Parlamentskorrespondenz Nr. 1205 vom 07.12.2011

Mehr Transparenz bei Medien und Inseraten öffentlicher Stellen

Volksanwaltschaft wird Anlaufstelle für Foltervorwürfe

Wien (PK) – Ein Medien-Transparenzgesetz soll mehr Transparenz bei Regierungsinseraten bringen. Inserate müssen künftig einem konkreten Informationsbedürfnis der Allgemeinheit dienen, Werbung alleine ist nicht mehr zulässig. Außerdem müssen öffentliche Stellen vierteljährlich über Inseratenaufträge berichten. Ein weitergehender Entschließungsantrag der Grünen dazu blieb im Nationalrat in der Minderheit. Änderungen im Mediengesetz bringen zusätzliche Offenlegungspflichten bei der Beteiligung von Treuhändern und Stiftern an Zeitungen.  

Abgeordneter Harald STEFAN (F) zeigte sich skeptisch, dass es gelingen würde, durch die in Rede stehende Vorlage die gewünschten Ziele zu erreichen. Maßgebliche Aspekte, wie etwa die Parteispenden, würden unbeachtet gelassen, weshalb seine Fraktion diesem Entwurf nicht zustimmen könne.

Abgeordneter Josef CAP (S) sah hingegen eine überaus gelungene Lösung vor sich, die durch einen entsprechenden Abänderungsantrag, mit dem man den Wünschen von Grünen und BZÖ entgegenkomme, noch weiter verbessert werde. Er verstehe daher nicht, weshalb man dieser Vorlage nicht beitreten könne.

Abgeordneter Karlheinz KOPF (V) unterstrich die Ausführungen seines Vorredners und warb gleichfalls für die Annahme der gegenständlichen Vorlage, da man im Wege der Transparenz die richtige Antwort auf die diesbezüglichen Fragen gegeben habe.

Abgeordneter Dieter BROSZ (G) zeigte sich erfreut darüber, dass das Medientransparenzgesetz seinen Namen wirklich verdiene. Es sei gelungen, die Missstände der Vergangenheit abzustellen und eine Lösung zu finden, die den Anforderungen an das Thema gerecht werde. Seine Fraktion könne daher guten Gewissens zustimmen.

Abgeordneter Stefan PETZNER (B) schloss sich der positiven Grundhaltung seiner Vorredner an, da auch in den Augen des BZÖ die wesentlichen Ziele der Vorlage erfüllt seien.

Staatssekretär Josef OSTERMAYER erläuterte die Inhalte der in Rede stehenden Vorlage und referierte dabei die Intentionen der Regierung.

Der Gesetzesentwurf wurde mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen. Auch die Änderung des Mediengesetzes wurde mehrheitlich beschlossen.

Volksanwälte prüfen künftig Foltervorwürfe

Die Volksanwaltschaft wird im Rahmen der innerstaatlichen Umsetzung des internationalen Abkommens zur Verhinderung von Folter (OPCAT) zur Anlaufstelle für Foltervorwürfe in Österreich. Das entsprechende OPCAT-Durchführungsgesetz passierte den Nationalrat einstimmig. Abgelehnt wurde ein BZÖ-Antrag zur Direktwahl der VolksanwältInnen durch das Volk.

Abgeordneter Herbert SCHEIBNER (B) sprach von einer wichtigen Initiative, merkte aber an, seine Fraktion könne der Vorlage deshalb nicht zustimmen, weil man die Lösung unnötig kompliziert gestaltet und den Verwaltungsapparat unverhältnismäßig aufgebläht habe. Damit habe man zudem die Chance verpasst, die Volksanwaltschaft auf eine moderne Basis zu stellen und eine echte Bürgeranwaltschaft zu schaffen.

Abgeordneter Peter WITTMANN (S) meinte, man setze damit ein 2003 unterzeichnetes Protokoll um, wobei er glaube, dass es gut sei, mit den damit verbundenen Aufgaben die Volksanwaltschaft zu betrauen, sodass man ein durchaus herzeigbares und positives Gesetz vorliegen habe.

Abgeordneter Wolfgang GERSTL (V) schloss an seinen Vorredner unmittelbar an und erinnerte daran, dass NGOs und Beamte hervorragend am Zustandekommen dieser Regelung mitgewirkt hätten, was begrüßenswert sei. Die Volksanwaltschaft sei bestens auf die neuen Aufgaben vorbereitet, er sei daher zuversichtlich, dass man eine gute Lösung im Interesse aller gefunden habe.

Abgeordneter Harald STEFAN (F) äußerte die Auffassung, dass die geplante Umsetzung dieser Thematik sinnvoll sei. Die Volksanwaltschaft sei die richtige Adresse für diese Aufgaben, seine Fraktion werde der Vorlage daher zustimmen.

Abgeordnete Alev KORUN (G) sprach angesichts der Umsetzung des Anti-Folterübereinkommens von einem historischen Tag für die Republik und die Menschenrechte in Österreich. Sie begrüßte darüber hinaus Verbesserungen im Volksanwaltschaftsgesetz als Folge von Vorschlägen aus der Zivilgesellschaft, wie etwa die Qualifikationskriterien für VolksanwältInnen, kritisierte jedoch den Bestellungsmodus für die Mitglieder der Volksanwaltschaft als nicht mehr zeitgemäß und forderte in einem Abänderungsantrag ein transparentes und parteiunabhängiges Auswahlverfahren.

Staatssekretär Josef OSTERMAYER dankte für die breite Unterstützung und brachte seine Überzeugung zum Ausdruck, dass die Volksanwaltschaft ihre neue Aufgabe erfolgreich wahrnehmen werde. 

Abgeordneter Hannes FAZEKAS (S) verteidigte den Bestellmodus und betonte, die Erfahrungen der Vergangenheit hätten gezeigt, dass keinerlei Anlass für Kritik an der Arbeit der Volksanwaltschaft und am Auswahlverfahren bestehe.

Abgeordneter Franz-Joseph HUAINIGG (V) stellte erfreut fest, die Volksanwaltschaft werde durch den heutigen Beschluss zur Anlaufstelle für Menschenrechte. Anliegen des Redners waren zudem die Überprüfung der Sachwalterschaft für behinderte Menschen und die Untersuchung der Situation in Pflegeheimen.

Bei der Abstimmung wurde die Vorlage in dritter Lesung mit der erforderlichen Zweidrittel-Mehrheit angenommen. Der Abänderungsantrag der Grünen blieb in der Minderheit. 

Nationalrat schließt Lücken bei der Einhebung von ORF-Gebühren 

Eine von den Regierungsparteien beantragte Änderung des ORF-Gesetzes zur Schließung von Lücken bei der Einhebung der ORF-Gebühr wurde mehrheitlich verabschiedet.

Abgeordneter Johannes HÜBNER (F) kündigte die Ablehnung der ORF-Gesetz-Novelle durch die FPÖ an. Mit der Gesetzesänderung werde vom bisherigen Grundsatz abgegangen, dass nur diejenigen TV-Haushalte Rundfunkgebühren zahlen müssten, die eine technische Einrichtung für den Empfang des ORF haben, erläuterte er. Künftig seien auch jene gebührenpflichtig, die über kein entsprechendes Gerät verfügten. Damit verwandle sich das bisherige Entgelt in eine Steuer. Hübner wies in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass der ORF nach einer 8-prozentigen Gebührenerhöhung im Jahr 2008 im Jahr 2012 erneut eine Anhebung der Gebühren plane und im Jahr 2010 zusätzlich eine "Sonderhilfe" im Ausmaß von 160 Mio. € erhalten habe.

SPÖ-Klubobmann Josef CAP erklärte, mit dem vorliegenden Antrag reagiere man auf einen Spruch des Verwaltungsgerichtshofs aus dem Jahr 2008. Der VwGH habe damals festgestellt, dass nach den geltenden Bestimmungen des ORF-Gesetzes die Rundfunkgebühr nur dann fällig sei, wenn man ein technisches Gerät zum Empfang der ORF-Programme habe. Durch laufende technische Änderungen sei dies aber nicht länger haltbar. Die Gesetzesänderung gibt dem ORF Cap zufolge die Möglichkeit, seinen Programmauftrag weiter erfüllen zu können.

Abgeordneter Dieter BROSZ (G) hinterfragte die Logik der Argumentation seines Vorredners. Im Prinzip laufe es darauf hinaus, dass jemand bereits jetzt ORF-Gebühren zahlen müsse, weil er in Zukunft möglicherweise ein Gerät zum Empfang des ORF-Programms haben werde, meinte er. Brosz sprach sich dafür aus, generell über eine Haushaltsabgabe nachzudenken. Im Mittelpunkt müsse jedenfalls die Programmqualität des öffentlich-rechtlichen Rundfunks stehen.

ÖVP-Klubobmann Karlheinz KOPF (V) betonte, er stehe "voll und ganz" zur Dualität des Rundfunksystems und damit auch zur Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die vorliegende Gesetzesänderung begründete er damit, dass die Kontrolle, ob jemand die technischen Voraussetzungen habe, um das ORF-Programm zu empfangen, zunehmend schwieriger werde. Immer mehr TV-Geräte hätten einen integrierten Digital-Decoder. Im Übrigen trage man dem Gedanken Rechnung, dass der ORF ein österreichischer Sender für alle sei und einen klaren Informations- und Kulturvermittlungsauftrag habe.

Der Gesetzesantrag ändert Kopf zufolge aber nichts daran, dass weiter Druck auf den ORF in Bezug auf die Aufrechterhaltung der Qualität des Programms und in Bezug auf die Fortsetzung des Sparkurses ausgeübt werde.

Abgeordneter Stefan PETZNER (B) lehnte die Gesetzesänderung hingegen ab. Es gehe einmal mehr darum, eine Finanzierungslücke des ORF zu schließen, skizzierte er. Petzner kritisierte in diesem Zusammenhang auch die Gehaltserhöhung der ORF-Generaldirektion.

Die ORF-Gesetz-Novelle wurde vom Nationalrat mehrheitlich verabschiedet.

Kurzdebatte zum Fall Natascha Kampusch  

Die Beantwortung einer FPÖ-Anfrage in der Causa Kampusch durch die Justizministerin veranlasste Abgeordneten Werner NEUBAUER (F) zum Vorwurf an die Ministerin, sie verweigere dem Parlament die Beantwortung von Fragen zum Fall Kampusch. Irritiert zeigte er sich insbesondere über den Hinweis Mikl-Leitners auf die Nichtöffentlichkeit des Verfahrens und sah darin einen Verstoß gegen das Interpellationsrecht des Parlaments. Neubauer forderte insbesondere Aufklärung über Hinweise auf ein fremdes Fahrzeug auf dem Grundstück des Entführers sowie über Medienberichte in Bezug auf einen gewichtigen österreichischen Politiker und dessen mögliche Involvierung.

Innenministerin Johanna MIKL-LEITNER verwies auf die Erfordernisse des Opferschutzes und auf die besondere Sensibilität der Causa Kampusch und erinnerte, dass der Fall einem einvernehmlichen Beschluss des Parlaments entsprechend in einem Unterausschuss des Innenausschuss behandelt werde. Die Ministerin bekannte sich zu Aufklärung und Transparenz und versicherte, es würden keine Täter geschützt, es gebe nichts zu verbergen, die Akten würden auf den Tisch gelegt werden.

Abgeordneter Otto PENDL (S) plädierte für eine sachliche Aufklärung im Unterausschuss und erinnerte ebenfalls an einen entsprechenden Fünf-Parteien-Beschluss. Er rief überdies zum Verzicht auf jeden Aktionismus im Fall Kampusch auf.

Abgeordneter Werner AMON (V) schloss sich der Argumentation seines Vorredners vollinhaltlich an und appellierte an die FPÖ, dem Parlamentarismus eine Chance zu geben und sich im Unterausschuss intensiv einzubringen.

Abgeordnete Dagmar BELAKOWITSCH-JENEWEIN (F) sprach hingegen von einer Missachtung des Parlaments und unterstrich, es gehe darum, dass Mikl-Leitner die Antwort auf eine parlamentarische Anfrage verweigert hatte. Sie warf der Ministerin vor, alles unter den Teppich zu kehren und potentielle Täter zu schützen.

Abgeordneter Peter PILZ (G) betonte, es sei nicht Aufgabe des Nationalrats, Delikte aufzuklären, Ersatzpolizei zu spielen und ein Opfer ein zweites Mal für politische Zwecken zu missbrauchen. Er bemerkte überdies, er spreche der FPÖ jegliches Recht ab, in der Causa Kampusch Fragen über persönliche und intime Details zu stellen und Altherrenfantasien einer politischen Partei zum Gegenstand einer parlamentarischen Untersuchung zu machen. Das Opfer Kampusch müsse vor der FPÖ und deren Art der Öffentlichkeitsarbeit geschützt werden, unterstrich Pilz und ersuchte Klubobmann Strache, keine Einzelheiten, die dem Opferschutz unterliegen, während der Arbeit des Unterausschusses öffentlich zu erörtern.

Abgeordneter Peter WESTENTHALER (B) zeigte zwar Verständnis für den Unmut der FPÖ über die Nichtbeantwortung der Anfrage, verwies aber auf die Arbeit des Unterausschusses und die Fünf-Parteien-Vereinbarung, von einer öffentlichen Behandlung des Falles Abstand zu nehmen, solange nicht alle Akten vorliegen. (Schluss Kurzdebatte/Fortsetzung Nationalrat)