Parlamentskorrespondenz Nr. 389 vom 14.04.2011

Bundesräte beziehen Stellung zu Arbeitsmarkt- und Sozialthemen

Minister: Arbeitsmarkt gut für Öffnung gerüstet - FP bleibt skeptisch

Wien (PK) - Der jüngste Nationalratsbeschluss für ein Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz gab den Bundesräten Gelegenheit, die Situation auf dem heimischen Arbeitsmarkt vor dessen Öffnung für BürgerInnen aus den "EU-8-Staaten" am 1. Mai 2011 zu analysieren. Häufigere Kontrollen und strengere Strafen bei Verstößen gegen Entlohnungsbestimmungen riefen keinen Einspruch der Ländervertreter hervor. Unbeeinsprucht blieb auch eine Novelle zum Ausländerbeschäftigungsgesetz mit schärferen Strafen und neuen Bestimmungen für den Zuzug von Arbeitskräften im Hinblick auf die Einführung der "Rot-Weiß-Rot-Karte".

Scharfe Kontrollen und strenge Strafen gegen Lohn- und Sozialdumping

Bundesrat Gerd KRUSCHE (F/St) warf der Regierung vor, auf die Öffnung des österreichischen Arbeitsmarktes für Bürger aus den neuen EU-Mitgliedstaaten dilettantisch zu reagieren, und warnte, Lohn- und Sozialdumping werde man durch das vorliegende Gesetz nicht verhindern können. Er befürchtete Nachteile für die heimischen Arbeitnehmer in Form von Einkommenseinbußen und Entlassungen als Folge einer massiven Zuwanderung und wies auf die nach wie vor bestehenden großen Lohnunterschiede hin. Auch sei die rechtliche Verfolgung von Gesetzesverstößen nicht gesichert. Heftig kritisierte er überdies die Rot-Weiß-Rot-Card, in der er ein zusätzliches Einwanderungsinstrumentarium sah. Die Regierung verzichte auf eine Bildungs- und Qualifizierungsoffensive und hole dafür lieber Ausländer ins Land, fasste Krusche seinen Unmut über das Gesetz zusammen.

Bundesrat Gerald KLUG (S/St) erwiderte, es gehe nicht an, mit Polemik Ängste zu schüren und durch "miesesten Populismus" einfachen Stimmenfang zu betreiben. Klar sei vielmehr, dass die Wanderungsmotivation nicht nur vom Einkommen, sondern auch von den Kaufkraftdisparitäten abhänge. Mit einem starken Zuzug ausländischer Arbeitskräfte sei daher nicht zu rechnen, war Klug überzeugt. Das Gesetz bedeute mit seinem Abstellen auf den Kollektivvertrag einen Paradigmenwechsel im Arbeitsrecht und schließe eine Lücke zur Bekämpfung des Sozialbetrugs. Geschützt würden im übrigen nicht nur die heimischen Arbeitnehmer, sondern auch die redlichen Unternehmer, unterstrich Klug.

Bundesrat Hermann BRÜCKL (F/O) konterte, die SPÖ verschließe die Augen vor der Realität, es werde auf Grund des Lohngefälles sehr wohl zu Wanderungsbewegungen kommen. Die Zuwanderung sei aber der falsche Weg, auf Arbeitskräftemangel zu reagieren. Wichtiger wäre eine Ausbildungsoffensive für die heimischen Arbeitskräfte. In Summe meinte Brückl, dieses Gesetz orientiere sich nicht an den Bedürfnissen der Österreicher, sondern an den Bedürfnissen der Zuwanderer.

Bundesrätin Martina DIESNER-WAIS (V/N) sah in dem Gesetz hingegen eine Möglichkeit, durch transparente Richtlinien Menschen, die der österreichische Arbeitsmarkt braucht, gezielt anzusprechen und dadurch die heimische Wirtschaftsleistung zu verstärken. Es könne Österreich nur gut tun, wenn hochqualifizierte Arbeitskräfte zuwandern.

Bundesrätin Cornelia MICHALKE (F/V) befürchtete hingegen, dass auf diesem Gebiet sehr wohl Probleme auf das Land zukommen würden. Lohndumping sei eine ernste Gefahr, die nicht nur die Interessen der Arbeitnehmer bedrohe, sondern auch den fairen Wettbewerb zwischen den Unternehmern untergrabe. Die Rednerin ging auf konkrete Problemlagen ein und zitierte dabei auch kritische Expertenmeinungen zum Thema. Die Rednerin teilte diese Bedenken und erklärte, sie könne dieser Vorlage daher nicht zustimmen.

Bundesminister Rudolf HUNDSTORFER votierte für ein Österreich inmitten Europas, das auch weiterhin von der EU profitiere, wie das auch bisher der Fall gewesen sei. Die Freiheitlichen wollten anscheinend eine "Käseglocke" über dem Land, einen Nachtwächterstaat. Die EU aber habe real dafür gesorgt, dass derartige Wanderungsbewegungen ausblieben, da das Lohnniveau in Brno oder Bratislava nur noch um 20 Prozent unter jenem von Ostösterreich liege.

Der österreichische Arbeitsmarkt sei schrittweise durch die Bundesregierung vorbereitet worden, sodass auch die kommende Änderung der Rahmenbedingungen keine negativen Folgen zeitigen werde, kündigte das Regierungsmitglied an, das auch darauf hinwies, dass man auch weiterhin sehr aufmerksam sein werde, sodass Verstöße gegen die geltenden Gesetze wie bislang rasch geahndet würden. Man solle also keine Angst vor einem gemeinsamen Europa haben, denn man sei in jeder Hinsicht gerüstet, wozu eben auch das vorliegende Gesetz diene.

Bundesrat Efgani DÖNMEZ (oK/O) forderte die Freiheitlichen auf, über den Tellerrand hinauszublicken. Österreich profitiere von der Ostöffnung. Die Ausländer zahlten mehr in das Sozialsystem ein, als sie daraus entnähmen, die Probleme lägen also ganz woanders. So gelte es, auf die Zunahme prekärer Jobs entsprechend zu reagieren, denn immer mehr arbeitende Menschen könnten von ihrer Arbeit ihren Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten. Konkret leide der gesamte Dienstleistungssektor unter mangelhaften Löhnen, die noch dazu weiter fielen. Hier müsse endlich entsprechend gegengesteuert werden. Es brauche ein System, das ein Abrutschen in die Armut a priori unterbinde, und ein Weg hierzu wäre die bedarfsorientierte Grundsicherung. Die Vorlage sei ein erster Schritt in die gewünschte Richtung, weitere müssten jedoch folgen.

Bundesrätin Juliane LUGSTEINER (S/N) erläuterte detailliert die Inhalte der Regierungsvorlage und zeigte sich überzeugt davon, dass mit diesem Entwurf die angestrebten Ziele erreicht werden würden, weshalb sie die Annahme der Vorlage empfahl.

Bundesrätin Angelika WINZIG (V/O) lieferte einen Überblick über die aktuelle Lage am Arbeitsmarkt, die es geboten erscheinen lasse, genau dort ausländische Arbeitskräfte einzusetzen, wo entsprechender Mangel konstatiert werden müsse. Das vorliegende Paket trage den Erfordernissen und Bedürfnissen Rechnung, es sei daher zu begrüßen, da es eine positive Weiterentwicklung des heimischen Arbeitsmarktes bewirken werde.

Bundesrat Peter MITTERER (F/K) wies auf das Problem der grenznahen Bereiche hin, wo die Gefahr bestehe, dass ausländische Arbeitskräfte täglich einpendelten, was den dortigen Arbeitsmarkt gefährden könne. Hier müssten entsprechende Vorkehrungen getroffen werden.

Bundesminister Rudolf HUNDSTORFER erinnerte daran, dass man in einem gemeinsamen Europa lebe. Schließlich pendelten täglich viele Oberösterreicher nach Deutschland und zahlreiche Vorarlberger in die Schweiz aus, sodass man sagen könne, unter dem Strich gleiche sich alles aus.

Bundesrat Franz PERHAB (V/St) wies darauf hin, dass die größte Zuwanderung aus dem EU-Raum nach Österreich durch Deutsche erfolge, was belege, dass die Situation nicht so einfach sei, wie sie hier mancherorts dargestellt werde. Die Regierung habe jedenfalls adäquat reagiert, was die erhofften Effekte haben werde. - Kein Einspruch.

Was bringt die neue Europäische Sozialcharta?

Mehrheitliche Zustimmung erhielt eine Revision der Europäischen Sozialcharta zum Ausbau sozialer Rechte, einhellig passierte ein Internationales Übereinkommen zur Verbesserung des Arbeitnehmerschutzes die Länderkammer.

Bundesrat Stefan SCHENNACH (S/W) erläuterte den Hintergrund, vor dem die europäische Sozialcharta seinerzeit entstanden sei. Es gehe dabei darum, sich zu fragen, wie man es schaffe, gleiche soziale Rechte und gleiche Durchsetzung der Menschenrechte in ganz Europa zu erzielen. Auf diesem Gebiet habe man viele Erfolge erzielt, was ebenso erfreulich sei wie der Umstand, dass die Sozialcharta jedes Jahr auf ihre Effizienz hin evaluiert werde.

Auch die jüngsten Fortschritte auf diesem Gebiet hielt der Redner für begrüßungswert, wobei er diese in der Folge detailliert erläuterte. Dies umso mehr, so der Redner, als die Grundrechte laufend ausgeweitet und verbessert worden seien. Somit könne man sagen, diese Charta des Europarates sei ein wesentlicher Baustein der sozialen Demokratie, und es sei wünschenswert, ein solches Dokument auch einmal in der EU zu haben.

Bundesrat Edgar MAYER (V/V) bezeichnete den Vertrag als eine große Errungenschaft des Europarats, der etwa auch gesunde Arbeitsbedingungen und ein gerechtes Entgelt festschreibt. Was die Revision des Vertrags betrifft, so hob der Bundesrat die Bestimmungen zum bezahlten Jahresurlaub, zur Informationspflicht der Beschäftigten, zum Kündigungsschutz und zum Verbot von Jugendarbeit in gefährlichen Bereichen hervor. Der Mutterschutz von 14 Wochen sowie die erweiterten Schutzbestimmungen von Frauen, das alles sei ein Beweis für die positive soziale Weiterentwicklung Europas. In Österreich sei vieles von dem seit langem umgesetzt, etwa auch im Hinblick auf die Gleichberechtigung behinderter Menschen.

Bundesrat Efgani DÖNMEZ (G/O) merkte kritisch an, dass Österreich einige Teile der neuen Bestimmungen für nicht verbindlich erklärt, was einer Liste aller nicht umgesetzten Maßnahmen im innerstaatlichen Bereich gleichkomme. Er bedauerte, dass die Charta keine Verpflichtung für innerstaatliche Regelungen vorsieht. Angesichts der Tatsache, dass immer mehr Menschen in Armut leben, obwohl sie arbeiten, forderte Dönmez die Einführung eines Mindestlohns. Seiner Meinung nach sollte auch der Begriff der Erwerbsarbeit und jener der ArbeitnehmerInnen überarbeitet werden, da die prekären Arbeitsverhältnisse zunehmen. Die bisherigen Maßnahmen für die Gruppe der "Working Poor" sind ihm zufolge viel zu wenig.

Bundesrätin Monika KEMPERLE (S/W) sprach von einer guten Weiterentwicklung der sozialen Belange und ging dann auf einzelne Neuerungen des völkerrechtlichen Vertrags ein. So nannte sie unter anderem die Verbesserungen im Arbeitnehmerschutz für Jugendliche und Behinderte. Sie bedauerte, dass man den Artikel betreffend die gleiche Bezahlung von Frauen und Männern aufgrund der noch immer vorhandenen großen Unterschiede in Österreich nicht ratifizieren wolle. Die Verpflichtung zur Offenlegung der Gehälter im Gleichbehandlungsgesetz halte sie für eine wichtige Maßnahme zur Gleichbehandlung, weshalb Kemperle anmerkte, man hätte bei der Ratifizierung ruhig mutiger sein können. Sie bedauerte weiters, dass es die Arbeitgeberseite abgelehnt hat, den Artikel 6 Absatz 4, der die Anerkennung kollektiver Maßnahmen einschließlich des Streikrechts beinhaltet, zu ratifizieren. - Die Zustimmung zur Europäischen Sozialcharta erfolgte mehrheitlich.  

Verbesserungen im internationalen Arbeitnehmerschutz

Bundesrat Gerald KLUG (S/St) wies daraufhin, dass für die Umsetzung dieses Übereinkommens nur ein geringer innerstaatlicher Regelungsbedarf vorhanden ist. Das beweise, wie aktiv die Sozialpolitik in Österreich betrieben werde. Klug dankte in diesem Zusammenhang den ArbeitsinspektorInnen, PersonalvertreterInnen und BetriebsrätInnen, aber auch den UnternehmerInnen, die sich bemühen, sämtliche Schutzvorschriften einzuhalten. Der Bundesrat meinte abschließend, dass man sich angesichts der steigenden arbeitsbedingten Erkrankungen, die einen volkswirtschaftlichen Schaden von 2,8 Mrd. € verursachen, mit dieser Frage näher auseinandersetzen werden müsse.

Bundesrat Edgar MAYER (V/V) unterstrich die Bedeutung des ArbeitnehmerInnenschutzes, der auch in Österreich einen hohen Stellenwert genieße. Er schloss sich dem Dank seines Vorredners an und hob insbesondere die Neuerungen des Vertrags hervor, die sich auf das Arbeitsumfeld in Bezug auf Gesundheit und Sicherheit ergeben.

Bundesrat Efgani DÖNMEZ (G/O) unterstützte ebenfalls das Übereinkommen und dessen Empfehlungen. Grundsätzlich stellte er fest, dass die Maßnahmen, die dem Arbeitnehmerschutz dienen, nicht selbstverständlich umgesetzt würden. Hier brauche es Beratung und Kontrolle und ein ausreichend gut ausgebildetes Personal. Der Schutz gelte aber auch für UnternehmerInnen sowie Bäuerinnen und Bauern, sagte Dönmez und forderte bewusstseinsbildende Maßnahmen.

Die BundesrätInnen erhoben einhellig keinen Einspruch gegen das Übereinkommen und sie erteilten diesem auch ausdrücklich ihre Zustimmung.

Debatte zum Sozialbericht 2009-2010

  

In der Debatte mit Sozialminister Rudolf Hundstorfer über den Sozialbericht 2009-2010 standen folgende Themen im Mittelpunkt: Einkommensverteilung, Pensionen, Pflege und Armutsbekämpfung. Mehrheitlich zur Kenntnis genommen wurde auch die Jahresvorschau des Sozialressorts auf sozialpolitische Vorhaben der EU 2011.

Bundesrätin Monika MÜHLWERTH (F/W) kündigte an, ihre Fraktion werde den Sozialbericht nicht zur Kenntnis nehmen und begründete dies anhand einiger Zahlen. Obwohl die Senkung der Arbeitslosigkeit erfreulich sei, seien noch immer über 322.000 Personen arbeitslos. Dazu komme, dass zwischen 250.000 und 350.000 unselbstständig Beschäftigte zur Gruppe der "Working Poor" zu zählen sind. Die Zahl der ÖsterreicherInnen, die armutsgefährdet seien, sei mit 12,8% gleich geblieben. Dazu zählen nach wie vor Frauen, Einpersonen-Haushalte, Mehrkindfamilien, Langzeitarbeitslose und MigrantInnen. Trotzdem habe die Bundesregierung im Bereich der Familien am meisten den Sparstift angesetzt, kritisierte Mühlwerth und bezeichnete das wörtlich als "degoutant". Die Bundesrätin hielt auch die Lohnentwicklung für mehr als unbefriedigend und rechnete vor, dass die Nettoeinkommen, vor allem die niedrigen Einkommen, rückläufig sind. Die höchsten Bezüge seien aber gestiegen. Sie bemängelte ferner, dass die Maßnahmen gegen die Jugendarbeitslosigkeit nicht gegriffen hätten und referierte Berichte, wonach Jugendliche aus überbetrieblichen Lehrwerkstätten ohne Motivation die Berufsschule besuchten. Positives konnte sie dem Vorstoß des Ministers zu einer Berufsausbildungspflicht abgewinnen, und zwar unter Einbeziehung von Sanktionen.

Bundesrat Gerald KLUG (S/St) konterte, die Analyse sehe 2011 ganz anders aus als 2010 und 2009. Das beweise, dass zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Maßnahmen gesetzt worden sind, wofür er den Sozialpartnern und BetriebsrätInnen seinen Dank aussprach. All das, was in grenzenlos gieriger Finanzwelt verursacht worden ist, hätten die Realwirtschaft und die Sozialpolitik ausbaden müssen, sagte er. Die Krise sei gut bewältigt worden, man verzeichne derzeit in Österreich eine Rekordbeschäftigung von 3,6 Millionen unselbstständig Erwerbstätigen. Die Arbeitslosenrate betrage 4,8%, das sei ein Rückgang von 14% und stelle einen hervorragenden Wert innerhalb Europas dar. Erfreulich sei, dass die Arbeitslosenrate in allen Altersgruppen sinke.

Bundesrat Gregor HAMMERL (V/St) zeigte sich ebenfalls zufrieden, dass man die Krise gut bewältigt habe. Das sei auch ein Verdienst der Wirtschaft, stellte er fest. Vor allem hielt er die Kurzarbeit für einen richtigen Weg. Nun gelte es, weiter den sozialen Zusammenhang zu stärken. Hammerl begrüßte daher die Einführung der Mindestsicherung, kritisierte aber, dass diese in den Bundesländern unterschiedlich gehandhabt wird. Er forderte vor allem auf dem sozialen Sektor eine einheitliche Gesetzeslage in Österreich. Der Bundesrat hielt es für notwendig, dass jeder, der es braucht, vom sozialen Netz aufgefangen wird, und begrüßte die Einrichtung einer Transparenzdatenbank. Er schnitt auch kurz die Frage der Pensionen an und beleuchtet kritisch die Hacklerregelung. Seiner Meinung nach sollte das Pensionsantrittsalter angehoben werden. Abschließend beschäftigte sich Hammerl mit der Frage der Pflege. Die Zahl der Pflegebedürftigen steige, aber immer weniger Familienmitglieder wollten die Pflege übernehmen, so sein Befund. Der Pflegefonds sei eine wichtige Einrichtung, er hält es aber für notwendig, den Pflegeberuf als solchen aufzuwerten. Zur Illustration zog er einen Vergleich zwischen dem durchschnittlichen Gehalt von Diplomkrankenschwestern und Pflegehelfern einerseits, der zwischen 700 und 800 € liegt, und der Mindestsicherung von knapp über 700 €. Angesichts der Tatsache, dass der Pflegeberuf ein schwerer Beruf ist, müsste hier angesetzt werden.

Bundesminister Rudolf HUNDSDORFER ging insbesondere auf die Wortmeldung von Bundesrätin Monika Mühlwerth ein. Er leugnete keineswegs Probleme in Wiener Berufsschulen und im Grundschulsystem, meinte aber, es genüge nicht, Probleme aufzuzeigen, sondern man müsse auch handeln. So würden beispielsweise einige Unternehmen eigene LehrerInnen anstellen, was vom AMS unterstützt werde. Das Problem der "Working Poor" sah der Sozialminister zum Teil auch in der hohen Zahl von Teilzeitarbeit liegen, wobei nicht immer freiwillig Teilzeit gearbeitet werde. Er korrigierte Mühlwerth insofern, als er mitteilte, dass derzeit 303000 Menschen arbeitslos gemeldet seien, und er hoffe, dass die Marke von 300.000 in der Karwoche unterschritten werde.

Der Minister nahm weiters zur Ausbildungsverpflichtung Stellung und erläuterte, dass von den ca. 100.000 Jugendlichen pro Jahr 90.000 nach Ende der Schulpflicht eine weiterführende Ausbildung machen. Von den restlichen 10.000 würde die Hälfte nichts machen, die andere Hälfte würde als Hilfskraft gehen. Ihm gehe es nun darum, diesen 10% eine weitergehende Ausbildung zu ermöglichen, denn 50% aller arbeitslosen Jugendlichen verfügen über keine Ausbildung. Ausbildungspflicht heiße auch Ausbildungsrecht, stellte der Minister abschließend fest.

Bundesrat Efgani DÖNMEZ (G/O) dankte für den MitarbeiterInnen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales für die Erstellung des Sozialberichts. Dieser sei immer ein guter Gradmesser der Folgen der Politik. In Österreich gebe es eine beunruhigende soziale Schieflage. Kritisch sah Dönmez den Umgang mit Bettelei, hier bekämpfe man die Ausgegrenzten, nicht die Ursachen der Ausgrenzung. Die Antwort auf soziale Ausgrenzung müsse die Sozial-, nicht die Sicherheitspolitik geben. Im Bericht vermisste Dönmez eine objektive Bewertung des umfangreichen Datenmaterials und Verbesserungsvorschläge. Zum Thema Kurzarbeit falle ihm auf, dass nur sehr wenige der davon Betroffenen an Qualifizierungsmaßnahmen teilnahmen. In den Berichten des AMS oder zum Pensionssystem fehlten dem Bundesrat aussagekräftige Daten. Einige Beiträge seien schlichtweg tendenziös, indem sie suggerierten, Österreich habe überhöhte Sozialausgaben. Wenig aussagekräftig sei die Darstellung der Vermögensverteilung. Man wisse längst, dass die Reichen reicher und die Armen ärmer werden, dies aber nicht transparent dargestellt. 

Bundesrätin Ana BLATNIK (S/K) widmete sich dem Thema der Arbeitslosigkeit und der Tatsache, dass junge Menschen, die nur Pflichtschulabschluss besitzen, überdurchschnittlich davon betroffen sind. Deshalb sei es besonders wichtig, ihnen den Weg zur Ausbildung zu eröffnen. Die Politik müsse ihnen die Hand reichen, forderte Blatnik. Sie wisse aus eigener Erfahrung, dass auch SchülerInnen an Berufsschulen, die keinen Lehrvertrag haben, sehr motiviert seien. Die Politik dürfe gerade sie nicht fallen lassen. - Der Bericht wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Sozial- und arbeitspolitische EU-Jahresvorschau 2011

   

Bundesrätin Monika KEMPERLE (S/W) sprach von einer ambitionierten Jahresvorschau des Ressorts und betonte die Wichtigkeit der zahlreichen Vorhaben auf EU-Ebene. Es sei hervorzuheben, dass man durch eine Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern neue Arbeitsplätze zu schaffen hoffe. 2012 werde unter dem Titel "Jahr des aktiven Alterns" besonders dem Thema der Altersvorsorge gewidmet sein. Die Umsetzung der Vorhaben sei für Österreich durch ein gut funktionierendes Bundesministerium für Soziales gesichert, zeigte sich die Rednerin überzeugt.  

Bundesrat Edgar MAYER (V/V) sah ebenfalls eine Reihe wichtiger Vorhaben. Die Maßnahmen zur Wachstumsbelebung und Schaffung von Arbeitsplätzen werden in der EU 2020-Strategie gebündelt. Man dürfe vor allem auf das Weißbuch zu den Pensionen gespannt sein. Sehr wichtig sei die Fortsetzung der Arbeit am Thema Sammelklagen für den Bereich des Verbraucherschutzes. Es bleibe abzuwarten, was die nächsten Ratspräsidentschaften dazu noch bringen werden. Besondere Bedeutung habe auch die Entsenderichtlinie, die Sozialdumping verhindern soll. Zur Umsetzung brauche es aber noch eine elektronisches Kontrollsystem. Die Arbeitszeitrichtlinie sei ebenfalls ein wichtiges Vorhaben. Insgesamt handle es sich um einen wichtigen Bericht, dem seine Fraktion gern die Zustimmung erteile.

Bundesrat Efgani DÖNMEZ (G/O) widmete sich detailliert der Arbeitszeitrichtlinie. Es werde hier in Erwägung gezogen, neue Regelungen für den Ausgleich zwischen Bereitschaftsdiensten und Ruhezeiten zu finden, oder aber eine neue Richtlinie zu mehr Flexibilität der Arbeitszeit zu erarbeiten. Die Grünen haben hier detaillierte Forderungen und treten für eine Verkürzung der Arbeitszeit anstatt ihrer weiteren Ausdehnung ein. Die Grünen sind enttäuscht darüber, dass die Kommission den Standard der Arbeits- und Gesundheitsschutz nicht festschreiben wolle, sondern entgegen den geäußerten Absichten diese Standards senken wolle. Man setze leider auf EU-Ebene immer mehr auf Beliebigkeit und Flexibilität in der Regelung der Arbeitszeiten. Es stelle sich die Frage, was ein völlig durchlöcherte Richtlinie für den Gesundheitsschutz noch haben könne. Überlange Arbeitszeiten führen nachweislich zu erheblichen Gesundheitsschäden und in dieser Hinsicht sei die Arbeitszeitentwicklung in Europa bedenklich. Die systematische Unterwanderung von Arbeitszeitvorschriften, etwas durch "Opt-out"-Regelungen, sei auf Dauer nicht vertretbar, betonte Dönmez.

Der Bericht wurde mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.  (Fortsetzung Bundesrat)


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