Parlamentskorrespondenz Nr. 1249 vom 18.12.2014

Bundesratsdebatte zum öffentlich-rechtlichen Auftrag des ORF

Bundesrat bestätigt rechtliche Neuerungen im Zuge der Reform der Untersuchungsausschüsse

Wien (PK) – Anlass zu einer Debatte über die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags durch den ORF gab der ORF-Jahresbericht 2013. Der Bericht wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen. Eine Novelle, die nun auch den Bundesrat mit Mehrheit passierte, gibt KünstlerInnen einen leichteren Zugang zu Leistungen des Künstlersozialversicherungsfonds. Einstimmig war die Zustimmung des Bundesrats zu einem Filmabkommen mit Israel.

Die Länderkammer gab mit der erforderlichen Zweidrittel-Mehrheit auch ihre Zustimmung zu Nationalratsbeschlüssen, die in Zusammenhang mit der Reform der Untersuchungsausschüsse stehen. Das betrifft Änderungen im Bundes-Verfassungsgesetz, im Verfassungsgerichtshofgesetz und in anderen Materien sowie ein neu erlassenes Informationsordnungsgesetz.

Bericht über die Leistungen des ORF 2013

Bundesrat Hans-Jörg Jenewein (F/W) stellte zum ORF-Jahresbericht 2013 fest, er sehe darin entgegen dem Auftrag zahlreiche Fälle intransparenter Darstellung und bewusster Auslassungen. Seine Fraktion werde ihm daher nicht zustimmen. Aus dem Bericht lasse sich indirekt erschließen, dass die tatsächliche Reichweite des Senders ORF Sport+ sehr gering sei, was die Frage aufwerfe, ob man sich einen eigenen Spartensender leisten müsse. Jenewein verwies auf einen aktuellen Rechnungshof-Rohbericht, der Themen behandle, die der Bericht ausklammert. Von einem öffentlich-rechtlichen Unternehmen müsse man erwarten können, dass es auch Fragen wie die Qualitätssicherung selbstkritisch behandle. Jenewein vermisste die transparente Darstellung der Verwendung öffentlicher Mittel durch den ORF. Die Berichterstattung des ORF lasse auch Ausgewogenheit vermissen. Jenewein sprach sich dafür aus, dass Sitzungen des Bundesrats regelmäßig im ORF übertragen werden.

Stefan Schennach (S/W) hielt seinem Vorredner entgegen, dass der ORF eine bemerkenswert hohe Reichweite und zudem ein positives Geschäftsergebnis habe. Die Leistungen, die er der Wissensgesellschaft zur Verfügung stelle, seien zu würdigen, sagte der Bundesrat. Das Unternehmen schaffe auch Bemerkenswertes mit Sendungen zu humanitären Formaten, wie "Licht ins Dunkel" und "Nachbar in Not". Schennach war es ein Anliegen, die Besonderheit des Kultursenders Ö1 zu schützen, und verlas einen offenen Brief der Belegschaft, in dem die Befürchtung geäußert wird, dass die Identität des Senders in Frage gestellt werden könnte.

Harald Himmer (V/W) hob ebenfalls die Leistungen des ORF hervor und meinte, es sei wichtig, über ein öffentliches Medium in diesem Rahmen zu debattieren. Transparenz sei wichtig, er sehe keinen Grund, Managergehälter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht zu veröffentlichen. Durch neue technischen Entwicklungen sei in der Medienwelt vieles in Bewegung geraten, sagte Himmer in Hinblick auf die von Schennach thematisierten Bedenken der Ö1-MitarbeiterInnen. Eine Modernisierung der Organisationsstruktur sei nicht notwendigerweise ein Angriff auf die Senderidentität. Himmer plädierte ebenfalls dafür, dass Sitzungen des Bundesrats vom ORF übertragen werden.

Auch Marco Schreuder (G/W) meinte, er unterstütze den Wusch ebenfalls, doch könne man nicht in die redaktionelle Freiheit des ORF eingreifen. Dem Parlament obliege es nicht, die Sendungsgestaltung zu bewerten. In der Frage der Kostengestaltung hielt Schreuder mehr Transparenz für notwendig, das betreffe auch die Managergehälter. Ein Problem sei die immer noch bestehende parteipolitische Einflussnahme im ORF. Die Reichweite des ORF sei nach wie vor bemerkenswert. Er würde sich eine leichtere Nutzung des ORF-Archivs wünschen, denn hier könnte der Sender einen wichtigen öffentlichen Auftrag erfüllen.

Bundesminister Josef Ostermayer merkte zur Wortmeldung von Bundesrat Jenewein an, dass der ORF-Bericht gemäß § 7 des ORF-Gesetzes vorgelegt wurde. Er sei eine Maßnahme zur Herstellung von Transparenz und werde deshalb auch der unabhängigen Regulierungsbehörde vorgelegt. Diese habe als unabhängige Behörde darauf zu achten, dass die gesetzlich definierten Berichtspflichten genau eingehalten werden, hielt Ostermayer fest. Die Kritik an Mängeln des Berichts könne er deshalb nicht nachvollziehen. Zur Frage des politischen Einflusses hielt der Kulturminister fest, es sei international Usus, dass in Aufsichtsorganen öffentlich-rechtlicher Medienunternehmen auch PolitikerInnen vertreten sind. Österreich habe sich hingegen für ein im internationalen Vergleich einmaliges System entschieden, das die größtmögliche Distanz zur Politik sicherstellen soll.

Leichterer Zugang zu Leistungen der Künstlersozialversicherung

Mehrheitlich stimmte der Bundesrat Änderungen im Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz und Kunstförderungsbeitragsgesetz 1981 zu. Karrieren von Künstlerinnen und Künstlern verlaufen oft anders als die anderer Berufsgruppen, erläuterte dazu Bundesrätin Elisabeth Grimling (S/W). Die Novelle ziele daher auf die bessere soziale Absicherung von Kunstschaffenden ab. Unter anderem werde es leichter, die Anspruchsvoraussetzungen für Beitragszuschüsse der Sozialversicherung zu erfüllen. Das geschehe unter anderem durch die Einbeziehung von künstlerischen Nebentätigkeiten in die Berechnung der notwendigen Mindesteinkünfte.

Die Novelle schaffe eine aus ihrer Sicht ungerechtfertigte Bevorzugung von KünstlerInnen in unternehmerischer Hinsicht, meinte Monika Mühlwerth (F/W). Ihre Fraktion würde eine steuerliche Absetzbarkeit von privatem Kunstsponsoring für eine bessere Maßnahme halten, ein Modell, das in anderen Ländern gut funktioniere.

Eine Verbesserung für KünstlerInnen sah auch Efgani Dönmez (G/O). Man sollte Wirtschaftstreibende und KünstlerInnen nicht gegeneinander ausspielen, sagte er in Richtung von Bundesrätin Mühlwert. Er sprach sich in diesem Zusammenhang für eine Mindestsicherung für KünstlerInnen aus.

Kulturminister Josef Ostermayer stellte fest, es sei auch eine Aufgabe der öffentlichen Hand, Kunst und Kultur zu unterstützen. Privates Mäzenatentum wäre allein nicht ausreichend, um Österreichs Stellung als Kulturland zu sichern, erwiderte er Bundesrätin Mühlwerth. Künstlerische Innovationen hätten oft lange Durststrecken zu überwinden, bis sie sich durchsetzen könnten. Es gelte jene zu unterstützen, die bereits sind, solche Risiken auf sich zu nehmen, sagte der Minister. Daher freue er sich über die Novelle, die eine bessere soziale Absicherung von KünstlerInnen bedeute.

Einstimmig bestätigte der Bundesrat anschließend das Abkommen über die Gemeinschaftsproduktion von Filmen zwischen Österreich und Israel.

Reform der U-Ausschüsse stärkt Parlamentarismus

Die Reform der Untersuchungsausschüsse, die nun durch eine parlamentarische Minderheit im Nationalrat eingesetzt werden können, beschäftigte heute auch den Bundesrat, obwohl dieser selbst keine Untersuchungsausschüsse einsetzen kann. Bei der Novelle der Geschäftsordnung des Nationalrats bleibt der Bundesrat daher zwar ohne Mitspracherecht, sehr wohl aber muss die Länderkammer den übrigen Nationalratsbeschlüssen in diesem Zusammenhang zustimmen. Das sind unter anderem Änderungen im Bundes-Verfassungsgesetz, im Verfassungsgerichtshofgesetz und in anderen Materien sowie ein neu erlassenes Informationsordnungsgesetz.

Dieses Informationsordnungsgesetz gilt sowohl für den Nationalrat als auch für den Bundesrat. Mit den Regelungen wird festgelegt, wie das Parlament mit vertraulichen bzw. geheimen Informationen umgehen darf. Das Votum des Bundesrats zu beiden Materien fiel mehrheitlich – gegen die Stimme des Team Stronach - aber mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit aus.

Die Neuregelungen wurden von den RednerInnen allgemein begrüßt. Elisabeth Reich (S/O) sprach von einer bahnbrechenden Einigung und einer Stärkung des Parlamentarismus. Das Österreichische Parlament erhalte damit ein neues Selbstbewusstsein und eine neue Verantwortungskultur. Reinhard Todt (S/W) bezeichnete die Reform als einen Sieg der Demokratie. Heidelinde Reiter (G/S) erhofft sich, dass es zu einem Neuanfang kommt, mit einem ehrlichen Interesse aller Beteiligten an Aufklärung, Transparenz und politischer Verantwortung. Der Hypo-Untersuchungsausschuss werde eine Bewährungsprobe sein, sagte sie.

Für Bernhard Ebner (V/N) ist die neue Verfahrensordnung ein wesentlicher Punkt der Neuerung. Untersuchungsausschüsse seien ein Instrument der Kontrolle und Wahrheitsfindung aber keines der Rechtsfindung. Sie dürften nicht zu Tribunalen ausarten und sollen ergebnisorientiert arbeiten. Keinesfalls dürfen sie aber die Grundsätze des Rechtsstaates außer Kraft setzen, so Ebner.

Die Zeit war überreif für Minderheitsrecht, konstatierte Gerhard Dörfler (F/K) und meinte, dass dafür auch der Druck aus der Bevölkerung ausschlaggebend war. Dörfler ging in diesem Zusammenhang auch auf die Hypo ein, er lobte den Griss-Bericht, den er als einen der größten Betriebsunfälle der ÖVP bezeichnete und kritisierte einmal mehr scharf die Notverstaatlichung. Einen Alleinschuldigen gebe es nicht. Seine massiven Angriffe auf ÖVP und SPÖ riefen heftigen Widerspruch von Klaus Fürlinger (V/O) hervor, der die Haltung der FPÖ in dieser Causa als "unwürdig" nannte. Auch Günther Novak (S/K) gab der FPÖ und dem verstorbenen Landeshauptmann Jörg Haider die Schuld an dem Hypo-Debakel. (Fortsetzung Bundesrat) sox/jan


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