Parlamentskorrespondenz Nr. 551 vom 12.06.2014

Nationalrat: ÖH wieder direkt wählbar

Neues Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz (HSG) auf nicht-öffentliche höhere Bildungseinrichtungen ausgeweitet

Wien (PK) - Mit breiter Mehrheit nahm der Nationalrat heute das neue Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz (HSG) an. Damit können Studierende ab 2015 ihre ÖH-Vertretungen wieder direkt wählen, wobei erstmals Studierende der verschiedenen Einrichtungen für höhere Bildung - also Universitäten, Fachhochschulen, Privatuniversitäten, Pädagogische Hochschulen sowie die Universität für Weiterbildung Krems - einheitliche Vertretungsstrukturen in Form einer Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft (ÖH) erhalten. An allen Bildungseinrichtungen mit über 1.000 Studierenden werden ÖHs als Körperschaften öffentlichen Rechts geschaffen, bei kleineren Bildungseinrichtungen übernimmt die Bundesvertretung deren rechtsgeschäftliche Vertretung. Die Mandatszahl der ÖH-Bundesvertretung reduziert sich von 100 auf 55 und das Aufsichtsrecht über die ÖH-Organe durch das Wissenschaftsministerium wird präzisiert.

Neu ist weiters im ÖH-Gesetz, dass auch StudentInnen aus Nicht-EU-Staaten die Berechtigung zur Kandidatur bei der ÖH-Wahl erhalten und die Möglichkeit zur Briefwahl besteht. Gleichzeitig wird im Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz die Registrierungsbestimmung für ausländische Studienanbieter in Österreich geändert. Das Plenum nahm  in Verbindung damit mehrheitlich einen Abänderungsantrag von ÖVP, SPÖ, FPÖ, Grünen und NEOS an, wodurch das bisherige Registrierungssystem durch eine Meldepflicht bei der Qualitätssicherungsagentur Austria ersetzt wird. Ein Abänderungsantrag der Grünen gegen die Ausweitung der ministeriellen Kontrolle über die ÖH blieb dagegen ebenso in der Minderheit wie zwei FPÖ-Anträge gegen die Briefwahl bei ÖH-Wahlen und die Kandidatur von Drittstaatenangehörigen.  

Mitverhandelt mit der Regierungsvorlage zum ÖH-Gesetz wurde ein Antrag der Freiheitlichen auf Ausweitung der Leistungsvereinbarung zwischen Wissenschaftsministerium und Universitäten auf fünf Jahre. Diese Forderung erhielt jedoch keine ausreichende Mehrheit im Plenum.

Mitterlehner: Zusammenarbeit mit ÖH hat Erfolg gezeitigt

Gemeinsam mit allen wesentlichen Gruppen der ÖH habe das Wissenschaftsressort mit dem Gesetzesentwurf einen entscheidenden Schritt zur Weiterentwicklung der HochschülerInnenschaft gesetzt, fasste Bundesminister Reinhold Mitterlehner den Entstehungsprozess der Vorlage zum neuen ÖH-Gesetz zusammen. Trotz vieler Auffassungsunterschiede seien die Prioritäten dabei klar gewesen, so der Minister. Der traditionell niedrigen Wahlbeteiligung bei ÖH-Wahlen wolle man mit Briefwahl bzw. Direktwahl beikommen, aus der Verkleinerung der Mandatszahl in der ÖH-Bundesvertretung ergebe sich eine bessere Identifikation mit ihren Mitgliedern und private Universitäten würden im Sinne der Homogenität bei der Studierendenvertretung mit öffentlichen gleichgestellt. Zum Aufsichtsrecht des Ministeriums gegenüber der ÖH sagte Mitterlehner, auf Grund mehrerer Anlassfälle in lokalen ÖHs habe hier die Notwendigkeit bestanden, besonders die Aufsicht über wirtschaftliche Belange der Studierendenvertretung zu präzisieren. Mögliche Sanktionen wie die Absetzung von ÖH-Vorsitzenden würden damit aber niemals aus politischen oder inhaltlichen Gründen schlagend, versicherte der Wissenschaftsminister.

ÖH-Gesetz: Positive Kommentare überwiegen im NR-Plenum

Parteiübergreifend gutgeheißen wurde an der Reform des ÖH-Gesetzes die Wiedereinführung der Direktwahl zur HochschülerInnenschafts-Bundesvertretung. Das Wahlrecht werde damit demokratischer, da wieder jede Stimme gleich viel zähle, unabhängig von der Größe einer Hochschule, so der Tenor. Die unter der schwarz-blauen Regierung getroffene Entscheidung zur indirekten ÖH-Wahl über Vertretungspersonen werde somit nach zehn Jahren endlich berichtigt, zeigten sich SPÖ, Grüne und NEOS erfreut und auch von ÖVP und FPÖ wurde das direkte Wahlrecht begrüßt. Speziell die Regierungsfraktionen würdigten zudem den Entstehungsprozess des Gesetzesvorschlags. Vorbildlich und beispielhaft waren die Worte, mit denen Andea Kuntzl (S) und Asdin El Habbassi (V) die Zusammenarbeit zwischen Ministerium und Hochschülerschaft bei der Ausarbeitung der Vorlage lobten. Elmar Mayer (S) erinnerte an die Proteste der ÖH, die es beim Nationalratsbeschluss zum damals neuen Hochschülerschaftsgesetz 2004 gegeben hatte, und würdigte vor diesem Hintergrund das kooperative Vorgehen des heutigen Wissenschaftsministers.

Obwohl die Reform des ÖH-Gesetzes also grundsätzlich von allen Fraktionen begrüßt wurde, kamen zu bestimmten Punkten des Entwurfs doch kritische Töne, vor allem seitens der FPÖ, der Grünen und des Team Stronach.

Für die FPÖ führte Axel Kassegger (F) ins Treffen, die passive Wahlbeteiligung von Drittstaatenangehörigen bei ÖH-Wahlen sei womöglich nicht verfassungskonform. Immerhin dürften öffentliche Ämter laut Staatsgrundgesetz nur von österreichischen StaatsbürgerInnen bekleidet werden, wie er in einem Abänderungsantrag seiner Fraktion festhielt. Mit einem weiteren Antrag sprach sich Kassegger gegen die geplante Briefwahl bei ÖH-Wahlen aus, da hier keine freie, geheime und persönliche Stimmabgabe zu garantieren sei. Die Anliegen der Freiheitlichen fanden zwar letztlich nicht die Zustimmung der anderen Parteien, dennoch äußerten sich auch einige SPÖ-Abgeordnete skeptisch in Bezug auf das Briefwahlmodell im Entwurf. So meinten etwa Katharina Kucharowits und Philip Kucher (beide S), postalische Stimmabgaben müssten genau beobachtet werden, weil dabei allzu leicht die geltenden Wahlgrundsätze umgangen werden könnten. Für Josef Cap (S) ist die ÖH-Briefwahl eine Notlösung zur Ankurbelung der Wahlbeteiligung, Nikolaus Scherak (N) erklärte wiederum, gerade für Auslandsstudierende sei diese Regelung wichtig und außerdem hätten bereits fast alle Körperschaften in Österreich diese Option bei ihren Wahlen.

Sigrid Maurer (G) bekrittelte am Entwurf die Bestimmungen zum Aufsichtsrecht des Ministeriums, denn damit werde die völlige Unabhängigkeit der ÖH vom Wissenschaftsressort in Frage gestellt, obwohl dieses schon über ausreichend Kontrollrechte, auch hinsichtlich der Rechnungsprüfung, verfüge. In ihrem nicht vom Plenum befürworteten Abänderungsantrag lehnte Maurer besonders die Möglichkeit der Amtsenthebung von ÖH-Organen durch den Minister dezidiert ab. Sehr sensibel habe das Wissenschaftsministerium mit seinen Kontrollrechten gegenüber der ÖH umzugehen, eigentlich sollte die Studierenden-Interessenvertretung besser von einer anderen Aufsichtsbehörde als vom Ministerium geprüft werden, empfahl Nikolaus Scherak (N). Vollkommen einig waren die beiden, die Ausdehnung des passiven Wahlrechts auf alle ausländischen Studierende sei äußerst positiv zu werten und Andrea Kuntzl (S) hielt ebenso fest, damit werde der internationalen Ausrichtung heimischer Universitäten Rechnung getragen.

Rouven Ertlschweiger (T) begrüßte einerseits die demokratische Ausprägung der Vorlage – Stichwort Direktwahl -, er monierte andererseits, mit dem Entwurf würden auch private Universitäten unter das Dach der ÖH-Studierendenvertretung gezwungen. Viel sinnvoller wäre es seiner Meinung nach eine eigene Regelung für Privatunis, die keine öffentlichen Gelder erhielten, zu schaffen. Der jetzige Entwurf für das ÖH-Gesetz bilde im internationalen Wettbewerb privater Hochschulen wahrscheinlich einen Nachteil für die heimischen Bildungseinrichtungen, mutmaßte er und sprach sich namens des Team Stronach daher gegen die Gesetzesvorlage aus.

Hochschul-Qualitätssicherung wird neu aufgestellt

In den vergangenen Jahren hätten immer mehr ausländische Studienanbieter die Registrierungspflicht in Österreich als Qualitätssigel missbraucht, schilderte Karlheinz Töchterle (V) die Ursache für die in der Regierungsvorlage zum ÖH-Gesetz ebenfalls enthaltenen Novelle des Hochschul-Qualitätssicherungsgesetzes. Um eine tatsächliche qualitative Überprüfung grenzüberschreitender Studien sicherzustellen und den StudentInnen mehr Sicherheit zu bieten, hätten sich ÖVP, SPÖ, FPÖ, Grüne und NEOS auf eine entsprechende Änderung dieser Registrierungsbestimmung geeinigt. Im diesbezüglichen Abänderungsantrag der fünf Fraktionen, eingebracht von Asdin El Habbassi, heißt es, das System der Registrierung wird durch eine Meldepflicht für ausländische Studienanbieter ersetzt. Die Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria soll die Bestätigung von Bildungseinrichtungen aus dem Ausland durchführen, wodurch der homogenen Qualität des tertiären Bildungsektors in Österreich entsprochen werde. Diese Neuregelung fand mit mehrheitlicher Zustimmung Eingang in die Regierungsvorlage, die in weiterer Folge in zweiter und dritter Lesung insgesamt von der Mehrheit im Plenum angenommen wurde.

Generell für mehr Planungssicherheit der Universitäten machte sich FPÖ-Mandatar Andreas Karlsböck stark, als er auf seinen mitverhandelten Antrag Bezug nahm. Vor allem zur finanziellen Besserstellung der Universitäten sollte die Leistungsvereinbarung des Ministeriums mit den Hochschulen von drei auf fünf Jahre ausgedehnt werden, betonte Karlsböck. In absoluten Zahlen habe sich das kürzlich beschlossene Forschungsbudget nämlich nicht erhöht, konstatierte er, auch wenn die zukünftige Dotierung der Forschung nunmehr einigermaßen abgesichert worden sei. Der Antrag wurde jedoch von den meisten Abgeordneten im Nationalrat nicht mitgetragen. (Fortsetzung Nationalrat) rei