution kontrolliert werden, bei der sie eine Eigentümerfunktion wahrnehmen. 

FMA-Vorstand Kurt Pribil kündigte auf eine diesbezügliche Frage des Abgeordneten Kurt Gaßner (S) die baldige Umsetzung von Rechnungshofempfehlungen in den Bereichen organisatorische Kompetenz, Geschäftsordnung, Elektronischer Akt sowie zur Lösung von Sonderproblemen bei der Markt- und Börsenaufsicht an.

Ein Abwerbeverbot für FMA-Mitarbeiter sei arbeitsrechtlich nicht möglich. Die FMA setze auf Soft-Skills, etwa auf Assessment-Centers bei Personalaufnahmen und auf die Rückerstattung von Ausbildungskosten.

FMA-Vorstand Helmut Ettl erläuterte Abgeordnetem Manfred Haimbuchner (F) die quantitative Zunahme der Gutachtertätigkeit in Relation zu den Vor-Ort-Prüfungen bei Banken mit Vorbereitungsarbeiten für die Genehmigung von Risikomanagement-Systemen zur Umsetzung der neuen gesetzlichen Anforderungen.

Eine Patt-Stellung bei der Entscheidung über Bankprüfungen halte er zwischen OeNB und FMA für praktisch ausgeschlossen, weil jede Ablehnung einer Prüfung begründet werden müsse. Werde bekannt, dass eine Bank um einen FMA-Mitarbeiter werbe, werde dieser umgehend von der Prüfung des betreffenden Instituts abgezogen.

Finanzstaatssekretär Christoph Matznetter verteidigte die Beibehaltung der Staatskommissäre, die eine kostengünstige zusätzliche Kontrolle gewährleisten und durch die Reform verpflichtet wurden, ihre Berichte in die zentrale Datenbank zu stellen. Maßnahmen gegen die Abwerbung von FMA-Mitarbeitern seien per Gesetz kaum zu regeln, meinte der Staatssekretär und sprach sich daher für interne Regelungen aus. Eine Enteignung von OeNB-Eigentümern sei unmöglich. Es gäbe aber Anreize für die Eigentümer, ihre Anteile zu verkaufen.

Abschließend bezeichnete Rechnungshofpräsident Moser das Zusammenwirken des Nationalrates und des Rechnungshofes beim Thema Finanzmarktaufsicht als gut. Man habe Doppelgleisigkeiten zwischen der Prüfung des Rechnungshofes und der Tätigkeit des Bankenuntersuchungsausschusses vermieden, sagte Präsident Moser, der sich auch dankbar zeigte für die wohlwollende Aufnahme der Empfehlungen des Rechnungshofes durch die Abgeordneten. Die Prüfergebnisse des Rechnungshofes seien eine Grundlage für die FMA-Reform, sagte der Rechnungshofpräsident.

RH-Präsident Moser: Finanzprokuratur ist zweckmäßig und notwendig

In der anschließenden kurzen Debatte über die Ergebnisse der Gebarungsüberprüfung der Finanzprokuratur stellte Rechnungshofpräsident Josef Moser fest, die Finanzprokuratur sei aufgrund ihrer hohen Erfolgsquote und ihrer günstigen Wertschöpfung als eine zweckmäßige und notwendige Einrichtung des Bundes anzusehen. Die von Finanzstaatssekretär Christoph Matznetter erläuterte Absicht, den Aufgabenbereich der Finanzprokuratur um die Rechtsberatung für Gebietskörperschaften zu erweitern, begrüßte Moser ausdrücklich und hielt auch den Vorschlag des Abgeordneten Kurt Gaßner (S), die Finanzprokuratur für die Rechtsberatung von Gemeinden heranzuziehen, für positiv, sofern die Personalressourcen dafür ausreichten. V-Abgeordneter Gabriele Tamandl teilte der Rechnungshofpräsident mit, er bewerte die Umsetzung seiner Empfehlungen durch die Finanzprokuratur positiv. (Fortsetzung)