Parlamentskorrespondenz Nr. 763 vom 01.07.2015

Keine Zwei-Drittel-Mehrheit für Gentechnik-Anbauverbots-Gesetz

Beschluss im Landwirtschaftsausschuss mit einfacher Mehrheit, Fraktionen wollen bis zum Plenum noch weiter verhandeln

Wien (PK) – Ein heute vom Landwirtschaftsausschuss beschlossenes Gentechnik-Anbauverbots-Rahmengesetz soll die rechtliche Grundlage schaffen, den Anbau von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) in der heimischen Landwirtschaft zu untersagen. Konkret wird damit die Basis für entsprechende Bestimmungen der Bundesländer gelegt, in deren Zuständigkeit der Anbau von Saat- und Pflanzgut fällt. Die Materie fand die Zustimmung der Regierungsparteien und der NEOS, verfehlte aber die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit. Grüne, FPÖ und Team Stronach sahen keinen Grund, die Entscheidung über diese Angelegenheit an die Länder zu delegieren und forderten hingegen eine einheitliche Bundeskompetenz und die Erlassung eines nationalen Anbauverbots. Landwirtschaftsminister Rupprechter warf vor allem den Grünen vor, aus Fundamentalopposition die verfassungsrechtliche Verankerung von GVO-Anbauverboten zu verhindern. Letztlich signalisierten aber alle Seiten Gesprächsbereitschaft über eine Lösung noch bis zum Nationalratsplenum nächste Woche.

Mit Stimmenmehrheit verabschiedete der Ausschuss weiters eine Änderung des Marktordnungsgesetzes, die nun die Möglichkeit schafft, Sachverhaltserhebungen in Marktordnungsverfahren an die AMA auszulagern. Hier meldeten FPÖ, Grüne und Team Stronach Bedenken gegen die Heranziehung der AMA an und argumentierten, dadurch würde der Beklagte zum Sachverständigen.

Rupprechter: Österreich macht von seinem Selbstbestimmungsrecht Gebrauch

Grundlage des Gentechnik-Anbauverbots-Rahmengesetzes (673 d.B.) ist das nunmehr EU-rechtlich verankerte Selbstbestimmungsrecht der Mitgliedstaaten in Sachen GVO, das, wie Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter erinnerte, auch auf das Engagement Österreichs zurückzuführen ist. Österreich könne mit diesem Gesetz selbstständig entscheiden, ob gentechnisch verändertes Saat- und Pflanzgut angebaut werden darf oder nicht, betonte er und interpretierte die Vorlage als Bekenntnis zur Gentechnikfreiheit im landwirtschaftlichen Anbau. Vorgesehen sei deshalb die Erlassung von Verboten auf Landesebene, um ein einheitliches Vorgehen Österreichs sicherzustellen.

Ähnlich sahen dies auch die Regierungsparteien und die NEOS. ÖVP-Abgeordneter Hermann Schultes zeigte sich erfreut, dass das EU-Recht nun die Möglichkeit bietet, den Anbau von GVO hintanzuhalten und äußerte seine Zuversicht hinsichtlich der Bereitschaft der Länder, rasch und kooperativ einheitliche Verhältnisse zu schaffen. Die Einbeziehung der Länder begründete er dabei mit der auf Landesebene geregelten Kompetenz für Anbau von Saatgut. SPÖ-Agrarsprecher Erwin Preiner pflichtete ihm bei und meinte, diese wichtigen Bestimmungen sollten im Sinne des Subsidiaritätsprinzips nicht über die Köpfe der Länder hinweg beschlossen werden. Außer Streit stand für Preiner allerdings, dass die Koordinierung beim Bund liegt, und zwar in Abstimmung zwischen Landwirtschafts- und Gesundheitsressort. Für Nikolaus Alm von den NEOS wiederum ist das Gesetz ein realpolitisch durchsetzbarer Kompromiss, dem seine Fraktion zustimmen kann.

Grüne, FPÖ und Team Stronach pochen auf Bundeskompetenz

Heftige Kritik kam hingegen von Grünen, FPÖ und Team Stronach, die vehement eine Bundeskompetenz für die Erlassung von GVO-Anbauverboten forderten. Grünen-Landwirtschaftssprecher Wolfgang Pirklhuber verwies in diesem Zusammenhang auf die Verfassungslage, die die Zulassung für den geschäftlichen Verkehr von Saatgut und damit auch allfällige Verbote der Zuständigkeit des Bundes zuordnet. Wenn jedes Land ein eigenes Gesetz beschließt, dann werde die Umsetzung überaus kompliziert, gab er zu bedenken. In der Praxis bestehe auch die Gefahr, dass einzelne Bundesländer dem Druck von mächtigen Konzernen nachgeben und eine Verbotsregelung untergraben. Besser wäre es nach Meinung Pirklhubers und dessen Fraktionskollegen Georg Willi, die vom EU-Recht vorgesehene Möglichkeit zu nutzen, bereits im Rahmen des Zulassungsverfahrens für Saat- und Pflanzgut aus sachlichen Gründen ein nationales Verbot auszusprechen. In dasselbe Horn stießen auch FPÖ-Agrarsprecher Harald Jannach und Leopold Steinbichler vom Team Stronach, die beide das vorliegende Gesetz als mangelhaft ablehnten und ebenfalls eine bundeseinheitliche Kompetenz und die Erlassung eines nationalen Verbots forderten.

Kein Verständnis für die Kritik zeigte Landwirtschaftsminister Rupprechter. Die Grünen würden als Fundamentalopposition die verfassungsrechtliche Verankerung von GVO-Verboten verhindern, stellte er an die Adresse von Wolfgang Pirklhuber gerichtet fest, war sich aber mit allen Fraktionssprechern einig über die Notwendigkeit, in Verhandlungen bis zur Beschlussfassung im Plenum noch eine Lösung zu finden.

Marktordnungsverfahren sollen beschleunigt werden

Bei zahlreichen Verfahren im Marktordnungsbereich, die vor dem Bundesverwaltungsgericht abgewickelt werden, müssen zum Teil sehr aufwändige Sachverhaltserhebungen bzw. Sachverhaltsergänzungen durchgeführt werden, was in der Praxis eine längere Verfahrensdauer und oft auch die Anhäufung von weiteren Verfahren nach sich zieht. Eine vom Ausschuss mehrheitlich verabschiedete Änderung des Marktordnungsgesetzes (680 d.B.) sieht daher nun die Möglichkeit vor, diese Sachverhaltserhebungen bzw. –ergänzungen an die AMA auszulagern.

Während Franz Eßl (V) und Erwin Preiner (S) von einer gangbaren Lösung im Sinne der Verfahrensbeschleunigung sprachen, äußerten die Oppositionsparteien schwere Vorbehalte gegen die Novelle. So zeigte Georg Willi (G) zwar Verständnis für das Anliegen, bezeichnete es aber als falsch, die AMA nun als Assistent für das Bundesverwaltungsgericht heranzuziehen. Damit werde der Beklagte zum Sachverständigen, warnte er und stützte ebenso wie FPÖ-Landwirtschaftssprecher Harald Jannach seine Kritik auf die umstrittene Rolle der AMA bei den Almflächenfeststellungen. Leopold Steinbichler (T) teilte die Bedenken und sah einen Interessenskonflikt. Es gehe nicht an, den Gutachter zu bitten, das Gutachten zu bewerten, lautete sein Einwand.

Landwirtschaftsminister Rupprechter erwiderte, Ziel sei die Beschleunigung der Verfahren im Interesse der Beschwerdeführer. Die Entscheidung und Beurteilung von Sachverhalten verbleibe selbstverständlich beim Gericht, versicherte er. (Fortsetzung Landwirtschaftsausschuss) hof