Parlamentskorrespondenz Nr. 903 vom 10.10.2014

Vorlagen: Gesundheit

Regierung legt Reform der ÄrztInnenausbildung in Österreich vor

Wien (PK) – Die Ausbildung der Ärzte und Ärztinnen in Österreich wird ab Mitte nächsten Jahres auf neue Beine gestellt. Schwerpunkte der Reform sind u.a. die Einführung einer neunmonatigen Basisausbildung nach dem Medizinstudium für alle angehenden ÄrztInnen, der modulartige Aufbau der Sonderfachausbildung für FachärztInnen, die verpflichtende Lehrpraxisausbildung (mindestens 6 Monate) im Fach Allgemeinmedizin, die Erstellung von Ausbildungsplänen sowie die Zertifizierung von anerkannten Ausbildungsstätten. Generell wird in der Regierungsvorlage festgehalten, dass die derzeitige Ausbildung für MedizinerInnen nicht den Anforderungen des aktuellen Stands der Wissenschaft erfüllt und daher entsprechende Anpassungen notwendig waren (268 d.B.).

Neunmonatige Basisausbildung für alle

Ein Kernstück des Gesetzesentwurfs ist eine neunmonatige Basisausbildung für alle ÄrztInnen unmittelbar nach dem Studium zum Erwerb klinischer Grundkompetenzen in den Fachgebieten Innere Medizin, Chirurgie sowie Notfallmedizin. Weiters soll die Fähigkeit vermittelt werden, die fünfzehn häufigsten Krankheitsbilder (z.B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Depressionen, Alzheimer/Demenz, Diabetes oder Durchblutungsstörungen des Gehirns) zu erkennen. Erst danach soll die Entscheidung gefällt werden, ob eine allgemeinärztliche oder eine fachärztliche Ausbildung angestrebt wird. Während des Zeitraums der Basisqualifikation gibt es noch keine festgesetzten Ausbildungsstellen, sondern die Krankenanstalten in ihrer Gesamtheit sind dafür zuständig. Damit soll ein flexibles Tätigwerden der MedizinerInnen ermöglicht werden.

Neustrukturierung der Facharztausbildung

Im Bereich der Facharztqualifikation sind nunmehr eine Sonderfach-Grundausbildung (mindestens 27 Monate) und eine darauf aufbauende Sonderfach-Schwerpunktausbildung (mindestens 27 Monate), die bereits eine gewisse Spezialisierung erlaubt, vorgesehen. Die bisherigen Additivfächer fallen weg, da diese zum Großteil in die neue Ausbildung integriert werden. Dennoch besteht weiterhin die Möglichkeit zu einer ergänzenden Spezialisierung, die auch sonderfachübergreifend sein kann, wie z.B. in den Bereichen Geriatrie oder psychosomatische Medizin. Diese Weiterbildung soll jedoch erst nach Abschluss der Ausbildung und somit erst mit dem Erwerb der selbständigen Berufsberechtigung in Anspruch genommen werden können. Die gesamte Ausbildung zur Fachärztin bzw. zum Facharzt wird weiterhin mindestens 72 Monate dauern.

Verpflichtende Lehrpraxis für AllgemeinmedizinerInnen

Entscheidet man sich für das Fachgebiet der Allgemeinmedizin, so ist am Ende der Ausbildung eine verpflichtende Lehrpraxis in der Dauer von zumindest sechs Monaten zu absolvieren (maximale Anrechenbarkeit: 18 Monate). Dies soll dazu dienen, den angehenden Ärztinnen und Ärzten einen besseren Einblick in das spätere Aufgabengebiet des niedergelassenen Bereichs zu geben. Insgesamt soll die Ausbildung zur Allgemeinärztin bzw. zum Allgemeinarzt künftig 42 Monate dauern. Im Entwurf wird gleichzeitig festgelegt, dass die Gesamtdauer der Ausbildung innerhalb der nächsten zwölf Jahre stufenweise auf 45 bzw. 48 Monate erhöht werden soll. Dadurch erwartet man sich eine Stärkung des niedergelassenen Bereichs, aber auch eine Erhöhung der Ausbildungsqualität.

Klarere Organisationsstrukturen und bessere Planbarkeit

In Hinkunft sind auch nicht mehr Krankenanstalten per se als Ausbildungsstätten anerkannt, sondern es werden konkrete Stellen in Abteilungen bzw. Organisationseinheiten vergeben sowie eine Zuordnung zu einem Ausbildungsverantwortlichen vorgenommen. Ein gleichzeitiges Tätigwerden für mehr als eine Organisationseinheit kommt somit nur in Ausnahmefällen in Frage. Damit soll verhindert werden, dass TurnusärztInnen im Rahmen von sogenannten "Poolingdiensten" in der gesamten Krankenanstalt als Systemerhalter herangezogen werden, heißt es in den Erläuterungen. Zur Erreichung der für die Ausbildung erforderlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten soll darauf geachtet werden, dass die TurnusärztInnen nur dann eingesetzt werden, wenn der überwiegende Teil des Stammpersonals anwesend ist. Die Zertifizierung der anerkannten Ausbildungsstätten ist auf sieben Jahre anberaumt und muss nach Ablauf dieses Zeitraums wieder erneuert werden.

Eine weitere Neuerung betrifft die Erstellung eines Ausbildungsplans, wie dies auch in anderen EU-Ländern üblich ist. Die TurnusärztInnen erhalten dadurch gleich zu Beginn einen Überblick über Dauer und Inhalte der gesamten Ausbildung.

Im Übrigen sieht der Entwurf auch vor, dass die Ausübung einer ärztlichen Tätigkeit in Österreich nicht mehr an die österreichische Staatsbürgerschaft bzw. an jene eines EU-Mitgliedslands oder einer EWR-Vertragspartei gebunden ist.

Was die finanziellen Auswirkungen betrifft, können derzeit noch keine Aussagen getroffen werden, ist der Novelle zu entnehmen, da durch den vorliegenden Entwurf nur die gesetzliche Grundlage für eine Reform der ÄrztInnen-Ausbildungsordnung geschaffen wird; die Regelungen, die Änderungen im Ärztegesetz 1998 und im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz bedingen, sollen mit 1. Jänner 2015 in Kraft treten. (Schluss) sue