Parlamentskorrespondenz Nr. 338 vom 26.04.2013

Gesundheitsreform: Zukunftssicherung, Belastung oder Kompromiss

Stöger erntet heftige Kritik im Nationalrat

Wien (PK) - Lange haben Bund, Länder und Sozialversicherungen über eine umfassende Gesundheitsreform verhandelt. Heute wurde sie auch im Nationalrat heftig diskutiert. Ziel ist eine gemeinsame und abgestimmte Planung und Steuerung von Spitälern und Arztpraxen, um Kosten zu sparen und gleichzeitig die Versorgung der PatientInnen zu verbessern. Die FPÖ kritisiert das Vorhaben und fordert den Rücktritt des Gesundheitsministers. Der Misstrauensantrag wurde abgelehnt.

Die von Bundesminister Alois Stöger initiierte umfassende Reform des österreichischen Gesundheitswesens, wird durch zwei 15a-B-VG-Vereinbarungen mit den Ländern (Zielsteuerung Gesundheit, Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens) sowie durch ein begleitendes Gesundheitsreformgesetz 2013 auf eine legistische Basis gestellt. Damit soll ein partnerschaftliches Zielsteuerungssystem etabliert werden, das vor allem eine bessere Abstimmung zwischen dem niedergelassenen Bereich und den Spitälern bringen und eine Versorgung der Patienten am "best point of service" gewährleisten soll. Ein weiterer wichtiger Eckpfeiler der Reform ist die Koppelung des Anstiegs der Gesundheitsausgaben an das nominelle Bruttoinlandsprodukt, wodurch Kostendämpfungseffekte erzielt werden sollen. Die Regierungsvorlagen fanden eine Mehrheit, der Abänderungsantrag der Grünen wurde ebenso abgelehnt wie das Anliegen der FPÖ, alternative Heilmethoden zu finanzieren.

FPÖ fürchtet Belastungspaket für PatientInnen

Abgeordneter Andreas KARLSBÖCK (F) bezeichnete die groß angekündigte Gesundheitsreform als eine gescheiterte Verwaltungsreform und als ein Belastungspaket für die Patienten. Zu einem ebenso vernichtenden Urteil kämen auch die Prüfer des Rechnungshofs, die an dem Gesetz "kein gutes Haar gelassen haben". Wie man dem entsprechenden Bericht entnehmen könne, werde durch den Entwurf weder ein partnerschaftliches Zielsteuerungssystem etabliert, noch die Finanzierung und Qualität der Gesundheitsversorgung nachhaltig sichergestellt, zeigte Karlsböck auf. Auch die erhoffte bessere Abstimmung zwischen niedergelassenem Bereich und den Krankenhäuser sei in weite Ferne gerückt. Ausgesprochen kritisch werde auch gesehen, dass die Finanzierung in Hinkunft an das Bruttoinlandsprodukt (BIP) gekoppelt ist. Dies bedeute in Wahrheit aber, dass Leistungen reduziert werden müssten. Karlsböck bedauerte zudem, dass die konkreten Probleme der Patienten - wie etwa lange Wartezeiten, keine Versorgung am Abend oder an den Wochenenden – überhaupt nicht gelöst würden. Da Minister Stöger in keinem Bereich nachgebessert habe und auch zu keiner weiteren Diskussion bereit war, bringe seine Fraktion daher einen Misstrauensantrag gegen ihn ein.

Es sei absolut nicht nachvollziehbar, dass ein Misstrauensantrag gerade gegen einen so erfolgreichen Minister wie Stöger eingebracht werde, urteilte Abgeordnete Sabine OBERHAUSER (S). Dessen Leistungsbilanz könne sich nämlich mehr als sehen lassen. Als Beispiele führte die SPÖ-Rednerin u.a. an, dass es dem Gesundheitsminister gelungen sei, die Krankenkassen zu sanieren. Als weitere Erfolge wertete sie die elektronische Gesundheitsakte, den Ausbau von ärztlichen Leistungen (z.B. in der Zahnmedizin) oder die erstmalige strenge Regelung von psycho-aktiven Substanzen. Auch die nun vorliegende Gesundheitsreform sei ein absoluter Meilenstein, war Oberhauser überzeugt. Stöger habe etwas geschafft, an dem frühere Minister immer gescheitert sind, nämlich die Einigung von Bund, Ländern und Sozialversicherung auf ein gemeinsames Zielsteuerungssystem, das die bestmögliche Versorgung der Patienten in den Mittelpunkt stellt.

BZÖ sieht Aufblähung der Verwaltung

Abgeordneter Wolfgang SPADIUT (B) meinte, es falle ihm schwer, es als Reform zu bezeichnen, wenn keine Verwaltungsreform, sondern eine weitere Aufblähung der Verwaltung durch neue Bundes- und Landes-Zielsteuerungskommissionen erfolge. Das bedeute faktisch eine weitere Kompetenzzersplitterung. Die verpflichtende Bindung des Gesundheitsbudgets an das BIP werde letztlich das Recht der PatientInnen auf Behandlungen einschränken. Das habe auch die "Grazer Erklärung" der Gesundheitsprofessionen festgehalten. Das BZÖ könne dem Gesetz daher beim besten Willen nicht zustimmen.

ÖVP: Gesundheitsreform ist einmalige Chance

Abgeordneter Erwin RASINGER (V) sieht die Aufgabe der Reform darin, eines der besten Gesundheitssysteme der Welt zu erhalten. Es sei eine komplizierte Materie. Die Reform sei aber eine einmalige Chance, zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherungen zu mehr Kooperation zu kommen. Verantwortung abschieben sei nun nicht mehr möglich. Ziel sei die bestmögliche Versorgung und hier gäbe es Verbesserungspotenzial. Rasinger benannte eine Reihe von Zielen, wie die Reduktion der Herz-Kreislauferkrankungen oder der Selbstmordraten. Auch die Prävention müsse mehr Bedeutung gewinnen. Einsparungen ohne Einschränkungen seinen durch den Ausbau des niedergelassenen Sektors zu erreichen, sodass vor allem Hausärzte ältere und chronisch kranke Menschen versorgen. Lücken gebe es aber weiterhin in Bereich wie der Kinderhospiz, der Kinderpsychiatrie. Auch das Problem der zu hohen Belastung von ÄrztInnen sei anzugehen. Sicher werden noch viele Schritte folgen müssen, aber ein erster Schritt sei gemacht. 

STRONACH: Gesundheit ist Baustelle der Republik

Abgeordneter Robert LUGAR (T) meinte, der Gesundheitsbereich sei seit Jahrzehnten eine der großen Baustellen der Republik. Der Minister selbst habe eine Studie in Auftrag gegeben, welche die Probleme des Gesundheitssektors und der Gefährdung seiner langfristigen Versorgung genau benenne. Das Ministerium habe, genauso wie der Rechnungshof, die Probleme zwar erkannt, schaffe es aber nicht, diese zu lösen. Österreich habe leider kein gutes Gesundheitssystem, da zu viel Geld ineffektiv ausgegeben werde. Diese Reform setze nicht beim Grundproblem an. Sie nehme das Gesundheitssystem nicht aus der Hand der Länder, sondern schaffe zusätzliche Verwaltungsebenen und nenne das eine Reform. Um zu wissen, was schief laufe, brauche man aber keine zusätzlichen Kommissionen, meinte Lugar.

Das System kranke daran, dass niemand wage, sich den mächtigen Interessensgruppen zu widersetzen. Die Verwaltung wuchere, während Vertragsärzte zu wenig Zeit für ihre PatientInnen hätten und pro Patient 5,09 € erhielten, schilderte Lugar drastisch. Studien zeigten auf, dass viele der Diagnosen praktischer Ärzte schlicht falsch seien. Das Problem liege aber nicht bei den niedergelassenen Ärzten, sondern in den schlechten Rahmenbedingungen des Systems, in dem sie arbeiten müssten. Manche Spitäler hingegen würden kostspielige und unnötige Operationen durchführen, wie der Rechnungshof aufgezeigt habe. Man dürfe über diese Probleme nicht weiter den Mantel des Schweigens breiten, wenn pro Jahr bis zu 10.000 Menschen Opfer von Fehldiagnosen werden. Das Team Stronach fordere, dass die Mittel hin zu den niedergelassenen Ärzten gelenkt werden. Bei allen größeren Operationen, ausgenommen natürlich Notfällen, sei verpflichtend eine zweite Meinung einzuholen. Außerdem brauche man die Bündelung der Kompetenzen beim Bund. Er wünsche sich hier mehr Mut des Ministers, schloss Lugar.

Grüne: Länder haben zu viele Kompetenzen

Die Grünen würden der Reform zwar zustimmen, aber ohne große Euphorie, kündigte Abgeordneter Kurt GRÜNEWALD (G) an. Die anhaltende Misere liege in den zu weit gefassten Kompetenzen der Länder und auch in der unscharfe Grenzziehung zwischen Gesundheits- und Sozialbereichen. Es sei sicher gut, diese Reform einmal irgendwo zu beginnen, aber es müsse weiter sehr genau beobachtet werden, ob die nun vereinbarten Ziele tatsächlich erreicht werden. Viele der geplanten 15a-Vereinbarungen seien aus seiner Sicht eine Abart der Korruption, da die Länder sich ihre Zustimmung um Millionen abkaufen lassen. Grünewald brachte einen umfangreichen Abänderungsantrag seiner Fraktion ein, der auf eine bessere Vertretung der Gesundheitsberufe abzielt. Grünewald bezeichnete es als ärgerlich, dass man über die Sanierung der Kassen juble, denn tatsächlich bedeute der derzeitige Zustand, dass die Kassen nicht alle Leistungen bringen, die man erwarten könne.

Stöger: Gesundheitsreform bringt mehr Leistungen und Transparenz

Bundesminister Alois STÖGER wies darauf hin, dass derzeit viele europäischen Länder im Gesundheitssystem Einschnitte durchführen. Österreich gehe einen anderen Weg und baue diese Leistungen aus. Es sei zudem gelungen, die Gebietskrankenkassen zu sanieren. Man habe mehr Transparenz im Gesundheitssystem geschaffen, etwa durch die elektronische Gesundheitsakte. Der große Schritt, der nun gesetzt werde, sichere die Zusammenarbeit aller Beteiligten im Behandlungsprozess, das nütze dem Patienten. Man werde künftig auch über mehr Mittel für die Weiterentwicklung des guten österreichischen Gesundheitssystems verfügen. Neue Leistungen wurden eingeführt, und erstmals haben alle Menschen, die in Österreich leben, eine E-Card, sagte der Minister mit Stolz. Diese Reform schaffe die Sicherheit, dass das solidarische Gesundheitssystem weiterentwickelt und abgesichert werde, wobei das Wohl der Patientinnen und Patienten im Mittelpunkt steht, unterstrich der Gesundheitsminister.

Streitpunkte von Arztpraxen bis Zahnambulatorien

Der Gesundheitsminister sich zwar um die Reform sehr bemüht, sagte Abgeordnete Dagmar BELAKOWITSCH-JENEWEIN (F), letztlich aber gegen die mächtigen Länderchefs verloren. Statt des Abbaus der Verwaltung werde eine neue Ebene eingezogen. Der Minister zementiere das föderalistische System, das alle Reformen erschwere, nur ein. Aufgrund des Einstimmigkeitsprinzips sei zu befürchten, dass es nun keine weitere Bewegung in Richtung Reform geben werde. Die Koppelung des Budgets des Gesundheitsbereichs an das BIP lasse befürchten, dass eine sinkende Wirtschaftsleistung auch weniger Geld für das Gesundheitssystem bedeuten wird. Schon jetzt schränke man Leistungen ein, es sei schändlich, was hier passiere, sagte Belakowitsch-Jenewein, die auch die Sanierung der Gebietskrankenkassen anzweifelte.

Für Abgeordnete Renate CSÖRGITS (S) hingegen bestand Grund zu Stolz auf eine große Reform, welche der Sicherung des Gesundheitssystems für die Zukunft diene. Es gebe neue Leistungen, wie etwa Impfungen von Kindern und Leistungen der Zahnambulatorien, sagt sie. Die Kernpunkte der Reform beträfen, wie der Minister schon dargestellt habe, die verstärkte Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kassen zum Wohl der PatientInnen. Man beseitige Doppelgleisigkeiten zwischen Spitälern und niedergelassenen Ärzten und schließe Lücken in der Versorgung. Auch der Prävention werde eine wichtiger Stellenwert eingeräumt.

Abgeordnete Ursula HAUBNER (B) verwies darauf, dass von allen Seiten Kritik an der geplanten Reform komme. Jubel sei nicht angebracht. Die Kompetenzzersplitterung und die Unterschiedlichkeit der Leistungen von insgesamt 22 Sozialversicherungsträgern bestehe weiter. Deren Verwaltung verursache jährlich 700 Mio. € Kosten. Die geplanten Maßnahmen der Gesundheitsreform gehe aber vor allem auf Kosten der PatientInnen, nicht der Verwaltung. Vieles, was geplant sei, seien versteckte Leistungseinsparungen. Das Problem der Rahmenbedingungen für die niedergelassenen Ärzte werde nicht angegangen, schilderte Haubner am Beispiel des Landes Oberösterreich. Haubner kritisierte auch die Selbstbehalte für Kinder im Krankenhaus und die Lage der Kinderhospiz, die von privaten Spenden abhängen. Es sei schlicht ungerecht, bei den Kindern zu sparen. Die Gesundheitsreform sei nur Kostendämpfung auf Kosten der PatientInnen, resümierte sie.

Abgeordneter Gertrude AUBAUER (V) sah eine leistbare Gesundheitsversorgung mit hoher Qualität auch für die künftigen Generationen als die Kernfrage der Gesundheitsreform. Das soll durch eine Verbesserung der Organisation und der Zusammenarbeit des Gesundheitsbereiche gelingen. Die SeniorInnen würden sehr genau darauf achten, dass es keine Leistungskürzungen geben werde, kündigte sie an. Eine optimale Behandlung dürfe werde von Alter noch von Einkommen abhängig gemacht werden. Auch die Prävention werde angesichts einer Bevölkerung, in der die Lebenserwartung steige, immer wichtiger. Die Gesundheitsreform bringe ein neues Denken ein, man sparen an den Strukturen, nicht an den Patienten.

Abgeordneter Martin STRUTZ (F) stellte fest, dass die vorliegende Gesundheitsreform das Gesetz sei, von dem in dieser Legislaturperiode die größten Auswirkungen auf das Budget und auf die ÖsterreicherInnen ausgehen werden. Die Reform sei eine große Chance gewesen, die Kostenexplosion im Gesundheitswesen einzudämmen, das Gesundheitssystem abzusichern und für mehr und bessere Leistungen zugunsten der PatientInnen zu sorgen. Laut Rechnungshof, Wirtschaftskammer, Hauptverband und Ärztekammer sei dies aber nicht gelungen, sagte Strutz: Die Kompetenzzersplitterung bleibe unverändert, die Verantwortung für Finanzierung, Aufgaben und Ausgaben werde nicht zusammengeführt, sondern noch weitere Entscheidungsebenen eingeführt – so könnten notwendige Reformschritte nicht umgesetzt werden. Weiterhin werde jede einzelne Behandlung bis zu 400 Zahlungsströme auslösen, klagte Strutz und zitierte eine IHS-Studie, die nachweise, dass Österreich ein im internationalen Vergleich teures aber ineffizientes Gesundheitssystem habe, der Gesundheitszustand der Menschen aber unter dem europäischen Durchschnitt rangiere. Strutz schlug vor, die Gesundheitspolitik nach Kärntner Vorbild politisch außer Streit zu stellen, die Anträge der Opposition ernst zu nehmen und gemeinsam eine sachgerechte Gesundheitsreform in Angriff zu nehmen.

Abgeordneter Karl ÖLLINGER (G) meinte, mit dieser Gesundheitsreform werde man auf hohem Niveau "weiterwursteln", die intransparenten Finanzströme und Ineffizienzen aber nicht überwinden können. Dies sei überraschend, weil sich alle sechs Parteien darin einig seien, die föderalen Strukturen im Gesundheitswesen zu reformieren. Dass dies nicht geschehe zeige, dass es außerhalb des Parlaments ein Machtzentrum gebe, das die Beseitigung des Kompetenzwirrwarrs zu verhindern wisse. Demgegenüber sollten sich die Abgeordneten dieses Hauses selbst ernster nehmen, lautete der Appell Öllingers. Seine Detailkritik richtete sich gegen die Einrichtung von Arbeitsgruppen mit 36 Mitgliedern, von denen kaum Reformimpulse zu erwarten seien und kritisierte auch die Aufrechterhaltung des Proporzes. Die Zustimmung seiner Fraktion erklärte er als Vertrauensvorschuss, der mit der Erwartung verbunden sei, schon bald, nämlich im kommenden Jahr weiter über die Gesundheitsreform zu diskutieren.  

Abgeordneter Josef RIEMER (F) unterzog die vorliegende Gesundheitsreform einer scharfen Kritik, wobei er bemängelte, dass sie in einer erklärungsbedürftigen Terminologie abgefasst sei, die an manchen Stellen fragwürdig sei. So verlangte Riemer nicht nur eine "bestmögliche" medizinische Behandlung der Patienten, sondern die "beste". Das vorgesehene Leitungssystem sei antiquiert, die Reform werde die vom Rechnungshof aufgezeigten Probleme nicht lösen und die Mängel bei der psychotherapeutischen und physiotherapeutischen Versorgung nicht beheben. Massive Leistungsunterschiede blieben aufrecht, die Verwaltungskosten würden nicht reduziert, zugleich aber Einsparungen geplant, die zu Lasten der Patienten, vor allem in den ländlichen Regionen gehen werden, befürchtete Riemer. Österreich ist auf dem Weg zu einer Zwei- oder Dreiklassenmedizin, kritisierte der Abgeordnete. In einem Entschließungsantrag seiner Fraktion verlangte Riemer einen Kostenersatz für alternativmedizinische Heilmethoden, sofern diese von einem Arzt verschrieben werden.

SPÖ: Misstrauensantrag bringt gemeinsame Gesundheitspolitik nicht weiter

Abgeordneter Wilhelm HABERZETTL (S) machte Abgeordneten Strutz darauf aufmerksam, dass ein Misstrauensantrag gegen den Minister kaum als erster Schritt zu einer Gesundheitspolitik jenseits des Parteienstreits verstanden werden könne. Die vorliegende Gesundheitsreform sichere den Patienten einen niederschwelligen Zugang zu einer qualitativ hochstehenden medizinischen Versorgung und schaffe mit der Koppelung des Kostenzuwachses an die BIP-Wachstum ein verlässliches Instrument zur mittelfristigen Planung im Gesundheitswesen. Kritik an Sozialversicherungsträgern wies Haberzettl zurück, indem er auf die sektorale und regionale Ausgleichswirkung aufmerksam mache, für die kleine Sozialversicherungen in Österreich sorgten. Die Gesundheitsreform sei nicht vollkommen, sie sei aber ein richtiger Anfang, schloss Haberzettl.

Abgeordneter Robert LUGAR (T) gab in einer zweiten Wortmeldung seiner Enttäuschung darüber Ausdruck, dass Gesundheitsminister Stöger auf die massive Kritik der Opposition mit keinem Wort eingegangen sei und keine Antwort auf die Frage gegeben habe, wie die zunehmenden Gesundheitskosten infolge höherer Lebenserwartung, schlechter Lebensgewohnheiten, stark zunehmender Diabeteserkrankungen und explodierender Pflegekosten trotz Kostendeckelung gedeckt werden sollen, wenn man es verabsäume, die Empfehlungen des Rechnungshofes zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen umzusetzen.

Abgeordneter Oswald KLIKOVITS (V) wiederum bedauerte, dass von der Opposition beim Thema Gesundheitspolitik nicht mehr komme als Gejammer. Die ÖsterreicherInnen bewerteten das österreichische Gesundheitswesen hingegen völlig anders, sie seien stolz darauf, dass ihr Land über das beste Gesundheitswesen der Welt verfüge. Die vorliegende Reform mache die Organisation des Systems transparenter sowie effizienter und sorge dafür, dass bei weniger Bürokratie mehr Medizin für die Patienten zur Verfügung stehen. Ambulanzen werden offen haben, wenn sie benötigt werden und die Patienten weniger häufig in Krankenhäusern, sondern vom Hausarzt und vom Facharzt behandelt werden. – Dieser Reform kann man guten Gewissens zustimmen, schloss Klikovits.

Abgeordneter Gerald GROSZ (B): "Nicht das System des Gesundheitswesens, sondern die Ärzte und das medizinische Personal können in Österreich Weltklasse für sich beanspruchen." Trotz eines schlechten Systems leisten Ärzte, Krankenschwestern und TherapeutInnen großartige Arbeit für die PatientInnen, obwohl  Millionenbeträge für Verwaltung und Leitung von 21 Sozialversicherungen verschwendet werden, führte Grosz aus. Der Redner verlangte vehement, die Sozialversicherungsanstalten zusammenzulegen, Kosten zu sparen und das Angebot medizinischer Leistungen aufzustocken.  

Abgeordneter Erwin SPINDELBERGER (S) hielt den Sprechern der Opposition entgegen, mit der vorliegenden Gesundheitsreform werde der Kritik des Rechnungshofes Rechnung getragen. Die medizinische Versorgung werde weiter ausgebaut, aber kontrolliert und in einer Struktur, in der alle Beteiligten an einem Strang ziehen. Die PatientInnen bleiben im Mittelpunkt, hielt Spindelberger fest. Sie  können damit rechnen, länger zu leben und dabei gesund zu bleiben. Diese Reform stelle einen Meilenstein in der Entwicklung des österreichischen Gesundheitssystems dar, lobte Spindelberger. 

Abgeordnete Claudia DURSCHLAG (V) sprach von einer guten Grundlage für eine Reform des Gesundheitssystems, wobei sie die geplante Steuerung der Finanzströme hervorhob und es als wichtig bezeichnete, dass die Patienten und deren Bedürfnisse im Mittelpunkt stehen. Durchschlag bekannte sich dazu, die niedergelassenen Ärzte und die Hausärzte zu stärken, die Verwaltungstätigkeit der Turnusärzte einzuschränken und die medizinische Versorgung zu Tagesrandzeiten zu verbessern.

Abgeordneter Karl DONABAUER (V) sagte in Richtung Opposition, ein Misstrauensantrag gegen den Minister nütze niemandem, statt Vorurteile sollte die Opposition Vorschläge unterbreiten. Dem Minister und seinen Mitarbeitern sei legistisch Einiges gelungen, lobte Donabauer. Angesichts der demografischen Entwicklung sei es notwendig, den Kostenzuwachs im Gesundheitswesen mit der BIP-Entwicklung zu verknüpfen. Beim Thema Stärkung des niedergelassenen Bereichs merkte Donabauer an, es seien die Ärzte und Mitarbeiter der Ambulanzen, die von Freitag Abends bis Montagfrüh für die Menschen zur Verfügung stehen, die am Wochenende erkranken.

Bei der Abstimmung genehmigte der Nationalrat die beiden Vereinbarungen mit den Bundesländern über Zielsteuerung im Gesundheitswesen sowie über Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens jeweils mit der Mehrheit von SPÖ, ÖVP und Grünen.  

Das Gesundheitsreformgesetz 2013 verabschiedete der Nationalrat nach Ablehnung eines Abänderungsantrages der Grünen und differenzierter Abstimmung in Zweiter Lesung in Dritter Lesung ebenfalls mit der Mehrheit von SPÖ, ÖVP und Grünen. Mehrheitlich angenommen wurde auch die Ausschussentschließung betreffend Information des Nationalrates bei der Zielsteuerung im Gesundheitswesen.

Der Misstrauensantrag der FPÖ gegen Gesundheitsminister Alois Stöger bliebe in der Minderheit der Antragsteller, ebenso der Entschließungsantrag betreffend Kostenersatz für alternative Heilmethoden. (Fortsetzung Nationalrat) red