Parlamentskorrespondenz Nr. 397 vom 08.05.2009

Prammer: Krise ist nur mit den Frauen zu bewältigen

NR-Präsidentin spricht bei Parlamentarier-Konferenz in Genf

Genf (PK) – Die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise sei eine große Herausforderung und berge besondere Gefahren für Frauen, ist Nationalratspräsidentin Barbara Prammer überzeugt: „Frauen sind von Marginalisierung und Benachteiligung bedroht. Und sie sind besonders armutsgefährdet.“ Darauf müssten alle Maßnahmen gegen die Krise abzielen, forderte Prammer heute in Genf vor einer Parlamentarier-Konferenz. Eine massive Diskriminierung von Frauen sei mit allen Mitteln zu verhindern.

Prammer war von der Interparlamentarischen Union (IPU) eingeladen worden, als Keynote Speaker die Auswirkungen der globalen Krise auf Frauen darzustellen und politische Konsequenzen daraus zu formulieren. Volle Integration in den Arbeitsmarkt, Investitionen in Bildung, Gesundheitssysteme und Kinderbetreuung hätten Priorität, argumentierte die NR-Präsidentin: "Frauenarbeit darf nicht reduziert werden auf Teilzeitjobs oder prekäre Arbeitsverhältnisse."

In nahezu allen Ländern seien Fortschritte in der Geschlechterfrage erzielt worden und es dürfe hier keinen Rückfall geben. Gleichberechtigung und die Teilhabe von Frauen in allen Gesellschaftsbereichen seien unumkehrbar, sagte Prammer: "Gerade in schwierigen Zeiten können wir es uns nicht leisten, auf die Stärken und Talente der Frauen zu verzichten."

Doch die Situation der Frauen drohe sich zu verschlechtern, warnte Prammer: Aus Vollzeit- würden vielfach Teilzeitjobs, viele Frauen würden in prekäre Arbeitsverhältnisse oder in unbezahlte Familienarbeit abgedrängt, Arbeitslosigkeit werde generell zunehmen. Bereits jetzt befänden sich viele Frauen in atypischen Beschäftigungsverhältnissen mit geringer sozialer Absicherung, führte Prammer aus: "Verlust von Arbeit bedeutet daher extreme Armutsgefährdung."

Wirtschaftliche Aktivität sei von entscheidender Bedeutung, damit Frauen – speziell ärmere – Zugang zum öffentlichen Leben erlangen und neue Rollen einnehmen können, führte Prammer weiter aus. Selbstverständlich brauche es für die einzelnen Regionen unterschiedliche Maßnahmen. So arbeite die überwiegende Mehrheit der Frauen in Afrika südlich der Sahara und Südasien im Agrarsektor. Ländliche Entwicklung, Investitionen in die agrarische Infrastruktur und in Bildung in diesen Regionen würde Frauen nicht nur besser qualifizieren, sondern würde zudem die Produktivität steigern und damit ihre wirtschaftlichen Möglichkeiten stärken. Es sei darum wichtig, so Prammer, dass der Zugang zu Mikrofinanzkrediten in diesen Regionen nicht erschwert wird, da in erster Linie Frauen Nutznießerinnen dieser Kredite seien.

Betroffen von der Krise sind laut Prammer vielfach auch Migrantinnen, vor allem solche, die im Pflegebereich und im Haushalt arbeiten. Job-Verlust und als Folge daraus reduzierte Geldüberweisungen in ihre Heimatländer würden für ihre Familien wirtschaftliche Härten bringen.

"Gleichstellung der Geschlechter muss Grundprinzip in allen Politikbereichen sein", erklärte Prammer. Eines der wichtigsten Instrumente dazu sei Gender Budgeting. Die Präsidentin berichtete, dass in Österreich seit Beginn dieses Jahres ein diesbezügliches Verfassungsgesetz in Kraft ist. Demnach muss die Gleichbehandlung von Frauen und Männern im gesamten Budgetprozess auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene gewährleistet sein.

"Wir dürfen es nicht allein unseren Regierungen überlassen, Gleichbehandlung weiter voranzutreiben", appellierte Prammer: "Wir als Parlamentarierinnen und Parlamentarier spielen eine entscheidende Rolle in diesem Prozess und wir müssen gewährleisten, dass Antidiskriminierungsprogramme verstärkt werden."

Wesentliche Voraussetzung für die Bewältigung der Krise ist für Prammer, dass – in der Politik gleichermaßen wie in der Wirtschaft – mehr Frauen in führenden Positionen vertreten sind. Frauen würden Frauenbelange besser vertreten. Quoten seien ein taugliches Mittel, um dieses Ziel zu erreichen. Norwegen sei hier Vorbild: Per Gesetz müssen dort Aufsichtsräte von Aktiengesellschaften einen Frauenanteil von 40 Prozent haben. Prammer: "Ich bin für diese Art von Quote, um die Teilhabe von Frauen sicherzustellen." (Schluss)