Parlamentskorrespondenz Nr. 670 vom 08.07.2014

Grüne wollen Eigentümerrechte der Republik in ÖIAG stärken

Kurze Debatte über Fristsetzungsantrag

Wien (PK) – Die Grünen wollen rasch eine Neuordnung der ÖIAG. In der heutigen Nationalratssitzung forderten sie daher Auskunft, warum eine von ihnen beantragte Änderung des ÖIAG-Gesetzes 2000 nicht umgesetzt wird. Sie verlangten, der Nationalrat möge zu diesem Zweck dem Finanzausschuss eine Frist zur Berichterstattung mit 8. Juli 2014 setzen. Der Antrag auf eine Fristsetzung blieb nach Abhaltung einer Kurzen Debatte jedoch in der Minderheit.

Abgeordneter Peter Pilz (G) meinte, es gebe im ÖIAG-Aufsichtsrat eine unter dem ehemaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser eingesetzte "Clique" von Personen, die ihre Funktion missbrauche, um andere Interessen als die Österreichs zu verfolgen. Es sei daher im zentralen Interesse der Republik, bestimmte Personen aus Aufsichtsratspositionen fernhalten zu können, sagte Pilz und nannte namentlich den Manager Siegfried Wolf, den er als "Vertreter der Interessen russischer Oligarchen" bezeichnete. Es sei daher notwendig, die Abberufungsmöglichkeit zu erweitern, in dem der Finanzminister, der in der ÖIAG-Hauptversammlung die Eigentümerrechte der Republik Österreich ausübt, die Abberufung eines Aufsichtsrats aufgrund eines Regierungsbeschlusses herbeiführen kann. SPÖ und ÖVP hätten ihm zuerst zugestimmt, dass Änderungen bei der Selbsterneuerung des ÖIAG-Aufsichtsrats nötig seien. Im letzten Moment habe sich aber der Finanzminister wieder gegen die vorgeschlagenen Änderungen gestellt, sagte Pilz und äußerte sein Unverständnis über diese weitere Verzögerung. Die Fristsetzung diene dazu, Auskünfte erhalten zu können, was die Gründe für den Gesinnungswandel seien.

Rainer Wimmer (S) erklärte, er wolle das Problem nicht derart auf eine Person zuspitzen, wie sein Vorredner. Die derzeitige Regelung der Besetzung des Aufsichtsrats durch Selbsterneuerung sei nicht im Interesse der Republik und zu korrigieren. Derzeit verhandle man darüber und der Antrag der Grünen werde sicher einfließen. Er sei eine gute Anregung, über Vorgänge der ÖIAG nachzudenken, meint Wimmer. So sei seiner Ansicht nach der Verkauf der Austria Tabak nicht notwendig gewesen, an dem auch der Rechnungshof heftige Kritik geübt habe. Auch bei den Privatisierungen von Post AG und Telekom Austria sei vieles intransparent und zum Nachteil des österreichischen Wirtschaftsstandorts abgelaufen. Die ÖIAG müsse wieder industriepolitischer Player werden, forderte er.

Auch Werner Groiß (V) hielt die angestoßene Diskussion für notwendig und den Antrag für grundsätzlich gut. Die Fristsetzung sei aber zu kurz bemessen, um zu einer guten Entscheidung zu kommen. Grundsätzlich sei die Regelung dazu gedacht gewesen, eine Entpolitisierung der ÖIAG herbeizuführen. sagte der Abgeordnete. Derzeit werde verhandelt, wie Verbesserungen des ÖIAG-Gesetzes aussehen sollten, und er hoffe auf eine angemessene Lösung bis Herbst.

FPÖ-Abgeordneter Roman Haider sah es für bezeichnend für die Entscheidungsschwäche der Koalition, dass es trotz prinzipieller Übereinstimmung bei SPÖ und ÖVP keine Zustimmung zum Antrag der Grünen gebe. Es sei notwendig, sich grundsätzlich Gedanken über die Struktur der ÖIAG zu machen und zu überlegen, wie man sie in eine vernünftige Industrie-Holding umbauen könne, meinte Haider.

Strategische Debatten über Industriepolitik und das Eigentum der Republik fänden immer nur dann statt, wenn der nächste Skandal drohe, kritisierte Gabriela Moser (G). Die Regierung verabsäume es, sich über die Zukunft der ÖIAG Gedanken zu machen. Der sich selbst erneuernde Aufsichtsrat enteigne de facto die Republik, sagte Moser und konfrontierte die ÖVP mit dem Vorwurf, anscheinend lieber Vertreter der Interessen russischer Oligarchen im ÖIAG-Aufsichtsrat zu sehen als Vertreter der Eigentümerinteressen der Republik. Die Regierung habe leider keine strategischen Überlegungen anzubieten, wie österreichische Leitbetriebe wieder eine zentrale industriepolitische Rolle erringen könnten.

Es gehe in dieser Debatte um die Frage, ob es bei der ÖIAG Staatseinfluss geben solle oder nicht, sagte Abgeordneter Georg Vetter (T) und verteidigte die derzeitige Form der Selbsterneuerung des Aufsichtsrats der ÖIAG. Diese habe Österreich viel gebracht, indem sie die Entpolitisierung der Unternehmen gesichert und so ihren Managern erlaubt habe, die Betriebe unabhängig von politischer Einflussnahme gut durch die Krise zu steuern. Der Stillstand bei der ÖIAG sei auf die Blockade in der Bundesregierung und sicher nicht auf die Zusammensetzung des Aufsichtsrats zurückzuführen. Die Situation für eine Repolitisierung der ÖIAG zu benützen, lehne er strikt ab, sagte Vetter.

Die NEOS stünden dem Antrag der Grünen an sich positiv gegenüber, sagte Josef Schellhorn (N). Man dürfe aber nicht zurückfallen in die Zeiten der Einflussnahme von SPÖ und ÖVP auf Personalentscheidungen der ÖIAG aus parteipolitischen Gründen. Notwendig wäre ein transparentes Auswahlverfahren mit einem Hearing im Parlament, erläuterte Schellhorn. Man brauche einerseits einen lebendigen Parlamentarismus und andererseits ein unternehmerisches Österreich, sagte der Abgeordnete. (Fortsetzung Nationalrat) sox