Parlamentskorrespondenz Nr. 1047 vom 10.11.2011

Bundesminister Stöger sieht ELGA als notwendige Neuerung

Budgetausschuss diskutiert das Budget des Gesundheitsressorts

Wien (PK) – Das Budget des Gesundheitsressorts stand heute Nachmittag auf der Tagesordnung des Budgetausschusses des Nationalrats. Für 2012 ist eine Steigerung der Mittel dieses Ressorts vorgesehen. Insgesamt soll das Gesundheitsministerium 2012 über 946 Mio. € verfügen (2011: 868,2 Mio. €). Die Steigerung geht vor allem auf die Erhöhung der Sachausgaben zurück, die sich für das Jahr 2012 auf 904 Mio. € belaufen sollen. Wesentliche Änderung zum Vorjahr sind höhere Beiträge des Bundes für die Krankenversicherung bei der bedarfsorientierten Mindestsicherung, höhere Zahlungen nach dem Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz infolge des prognostizierten Steueraufkommens und die Erhöhung der Basiszuwendungen an die AGES. Auf Personalausgaben entfallen 42,1 Mio. €, wobei der Personalstand des Ressorts mit 391 MitarbeiterInnen annähernd gleich bleiben wird (2011: 393). Das Ressort erwartet für 2012 eine Steigerung der Einnahmen, die mit 58,5 Mio. € angegeben werden (2011: 43,8 Mio. €).

Bundesminister Stöger: ELGA wird kommen und kostengünstig sein

Abgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein (F) thematisierte zuerst die höheren Kosten der bedarfsorientierten Mindestsicherung als ursprünglich vorhergesehen waren. Bundesminister Stöger führte den Unterschied darauf zurück, dass tatsächlich statt der erwarteten 25.000 Personen es bisher 33.00 waren, die diese in Anspruch nahmen. Es handle sich eventuell auch um Menschen, deren Gesundheitszustand unter dem allgemeinen Durchschnitt lieg, bemerkte er. Für die AGES habe er erstmalig eine Basisfinanzierung von 15,8 Mio. € durch sein Ressort erkämpft. Die Einrichtung sei für Lebensmittel- und Medikamentensicherheit zuständig und ihm daher ein wichtiges Anliegen. Einen weiteren Teil der Basisfinanzierung übernehme das Landwirtschaftsministerium. Dazu kämen andere Beiträge, etwa der Pharmaindustrie.

Abgeordneter Johann Maier (S) erkundigte sich nach den Verbesserungen, die die Elektronische Gesundheitsakte (ELGA) bringen soll, und nach dem Zeitplan seiner Einführung. Bundesminister Stöger meinte, der Vorteil bestehe in einer Erhöhung der Patientensicherheit, gleichzeitig werde ein leichter Zugang geschaffen, durch ein Zwei-Schlüsselsystem und die Protokollierung der Zugriffe aber auch dem Datenschutz Rechnung getragen. Alle Daten blieben dezentral gespeichert, und jeder Missbrauch von Daten werde empfindlich bestraft werden. ELGA soll ab Juni 2013 benutzbar sein, wobei ab 2017 auch die privaten Krankenanstalten teilnehmen können sollen. Als Kosten der Entwicklung nannte der Minister 130 Mio. €, für den laufenden Betrieb 18 Mio. € pro Jahr. Der Nutzen werde aber auf 129 Mio. € pro Jahr geschätzt, sodass sich das System sehr schnell rechnen werde.

Abgeordnetem Andreas Karlsböck (F) erwiderte der Minister, er habe keine Zweifel, dass die Kosten, die für die Einrichtung der ELGA von den Ländern veranschlagt wurden, zutreffend seien.

Qualität der Ausbildung medizinischer Berufe steht im Mittelpunkt

Einen weiteren Schwerpunkt der Fragen der Abgeordneten bildete die Qualität der Ausbildung in medizinischen Berufen sowie der medizinischen Versorgung von PatientInnen. Abgeordneter Andreas Karlsböck (F) wies etwa auf einen Mangel an Lehrpraxen hin, die ein sehr anerkanntes Ausbildungsmodell seien. Bundesminister Stöger meinte dazu, die Ärzteausbildung sei auch Sache der Länder und Sozialversicherungen, er führe mit ihnen Gespräche über die Übernahme von Kostenanteilen, und sei optimistisch, dass man einen gemeinsamen Weg finden werde.

Abgeordnete Claudia Durchschlag (V) widmete ihre Frage der Prävention in der Behandlung psychischer Krankheiten und sah einen Mangel an psychiatrischen FachärztInnen. Minister Stöger wies auf den Schwerpunkt seines Ressorts hin, Kindern und Jugendlichen bessere Betreuung bei psychischen Erkrankungen zu geben. Hier gehe es auch um ein altersgruppenspezifisches Angebot, für das auch die Sozialversicherungsträger Vorsorge treffen müssten. Teilweise sei dies schon in Gang gekommen, vor allem der Kindergesundheitsdialog habe hier einiges bewegt. Zur Umsetzung der nächsten 15a-Vereinbarung zur Spitalsreform erfuhr die Abgeordnete, dass es dazu eine Reihe von Gesprächen in Arbeitsgruppen gegeben habe. Er hoffe, dass bis Ende 2013 Fragen der Finanzierung geklärt sein werden, sagte der Gesundheitsminister.

Abgeordneter Anna Höllerer (V) versicherte Stöger, dass ihm die Qualität der Ausbildung von AllgemeinmedizinerInnen, die vor allem auch für die Versorgung des ländlichen Raumes wichtig sei, ein großes Anliegen sei. Ein zukünftiger Schwerpunkt der Ausbildung der AllgemeinmedizinerInnen werde daher auf den Problemen alter Menschen liegen. In die Frage der medikamentösen Versorgung, vor allem auch im ländlichen Raum, sei er mit der Ärzte- bzw. Apothekerkammer in Kontakt. Nach ihm vorliegenden Zahlen stünden den Schließungen von Hausapotheken niedergelassener Ärzte auch Neueröffnungen von Apotheken im Zeitraum 2006-2000 gegenüber, sodass insgesamt das Angebot sogar besser geworden sei.

Auch Abgeordneten August Wöginger (V), der nochmals das Thema der Hausapotheken ansprach, verwies der Minister wie seine Fraktionskollegin auf die jetzt bestehende Regelung, die seiner Meinung nach zufriedenstellend sei. Einwände über große und für viele PatientInnen beschwerliche Distanzen, die von Abgeordnetem Wöginger und Abgeordneter Höllerer vorgebracht wurden, ließ Stöger nicht gelten. Die neue Regelung habe sicher Umstellungen gebracht, schaffe aber Rechtssicherheit und sei auch vom VfGH akzeptiert worden. Zur Qualität der Spitalsbehandlung gebe es eine Ausbildungsreform und Qualitätsmessungen.

Abgeordneter Kurt Grünewald (G) sah die unzureichenden Kompetenzen des Gesundheitsressorts als Grundproblem. Gerade psychiatrische Versorgung und Kindergesundheit seien unterbudgetiert. Probleme ortete Grünewald bei Landesuniversitätskliniken, es fehlten hier unabhängige GutachterInnen. Bundesminister Stöger meinte dazu, dass es seinem Ressort mit den verfügbaren Mitteln gelinge, wichtige Schwerpunkte zu setzen. Österreich habe zudem wie kein anderes Land in Europa auch während der Krise in Gesundheit investiert. Die Ausweitung der Kompetenzen des Ressorts brauche auch die Zustimmung des Gesetzgebers, sagte der Gesundheitsminister. Auf die Landesuniversitätskliniken habe er keine Möglichkeit der Einflussnahme.

Abgeordneter Erwin Rasinger (V) sprach die Wichtigkeit von Präventionsmaßnahmen an und wollte wissen, wann eine Aufstockung der Mittel des Fonds Gesundes Österreich erfolge. Der Minister hielt fest, dass Präventionsmaßnahmen ein wichtiger Budgetschwerpunkt seien. Bis 2013 werde man 10 Mio. € für Maßnahmen zur gesunden Ernährung aufwenden. Die Finanzierung des Fonds werde aber auch eine Angelegenheit des nächsten Finanzausgleichs mit den Länder sein, er könne darüber nicht alleine entscheiden.

Abgeordnete Sabine Oberhauser (S) verwies auf Kritik an der Novelle zum Kranken- und Kuranstaltengesetz. Bundesminister Stöger meinte dazu, es seien dadurch sicher keine Standards gesenkt worden. Vielmehr gehe es darum zu vermeiden, dass Krankenhäuser Abteilungen mit zu geringer Auslastung betreiben und die Versorgung durch ein Schwerpunktkrankenhaus abgesichert werden könne.  

Abgeordnete Renate Csörgits (S) erfuhr vom Gesundheitsminister zur Gebarung der Krankenkassen, dass es 2010 erstmals gelungen sei, eine Trendwende herbeizuführen. Es gebe aber noch höhere Kostendämpfungspotenziale, merkte er an.  

Abgeordnetem Hubert Kuzdas (S) teilte der Minister mit, dass ein Gesetzesentwurf über die Regelung der Ausbildung zahnärztlicher AssistentInnen dem Parlament bereits zugeleitet worden sei. Das neue Berufsbild sei ein Schritt zur Qualitätssteigerung.

Abgeordneter Wolfgang Spadiut (B) erfuhr zur Kindergesundheitsstrategie des Gesundheitsministeriums, dass dafür 4 Mio. € gesichert seien, welche vor allem für Kinderimpfungen aufgewendet werden. Dazu kämen auch Mittel von den Krankenanstalten und Rehabilitationseinrichtungen. Die ELGA GmbH sei eine gemeinsame Gesellschaft von Hauptverband der Sozialversicherungsträger, Länder und Bund. Sogar im Falle, dass ELGA nicht komme, wäre diese leicht abwickelbar, doch sehe er keinen Anlass, an der Realisierung dieses notwendigen Projekts zu zweifeln, meinte Stöger. Die Kosten im laufenden Jahr beliefen sich auf 2,5 Mio. €, im nächsten Jahr würden sie aus Rücklagen bedeckt, die dafür gebildet wurden.

Abgeordnete Ursula Haubner (B) thematisierte die Weiterentwicklung des Mutter-Kind-Passes. Der Gesundheitsminister sah die Aufgabe einer konsequenten Weiterentwicklung in Richtung Früherkennung und Prävention, etwa wenn es um die Ernährungsberatung für Schwangere gehe. Es sei für ihn klar, dass die Mittel dazu aus dem FLAF kommen müssten. Drogenprävention werde am besten dezentral durch Vereine in den Ländern betrieben, die vom Bund selbstverständlich gefördert werden. Als Teil einer Gesundheitsstrategie für die Jugend gebe es Jugendgesundheitsuntersuchungen und auch Projekte mit Lehrlingen, etwa über gesunde Ernährung. Die angesprochenen Einsparungspotenziale, auf die auch der Rechnungshof hingewiesen habe, würden sich durch die ELGA heben lassen. Insgesamt könne Österreich auf sein gutes und leistungsfähiges Gesundheitssystem, zu dem alle Menschen Zugang haben, sehr stolz sein, betonte Stöger. Abgeordnete Haubner fragte auch nach dem Stellenwert von Hospizversorgung und Palliativmedizin im Gesundheitsressort. Bundesminister Stöger wies darauf hin, dass Hospize Ländersache seien. Was die Palliativmedizin betreffe, trage man ihr durch eine verbesserte Ärzteausbildung im Bereich Geriatrie Rechnung.

Abgeordneter Kurt Grünewald (G) merkte kritisch an, dass eine angekündigte Ärztebedarfsstudie noch immer nicht vorliege. Der Minister meinte, eine solche brauche die Mitwirkung der Ärztekammer. Eine Schwierigkeit liege in der Definition der Kriterien, nach denen der Bedarf festgestellt werde. Der Minister versicherte auch, dass es ihm ein großes Anliegen sei, die Qualitätsstandards der Ausbildung in Gesundheitsberufen zu sichern.

Abgeordneter Gertrude Aubauer (V) wurde von Bundesminister Stöger zur Frage der Aufnahme der klinisch-psychologischen Behandlungen ins ASVG mitgeteilt, dass er diese als Ziel verfolge, es aber noch eine Reihe von Details zu klären gebe.

Abgeordneter Erwin Spindelberger (F) erfuhr vom Minister, dass zu den medizinischen Assistenzberufen bald ein Gesetzesentwurf vorgelegt werde.

Lebensmittelsicherheit, Tierschutz und Gentechnik

Auf die Fragen von Abgeordnetem Wolfgang Pirklhuber (G) nach einem Gütezeichengesetz für Lebensmittel stellte der Gesundheitsminister fest, dass das dazu geplante Gesetz noch auf sehr viel Widerstand stoße. In der Gentechnologie habe Österreich seinen kritischen Standpunkt auf EU-Ebene erfolgreich eingebracht. Es seien eine Reihe von Forschungsprojekten zur Risikoabschätzung von Gentechnik im Laufen, die sein Ressort unterstütze. Die disponiblen Rücklagen werden sich 2011 auf 28 Mio. € belaufen.

Auch Abgeordneter Oswald Klikovits (V) wies auf die Verunsicherung viele KonsumentInnen bei Lebensmittelkennzeichnungen hin. Der Minister stimmte ihm zu, dass in dieser Frage ein österreichisches Gütesiegelgesetz benötigt werde. Eine Einrichtung wie "Lebensmittelklarheit" in Deutschland sollte nicht die Republik anbieten, sondern von einer Verbraucherorganisation getragen werden, der Bund werde sich daran aber sicher beteiligen, sagte Stöger.

Abgeordnetem Josef A. Riemer (F), der nach dem Budget für Öffentlichkeitsarbeit fragte, nannte der Minister den Betrag von 1,2 Mio. €. Der Schwerpunkt liege bei der Gesundheitsprävention, mit dem Nationalen Aktionsplan Ernährung im Mittelpunkt.

Abgeordneter Bernhard Vock (F) erfuhr über Publikationen zum Thema Tierschutz, dass diese vor allem durch den vom Bundesministerium für Gesundheit geförderten Verein "Tierschutz macht Schule" erstellt werden. In seinem Ressort sei der Tierschutz eine Querschnittmaterie.

Abgeordnetem Johann Hechtl (S) teilte der Minister mit, dass das Budget der AGES zu etwa 70% durch die Basisfinanzierung des Gesundheitsressorts gestellt werde. Privatwirtschaftliche Erträge in der Höhe von etwa 8 Mio. €, etwa für Gutachten, machten hingegen etwa 7% des Budgets aus.

Abgeordneter Erwin Kaipel (S) fragte nach dem Umgang Österreichs mit gentechnisch veränderten Organismen. Der Minister verwies dazu auf die Mittel, die sein Ressort für Risikoforschung bei GVO zur Verfügung stelle.

Abgeordneter Johann Singer (S) erfuhr, dass eine Novelle der Tierhalte-Gewerbeverordnung auch die Haltungsform und Stalleinrichtungen berücksichtigen werde, etwa auch Kastenstände. Das werde auch eine Änderung der Tierschlachtverordnung beinhalten. Gespräche mit dem Landwirtschaftsministerium seien dazu im Gange. 

Abgeordneter Wolfgang Spadiut (B) erhielt von Minister Stöger die Auskunft, dass die wichtigsten Vereine, die Förderungen für Tierschutz erhielten, Gut Aiderbichl und das Projekt "Tierschutz macht Schule" seien. (Fortsetzung Budgetausschuss)