Parlamentskorrespondenz Nr. 1002 vom 09.12.2010

Budgetausschuss verabschiedet Budgetbegleitgesetz

Opposition kritisiert Steuererhöhungen und vermisst Reformen

Wien (PK) – Das Budgetbegleitgesetz hat die erste parlamentarische Hürde genommen. Nach rund dreistündiger Debatte stimmte der Budgetausschuss des Nationalrats mit SP-VP-Mehrheit dem Gesetzentwurf der Regierung zu. Änderungen wurden lediglich in einigen Detailbereichen, etwa beim "fiktiven Ausgedinge", vorgenommen.

Durch das Budgetbegleitgesetz werden insgesamt 144 Gesetze geändert und 10 neue Gesetze geschaffen. Die Maßnahmen reichen von der Einführung der Bankenabgabe und der Flugticket-Steuer über das schrittweise Auslaufen der Hacklerregelung bis hin zur Schaffung eines "Papamonats" für den öffentlichen Dienst.

Abgelehnt wurde das Gesetz von den Oppositionsparteien, die ihre Kritik vor allem gegen Kürzungen bei den Familien und Steuererhöhungen richteten und überdies Reformen vermissten. Die Regierungsparteien verwiesen hingegen auf die unbedingte Notwendigkeit des Sparkurses und meinten zudem, im internationalen Vergleich sei das Paket in besonderem Maße sozial ausgewogen.

Abgeordneter Martin Bartenstein (V) etwa wertete das vorliegende Gesetz als Beweis dafür, dass auf Kritik und Verbesserungsvorschläge reagiert wurde. Dieses Paket sei geeignet, Österreich auf Kurs zu halten und seine Reputation als Land mit einem verantwortlichen und konsolidierten Staatshaushalt zu sichern, war er überzeugt.

Abgeordneter Christoph Matznetter (S) ist sich, wie er sagte, einiger Härten im Familienbereich durchaus bewusst, sieht zu den diesbezüglichen Maßnahmen aber keine Alternativen. Er gab allerdings zu bedenken, seiner Fraktion wären Vermögenssteuern lieber gewesen. Was die Verwaltungsreform betrifft, sprach Matznetter von einem herzeigbaren Prozess und machte vor allem auf die Vorreiterrolle Österreichs beim E-Government aufmerksam.

Abgeordneter Norbert Hofer (F) kritisierte hingegen den erschwerten Zugang zu den Pflegestufen eins und zwei als falschen Schritt und warnte, nun müsse mehr als bisher auf teurere professionelle Dienste zurückgegriffen werden. Kein Verständnis zeigte er auch für die Fristerstreckung bei den Maßnahmen zur Herstellung von Barrierefreiheit. Sein Fraktionskollege Abgeordneter Alois Gradauer rechnete vor, dass die Steuererhöhungen insgesamt sieben Milliarden Euro ausmachten und in erster Linie die Familien treffen. Die Regierung habe es verabsäumt, in den Bereichen Verwaltungsreform, Gesundheitsreform und Pensionsreform tätig zu werden, bemängelte er und vermisste insbesondere Bürokratieabbau und Vereinfachungen im Steuerrecht. Die Bankenabgabe wiederum würde, wie Gradauer befürchtet, zu Lasten der Kunden gehen.

Abgeordnete Ruperta Lichtenecker (G) zeigte sich skeptisch hinsichtlich der Erhöhung der Forschungsprämie und wandte ein, diese werde bloß einigen wenigen großen Unternehmen zugutekommen. Besser wäre eine Staffelung der Erhöhung nach der Unternehmensgröße gewesen. Darüber hinaus forderte Lichtenecker die Regierung auf, mehr Geld in die Grundlagenforschung und in die Finanzierung der Universitäten zu investieren. Mit Nachdruck lehnte die Grün-Sprecherin Kürzungen der Entwicklungszusammenarbeit ab, wobei sie kritisierte, Österreich saniere sein Budget auf Kosten der Ärmsten.

Abgeordneter Rainer Widmann (B) sprach sich ebenso wie Abgeordneter Roman Haider (F) gegen die Flugticket-Abgabe aus, in der er eine Belastung für Mittelstandsfamilien, aber auch eine Gefährdung des Wirtschaftsstandortes sah. Schwere Bedenken brachte Widmann weiters gegen die Erhöhung der Mineralölsteuer und den Wegfall der NOVA-Befreiung für Behinderte vor. Abgeordneter Robert Lugar (B) diagnostizierte bei der Regierung Reformverweigerung und ortete darin das Hauptproblem des vorliegenden Budgets.

Abgeordneter Peter Fichtenbauer (F) übte Kritik an der Erhöhung von Gerichtsgebühren und den seiner Ansicht nach viel zu hohen Gebühren für Aktenkopien. Zudem lehnte er die Verkürzung des "Gerichtsjahrs" auf fünf Monate vehement ab. Durch die neuen Bestimmungen im Strafgesetzbuch bezüglich fahrlässiger Körperverletzung müssten Fichtenbauer zufolge leicht verletzte Opfer von Verkehrsunfällen Schmerzensgeld nun auf eigenes Risiko einklagen.

Abgeordneter Maximilian Linder (F) wertete die Sparmaßnahmen im Familienbereich als zu weitgehend und sprach sich stattdessen für weniger Bürokratie aus, wobei er insbesondere die den Gemeinden auferlegten Auflagen kritisierte.

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (G) lehnte vor allem Kürzungen der Familienbeihilfe für Studierende und für arbeitsuchende Jugendliche ab.

Abgeordneter Werner Kogler (G) gab in Richtung BZÖ zu bedenken, wenn man zum Schluss komme, dass der österreichische Schuldenberg zu hoch sei, könne man nicht gleichzeitig gegen Sparmaßnahmen und gegen Steuererhöhungen sein. Die immer wieder genannten Einsparungspotentiale in der Verwaltung von bis zu 10 bzw. 13 Mrd. € sind seiner Meinung nach nicht erzielbar. Realistischer Weise ist ihm zufolge bestenfalls 1 Mrd. € einsparbar. Kritisch äußerte sich Kogler zum Umstand, dass im Bereich der Wirtschaftsförderung kaum Kürzungen vorgenommen worden seien, zudem bezweifeln er und Abgeordnete Lichtenecker, dass durch die Bankenabgabe tatsächlich ein Nettoertrag von 500 Mio. € erzielt wird.

Abgeordneter Günter Stummvoll (V) hingegen rief die Opposition auf, über den Tellerrand hinauszublicken, und stellte fest, das österreichische Sparpaket sei ausgewogen und im internationalen Vergleich eigentlich "unglaublich harmlos". Nichts wäre jedenfalls familienfeindlicher als "unsere Schulden auf unsere Kinder zu schieben", warnte er. Sein Fraktionskollege Wilhelm Molterer zeigte kein Verständnis für Kritik von Abgeordnetem Fichtenbauer an der Auslagerung der Forstverwaltung am Truppenübungsplatz Allentsteig und sprach sich für eine engere Zusammenarbeit von Gemeinden, etwa in Form von Gemeindeverbänden, aus.

Staatssekretär Josef Ostermayer meinte zu den Einsparungen im Pflegebereich, es seien keinerlei Einschränkungen bei jenen Menschen vorgenommen worden, die derzeit eine Leistung beziehen. Änderungen gebe es somit nur für zukünftige Bezieher. Die Vermögenszuwachssteuer wiederum interpretierte er als Systemwandel, der das Verstecken der Gewinne in Zukunft nicht mehr möglich machen werde. Die Flugticket-Abgabe sah er durch den Gleichklang mit Deutschland gerechtfertigt. Was die Erhöhung der Mineralölsteuer betrifft, rechnet Ostermayer damit, dass diese Maßnahme in erster Linie ausländische Frächter betreffen werde und darüber hinaus durch die Reduzierung der LKW-Steuer und die Anhebung der Pendlerpauschale abgefedert sei.

In Bezug auf den Bürokratieabbau stellte der Staatssekretär fest, Österreich sei Weltmeister im Bereich des E-Government. Zudem wies er auf den schrittweisen Personalabbau sowie die vielen kleinen Schritte im Bereich der Verwaltungsreform hin, die ihm zufolge langfristig ein Einsparungspotential von 1,4 Mrd. € bringen.

Zur Kritik von Abgeordnetem Fichtenbauer merkte Ostermayer an, jeder einzelne Minister und jede einzelne Ministerin habe sich intensiv bemüht, den vorgegebenen Konsolidierungsbedarf zu erreichen. Justizministerin Claudia Bandion-Ortner hätte alternativ zu ihren Sparvorschlägen auch eine Gerichtsebene streichen oder die Zusammenlegung von Bezirksgerichten vorschlagen können, meinte er, was aber viel größere Proteste verursacht hätte. Kaum liege ein Sparmaßnahme am Tisch, kämen sofort Gegenargumente, konstatierte Ostermayer.

Staatssekretär Andreas Schieder unterstrich, volkswirtschaftlich, verteilungspolitisch und budgetpolitisch sei es sinnvoll gewesen, nicht auf die Einnahmeseite zu verzichten. Wichtig sind für Schieder im Bildungsbereich vor allem die 80 Mio. Euro für die Schaffung von Ganztagsschulplätzen. Mit Nachdruck betonte er überdies, dass die Finanzierungsvereinbarung mit den Universitäten von den Konsolidierungsmaßnahmen nicht berührt werde.

Was die Bankenabgabe betrifft, zeigten sich sowohl Schieder als auch Staatssekretär Reinhold Lopatka überzeugt, dass daraus wie geplant Einnahmen in der Höhe von 500 Mio. € erzielt werden. Schieder wies darauf hin, dass die Bemessungsgrundlage für die nächsten Jahre mehr oder weniger "versteinert" worden sei und es damit zu keinen großen Verschiebungen kommen könne. Die gegenüber den ursprünglichen Plänen niedrigere Bemessung begründete Lopatka gegenüber Abgeordneter Lichtenecker mit genaueren Berechnungen durch die Oesterreichische Nationalbank.

Lopatka und Schieder machten darüber hinaus auf verschiedene Schritte der Verwaltungsreform im Wege des E-Government aufmerksam und kündigten weitere Verhandlungen mit den Ländern, etwa über die Bereiche Stabilitätspakt, Deregulierung sowie Pflege und Gesundheit, an. Die Gruppenbesteuerung wurde von Lopatka als wichtiger Standortvorteil für Österreich verteidigt.

Bei der Abstimmung wurde der Regierungsentwurf mit den Stimmen der Koalitionsparteien angenommen. Berücksichtigt wurde dabei auch ein von Abgeordnetem Wilhelm Molterer (V) eingebrachten V-S-Abänderungsantrag, der in erster Linie der Beseitigung von Redaktionsfehlern und technischen Änderungen dient, in Detailbereichen aber auch inhaltliche Aspekte betrifft.

So sieht er etwa eine stufenweise Absenkung des so genannten "fiktiven Ausgedinges" von derzeit 20 % auf 15 % bis zum Jahr 2014 vor, was laut Erläuterungen zu Mehraufwendungen für die Pensionsversicherung bzw. den Bund von 3,5 Mio. im Jahr 2011 und 17,5 Mio. € im Jahr 2014 führt. Mehr Geld gibt es auch für den Familienlastenausgleichsfonds – er wird 2011 zu Lasten der Ertragsanteile des Bundes um 78,27 Mio. € und ab 2012 um 85,67 Mio. € höher dotiert und nicht wie ursprünglich vorgesehen um jährlich 66,67 Mio. €.

Einstimmig billigte der Ausschuss einen gemeinsamen Antrag aller fünf Fraktionen, der im Rahmen der Beratungen über das Budgetbegleitgesetz vorgelegt wurde. Dabei geht es insbesondere um die Geltendmachung höherer Aufwendungen durch erheblich behinderte Abgeordnete und um Aufwendungen für parlamentarische MitarbeiterInnen. (Schluss)