Parlamentskorrespondenz Nr. 667 vom 29.06.2011

Externe Qualitätssicherung von Hochschulen wird vereinheitlicht

Bundesminister Töchterle will Hochschulplan bis Jahresende vorlegen

Wien (PK) – Mit einer aktuellen Aussprache mit Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle zum Thema "Hochschulplan" begann die heutige Sitzung des Wissenschaftsausschusses. Auf der Tagesordnung stand auch eine Regierungsvorlage, welche die Schaffung einer neuen, sektorenübergreifenden Einrichtung zur externen Qualitätssicherung des Hochschulwesens in Form der "Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria" zum Inhalt hat. Das Gesetz passierte den Ausschuss mit Zustimmung der Abgeordneten der Koalitionsparteien.

Der Ausschuss behandelte zudem eine Reihe von Anträgen der Opposition, die Vorschläge zur Verbesserung der Situation des tertiären Bildungssektors enthielten. Grüne und BZÖ brachten Anträge zu einer besseren finanziellen Ausstattung ein. Weiters wurden die Frage der Studienplätze und die soziale Lage der Studierenden thematisiert. Die FPÖ will steigende StudentInnenzahlen durch das "Herkunftslandprinzip" in den Griff bekommen, während das BZÖ eine Regelung präferiert, wonach die Anzahl ausländischer Studierender auf einen bestimmten Prozentsatz begrenzt werden soll. Für die Grünen hingegen ist eine Ausweitung des Stipendiensystems dringend geboten. Alle Anträge, ausgenommen der Antrag der Freiheitlichen, welcher vertagt wurde, wurde auf Antrag der Koalitionsparteien dem Unterausschuss des Wissenschaftsausschusses zugewiesen.

Fragen wissenschaftlicher Ethik betrafen schließlich drei Anträge der Grünen. Sie forderten die Einrichtung einer Ethikkommission bei Tierversuchen, neue gesetzliche Grundlagen für die biomedizinische Forschung und drängten auf eine schnelle Ratifizierung der Biomedizinkonvention durch Österreich. Bei diesen Anträgen entschied der Ausschuss auf Vertagung.

Bundesminister Töchterle kündigt Hochschulplan bis Jahresende an

In der aktuellen Aussprache zu Fragen seines Ressorts erläuterte Bundesminister Karlheinz Töchterle die Grundlinien des österreichischen Hochschulplans. Er solle sicherstellen, dass sich die österreichische Hochschullandschaft in einer geregelten Weise entwickelt und dem internationalen Vergleich in quantitativer und qualitativer Hinsicht standhalten kann. Der Hochschulplan habe vier Gestaltungsbereiche, sagte der Minister, wobei der erste Bereich die Studienplatzfinanzierung sei. Ein Modell dazu müsse drei Säulen berücksichtigen, nämlich Lehre, Forschung und Infrastruktur. In diesem Zusammenhang halte er eine Form der Zugangsbeschränkung für unabdingbar.

Der zweite Bereich sei der Forschungsinfrastrukturplan. Hier soll eine Datenbank die Grundlage für strategische Entscheidungen liefern. Da nicht jeder Hochschulstandort eine volle Infrastruktur erhalten könne, setze man auf das Prinzip des Forschungsverbundes. Diesen gebe es beispielsweise für Wien und Westösterreich.

Als dritten Bereich nannte Töchterle den Bauleitplan, der drei Planungsräume vorsehe: Den Planungsraum Ost mit Wien, Süd mit Graz und Klagenfurt und West mit Linz, Salzburg und Innsbruck. Viertens werde man verstärkt auf die Koordinierung setzen. Das Kernelement werde dabei eine gesamtösterreichische Hochschulkonferenz darstellen, welche der Abstimmung von Forschung und Lehre zwischen den tertiären Bildungseinrichtungen dienen solle. Die Erstellung des Hochschulplans werde derzeit von einer ExpertInnengruppe begleitet, deren Bericht Ende Juli vorliegen werde. Von diesem Bericht ausgehend hoffe er, dem Nationalrat bis Ende des Jahres eine Diskussionsgrundlage für den Hochschulplan vorlegen zu können.

Abgeordneter Kurt Grünewald (G) begrüßte die Einrichtung einer Hochschulkonferenz prinzipiell, ihre Bedeutung werde aber davon abhängen, ob sie auch die tatsächlichen Fragen des Hochschulsektors behandeln werde können. Grünewald sah zudem die Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses in Österreich als sehr unbefriedigend an.

Abgeordneter Rainer Widmann (B) meinte, die Studienplatzfinanzierung sei mit der Frage von Studiengebühren verknüpft und wollte dazu den Standpunkt des Ministers erfahren. Der Hochschulplan sei zwar grundsätzlich zu begrüßen, doch stelle sich die Frage, wie verbindlich er sein werde. Enttäuschung äußerte der Abgeordnete darüber, dass Bundesminister Töchterle dem EURATOM-Vertrag letztlich doch zugestimmt habe.

Abgeordneter Walter Rosenkranz (F) zeigte sich ebenfalls enttäuscht über die Zustimmung zum EURATOM-Vertrag und erkundigte sich nach den Ausbauplänen für pädagogische Hochschulen und für eine Med-Uni Linz.

Abgeordnete Katharina Cortolezis-Schlager (V) sah die Leistungsvereinbarungen als Ansatzpunkt zur Umsetzung des Hochschulplans. Für die Studienplatzfinanzierung brauche es eine bessere Kapazitätsplanung, meinte sie.

Abgeordnete Andrea Kuntzl (S) unterstrich, der Hochschulplan sei eine wichtige strategische Grundlage. Allerdings sei er allzu lange nur diffus ausformuliert geblieben. Die Hochschulkonferenz brauche noch Präzisierungen in Details, wenn sie ein wirksames Instrument werden solle. Sie vermisse im Hochschulplan auch die Fragen des lebenslangen Lernens und der sozialen Absicherung vom Studierenden, sagte die Abgeordnete.

Bundesminister Karlheinz Töchterle erklärte zur Frage des EURATOM-Vertrages, die österreichischen Forderungen seien hier vollständig berücksichtigt worden und es habe ein völliger Paradigmenwechsel stattgefunden. Der Forschungsplan sei nun vor allem auf Forschung zu Kernfusion und Alternativenergien ausgerichtet. Unter diesen Voraussetzungen sei eine Zustimmung geboten gewesen, andernfalls wäre man in Brüssel in Zukunft nicht mehr ernst genommen worden.

In der Frage der LehrerInnenausbildung sprach sich der Minister für eine Eingliederung der pädagogischen Hochschulen ins System der Hoch- bzw. Fachhochschulen aus. Der Darstellung von Abgeordnetem Grünewald, wonach Perspektiven für Jungforscher fehlten, könne er sich nicht anschließen, sagte Töchterle. Ein Ausbau der Med-Uni Linz sei kein Thema seines Ressorts, er stehe auf dem Standpunkt, dass die Festlegung von Curricula in der Autonomie der Hochschulen liege.

Die Generallinie seines Ressorts sei es aber, mehrere über das Bundesgebiet verteilte, sowohl in Forschung als auch in der Lehre starke Hochschulen zu haben. Es dürfe hier keine soziale Auslese durch die Distanz zum Hochschulstandort stattfinden. Wichtig sei es für ihn auch, Forschungsexzellenz nicht nur in den Naturwissenschaften anzustreben, sondern auch in anderen Fächern, wo man mit geringerem Einsatz von Mitteln sehr viel erreichen könne. Sein Bild der Universität sei die Volluniversität, die natur- und geisteswissenschaftliche Bereiche gleichermaßen umfasse, unterstrich Töchterle.

Einheitliche externe Qualitätssicherung von Hochschulen

Nach der Aussprache mit dem Bundesminister widmete sich der Ausschuss einer Gesetzesvorlage, mit der das externe Qualitätssicherungsystem im Hochschulwesen neu geregelt wird (1222 d.B.). Das Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz (HS-QSG) legt die Verfahren zur Qualitätssicherung und ihre Rahmenbedingungen für das gesamte Hochschulwesen fest. Zu diesem Zweck wird die "Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria" eingerichtet. Diese übernimmt die Aufgaben der bisher zuständigen Einrichtungen, nämlich des Fachhochschulrats, des Akkreditierungsrats und des Vereins Österreichische Qualitätssicherungsagentur (AQA).

Kritische Bemerkungen zur Regierungsvorlage wurden von der Opposition geäußert. Die Abgeordneten Andreas Karlsböck (F), Ruperta Lichtenecker (G) und Rainer Widmann (B) sahen keine Verbesserungen zum derzeit bestehenden System und einen problematischen Bestellungsmodus des Gremiums. Abgeordneter Kurt Grünewald (G) vermisste eine ausführliche Diskussion über die Ausgestaltung der neuen Institution und sah zu viele unklare Soll- und Kann-Bestimmungen im Gesetzestext.

Abgeordnete Katharina Cortolezis-Schlager (V) wies diese Kritik zurück, die Anforderungen an die Mitglieder des Gremiums seien genau definiert. Der Gesetzesentwurf sei im Vorfeld ausführlich diskutiert worden und man sei einer Gleichstellung von staatlichen und privaten Universitäten ein Stück näher gekommen. Abgeordnete Silvia Fuhrmann (V) brachte eine Ausschussfeststellung ein, die eine Klarstellung zur im Gesetz angesprochenen Vergleichbarkeit von Studienangeboten enthält.

Die Regierungsvorlage wurde mit S-V-Mehrheit, die Ausschussfeststellung mit S-V-G-Mehrheit angenommen.

Oppositionsanträge zur Verbesserung der Situation der Hochschulen

Als nächstes wandte sich der Ausschuss der Debatte mehrerer Anträge der Opposition zur Situation an den Hochschulen zu. Abgeordneter Kurt Grünewald hatte dazu zwei Entschließungsanträge eingebracht. Er wollte die Herstellung der finanziellen Rahmenbedingungen für hochwertige Forschung und Lehre sichern und breiteren Bevölkerungsschichten als bisher den Zugang zum tertiären Bildungssektor ermöglichen (1555/A[E]) und forderte in einem weiteren Entschließungsantrag (1340/A[E]) die Anhebung des Prozentsatzes der EmpfängerInnen von Studienbeihilfe auf mindestens 35%, die Erhöhung der Treffsicherheit des Stipendiensystems, die Anhebung der Einkommensgrenzen auf 9.000 € sowie die Erhöhung der zur Verfügung stehenden Stipendien um jeweils 20%.

Die Verbesserung der Situation des tertiären Bildungssektors in Österreich war auch Thema der Anträge von BZÖ-Abgeordnetem Rainer Widmann. Er wünscht einen "UNI-bonus" in der Höhe von 5.000 € für alle Personen, welche in Österreich die Matura bestanden oder eine Studienberechtigungsprüfung positiv absolviert haben, sowie eine Einschreibgebühr an allen Universitäten und Fachhochschulen in derselben Höhe (1608/A[E]). Außerdem fordert er ein Gesetz (1609/A[E]), welches festlegt, dass der Anteil ausländischer Studierender in Österreich den OECD-Durchschnitt von 8,5% nicht übersteigen kann.

In einem Entschließungsantrag (1596/A[E]) verlangt der Abgeordnete und Dritte Nationalratspräsident Martin Graf (F) von der Bundesregierung, ein Gesetz zum Schutz des österreichischen Hochschulsektors vorzulegen, durch das umgehend, längstens aber vor dem Wintersemester 2011/12 das "Herkunftslandprinzip" für ErstinskribientInnen verankert wird. Aufgrund eines Zusammentreffens verschiedener Faktoren sei demnächst eine weitere Welle von Studienplatzsuchenden aus Deutschland zu erwarten, stellte Ausschussvorsitzender Graf dazu fest. Das von Abgeordneter Andrea Kuntzl (S) vorgebrachte Argument, dass eine solche Regelung in Widerspruch zu EU-Recht stünde, ließen er und sein Fraktionskollege Walter Rosenkranz nicht gelten. Es sei dies vielmehr eine Gelegenheit, hier auch auf EU-Ebene eine klare Position zu beziehen, meinten sie. Aufgrund der absehbaren demographischen Entwicklung sei dies eine Maßnahme, welche den Hochschulsektor massiv entlasten könnte, es brauche dazu aber einer gemeinsamen Anstrengung aller Parteien.

Die Anträge der Grünen und des BZÖ wurden dem Unterausschuss des Wissenschaftsausschusses zugewiesen. Der Antrag der Freiheitlichen zum Herkunftslandprinzip wurde mit S-V-Mehrheit vertagt.

Grüne für eine Ethikkommission bei Tierversuchen

Abgeordneter Kurt Grünewald hatte einen Entschließungsantrag seiner Fraktion betreffend eine Änderung des Tierversuchsgesetzes vorgelegt, durch die ethische Bewertung von Tierversuchen gesetzlich verankert werden soll (946/A[E]).  

Anlass für den Antrag der Grünen seien Lawinenversuche mit Schweinen in Tirol, unterstrich Abgeordneter Bernhard Vock (F). An sich habe Österreich ein deutlich formuliertes Tierschutzgesetz, dass zur Verhinderung derartiger unsinniger Tierversuche ausreichen müsste.

Der Antrag wurde mit S-V-Mehrheit vertagt.  

Biomedizinische Forschung und Ratifizierung der Biomedizinkonvention

Abschließend widmete sich der Ausschuss zwei Anträgen der Grünen, welche Fragen der Ethik in der wissenschaftlichen Forschung thematisieren. Zunächst ging es um den Antrag des G-Abgeordneten Kurt Grünewald (1563/A[E]), in dem er die Wiederaufnahme der unterbrochene Arbeit der interministeriellen Arbeitsgruppe "Neue Rechtsgrundlagen für biomedizinische Forschung in Österreich" forderte. Daran schloss er die Aufforderung an den Minister, sich intensiv für die Unterzeichnung und Ratifizierung der Biomedizinkonvention des Europarates einsetzen (1564/A[E]).

Grünewald sah es als überfällig an, dass die Arbeitsgruppe zu Fragen der biomedizinischen Forschung wieder zusammentrete. Große Bereiche seien hier völlig ungeregelt. Der Abgeordnete sprach sich auch für eine Stärkung der Bioethikkommission als Beratungsorgan auf dem Gebiet ethischer Fragen, die in Zusammenhang mit der Humanmedizin und Biomedizin auftreten, und für die bessere Vernetzung der Bioethikkommission und anderer existierender Gremien mit dem Wissenschaftsausschuss des Nationalrates aus.

Ausschussvorsitzender Martin Graf (F) regte an, zur Frage der biomedizinischen Forschung eine parlamentarische Enquete einzuberufen. Die Meinungsbildung sei in dieser Frage noch nicht abgeschlossen, meinte auch sein Fraktionskollege Andreas Karlsböck. Dieser Sicht konnte sich auch Abgeordnete Katharina Cortolezis-Schlager (V) anschließen. Sie stellte daher einen Vertagungsantrag. Zur Frage der Ratifizierung der Biomedizinkonvention verwies Abgeordnete Sabine Oberhauser (S) auf Bedenken von Behindertenorganisationen, und begründete damit den Vertagungsantrag.

Die beiden Anträge wurden mit S-V-Mehrheit vertagt. (Schluss)


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