Parlamentskorrespondenz Nr. 715 vom 24.07.2014

Bundesrat: Diskussion über Stärkung der Kaufkraft und der Wirtschaft

Staatssekretärin Steßl strebt Beschluss der Steuerreform im Jahr 2015 an

Wien (PK) – Mit einer Aktuellen Stunde zum Thema "Für mehr Zuversicht in Österreich: Kaufkraft stärken, Wirtschaft unterstützen, Beschäftigung schaffen!" setzte die Länderkammer ihre Beratungen fort. Die Vertreter der einzelnen Fraktionen präsentierten ihre Standpunkte vor allem im Hinblick auf die Umsetzung einer Steuerreform, wobei es allgemeinen Konsens in der Frage der Entlastung des Faktors Arbeit gab. Auch Staatssekretärin Sonja Steßl hielt eine Steuerreform, die zumindest einen Betrag von 4 Mrd. € bewegen müsste, für dringend notwendig; ein Beschluss darüber sollte Jahr 2015 möglich sein.

Zwazl: ÖVP will deutliche Entlastung des Mittelstands, aber keine Vermögenssteuern

Bundesrätin Sonja Zwazl (V/N) brach zunächst eine Lanze für den unternehmerischen Mittelstand und illustrierte anhand zahlreicher Fakten dessen Bedeutung für die österreichische Gesellschaft. Sie wies sodann darauf hin, dass mit den jährlichen Lohnerhöhungen die Inlandsnachfrage nicht mehr gesteigert werden könne. Diese Entwicklung sei sowohl für die Wirtschaft als auch für die KonsumentInnen unbefriedigend und könne auch nicht mit wechselseitigen Schuldzuweisungen gelöst werden, sagte sie. Zwazl war überzeugt davon, dass die heimischen Betriebe bezüglich der Höhe der Löhne und Gehälter bereits am Limit sind; mehr gehe nicht. Damit jedoch die Kaufkraft wieder gestärkt und die Wirtschaft angekurbelt werden können, brauche es eine deutliche Entlastung des gesamten Mittelstands, forderte die Rednerin. Der immer wieder vorgebrachte Vorschlag, Vermögenssteuern einzuführen, wäre ihrer Ansicht nach aber eindeutig der falsche Weg. Viele öffentliche Leistungen in Österreich sind durch auf Vermögen belegte Gebühren finanziert und nicht durch Steuern, gab Zwazl zu bedenken. Stattdessen gehe es um eine Senkung der Steuern auf Arbeitslöhne, wobei diese Maßnahme durch Einsparungen finanziert werden müsse. Bereits eine Reduktion der Ausgaben von Bund, Ländern und Gemeinden um 1 % pro Jahr würde eine Absenkung des Eingangssteuersatzes von 36,5 % auf 25 % bis 2016 ermöglichen. Weitere Vorschläge von Zwazl bezogen sich auf eine steuerliche Besserstellung von Prämien sowie die Beseitigung von bürokratischen Hürden für die Unternehmen.

Todt: SPÖ steht für deutliche Entlastung vor allem der kleinen und mittleren Einkommen

Der Vertreter der Sozialdemokratischen Fraktion in der Länderkammer, Bundesrat Reinhard Todt (S/W), ging auf die dramatische Finanz- und Wirtschaftskrise in den letzten Jahren ein, die Österreich vergleichsweise glimpflich überstanden hat. Die Bundesregierung habe nämlich nicht wie viele andere Länder den Weg des unsozialen Kaputtsparens gewählt, sondern auf zielgerichtete Investitionen und auf sozial ausgewogene Ausgabenreduktion gesetzt. Es seien nicht nur zwei große Konjunktur- und Arbeitsmarktpakete geschnürt, sondern auch das Sozialnetz durch die Einführung der bedarfsorientierten Mindestsicherung noch dichter geknüpft worden. Jetzt gelte es, die gute Position Österreichs und seine Wettbewerbsfähigkeit in Europa noch weiter zu stärken, betonte Todt. Auch wenn die Schuldenquote nicht außer Acht gelassen werden dürfe, so solle man gleichzeitig nicht vergessen, dass das soziale Ungleichgewicht in Österreich immer stärker zunehme. Todt vertrat daher die Ansicht, dass eine Steuerreform eine deutliche Entlastung des Faktors Arbeit bringen müsse. Im Sinne der Umwegrentabilität würde dies auch den einzelnen Betrieben helfen, da die zusätzlich zur Verfügung stehenden Mittel direkt in die Wirtschaft fließen, zeigte sich Todt überzeugt. Ein besonderes Anliegen waren ihm dabei die PensionistInnen, die in den letzten Jahren zur Sanierung der Budgets viel beigetragen haben.

Pisec: Freiheitliche kritisieren die Rahmenbedingungen für die Wirtschaftstreibenden

Bundesrat Reinhard Pisec (F/W) befasste sich vor allem mit den Rahmenbedingungen für die Wirtschaftstreibenden in Österreich, die seiner Ansicht nach nicht optimal sind. Ein Bespiel dafür sei das aktuelle "Enteignungsgesetz" im Zusammenhang mit der Hypo Alpe Adria, das dazu führe, dass die Kredite für alle Unternehmen teurer werden. Weitere Blockaden für die Wirtschaft stellen das wettbewerbsverzerrende Förderungs-Wirrwarr sowie das chaotische und viel zu hohe Besteuerungssystem dar, argumentierte Pisec. Insbesondere kritisierte der FPÖ-Mandatar die "plumpe und unsensible" Vorgangsweise der Regierung im Zusammenhang mit der Hypo-Bank, die ein Novum innerhalb der EU darstelle. Es wäre seiner Meinung nach viel vernünftiger gewesen, das Kreditinstitut im Rahmen eines juristisch einwandfreien Insolvenzverfahrens in Konkurs gehen zu lassen. Damit es in Österreich wieder mehr Zuversicht geben kann, müsse einerseits die Gesamtsteuerbelastung radikal reduziert und andererseits mehr Freiheiten für die UnternehmerInnen geschaffen werden, forderte Pisec. Dazu brauche es u.a. auch eine Wirtschaftskammer, die nicht Parteipolitik betreibt, sondern die die Bedürfnisse der Betriebe ernst nimmt und nach außen vertritt, so der Redner.

Reiter: Grüne für nachhaltigen Umbau des Steuersystems und Entrümpelung der Gewerbeordnung

Bundesrätin Heidelinde Reiter (G/S) gab zu bedenken, dass die Wirtschaftsbetriebe in Österreich eine sehr heterogene Struktur aufweisen und teils sehr unterschiedliche Bedürfnisse haben. So gibt es etwa mittlerweile über 240.000 Ein-Personen-Unternehmen im Land, wobei diese tendenziell zu den mittleren und unteren Einkommensbeziehern zählen. Diese Gruppe habe vor allem darunter zu leiden, dass sie trotz ihrer unregelmäßigen Einkünfte oft sehr hohe Mindestbeiträge für die Sozialversicherung zu leisten hat. Mehr Unterstützung sei auch in der Gründungsphase dieser oft sehr innovativen Betriebe notwendig, urteilte Reiter, alternative Finanzierungsmodelle sollten daher angedacht werden. Eine weitere Forderung von ihr bezog sich auf die dringende Entrümpelung der Gewerbeordnung, die in der Praxis oft zu sehr skurrilen Fällen führe. Eine entsprechende Modernisierung und Liberalisierung könnte die gesamtwirtschaftliche Produktivität rascher wachsen lassen, war Reiter überzeugt. Schließlich trat die Bundesrätin noch für einen ökologischen und nachhaltigen Umbau des Steuersystems ein, das vor allem auf den Ressourcenverbrauch abzielt und die Arbeit entlastet.

Steßl zeigt sich optimistisch über Beschluss der Steuerreform im Jahr 2015

Die Bevölkerung erwarte sich von den PolitikerInnen, dass sie Ideen und Vorschläge präsentieren und nicht ständig alles schlecht reden, meinte einleitend Staatssekretärin Sonja Steßl. Gerade nach so vielen Jahren der Krise sei es notwendig, dass die zahlreichen Potentiale und Chancen, die es in Österreich gibt, hervorgehoben und den Menschen Zuversicht, Hoffnung und Optimismus vermittelt werden. Natürlich brauche es von Seiten der Politik auch konkrete Vorhaben, die dazu beitragen, die Stimmung im Land zu verbessern und sowohl die Wirtschaft als auch die Kaufkraft anzukurbeln. Was das Finanzministerium anbelangt, so gebe es zahlreiche Pläne für das zweite Quartal, informierte Steßl, die von der verstärkten Bekämpfung des Steuerbetrugs, dem neuen Bankeninsolvenzrecht bis hin zur Ausarbeitung einer Steuerreform reichen. Das zentrale Leitprojekt sei natürlich die steuerliche Entlastung der Bevölkerung, wobei es ihrer Meinung nach zumindest um einen Betrag in der Höhe von 4 Mrd. € gehen müsse. Das von ihr vorgestellte Modell enthalte u.a. die Absenkung des Eingangssteuersatzes auf 25 % und die Einführung von zwei weiteren Tarifstufen. Durch diese Maßnahmen könnten vor allem die kleinen und mittleren Einkommen zielgenau entlastet werden, erwartet sich die Staatssekretärin. Uneinigkeit bestehe noch hinsichtlich der Gegenfinanzierung, räumte Steßl ein. Da sich die ArbeitnehmerInnen die Reform nicht selbst bezahlen sollen, lehnte sie eine Besteuerung des 13. und 14. Monatsgehalts ab. Sinnvoll sei ihrer Ansicht nach hingegen etwa die Einführung einer Millionärsabgabe, die eine Antwort auf das zunehmende soziale Ungleichgewicht in der Gesellschaft wäre.

Im Laufe der weiteren Diskussion meldete sich Bundesrat Klaus Fürlinger (V/O) zu Wort, der vor allem ein Ausgabenproblem attestierte. Da es kein zweckmäßiges Controlling gebe, wisse niemand genau, was der Bund, die Länder und die Kommunen ausgeben. Wenn ein solches Instrument einmal existiere, dann könnten locker 6 bis 7 Mrd. € eingespart werden, war Fürlinger überzeugt.

Eine andere Meinung vertrat die Wiener SPÖ-Bundesrätin Ilse Fetik, die auch ein massives Einnahmenproblem sah. Derzeit sei nämlich nicht ausreichend gewährleistet, dass die Vermögenden im Land einen gerechten Beitrag leisten. Wichtig sind ihrer Meinung nach auch nachhaltige Investitionen in Innovation, Forschung und Umwelt.

Er hätte sich von einer Staatssekretärin im Finanzministerium etwas mehr erwartet, meinte Bundesrat Gerd Krusche (F/St), denn es helfe einem Arbeitslosen wenig, wenn ihm erklärt werde, wie gut es ihm eigentlich geht. Wenn man sich die wichtigsten Indikatoren anschaue, dann sehe die Lage auch weiterhin nicht so rosig aus. Diese belegten nämlich eine Rekordarbeitslosigkeit, einen Rückgang der Kaufkraft, ein sinkendes reales Nettoeinkommen, ein geringes Wirtschaftswachstum und eine sehr hohe Abgabenquote.

Bundesrat Marco Schreuder (G/W) zeigte sich enttäuscht über den Verlauf der Debatte, da sowohl die Koalitionsparteien als auch die FPÖ nur ihre bereits bekannten Positionen wiederholt hätten und keine echten Lösungen angedacht worden seien. Er verstehe vor allem nicht, warum gerade die ÖVP, die immer das Leistungsprinzip in den Mittelpunkt stellt, sich so vehement gegen Vermögenssteuern ausspreche, meinte Schreuder. Diese gebe es sogar in den USA oder in Großbritannien, die wohl beide nicht als Hort des Marxismus bezeichnet werden können.

Bundesrat Gerald Zelina (T/N) kritisierte primär den "völlig überteuerten, dicken, fetten Staatsverwaltungsapparat", der dringend eine Schlankheitskur benötigen würde. Die BürgerInnen litten unter einer Rekordbelastung durch enorm hohe Steuern und Gebühren, was natürlich massive Auswirkungen auf die Kaufkraft habe. Zelina forderte u.a. die Schaffung von investitionsfreundlichen Rahmenbedingungen für die Betriebe, eine deutliche Reduktion der Lohnsteuersätze, die Beteiligung der MitarbeiterInnen am Unternehmensgewinn sowie die Einführung eines Familienbesteuerungsmodells. (Fortsetzung Bundesrat) sue


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