Parlamentskorrespondenz Nr. 366 vom 29.04.2014

Plenum: Rechnungshofvorschläge für mehr Effizienz im Bildungssystem

Unterricht statt Verwaltung - Geld soll in den Klassen ankommen

Wien (PK) – Bei der Effizienzsteigerung im Bildungssektor - Ziel des Wachstumsprogramms "Europa 2020" - besteht laut Rechnungshof Handlungsbedarf. Österreich, das im internationalen Vergleich viel Geld für Bildung ausgibt, konnte zuletzt das Schüler/Lehrer–Verhältnis zahlenmäßig verbessern, Österreichs PädagogInnen wenden aber relativ wenig Arbeitszeit für den Unterricht auf, umso mehr hingegen für administrative Aufgaben, liest man in Berichten des parlamentarischen Kontrollorgans. Daher empfiehlt Rechnungshofpräsident Josef Moser, Effizienzprobleme in der Verwaltung zu lösen, die Schulautonomie auszubauen und dafür zu sorgen, dass mehr Geld in den Klassen und bei den SchülerInnen ankommt. Konkrete Kritikpunkte und Empfehlungen dazu lagen dem Nationalratsplenum in Form von Prüfberichten vor, deren Qualität von den Abgeordneten unisono gelobt wurde. - Die Kenntnisnahme durch den Nationalrat erfolgte einstimmig.

BIFIE-Ausgliederung ohne Effizienzgewinn   

Konkret ging es zunächst um die Ausgliederung des "Bundesinstituts für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des österreichischen Schulwesens (BIFIE)" im Jahr 2008. Bei diesem Projekt hatte der Rechnungshof mangelhafte Zielvorgaben, steigende Ausgaben, ineffiziente Strukturen und gravierende Kontrolllücken registriert.

Personalprobleme in Bundesschulen

Bei den BundeslehrerInnen orteten die Prüfer eine angespannte Personalsituation infolge der Senkung der Klassenschülerhöchstzahl und der Einführung der Neuen Mittelschule. Der Personalmangel wurde durch den Abzug von DirektorInnen, AdministratorInnen und IT–BetreuerInnen im Ausmaß von 2.500 Arbeitsplätzen vom Unterricht zusätzlich verschärft. Der vermehrte Einsatz nicht vollgeprüfter LehrerInnen und fix eingeplante Überstunden im Ausmaß von 5.200 Vollbeschäftigten veranlassten RH-Präsident Josef Moser zur Empfehlung, die Personalplanung zu verbessern, LehrerInnen länger im Aktivstand zu behalten, die Drop–Out–Rate in den Lehramtsstudien zu senken, besser über den Einstellungsbedarf zu informieren und in der Administration Verwaltungsbedienstete statt PädagogInnen einzusetzen – dadurch könnten 13 Mio. € jährlich eingespart werden, rechnete Josef Moser vor.

Schulverwaltung soll effizienter werden

Bei den LandeslehrerInnen stiegen die Kosten des Bundes von 2006/07 bis 2009/2010 auf 3,35 Mrd. €, die Steigerungsraten betrugen 10% bei den allgemein bildenden und 21% bei den berufsbildenden Pflichtschulen. An den allgemein bildenden Pflichtschulen verdoppelte sich die Überschreitung des Stellenplans auf 2.063 Planstellen, wodurch die Rückforderungen des Bundes um 115,3% auf 77,84 Mio. € stiegen. Der Rückforderungsanspruch des Bundes wäre allein im Schuljahr 2009/2010 um 33 Mio. € höher gewesen, hätten die Länder die Kosten überplanmäßig eingesetzter LandeslehrerInnen zur Gänze tragen müssen. Die Schulverwaltung sei vielschichtig, ihre Verfahren und Abläufe komplex und die Verantwortlichkeiten für Budgetplanung und -vollzug, Dienstzuteilungen, Mitverwendung und Controlling klafften auseinander, lautete die Kritik des Rechnungshofpräsidenten.

Mehr Wirkungsorientierung in der vorschulischen Kinderbetreuung 

Auch bei der vorschulischen Kinderbetreuung mahnte Rechnungshofpräsident Moser mehr Wirkungsorientierung bei der Verwendung von Steuergeldern ein. Die Barcelona–Ziele der EU bis 2010 (Kinderbetreuungsplätze für 33 % der unter 3–Jährigen und für 90 % der 3– bis 6–Jährigen) wurden bei den unter 3-Jährigen trotz deutlicher Verbesserungen verfehlt, erfuhren die Abgeordneten. In der Altersgruppe von 3 bis 6 Jahren wurden die Ziele erreicht und in Niederösterreich mit 95,6 % sogar übererfüllt.

SPÖ begrüßt Umsetzung von Empfehlungen des Rechnungshofs

Auf Seiten der Sozialdemokraten befasste sich Abgeordneter Elmar Mayer (S) mit den erschreckenden Kontrolllücken beim BIFIE, wertete es aber als erfreulich, dass die Empfehlungen des Rechnungshofs dort großteils bereits umgesetzt wurden. Sollte sich die neue Führung des Instituts nicht bewähren, sollte man auch an eine Rückführung in das Ressort nachdenken. SPÖ-Abgeordneter Philip Kucher sah die Umsetzung von RH-Empfehlungen beim BIFIE, etwa die Einführung von Transparenz- und Qualitätsstandards als Beweis dafür an, dass Rechnungshofkontrolle wirke. Abgeordnete Karin Greiner (S) erinnerte beim Thema Personalprobleme bei BundeslehrerInnen an die Umsetzung von Rechnungshofempfehlungen durch das neue LehrerInnendienstrecht und an die Einführung eines Web-Recruiting-System und an Verbesserungen bei der PädagogInnenausbildung. Der Einsatz von Verwaltungspersonal werde dafür sorgen, dass künftig mehr PädagogInnen für den Unterricht zur Verfügung stehen. Abgeordnete Ruth Becher (S) konzentrierte sich auf Baumaßnahmen der BIG im Rahmen des Konjunkturprogramms des Jahres 2008, die dazu beigetragen haben, dass 2009/10 kein Einbruch in der Bauwirtschaft eintrat. Einmal mehr plädierte Becher für die Zweckbindung der Wohnbauförderungsmittel. Abgeordneter Johann Hell (S) kritisierte angesichts der kritischen Feststellungen des Rechnungshofs zu den LandeslehrerInnen die Vielschichtigkeit der Schulverwaltung und das Auseinanderklaffen der Verantwortlichkeiten, was zu komplexen Verfahren und einem erhöhten Verwaltungsaufwand führe. Man sollte die diesbezüglichen Empfehlungen des Rechnungshofs beachten, statt die gute Arbeit der LehrerInnen schlecht zu reden. Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (S) würdigte den Ausbau der vorschulischen Kinderbetreuung in der Stadt Leoben positiv und wies auf die positiven Feststellungen des Rechnungshofs hin.

ÖVP: Bei der BIFIE-Ausgliederung ging alles schief

Für die Volkspartei sah Abgeordneter Hermann Gahr (V) Handlungsbedarf beim BIFIE, das Kernaufgaben trotz steigender Ausgaben nicht erfülle. Doppelstrukturen und Lücken im Kontrollsystem führten dort zu überproportionale Kostensteigerungen. Zugleich erinnerte auch Gahr daran, dass Rechnungshofempfehlungen bereits  umgesetzt und das BIFIE-Gesetz novelliert wurde. An der weiteren Verbesserung soll gearbeitet werden, so Gahr. Abgeordneter Josef Lettenbichler (V) sah Ausgliederungen positiv, beim BIFIE sei aber "alles schiefgelaufen, was nur schieflaufen könne". Die wissenschaftliche Arbeit dort stehe außer Frage, die neue Führung bemühe sich, immer noch seien aber viele der vom Rechnungshof aufgeworfenen Fragen unbeantwortet, etwa wie es möglich war, dass Institut ohne Geschäftsführervertrag zu leiten. Abgeordnete Brigitte Jank (V) sah die Dringlichkeit bildungspolitischer Fragen vom Rechnungshof bestätigt. Jank begrüßte die Ankündigung der Ministerin, aus einer Evaluierung beim BIFIE die richtigen Konsequenzen zu ziehen. Besorgt zeigte sich Jank wegen des Personalmangels an den AHS und forderte, die diesbezüglichen Empfehlungen des Rechnungshofs umzusetzen. In der Neuen Mittelschule solle ein einheitlicher rechtlicher Rahmen für den Einsatz der LehrerInnen geschaffen werden. Abgeordnete Dorothea Schittenhelm sah sich veranlasst, das Engagement der Gemeinden beim Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen zu würdigen und hielt fest, dass die Bildung bereits in den Kleinkindergruppen beginne. Abgeordneter Andreas Hanger (V) ersuchte, beim Thema Neue Mittelschule das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren, SchülerInnen aus niedrigeren Leistungsgruppen an ein höheres Unterrichtsniveau heranzuführen.

FPÖ besorgt wegen Explosion der Nachhilfe

Abgeordneter Walter Rosenkranz (F) lobte die Arbeit des Rechnungshofes und die Unterstützung, die er den ParlamentarierInnen bietet und wandte sich gegen die Abqualifizierung des Rechnungshofs wie zuletzt durch die Bildungsministerin, die dem RH-Präsidenten im Ausschuss vorgeworfen hatte, er agiere wie ein Oppositionsabgeordneter. Hinsichtlich der notwendigen Reformen in der Schulverwaltung erinnerte der Redner daran, dass diese Verwaltung teilweise noch aus der Monarchie stamme. Zudem seien die Missstände zu überwinden, die auf die "sozialistische Schulpolitik" zurückgehen, so Rosenkranz. Abgeordneter Gerald Hauser (F) betonte die Bedeutung des geistigen Potentials und seiner Entwicklung für die Wettbewerbsfähigkeit des Landes und unterstrich die Notwendigkeit, die Empfehlungen des Rechnungshofs zum Bildungssektor umzusetzen. Hausers Vorschlag lautete, die Überfrachtung der Lehrpläne zu reformieren und dafür zu sorgen, dass das Geld des Bildungsbudgets wieder bei den Kindern ankommt. Hauser zeigte sich besorgt wegen der Explosion von Nachhilfe.

Grüne für ein angemessenes Rechnungshof-Budget

Abgeordneter Harald Walser (G) wandte sich entschieden dagegen, den ehemaligen Leiter des BIFIE abzuqualifizieren, weil er der ÖVP nicht mehr ins parteipolitische Konzept passe. Das Versagen beim BIFIE sei ein politisches, stellte Walser fest und verlangte, zwischen der Kritik des Rechnungshofs und der fundierten wissenschaftlichen Arbeit des Instituts unterscheiden. Bei der Personalsituation der BundeslehrerInnen sah Walser dramatische Zeichen an der Wand. Jetzt sei vorzusorgen, dass die LehrerInnen zur Verfügung stehen, die man in den nächsten Jahren dringend brauche. Geeignete Maßnahmen dafür vermisse er, sagte Walser. Abgeordnete Gabriela Moser (G) sprach sich für optimale Rahmenbedingungen für den Unterricht aus und bezeichnete die kritischen Berichte des Rechnungshofs als sehr wertvoll und wandte sich als Vorsitzende des Rechnungshofsauschusses gegen indirekte Kürzungen im Budget des Rechnungshofs. Der Rechnungshof hat trotz Vermehrung seiner Aufgaben um 40 Planstellen zu wenig, stellte Gabriela Moser fest.

Team Stronach gegen Doppelgleisigkeiten in der Bildungsverwaltung  

Abgeordnete Martina Schenk (T) sah im Bildungssektor vieles im Argen liegen und erinnerte einmal mehr an die Vorschläge des Bildungsvolksbegehrens. Der Rechnungshof habe Doppelgleisigkeiten, hohe Kosten und geringen Output festgestellt. Schenk setzte sich mit der "Freunderlwirtschaft" beim BIFIE auseinander und plädierte dafür, dass Institut in das Ressort zurückzuführen. Die Ungleichbehandlung von Bundes- und LandeslehrerInnen an den Neuen Mittelschulen bildete einen weiteren Kritikpunkt der Rednerin.

NEOS für Entfesselung der LehrerInnen durch Schulautonomie   

Abgeordneter Matthias Strolz (N) sagte, der Rechnungshof habe seine Finger in wesentliche Wunden gelegt. Beim BIFIE sah Strolz mehr Fragezeichen als Antworten und plädierte für eine rasche BIFIE-Novelle. Dort arbeiten Menschen nach besten Wissen und Gewissen, die es verdienen, dass budgetäre und andere Unklarheiten beseitigt werden. "Was bleibt beim BIFIE, was kommt zurück in das Ressort", lautet eine der wichtigen Fragen für Strolz. Baustellen sah Strolz auch bei den BundeslehrerInnen, vermisste ein differenziertes und professionelles Verständnis davon, was eine Lehrkraft ist, und kritisierte den Einsatz von LehrerInnen in der Verwaltung. "Autonome Schule mit mehr Freiheit", verlangte der Abgeordnete und betonte die Bedeutung der Funktion der SchulleiterInnen. Es gehe laut Strolz nicht an, dass Schuldirektoren ihre Leitungsqualifikationen erst "on-the-job" erwerben. Abschließend forderte Strolz, Verantwortungen und Zuständigkeiten im Bereich der LandeslehrerInnen auf Bundesebene zusammenzuführen. Mehr Autonomie an den Schulen würde beherzte PädagogInnen in ihrer Arbeit entfesseln und die SchülerInnen in den Mittelpunkt stellen. Abgeordnete Beate Meinl-Reisinger (N) befasste sich mit der vorschulischen Kinderbetreuung und vermisste dort die notwendige Wirkungsorientierung. Man habe viel Geld in die Hand genommen aber nur eine wenig Wirkung erzielt. Der Bericht zeige, wie notwendig es wäre, die Kinderbetreuung in die Bundeskompetenz zu übertragen, um strukturelle Schwächen zu überwinden und die Wirkungen des eingesetzten Geldes zu erhöhen.

RH-Präsident Moser: Strukturreformen im Bildungssektor unabdingbar

Rechnungshofpräsident Josef Moser unterstrich Reformbedarf im Bildungssektor von der Kinderbetreuung bis zur Universität. Derzeit komme zu wenig Geld bei den Betroffenen an, ohne Strukturreformen werde es auch nicht möglich sein, den Herausforderungen auf dem Bildungssektor zu entsprechen. Der Aufwand im Bildungsbudget steige überdurchschnittlich, gleichzeitig sei der Output im internationalen Vergleich unterdurchschnittlich, obwohl das Lehrer-Schüler-Verhältnis gut sei. Ineffizienzen führte Mölzer auf die Kompetenzzersplitterung in der Schulverwaltung zurück, die Reformen unabdingbar machten. Gerade die Neue Mittelschule zeige, dass an ein und der selben Schule LehrerInnen mit völlig unterschiedlichen dienstrechtlichen Voraussetzungen arbeiten, wodurch der verschränkte LehrerInneneinsatz nur ansatzweise realisiert werden könne. "Wir brauchen Reformen im Kompetenzbereich, Reformen im Dienstrecht und eine zielgerichtete Steuerung". Josef Moser schlug auch eine nachhaltige Personalplanung vor und vermisste ausreichende Maßnahmen zur Deckung des Personalbedarfs bei den BundeslehrerInnen. Eine Kompetenzbereinigung sei auch notwendig, um Doppelgleisigkeiten bei neun verschiedenen Landesdienstrechten zu überwinden. Ähnliches gelte auch für den Bereich der vorschulischen Kinderbetreuung.

Europäische Kontrollaufgaben des Rechnungshofes

Einen Themenwechsel brachte der Prüfbericht über die Umsetzung und Kontrolle des EU-Budgets im Jahr 2011. Die ParlamentarierInnen erfuhren, dass der Nettobeitrag Österreichs zur EU 2011 um 128,16 Mio. € auf 805,11 Mio. € stieg und Österreich damit die neunte Position in der Reihe der elf Nettozahler einnahm. Den zuletzt starken Anstieg des Nettobeitrages Österreichs zur EU erklärte der RH-Präsident mit Mehrwertsteuerrückvergütungen in den Jahren 2006 und 2007, die den Anstieg danach im Vergleich relativ stark erscheinen lassen. 2011 erhielt Österreich 1,876 Mrd. € an EU–Mitteln. Die Feststellung, dass die Landwirtschaft den größten Anteil an den Rückflüssen hatte, die einem Sektor zugeordnet werden können, veranlasste bäuerliche Abgeordnete zu dem Hinweis, dass unter dem Titel "Agrarförderungen" viele Gelder für Wirtschaft, Regional- und Umweltförderung sowie soziale Zwecke subsummiert seien. Im Hinblick auf Probleme bei der Förderung der Almwirtschaft kündigte Präsident Moser einen Prüfbericht samt Empfehlungen für den kommenden Sommer an.

Mit Freude reagierten die Abgeordneten auf die Nachricht, dass Österreich bei der Umsetzung der im Juni 2010 gestarteten neuen Wachstumsstrategie "Europa 2020" sein nationales Ziel bei der Schul– und Ausbildungsabgängerquote bereits Ende 2011 zur Gänze erfüllt hatte, mit einer Beschäftigungsquote von 75,2 % bereits jetzt über dem "Europa 2020"–Ziel liegt und beim Investitionsvolumen über dem EU–Niveau rangiert. Handlungsbedarf sah Rechnungshofpräsident Josef Moser bei anderen Zielen, insbesondere bei der Steigerung der Effizienz im Bildungssektor.

Mit dem Europäischen Rechnungshof arbeite er partnerschaftlich und vertrauensvoll sowie unter Wahrung seiner Unabhängigkeit zusammen, berichtete Präsident Moser. Sechs Überprüfungen des Europäischen Rechnungshofes in Österreich ergaben, dass die Überwachungs– und Kontrollsysteme in der Landwirtschaft "bedingt wirksam" und jene in der Entwicklung des ländlichen Raums "wirksam" sind. Für die EU-Jahresrechnung 2011 habe der EU-Rechnungshof keine uneingeschränkte Zuverlässigkeitserklärung (ZVE) abgeben können, weil nur zwei Ausgabenbereiche ("Verwaltungs– und sonstige Ausgaben" und "Außenbeziehungen, Außenhilfe und Erweiterung") nicht in wesentlichem Ausmaß mit Fehlern behaftet waren. Die Fehlerquoten bei Zahlungen für den EU–Haushalt waren von 2006 bis 2009 von 7,3 % auf 3,3 % zurückgegangen, stiegen 2010 aber auf 3,7 % und 2011 weiter auf 3,9 % an. RH-Präsident Moser sah daher auf EU-Ebene die Notwendigkeit, konkreter als bisher festzustellen, wer Fehler verursacht. Häufigere Wirtschaftlichkeits- und Risikoprüfungen und "Mehr Kontrolle bei weniger Verwaltung" lautet das Credo Josef Mosers.

Empfehlungen zur Vereinfachung des Förderungswesens – ein Verlangen mehrerer Abgeordneter in der Debatte - enthalte der Rechnungshofbericht zum Österreichischen Programm für eine umweltgerechte Landwirtschaft (ÖPUL), teilte der RH-Präsident mit. Um EU-Mittel zeitgerechter als bisher in Anspruch nehmen zu können, wären klarere und bessere Planungen notwendig, sagte Moser, der generell davon ausging, dass Österreich seine EU-Mittel abholt. Als die richtigen Orte für Diskussionen über regionale Unterschiede bei der Inanspruchnahme von EU-Mitteln nannte Präsident Moser die Landtage.

Positiv fiel in der Debatte die Beurteilung der neuen EU-Instrumente zur Haushaltssteuerung (Sixpack, Twopack, Fiskalpakt) aus. Zur Erreichung der Haushaltsziele werde aber ein zweiter Schritt und eine klarere Festlegung der Verantwortlichkeiten notwendig sein, sagte Präsident Moser, der auch die Einführung eines kohärenten Rechnungswesens für Bund, Länder und Gemeinden einmahnte. Beim Thema "Neue europäische Kontrollarchitektur" schlug Moser die Einführung eines Begutachtungsverfahren für die Rechnungshöfe vor und sah den Nationalrat vor der Aufgabe stehen, zu klären, welche Rolle der Österreichische Rechnungshof in dieser künftigen Kontrollarchitektur einnehmen soll.

Mehr Kontrolle, Transparenz und weniger Bürokratie auch in Europa

Abgeordneter Erwin Preiner (S) begrüßte die gute Zusammenarbeit zwischen Europäischem und Österreichischem Rechnungshof und zeigte sich überzeugt, dass Österreich von der Europäischen Union profitiert. Preiners Kritik betraf das agrarische Kontrollsystem und Missstände bei der Förderung der Almbewirtschaftung, hier sah Preiner Herausforderungen für die Zukunft.

Abgeordneter Hermann Gahr (V) sprach den 70%-Anteil der Landwirtschaft an den EU-Rückflüsse an und hielt fest, dass es darum gehe, den ländlichen Raum zu fördern, Arbeitsplätze zu schaffen und die natürlichen Ressourcen zu schützen. Verbesserungsbedarf sah auch Gahr bei der Bewirtschaftung der Almflächen und äußerte den Wunsch nach einer Steigerung des Rückflusses österreichischer Mittel von der EU. Abgeordneter Johann Singer (V) begrüßte die hohe Nutzung der EU-Fördermittel für die Entwicklung des ländlichen Raums, bei der der Rechnungshof mit 100% rechne, weil noch nicht angesprochene Mittel auch in späteren Jahren genutzt werden können. Österreich hat enorm vom EU-Beitritt profitiert, sagte Singer und wies darauf hin, dass Österreich als EU-Mitglied Jahr für Jahr 17.000 Arbeitsplätze zusätzlich schaffen könne. Abgeordneter Josef Lettenbichler (V) bekannte sich dazu, die Rückflüsse von EU-Mitteln nach Österreich zu steigern. Die EU habe Schwächen, räumte der Abgeordnete ein, brach aber zugleich eine Lanze für das Friedensprojekt EU, deren größte Leistung darin liege, in Europa 70 Jahre lang für Frieden gesorgt zu haben.

Abgeordneter Wolfgang Zanger (F) kritisierte fehlerhafte Abrechnungen bei der Auszahlung von EU-Fördermitteln im Umfang von 5% des gesamten EU-Budgets. In einem Entschließungsantrag seiner Fraktion beantragte Zanger, dass EU-Fördermittel, die in Österreich direkt an Förderungsempfänger ausbezahlt werden, durch den Rechnungshof geprüft werden können.

Abgeordneter Werner Kogler (G) bestätigte, dass der Rechnungshof immer mehr leiste, und warf dem Nationalrat vor, der Regierung bei der Kürzung des Rechnungshofbudgets nachzugeben. Kogler wandte sich entschieden gegen "Retorsionsmaßnahmen" der Regierung gegen ein Kontrollorgan des Nationalrates.

Abgeordnete Martina Schenk (T) kritisierte Geldverschwendung in der EU am Beispiel von PR-Ausgaben der Generaldirektion und bei den Reisekosten der Abgeordneten zwischen Brüssel und Straßburg. Auch Martina Schenk verlangte eine Prüfkompetenz des Rechnungshofes für direkte EU-Förderungen und wandte sich gegen ein "Aushungern" des Rechnungshofes.  

Abgeordneter Rainer Hable (N) hielt die Haushaltskoordinierung in der EU für "heilsam" und drängte auf die Harmonisierung des Rechnungswesen von Bund, Ländern und Gemeinden im Sinne der diesbezüglichen EU-Richtlinie.

Bei der Abstimmung blieb der Entschließungsantrag der FPÖ betreffend RH-Prüfung direkter EU-Förderungen in der Minderheit und wurde abgelehnt. (Fortsetzung Nationalrat) fru