Parlamentskorrespondenz Nr. 779 vom 02.07.2015

Sozialthemen im Fokus des Bundesrats

Von Freiwilligenarbeit über Arbeitslose bis zur Sozialversicherung

Wien (PK) – Mit Themen des Arbeitsmarkts sowie des freiwilligen Engagements der ÖsterreicherInnen befasste sich der Bundesrat im Sozialblock seiner heutigen Sitzung. Eine Änderung im Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz zur Aufstockung der Fördermittel für ältere Arbeitslose passierte den Bundesrat einhellig. Ebenso erhob er keinen Einwand gegen den Plan der Bundesregierung, die Meldepflichten an die Sozialversicherungen neu zu regeln, womit bürokratischer Aufwand gesenkt werden soll.

Ausgehend vom Bericht von Sozialminister Rudolf Hundstorfer (S), der Daten und Fakten zum Umfang der in Österreich geleisteten freiwilligen Tätigkeit bietet, begrüßten die Bundesrätinnen und Bundesräte die große Bedeutung freiwilliger Tätigkeit in Österreich. Der Zweite Freiwilligenbericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen.

Mehr Fördermittel für ältere Arbeitslose

Durch eine Änderung im Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz werden die Fördermittel für ältere Arbeitslose deutlich aufgestockt. Sowohl im kommenden Jahr als auch 2017 werden jeweils 250 Mio. € aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung bereitgestellt, um über 50-Jährige, die länger als sechs Monate auf Jobsuche sind, wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Der Bundesrat billigte diese Änderung einhellig. 60% der Fördermittel können demnach für Eingliederungsbeihilfen und Kombilohn und 40% für sozialökonomische Betriebe und gemeinnützige Beschäftigungsprojekte verwendet werden. Für Kurzarbeit werden in den Jahren 2016 bis 2019 jeweils 20 Mio. € aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung bereitgestellt.

Adelheid Ebner (S/N) warnte in ihrer Stellungnahme davor, die Probleme auf dem Arbeitsmarkt schön zu reden, und begrüßte es in diesem Sinn, dass es nun mehr Fördermittel für Arbeitslose geben wird. Bernhard Ebner (V/N) sagte, die oberste Priorität müsse es sein, die Menschen in Beschäftigung zu halten und sie erst gar nicht arbeitslos werden zu lassen. Christoph Längle (F/V) meinte, die Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung sei gescheitert, stimmte der Maßnahme aber dennoch zu. Efgani Dönmez(G/O) sprach sich gegen nationale Abschottung aus, aber auch dagegen, dass die Globalisierung für neoliberale Politik missbraucht werde.

Sozialminister Rudolf Hundstorfer (S) bat am Schluss um eine Versachlichung in der Debatte um Einwanderung und Arbeitsmarkt.

Weniger Bürokratie für Unternehmen durch geänderte Meldepflichten an Sozialversicherungen

Unternehmen müssen die Lohndaten ihrer Beschäftigen künftig monatlich statt jährlich an die zuständige Sozialversicherung melden. Im Gegenzug kommt es zu bürokratischen Vereinfachungen bei der Erstanmeldung von Beschäftigten und bei anderen Meldepflichten. Der Bundesrat hat gegen das entsprechende Gesetzespaket keinen Einspruch erhoben. Mit ihm kommt auch die Abschaffung der täglichen Geringfügigkeitsgrenze ab 2017 und eine Halbierung der Verzugszinsen im Bereich des ASVG und der Gewerblichen Sozialversicherung. Der Wegfall der täglichen Geringfügigkeitsgrenze von derzeit 31,17 € soll weniger Bürokratie für die Unternehmen bringen und neue Möglichkeiten eines Zuverdienstes für FrühpensionistInnen und Arbeitslose eröffnen.

Ilse Fetik (S/W) begrüßte die Erleichterungen, die das neue Gesetzespaket mit sich bringen werde. Bernhard Ebner (V/N) sagte, das Gesetz gehe in die richtige Richtung, weil zwar oft von Entbürokratisierung gesprochen werde, aber nur wenig für Deregulierung getan werde. Auch Efgani Dönmez (G/O) begrüßte das Gesetz.

Debatte um Sozialversicherungsträger

Abgelehnt von der Länderkammer wurde ein Entschließungsantrag der FPÖ, in dem Reinhard Pisec (F/W) im Namen seiner Fraktion einen neuerlichen Anstoß zur Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger nimmt. Auf der Grundlage der Verwaltungseinsparungen fordert der Bundesrat gleichzeitig eine Absenkung der laufenden Krankenversicherungsbeiträge für Selbständige um 45%.

Pisec sprach sich in seinem Beitrag noch einmal für die Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger aus und kritisiere, dass Österreich 22 verschieden Krankenkassen habe. Bernhard Ebner (V/N) sagte, der Antrag würde zu keinem guten Ergebnis führen und sei unausgegoren. Rene Pfister (S/N) führte an, eine deutsche Untersuchung zeige, dass mit der Zusammenarbeit von Krankenversicherungen mehr und leichter gespart werde könne als mit Fusionen. Efgani Dönmez (G/O) bezeichnete den Antrag als widersprüchlich und sprach sich ebenfalls gegen die Unterstützung aus. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (S) meinte am Schluss, es gehe der FPÖ nicht um den "kleinen Mann", sondern um Populismus.

Zweiter Freiwilligenbericht zeigt Bedeutung des freiwilligen Engagements

Eine eigene Debatte widmete der Bundesrat dem freiwilligen Engagement in Österreich. Grundlage bot der Bericht des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zur Lage und zu den Perspektiven des freiwilligen Engagements in Österreich (2. Freiwilligenbericht). Dieser gibt nicht nur einen kompakten Überblick über die Vielfalt des freiwilligen Engagements und die strukturellen Rahmenbedingungen in Österreich. Er analysiert auch deren Bedeutung für den Einzelnen sowie die Gesellschaft und zeigt neue Trends in diesem Bereich auf. Im Jahr 2012 haben sich (mit Berücksichtigung auf Engagement pro Einrichtung, inklusive Mehrfachnennungen) rund 3,3 Millionen Menschen in Österreich freiwillig engagiert und zwar entweder formell in Vereinen bzw. Organisationen oder informell wie zum Beispiel im Rahmen der Nachbarschaftshilfe.

Das im europäischen Vergleich schon bisher hohe Engagement der ÖsterreicherInnen konnte noch weiter ausgebaut werden, hob Sozialminister Rudolf Hundstorfer hervor. Das "Europäische Jahr der Freiwilligentätigkeit (2011)" und die Folgeaktivitäten hätten einen wichtigen Betrag geleistet, das freiwillige Engagement als eine wesentliche Säule des sozialen und gesellschaftlichen Zusammenhalts verstärkt ins öffentliche Bewusstsein zu rücken. Seitdem wurden auf vielen verschiedenen Ebenen wichtige Impulse für die Verbesserung der Rahmenbedingungen gesetzt, sagte der Sozialminister. Am 1. Juni 2012 ist das Bundesgesetz zur Förderung von freiwilligem Engagement (Freiwilligengesetz) in Kraft getreten. Damit wurden erstmalig in Österreich rechtliche Strukturen für formelle freiwillige Tätigkeiten geschaffen.

Daniela Gruber-Pruner (S/W) bemängelte in ihrem Redebeitrag, dass sich mehr Männer als Frauen freiwillig engagieren und vermutete dahinter einen Mangel an Gleichstellung. Sonja Ledl-Rossmann (V/T) befand es als "schönes Zeichen", dass Freiwilligenarbeit in Österreich "auf dem Vormarsch" sei. Sie sprach sich außerdem für einen Ausbau bei der Vernetzung aus, um das Angebot und die Nachfrage bei ehrenamtlicher Arbeit besser zu koordinieren. Für Peter Samt (F/St) ist freiwilliges Engagement ein wichtiger Bestandteil unserer Gesellschaft, den man gar nicht hoch genug schätzen könnte. Er bemängelte allerdings Defizite beim Versicherungsschutz bei ehrenamtlicher Tätigkeit. Efgani Dönmez (G/O) warnte vor Gruppierungen, die unter dem Deckmantel des Vereinsrechts antidemokratische Ziele verfolgen würden. Josef Saller (V/S) betrachtete die Freiwilligenarbeit aus der Sicht der Senioren und hob ihre nicht zu unterschätzende Rolle hervor. Edgar Mayer (V/V) freute sich, dass auch die Freiheitlichen dem Bericht zustimmen. Die Freiheitlich brachten dazu einen Entschließungsantrag – der nicht genug Zustimmung fand - ein, um die Dienstfreistellung von Bediensteten des öffentlichen Dienstes für ihren Einsatz bei der Freiwilligen Feuerwehr zu erwirken. (Fortsetzung Bundesrat) wz


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