Parlamentskorrespondenz Nr. 267 vom 30.03.2009

Parlamentarier aus Luxemburg im Hohen Haus - Thema Finanzkrise

Österreicher und Luxemburger einig: Kleine Länder ohne Schuld

Wien (PK) - Mitglieder des Finanz- und Budgetausschusses der Luxemburger Abgeordnetenkammer besuchten heute mit ihrem Vorsitzendem Laurent Mosar an der Spitze das österreichische Parlament und wurden vom Stellvertretenden Vorsitzenden des Finanzausschusses Kai Jan Krainer begrüßt und zu einer zweistündigen Aussprache über aktuelle internationale Finanzfragen gebeten, an der auf österreichischer Seite auch die Abgeordneten Michael Ikrath (V), Werner Königshofer (F), Robert Lugar (B) und Bundesrat Stefan Schennach (G) teilnahmen.

Der Gedankenaustausch mit den Gästen aus Luxemburg, die sich derzeit auf einer Informationsreise durch mehrere europäische Länder befinden, wurde von Kai Jan Krainer (S) mit den Worten eingeleitet "Wir leben in turbulenten Zeiten". Zentrale Themen waren die internationale Diskussion über Bankgeheimnis und Steueroasen, die Ursachen der Weltfinanzkrise und die Rolle der EU bei ihrer Bewältigung sowie die Themen Steuergerechtigkeit, europäische Steuerharmonisierung und das neue Haushaltsrecht in Österreich, das Abgeordneter Krainer den Luxemburger Parlamentariern erläuterte.

Das österreichische Bankgeheimnis sei kein Mittel zur Steuerhinterziehung, es stelle für die Österreicher aber ein wichtiges Symbol dar. Es sei rechtlich und technisch noch offen, ob die für Ausländer geplanten Änderungen im Bankwesengesetz oder in Doppelbesteuerungsabkommen verankert werden sollen.

Mehr als ein Symbol sah Abgeordneter Michael Ikrath (V) im österreichischen Bankgeheimnis. Es sei ein Ausdruck der österreichischen Staatskonstruktion und zähle zu den Grundrechten der Bürger. Es schütze Steuerbetrüger nicht, seine Partei werde das Bankgeheimnis daher verteidigen und dafür sorgen, dass Konten nur bei begründetem Verdacht geöffnet werden können.

Auch Abgeordneter Werner Königshofer (F) erteilte Konzepten für den "gläsernen Menschen" eine klare Absage und sprach sich auch gegen eine Differenzierung etwa zwischen deutschen und österreichischen BankkundInnen aus.

Abgeordneter Robert Lugar (B) meinte, die BürgerInnen hätten andere Sorgen als die Frage des Bankgeheimnisses, seine Fraktion werde sich die geplante Umsetzung genau anschauen und warnte davor, beim Bankgeheimnis "das Kind mit dem Bade auszuschütten".

Bundesrat Stefan Schennach (G) zeigte Verständnis für die Forderung, Steueroasen zu schließen und das europäische Steuerwesen im Sinne der Solidarität und einer vertieften EU zu harmonisieren, und sprach sich für eine schrittweise Änderung des Bankwesengesetzes aus, ohne so weit gehen zu wollen wie etwa Deutschland oder Schweden.

Der luxemburgische Delegationsleiter Laurent Mosar (CSV) warnte vor Übertreibungen in der Diskussion über das Bankgeheimnis und wandte sich gegen den Eindruck, Steuerhinterziehung hätte die globale Finanzkrise ausgelöst. Man sollte die Krise nicht dazu benützen, um Druck auf kleine Länder auszuüben. Im Falle einer Informationspflicht über Konten ausländischer Bankkunden schlug Mosar vor, über eine Änderung der Zinsenbesteuerungsrichtlinie zu diskutieren, die ab 2011 eine Erhöhung des Quellensteuersatzes von 15 % auf 35 % vorsieht. Beim Thema Ursachen der Finanzkrise nannte Mosar die ungesunde Vermischung zwischen den Funktionen von Investmentbanken und traditionellen Geschäftsbanken, diese Funktionen gelte es künftig zu trennen.

Francois Bausch (Parti dei Greng)) wollte das Thema Steuergerechtigkeit global diskutieren, Mindestsätze bei der Unternehmensbesteuerung in der EU einführen und Maßnahmen gegen das Steuerdumping setzen. Die Weltfinanzkrise führte Bausch auf die Liberalisierungspolitik seit den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts zurück und forderte rechtsverbindliche internationale Entscheidungen, aber ohne neue Institutionen schaffen zu wollen, denn dafür habe man jetzt keine Zeit.  

Charles Goerens (DP) wandte sich gegen eine steuerliche Gleichschaltung Europas und sprach sich für Steuerwettbewerb, aber für Maßnahmen gegen Steuerdumping aus. Er lehne jede Steuerhinterziehung ab, hielt es aber für falsch, Steueroasen als Sündenböcke und Ursache der Finanzkrise darzustellen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) hielt die Steuergerechtigkeit für ein wichtiges Zukunftsthema, da sich die Relation bei der Besteuerung von Arbeit und Kapital stark zu Gunsten des Kapitals verschoben habe. Die Kernfrage laute, wie gesellschaftliche Aufgaben in Zukunft finanziert werden sollen. Eine bloße Harmonisierung der Bemessungsgrundlage der Unternehmensbesteuerung in der EU reiche nicht aus, im Gegenteil, dies würde den Steuerwettbewerb verschärfen, weil es dem mobilen Kapital die Kalkulation von Steuervorteilen erleichtern würde.

Abgeordneter Robert Lugar (B) analysierte die Weltfinanzkrise als Folge des geltenden Zinseszinssystems, das von Zeit zu Zeit Kreditblasen erzeuge und die Gefahr einer Hyperinflation mit sich bringe. Es gelte das gesamte Finanzsystem auf solide Beine zu stellen.

Die Gäste aus Luxemburg berichteten von der intensiven Beschäftigung ihres Parlaments mit den Ursachen der Krise, betonten die Notwendigkeit einer neuen Finanzarchitektur und bedauerten zugleich, dass dafür erst vage Vorstellungen existierten. Einig zeigten sich Österreicher und Luxemburger darin, dass der Protektionismus eine Gefahr für die Weltwirtschaft darstelle. Allgemein wurde auch das Bedauern darüber ausgesprochen, dass die EU mangels politischer Führung die Schlüsselrolle, die ihr bei der Neuordnung der Weltwirtschaft zukommen sollte, nicht spielen könne.

Auf eine Frage des Abgeordneten Roger Negri (LSAP) erläuterte Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) die österreichische Haushaltsrechtsreform, die das Ziel hat, mehr Transparenz in die Haushaltspolitik zu bringen, Bundeseigentum umfassend zu bewerten sowie das Gender Budgeting und eine wirkungsorientierte Budgetpolitik einzuführen.

Am Nachmittag setzten die luxemburgischen Gäste ihre Gespräche im Parlament mit BundesrätInnen fort. (Fortsetzung)