Parlamentskorrespondenz Nr. 724 vom 24.07.2014

Novelle zum Bundesbehindertengesetz passiert Bundesrat einstimmig

Auch weitere Sozial-und Gesundheitsgesetze bleiben unbeeinsprucht

Wien (PK) – Nach dem Verkehrsblock wandte sich der Bundesrat in seiner heutigen Sitzung Sozial- und Gesundheitsthemen zu. Nach kurzen Debatten passierten sowohl die Novellierung des Bundesbehindertengesetzes und des ASVG als auch ein Gesetzespaket mit diversen Neuerungen für Bauunternehmen und Bauarbeiter den Bundesrat ohne Einspruch. Auch Änderungen im Lebensmittelrecht wurden von der Länderkammer gebilligt.

Konsens über Änderung des Bundesbehindertengesetzes

Mit der Änderung des Bundesbehindertengesetzes werden unter anderem die Begriffe "Assistenzhund" und "Therapiehund" gesetzlich definiert, das Ausschreibungsverfahren zur Bestellung des Behindertenanwalts transparenter gestaltet und die Mitgliederzahl des Bundesbehindertenbeirats erhöht. Dadurch erhalten auch Menschen mit Lernbeeinträchtigung die Möglichkeit, ihre Interessen im Beirat selbst wahrzunehmen. Der Behindertenpass hat künftig Bescheidcharakter, was Beschwerden behinderter Menschen gegen die Einschätzung ihres Behindertengrades erleichtert. Im ASVG und anderen Sozialversicherungsgesetzen wird klargestellt, dass grundsätzlich nicht selbsterhaltungsfähige behinderte Menschen nach einem gescheiterten Arbeitsversuch am offenen Arbeitsmarkt automatisch wieder Anspruch auf eine Waisenrente haben.

Bundesrat Richard Wilhelm (S/St) äußerte sich in der Debatte darüber erfreut, dass künftig acht statt wie bisher sieben BehindertenvertreterInnen im Bundesbehindertenbeirat vertreten sein werden. Menschen mit Behinderungen seien kein Objekt der Sozialhilfe, ihre Fähigkeiten würden viel zu oft verkannt, meinte er. Die Politik müsse für eine bestmögliche Teilhabe der Betroffenen am Arbeitsleben und am gesellschaftlichen Leben sorgen.

Auch Wilhelms Fraktionskollegin Ilse Fetik (S/W) ist überzeugt, dass die Leistung von behinderten Menschen unterschätzt wird. Als Betriebsrätin wisse sie, dass MitarbeiterInnen mit Behinderungen leistungswillig und leistungsbereit seien, sagte sie. Fetik appellierte in diesem Sinn an die Unternehmen, sich nicht mit Strafzahlungen von der Pflicht zur Beschäftigung von behinderten Menschen freizukaufen, und sich für chronisch kranke MitarbeiterInnen alternative Einsatzmöglichkeiten zu überlegen.

Der Salzburger ÖVP-Bundesrat Josef Saller wies darauf hin, dass das vorliegende Gesetz eine Reihe von Verbesserungen für behinderte Menschen bringe und Bürokratie reduziere. Seitens der FPÖ äußerte sich Bundesrat Dietmar Schmittner positiv zum Gesetz.

Beide Gesetzesnovellen wurden vom Bundesrat einstimmig gebilligt.

BUAG-Novelle bringt diverse Neuerungen für Bauunternehmen und Bauarbeiter

Mit Stimmenmehrheit passierte ein Gesetzespaket mit diversen Neuerungen für Bauunternehmen und BauarbeiterInnen den Bundesrat. Mit der Novelle werden unter anderem die im vergangenen Jahr eingeführten Bestimmungen zum Überbrückungsgeld für arbeitslose ältere BauarbeiterInnen präzisiert und das Kontingent an Schlechtwettertagen – bei gleichzeitiger Streichung von Ausnahmen – erhöht. Auch die neuen Bestimmungen über den Verbrauch bzw. Verfall von Urlaub werden adaptiert.

Darüber hinaus hat der Nationalrat in das Gesetzespaket eine Reparatur des Arbeitslosenversicherungsgesetzes eingebaut, die in Folge eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs notwendig wurde. Diese stellt sicher, dass Lehrlinge, ältere ArbeitnehmerInnen und selbstversicherte Selbständige beim Bezug von Arbeitslosengeld keine Nachteile gegenüber der derzeit geltenden Rechtslage erleiden. Für vom Erkenntnis ebenfalls betroffene Wochengeld- und KrankengeldbezieherInnen sowie Präsenz- und Zivildiener soll laut Sozialminister Rudolf Hundstorfer noch nach einer Lösung gesucht werden.

FPÖ-Bundesrat Dietmar Schmittner begründete die Ablehnung des Gesetzespakets durch seine Fraktion damit, dass er keine Verbesserung für Bauarbeiter erkennen könne. Künftig verfalle der Urlaub bereits nach drei Jahren, bisher sei dies erst nach zehn Jahren der Fall gewesen, skizzierte er.

Die Bundesräte Rene Pfister (S/N) und Efgani Dönmez (G/O) sprachen hingegen von einem positiven Gesetz und wiesen unter anderem auf das neue Überbrückungsgeld hin. Seinem Vorredner hielt Pfister entgegen, auch bei anderen ArbeitnehmerInnen würden Urlaubsansprüche nach drei Jahren verfallen. Zudem gebe es klare Übergangsregelungen.

Ähnlich argumentierte auch Sozialminister Rudolf Hundstorfer. Die FPÖ werde keinen Bauarbeiter finden, der über das vorliegende Gesetzespaket unglücklich sei, ist er überzeugt. Hundstorfer machte zudem darauf aufmerksam, dass die Gesetzesvorlage auf einer Sozialpartner-Einigung beruhe.

EU-Anpassungen: Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz

Der Novellierung des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes, bei der es im Wesentlichen um Anpassungen an das Unionsrecht geht, stimmte der Bundesrat mit Mehrheit zu. Damit können nun auch beauftragte amtliche TierärztInnen zu Hygienekontrollen in allen zugelassenen Betrieben herangezogen werden.

Inhaltlich sei das Gesetz in manchen Punkten durchaus in Ordnung, leider stehe es jedoch in Verbindung mit überbordendem Bürokratieaufwand, sagte Gerd Krusche (F/St). Deswegen könne die FPÖ keinen Maßnahmen zustimmen, die wieder zusätzliche Kosten für die österreichische Wirtschaft und die österreichischen Betriebe zur Folge haben, argumentierte er und sprach sich für eine nachhaltige Steuerentlastung aus.

Bei der Lebensmittelsicherheit und im Verbraucherschutz gebe es in Österreich hohe Standards, zeigte Adelheid Ebner (S/N) auf und dankte allen Beteiligten, die sich, etwa wie die Lebensmittelkontrolleure, in diesem Bereich verdient machen. Die Bundesrätin bewertete überdies die Möglichkeit, nun auch amtliche TierärztInnen heranziehen zu können, als positiv. Ziel müsse es sein, Lebensmittel auch in Zukunft sicherer und genusstauglicher für den menschlichen Verzehr zu produzieren.

"Österreich wird zurecht als Feinkostladen Europas bezeichnet", meinte Friedrich Reisinger (V/St). Ausschlaggebend sei dafür, wie Lebensmittel von den BäuerInnen produziert, wie diese verarbeitet und vermarktet und wie gesetzliche Qualitätskriterien umgesetzt werden. Qualitätskontrollen spielen dabei eine wichtige Rolle, so die Meinung Reisingers. Nur mit guten gesetzlichen Rahmenbedingung sei gewährleistet, dass österreichische Produkte europaweit angeboten werden können. Überdies sei dadurch die hohe Qualität der österreichischen Lebensmittel auch in Zukunft gewährleistet.  

Das Gesetz gehe in die richtige Richtung, räumte Heidelinde Reiter (G/S) ein. Die Bundesrätin forderte jedoch, in der Vollziehung bei Allergenfragen im Sinne der WirtInnen mit Augenmaß zu arbeiten. Es soll nämlich auch für kleine WirtInnen möglich sein, sich gesetzeskonform zu verhalten, mahnte Reiter ein.   

Die Lebensmittel in Österreich seien von guter Qualität, betonte Gesundheitsminister Alois Stöger, wobei man Qualität nicht "erprüfen", sondern erzeugen müsse. Damit aber etwa auch die Glaubwürdigkeit gegenüber den österreichischen Lebensmitteln sichergestellt werden kann, muss auch geprüft werden, räumte er ein. Sein Ministerium überprüfe zielorientiert, wobei im Handel nur in 0,4 % der Lebensmittelkontrollen nicht genussfähige Lebensmittel vorgefunden wurden. Das bedeutet, dass die Lebensmittel in Österreich sicher sind, betonte Stöger. Was die Allergen-Information betrifft, sei es ihm wichtig gewesen, mit allen Beteiligten einen praktikablen Weg zu finden, damit die Bevölkerung auch weiß, wo allergene Stoffe auftreten. Man wolle aber keine Bürokratie auf der Speisekarte, so Stöger. (Fortsetzung Bundesrat) gs/keg


Format